2393 Resilienz

Sonnenwärme für die Zukunft

Über 1,5 Millionen Anlagen nutzen in Deutschland die Sonne, um Wasser zu erwärmen. Doch auch 17 Jahre nach dem Start des „Phönix“-Projekts des Bundes der Energieverbraucher ist es leider noch lange keine Selbstverständlichkeit, die kostenlose Sonnenwärme zu nutzen.
Von Aribert Peters

(22. März 2012) In Deutschland ist die Solarthermie in den vergangenen Jahren zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Die Solarthermie ist inzwischen bei fast allen Installationsbetrieben zum Alltag geworden. Der damit verbundene dreistufige Vertriebsweg über den Sanitärgroßhandel bläht jedoch die Kosten unnötig auf.

In China wächst der Markt jährlich um ein Drittel: Dort nutzen 150 Millionen Menschen die Solarthermie. Die Volksrepublik produziert sechsmal mehr Solarthermieanlagen als alle 27 EU-Staaten zusammen. In China arbeiten eine halbe Millionen Menschen in der Solarthermie-Branche. Dort nutzt man fast ausschließlich Vakuumröhrenkollektoren, die höhere Temperaturen liefern und auch bei geringer Sonnenstrahlung effektiver arbeiten.

Sonnenwärme oder Sonnenstrom?

Man kann die Sonne nutzen, um mit der Wärme der Sonnenstrahlung Wasser zu erwärmen (Prinzip Gartenschlauch: Sonnenwärme) oder aus der Sonnenstrahlung elektrischen Strom zu erzeugen (Sonnenstrom oder Photovoltaik). Sofern nicht zufällig genug Dachfläche für beide Anlagentypen zur Verfügung steht, muss man sich zwischen diesen beiden grundverschiedenen Techniken entscheiden. Den selbst erzeugten Strom kann man selber nutzen oder ins Stromnetz einspeisen, wofür man eine Vergütung bekommt. Das erhitzte Warmwasser nutzt man dagegen im eigenen Haus, um Trinkwasser zu erwärmen oder die Heizung in der Übergangszeit zu unterstützen. Sonnenstromanlagen wandeln zehn bis 20 Prozent der auftreffenden Sonnenstrahlen um, Sonnenwärmeanlagen 80 bis 90 Prozent.

765 Diagramm Sonnenwärmeangebot und Wärmebedarf im Bestandsgebäude

Thermische Solaranlagen bieten sich insbesondere dann an, wenn die Heizung sowieso erneuert oder das Dach neu gedeckt wird. Häuslebauer sollten von Anfang an damit planen. 

Insgesamt gibt es in Deutschland schätzungsweise vier Millionen Hausdächer, die sich für Sonnenwärme-Nutzung gut eignen. Ein Süddach mit 40 Grad Neigung ist zwar ideal. Aber auch auf West- und Ostdächern lässt sich mit gewissen Einbußen Solarwärme nutzen.

Kosten und Nutzen

Vier bis sechs Quadratmeter Kollektorfläche genügen, um den Warmwasser-Bedarf für einen Drei-Personen-Haushalt zu decken. Inklusive Warmwasserspeicher und Montage liegen die Kosten bei 4.000 bis 5.000 Euro. Wer im Herbst und Frühjahr zusätzlich auch die Heizung mit unterstützen möchte, muss mit etwa dem Doppelten bis Dreifachen der Kosten rechnen, je nach Anlagengröße. Ein Beispiel: Meine 30 Quadratmeter große Solaranlage brachte im vorigen Jahr zwischen März und September tagtäglich die Energie von drei Litern Heizöl ins Haus – das war 60-mal mehr, als ich in dieser Zeit an Gas verbraucht habe. Lediglich in den sonnenarmen Wintermonaten erwies sich die Gasheizung als unverzichtbar.

765 Haus mit solarthermischer Anlage

Wie teuer ist eine Kilowattstunde solar erwärmtes Wasser? Diese Rechnung hängt von vielen Faktoren ab: künftige Gas- und Ölpreissteigerungen, Anlagengröße, Warmwasserverbrauch, Eigenkapitalanteil, Zinssatz usw. Doch so viel ist sicher: Die nächste Welle von Öl- und Gaspreiserhöhungen werden die meisten Sonnenwärme-Anlagen in die Gewinnzone heben.

Kleine Kollektor-Kunde

Hierzulande nutzt man meist Flachkollektoren oder Vakuumkollektoren. Letztere sind teurer, jedoch effizienter und auch im Winter leistungsfähiger. Wesentlich häufiger bei uns sind aber die Flachkollektoren. Die Solaranlage kann entweder auf die bestehende Dachhaut gebaut werden (Aufdach) oder sie ersetzt einen Teil des Daches (Indach). Die Kollektorfläche (Flachkollektor) sollte zwischen zehn und 20 Prozent der Wohnfläche betragen.

Anlagen mit kleinen Kollektorflächen haben absolut gesehen einen geringeren Ertrag, jedoch bezogen auf die kleine Fläche einen hohen Ertrag. Sie sind daher besonders wirtschaftlich. Am anderen Ende der Skala stehen Anlagen mit sehr großen Kollektorfeldern und Speichern. Solche Anlagen decken einen relativ hohen Anteil des gesamten Heizungsbedarfs ab.

Sonstige Komponenten

Ein Warmwasserspeicher, zum Beispiel im Keller, speichert die Wärme der Sonne. Je Quadratmeter Kollektorfläche rechnet man mit 50 Liter Speichervolumen. Für eine 20-Quadratmeter-Anlage braucht man also einen 1.000-Liter-Speicher mit guter Dämmung, damit die Wärme über mehrere Tage hinweg gespeichert werden kann.

