ED 04/12 Eine Welt ohne Öl (S.30-31)

Emissionsminderung

CO2-Emissionen: Weltweit und in Deutschland

Die Treibhausgasemissionen sind auch 2022 weltweit gestiegen, wenn auch nur gering. Notwendig ist jedoch ein Rückgang. Wir beleuchten die weltweiten Emissionen und auch den Beitrag Deutschlands. Die deutschen C02-Emissionen gehen zwar zurück, aber nicht so schnell wie zur Stabilisierung des Klimas erforderlich.
Von Aribert Peters

(29. Januar 2024) Zu Beginn etwas Zahlenakrobatik: Gegenüber dem Jahr 1990 sind die jährlichen CO2-Emissionen weltweit um 57 % gestiegen. Dieser Anstieg hat sich auch 2022 fortgesetzt mit einem Wachstum um 0,5 %. Das zeigt die jährliche Bilanz der weltweiten CO2-Emissionen, die Hans-Joachim Ziesing jedes Jahr durchführt (Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 75. Jg., Heft 10, S. 44 ff.). China hat einen Anteil von 30 % an den weltweiten CO2-Emissionen und war am Anstieg um zwei Drittel beteiligt. Aber schon ab 2024 beginnen sich Chinas CO2-Emissionen zu reduzieren. 80 % des weltweiten Emissionsanstiegs zwischen 1990 und 2022 entfielen auf China und Indien.

 ED 04/2023 CO2-Emissionen: Weltweit und in Deutschland (S.19)
ED 04/2023 Deutschlands Beitrag zu den CO2-Emissionen (S.20) 

Die EU-14-Staaten trugen in dieser Periode mit einer Senkung der CO2-Emissionen um 700 Millionen Tonnen bei. Der Rückgang in den EU-27-Staaten lag sogar bei 29,3 %. Zwar hat die EU das für 2020 festgelegte Ziel einer Minderung um 20 % deutlich übererfüllt. Das Minderungsziel von 50 % bis 2030 auf dem Weg zur versprochenen und gesetzlich fixierten Klimaneutralität bis 2050 scheint jedoch kaum mehr erreichbar. Dafür müsste die Minderungsgeschwindigkeit gegenüber den Vorjahren um mehr als das Dreifache steigen. In Deutschland sanken die CO2-Emissionen zwischen 2021 und 2022 um 1,8 %, zwischen 1990 und 2022 sogar um 37 %.

Ziesing kommt zu folgendem Schluss: „Es geht nicht mehr darum, das Tempo des weltweiten Anstiegs der CO2-Emissionen zu verlangsamen, sondern die Richtung umzukehren. Und damit zu beginnen, das Tempo der Emissionsminderung drastisch zu erhöhen. Eine Zielverfehlung ist mit erheblichen teils katastrophalen Auswirkungen auf Menschen und Natur verbunden.“ Im Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) heißt es: „Obwohl das Jahr 2023 das heißeste jemals gemessene ist, emittiert die Menschheit mehr Klimagase als jemals zuvor.“

Eine Tonne ist machbar, Herr Nachbar!

Mit einem neuen CO2-Bürgerrechner können Sie ihre aktuellen CO2-Emissionen abschätzen, um mittel- und langfristige Ziele für die CO2-Vermeidung ins Auge zu fassen. Über die Hintergründe des CO2-Rechners berichtet Hans Hertle.

(06. Januar 2017) Ende 2015 hat die Weltgemeinschaft in Paris ihren Willen gezeigt, die globale Erderwärmung möglichst auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Mit der Verabschiedung des Energiekonzepts 2010 hatte auch die Bundesregierung für Deutschland das Ziel einer 80- bis 95-prozentigen Minderung der CO2-Emissionen definiert. Das entspricht einer Reduzierung der Pro-Kopf-Emissionen von heute zwölf auf unter eine Tonne CO2.

994 2759 Hans Hertle

Hans Hertle, Dipl.-Ing. (FH), studierte Versorgungstechnik an der Fachhochschule für Technik Esslingen am Neckar. 1989 gründete er den Fachbereich Energie- und Umwelt am ifeu. Er ist dort Gesellschafter sowie Prokurist (seit 1993) und leitet das Kommunalteam. Wesentlicher Schwerpunkt seiner Tätigkeiten ist die Begleitung und das Controlling kommunaler Klimaschutzaktivitäten. Er war bei mehr als 30 kommunalen Konzepten Projektleiter.

Treibhausgase in Deutschland von 1990 bis 2050

Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn auch jeder Einzelne in kleinen Schritten seinen eigenen Lebensstil klimafreundlicher gestaltet. Sei es durch eigene Vermeidung, sei es durch Initiierung klimaschonender Projekte und Handlungsweisen der Gesellschaft oder sei es durch politische Akzeptanz der Klimaschutzmaßnahmen.

Das ist mit einem neuen Tool möglich, das von der gemeinnützigen KlimaAktiv GmbH entwickelt wurde. Es zeigt das Wechselspiel zwischen individuellem Handeln und gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen und Zielen auf.

Das Tool schafft Transparenz bei der persönlichen Klimabilanz und bei Vermeidungsleistungen – es zeigt den Weg zum nationalen Klimaziel 2050 für jeden Einzelnen auf.

994 2759 Klimaschutzziele

Schneller Einstieg in die Bilanz

Um ein erstes Ergebnis zu erhalten, benötigen Sie nur wenige Daten, da der Rechner schon mit dem CO2-Profil eines durchschnittlichen Bürgers in Deutschland voreingestellt ist. Sie brauchen nur ihr Profil anzupassen, um erste individuelle Ergebnisse zu erhalten. Im zweiten Schritt können Sie ihre CO2-Bilanz schrittweise verfeinern.

In der Regel reicht das Anklicken eines Auswahlmenüs. Selten wird nach genauen Werten gefragt. Sollten Sie diese nicht parat haben, hilft das Programm mit Näherungsrechnungen weiter. Das Ergebnis können Sie sich jederzeit im Vergleich zum Bundesdurchschnitt anzeigen lassen.

Szenarien für die Zukunft

Wollen Sie wissen, wie Sie Ihre Emissionen in Zukunft ändern, können klicken Sie Ihr CO2-Szenario an. Hier haben Sie drei Optionen:

  • Kurzfristig können Sie Veränderungen vornehmen, die Sie für die nächsten fünf Jahre planen.
  • Ein klimafreundlicheres Umfeld und Ihre persönlichen Veränderungen führen dann in den nächsten 10 bis 15 Jahren zu einem mittelfristigen Szenario.
  • Über Fragen zur Akzeptanz von Klimaschutz-Maßnahmen und einer entsprechenden Politik können Sie auch das Szenario 2050 beeinflussen.

Stimmen Sie allen Maßnahmen zu, könnte der deutsche Durchschnittswert langfristig tatsächlich unter eine Tonne CO2 fallen. Damit simuliert der Rechner das Wechselspiel zwischen individuellen und gesellschaftlichen Entscheidungen.

Vermeiden bei sich und Anderen

Bei dem neuen Rechner werden erstmalig bereits in der Bilanz aufgezeigt, wie viele Tonnen CO2 Sie bereits durch bisherige Maßnahmen vermieden haben. Haben Sie beispielsweise die Heizung mit einem Pelletkessel modernisiert, eine Photovoltaikanlage errichtet oder ist ihr Konsumbedarf besonders niedrig, können Sie sich die vermiedenen Emissionen anzeigen lassen.

Auch die durch Ihre Handlungen an anderer Stelle vermiedenen Emissionen werden berücksichtigt. Dazu zählt auch Strom aus einer PV-Anlage, den Sie in das Netz einspeisen, klimafreundliche Geldanlagen oder auch Kompensation von Emissionen bei Urlaubsreisen.

994 2759 Klimatypen

Welcher Typ sind Sie?

Drei verschiedene Typen von Bürgern haben wir einmal beispielhaft berechnet. Vor allem im Bereich Mobilität gibt es große Unterschiede.