765 Haus Schema Funktion einer Sonnenwärme- Anlage

Neben dem Speicher benötigt eine Solarthermieanlage Pumpen, Ventile und die Solarregelung. Diese sind in einer Baugruppe, der sogenannten Solarstation, zusammengefasst. Hinzu kommen noch Wärmetauscher und Ausdehnungsgefäße. Jede Solaranlage sollte mit einem Wärmemengenzähler erfassen, wie viele Kilowattstunden Sonnenenergie sie geerntet hat. Nur so lässt sich erkennen und überprüfen, ob die Anlage korrekt arbeitet.

In der Regel benötigt man für eine Solaranlage keine Genehmigung vom Bauamt. In einigen Bundesländern muss man eine Solaranlage jedoch anzeigen beziehungsweise bei denkmalgeschützten Gebäuden auch eine Genehmigung einholen. Die Montage einer Solaranlage ist in wenigen Tagen erledigt. Die Kollektoren werden auf dem Dach montiert und der Speicher und die Solarstation mit der vorhandenen Heizung verbunden. Schwierig ist die Rohrverbindung zwischen Dach und Keller. Wenn möglich, werden stillgelegte Kaminzüge genutzt. Andernfalls lässt sich die Leitung an der Gebäudeaußenwand verlegen und mit einem Regenfallrohr verkleiden. Am Ende wird die Solaranlage befüllt und entlüftet.

Dabei gibt es drei unterschiedliche Flüssigkeiten zu unterscheiden: Die Kollektoren erhitzen die Solarflüssigkeit. Sie besteht aus Wasser und einem Frostschutzmittel, damit der Winter keinen Schaden anrichtet. Die Pufferflüssigkeit im Speicher zählt zum Kreislauf des toten Wassers in den Heizkörpern oder den Heizschlangen der Flächenheizung. Das erwärmte Trinkwasser befindet sich in einem separaten Kreislauf und kommt mit den beiden anderen Flüssigkeiten nicht in Berührung.

Solarthermie in Miethäusern

Eine Solaranlage wird außen am Gebäude angebracht und muss daher immer vom Vermieter genehmigt werden. Der Mieter hat keinen Rechtsanspruch auf die Zustimmung des Vermieters. In Eigentümergemeinschaften muss die Zustimmung aller Eigentümer eingeholt werden, weil es sich um einen Eingriff in die Bausubstanz handelt. Zwar kann eine Sonnenwärme-Anlage ihre Wärme auch ausschließlich in eine Etagenheizung einspeisen, doch ist die Leitungsführung dafür recht aufwändig. Wird die Wärme in eine Zentralheizung eingespeist und wohnen noch weitere Mieter im Haus, dann muss eine Vereinbarung über die Vergütung der eingespeisten Wärme getroffen werden. Einfacher ist es dagegen in einem vermieteten Einfamilienhaus, in dem der Mieter auch die Heizung betreibt.

Wenn der Vermieter eine Sonnenwärmeanlage installiert, kann er die jährliche Miete um bis zu elf Prozent der Investitionssumme erhöhen: Weil Energie eingespart wird, handelt es sich um eine Modernisierungsmaßnahme.

Angesichts der gegenwärtigen Brennstoffpreise macht die Mieterhöhung meist immer noch mehr aus, als an Heizkosten eingespart wird. Bei weiter steigenden Energiepreisen kann jedoch die Solaranlage schon bald zu einem guten Geschäft auch für den Mieter werden. Der Mieter muss sowohl den Bau der Solaranlage dulden als auch die elfprozentige Mieterhöhung, wenn die entsprechenden Formvorschriften eingehalten werden. Nur wenn die Mieterhöhung eine unzumutbare Härte für den Mieter oder seine Familie bedeuten würde, kann die Duldungspflicht entfallen.

Auf der anderen Seite profitiert der Mieter auch von der Anlage, denn für die von der Solaranlage gelieferte Wärme braucht er nicht zu zahlen – schließlich hat er die Solaranlage schon durch die höhere Miete finanziert. Allerdings kann der Vermieter die Betriebskosten der Solaranlage (Strom, Reinigung) nach der Heizkosten-verordnung auf die Mieter umlegen.

Saisonale Speicherung und Solarhäuser

Solaranlagen können Häuser auch völlig von Öl  und Gas unabhängig machen. Ein solches Solarhaus sieht folgendermaßen aus:

  • Extrem gute Wärmedämmung
  • große Kollektorflächen mit guter Ausrichtung
  • Einbau eines großen Pufferspeichers, meist über mehrere Stockwerke, im Haus zusammengeschweißt und gut gedämmt
  • Niedertemperaturheizung
  • Nachheizung mit Biomasse (Pellets oder Stückholz).

Ein so ausgebautes Haus kommt ganz ohne fossile Brennstoffe aus.

Sonniger Service

Der Bund der Energieverbraucher e. V. hat auf seiner Internetseite Hilfestellungen für den Bau einer Sonnenwärme-Anlage bereitgestellt:

  • Ein Merkblatt zu möglichen Fehlerquellen bei der Montage von Sonnenwärme-Anlagen gibt gleichzeitig Tipps zu deren Behebung.
  • Rechenprogramm, um die Wirtschaftlichkeit von Sonnenwärme-Anlagen zu berechnen: Alfred Körblein vom Münchner Umweltinstitut hat ein entsprechendes Excelprogramm verfasst.

letzte Änderung: 17.10.2023