  • Öko-Familie in der Stadt
    Mit knapp unter fünf Tonnen erreicht die Ökofamilie in der Stadt heute die niedrigsten Pro-Kopf-Emissionen. Die vierköpfige Familie bewohnt eine 120-m2 -Wohnung in einem Passivhaus, achtet auf den Stromverbrauch und bezieht Ökostrom. Sie fahren in der Regel mit den Fahrrad oder dem ÖPNV. Manchmal nutzen sie Carsharing oder den Zug für den Urlaub. Sie ernähren sich vegetarisch und versuchen ihren Konsum durch langlebige Produkte und Second-Hand zu reduzieren.
  • Die Familie am Stadtrand
    Die Beispiel-Familie am Rande einer Großstadt kommt auf 14 Tonnen pro Person. Die 4-köpfige Familie bewohnt ein 180 m2 großes Einfamilienhaus aus den 1980er Jahren, das 25 km außerhalb der Stadt liegt. Durch die Entfernung zur Stadt werden weite Strecken mit den eigenen Autos zurückgelegt. Im Urlaub ist auch eine Flugreise in Europa drin. Sie ernähren sich fleischbetont, achten aber dabei auch auf regionalen Einkauf.
  • Der Yuppie in der Stadt
    Dass man auch in der Stadt auf großem Fuß leben kann, zeigt der Yuppie. Er wohnt in einer 70-m2 -Wohnung und ist stark eventorientiert. Am Wochenende ist er häufig mit seinem großen Wagen unterwegs. Urlaub in Übersee muss einmal im Jahr sein. Sein Kaufverhalten ist großzügig und gebrauchte Gegenstände möchte er nicht in der Wohnung haben. Er kommt damit auf 24 Tonnen CO2 pro Jahr.
Darf‘s ein bisschen mehr sein?

Wer es zum Beispiel im Ernährungsbereich genauer wissen will, kann auch den „Klimatarier-Rechner“ anwerfen. Hier kann für jedes Rezept der CO2-Fußabdruck berechnet werden.

994 2759 CO2-Emissionen von Lebensmitteln

Wie der CO2-Rechner entwickelt wurde

Im Jahr 2007 hatte das Heidelberger ifeu-Institut gemeinsam mit KlimAktiv und unterstützt durch das Umweltbundesamt (UBA) ein Bürgertool zur Berechnung einer persönlichen CO2-Bilanz erarbeitet. Dafür wurden 18 CO2-Rechner aus dem deutschsprachigen Raum miteinander verglichen und eine bundesweit standardisierte Berechnungsmethode entwickelt. Dieser Rechner konnte leicht in eine eigene Homepage eingebunden werden.

Mit knapp 300 Installationen bei Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Kommunen, Unternehmen und Behörden in Deutschland wurden mit den CO2-Rechnern bereits über zwei Millionen Endanwender erreicht. In einem Verbundprojekt des UBA wurden die Rechner nun zwischen 2014 und 2016 von KlimAktiv und ifeu aktualisiert und um viele Funktionen erweitert.

Ergänzend zu den Bilanzen können nun auch individuelle langfristige Klimaschutzszenarien berechnet werden. Ziel ist es dabei auch, die Akzeptanz für die Klimaschutzziele der deutschen Bundesregierung und das Bewusstsein für die gesellschaftliche Wirkung individueller Klimaschutzmaßnahmen zu steigern. Zusätzlich wurden das Handlungsfeld „Wirkung bei Dritten“ eingeführt, um Klimaschutzmaßnahmen bei anderen anregen zu können.

Was kann man sich unter einer Tonne CO2 vorstellen?

Bäume
Pro Jahr bindet eine Buche 12,5 Kilo des Treibhausgases. Um eine Tonne CO2 aufzunehmen, muss eine Buche ungefähr 80 Jahre wachsen. 1 km2 Wald bindet ca. 1.000 Tonnen CO2 pro Jahr.

Erdöl
Eine Tonne CO2 entspricht 380 Liter leichtem Heizöl, 360 kg Steinkohle oder 560 Kubikmeter Erdgas. Ein Einfamilienhaus mit Ölheizung verursacht demzufolge pro Jahr im Durchschnitt rund 5 Tonnen CO2, wenn es unsaniert, ist das Doppelte.

Autofahrt
Eine Tonne CO2 entspricht einer Fahrt über 4.900 Kilometer mit einem Auto, das pro hundert Kilometer 8,5 Liter Benzin verbraucht. Dies entspricht einer Hin- und Rückreise nach Moskau.

Mensch
Ein Mensch produziert abhängig von Größe und Aktivität durch seine Atmung im Jahr ungefähr eine viertel Tonne
CO2.

letzte Änderung: 29.01.2024