Heißluftmotoren vor dem zweiten Durchbruch
1816 entdeckten die Schottischen Brüder Robert und James Stirling das Grundprinzip für eine Wärme-Kraft-Maschine und meldeten es zum Patent an. Jetzt, im 21. Jahrhundert deutet immer mehr darauf hin, dass der Stirling-Motor als "Ökomotor" seinen Durchbruch schaffen kann. Stirlingmaschinen sind wie kein anderer Energiewandler in der Lage, Solarenergie und nachwachsende Brennstoffe emissionsarm und klimaneutral in Bewegungsenergie umzuwandeln. In unseren Breiten steht mit der Ablösung der Atomenergie der Einsatz als Klein- und Kleinst-Blockheizkraftwerk (BHKW) in großer Stückzahl an.
Ein Beitrag von Kuno Kübler, Walter Wesinger und Andreas Schiegl
(07. Februar 2003) Im letzten Jahrhundert wurden seit der Erfindung 1816 mehrere hunderttausend auf dem Stirling-Prinzip basierende Heißluft-Motoren gebaut und erfolgreich eingesetzt.
Manchmal muss man für den Durchbruch etwas nachhelfen...
Die Konkurrenz von leistungsstarken Dampfmaschinen, die rasante Entwicklung von Otto- und Dieselmotoren sowie die Verbreitung von elektrischen Antrieben bedeuteten für die Stirling-Technologie die Begrenzung auf wenige Nischenanwendungen wie Industriekältemaschinen oder Nutzung als Generatoren in der Militär- und Raumfahrttechnik.
Ein stark in den 60er und 70er Jahren propagierter Einsatz in der Fahrzeugtechnik scheiterte vor allem an den enormen Fertigungskosten und dem hohen Gewicht der konstruktiv schwer zu beherrschenden Aggregate. Heutzutage arbeiten und forschen weltweit rund 100 Institutionen und Firmen im Bereich der Stirling-Technologie, vorrangig in den USA, Japan und Deutschland.
Neben dem Einsatz als solarbetriebene Stirling-Generatoren (Dish/ Stirling-Einheiten) und als Fahrzeughybrid- und Wärmepumpenantriebe scheint hauptsächlich ihre Anwendung in Mini-BHKWs erfolgversprechend.
Was ist ein Stirlingmotor?
Stirlingmotoren sind Wärmekraftmaschinen, d.h. sie wandeln Wärme hoher Temperatur in mechanische Energie und in Wärme niederer Temperatur um. Die Wärmezufuhr geschieht von außen auf ein im Motor eingeschlossenes Arbeitsgas. Durch metallische Wände wird Wärme hoher Temperatur in den Motor gebracht (Erhitzer), an einer anderen Stelle (Kühler) wird Abwärme bei niedrigerer Temperatur abgegeben, am Schwungrad wird mechanische Energie frei.
Typischer Energiefluss in einem Stirlingmotor
Sowohl die Abwärme als auch die mechanische Energie lassen sich vielfältig nutzen. Bei Zufuhr mechanischer Energie lassen sich Stirlingmotoren auch zur Kälteerzeugung einsetzen.
Wie funktioniert ein Stirlingmotor?
Anhand einer einfachen Bildergeschichte wird gezeigt, wo eigentlich die Kraft herkommt, die einen Stirlingmotor antreibt, d.h. wie ein Temperaturunterschied in mechanische Leistung umgesetzt wird.
- Die Dose enthält Luft, über eine Öffnung ist ein wassergefülltes U-Rohr angeschlossen, das den Luftdruck in der Dose anzeigt. Wird die Dose erhitzt, steigt der Druck, wird sie abgekühlt, sinkt der Druck.
- In die Dose wird ein sogenannter Verdränger mit einer Gleitdichtung für seine Stange eingebaut. Der Verdränger kann mit wenig Kraftaufwand auf- und abbewegt werden, die Luft streicht dabei an ihm vorbei. Ist der Verdränger oben, befindet sich die Luft im heißen Raum, der Druck ist hoch. Ist der Verdränger unten, so befindet sich die Luft im kalten Raum, der Druck ist niedrig.
- Anstelle des U-Rohres wird ein weiterer Zylinder angebaut, der einen Kolben mit Gleitdichtung enthält. Dieser Kolben ist der Arbeitskolben. Ist der Verdränger oben, wird der Arbeitskolben durch den hohen Innendruck nach oben gedrückt, ist er unten, wird durch den geringen Innendruck der Arbeitskolben nach unten "gesaugt".
Verdränger- und Arbeitskolben werden durch Pleuel mit einer Kurbelwelle verbunden. Der Verdränger eilt dem Arbeitskolben um eine viertel Umdrehung voraus und bewirkt so die Steuerung des Stirlingmotors.
1. Dose einmal heiß, einmal kalt
2. Luft mal im heißen, mal im kalten Raum
3. Die Druckänderung bewegt den Arbeitskolben
Der Kraftakt zwischen Kalt und Heiß im Detail
Nun kann man Verdränger- und Arbeitskolben in einem gemeinsamen Zylinder laufen lassen (Bild oben). Damit vereinfacht sich die Konstruktion.
Die Vorteile von Stirlingmotoren
- Vielstofffähigkeit
Woher die Wärme kommt, ist egal. Daher sind alle gasförmigen, flüssigen und festen Brennstoffe, sowie Wärmestrahlung (Sonnenenergie) zum Antrieb geeignet, solange deren Temperatur ausreichend hoch ist. - Emissionsarmut
Bei der Verwendung von Sonnenlicht als Antriebsenergie entstehen keine Abgase. Bei der Verwendung von Brennstoffen können durch die stetige Verbrennung außerhalb des Motors die besten Abgaswerte im Vergleich zu Motoren mit innerer Verbrennung erreicht werden.
Da keinerlei explosionsartige Vorgänge im Inneren des Motors ablaufen und auch keine Ventile vorhanden sind, entstehen nur wenig Lärm und Erschütterungen. Das Getriebeöl wird nicht verbraucht und verschmutzt, daher reicht eine Füllung auf Lebenszeit. Manche Motoren laufen völlig ölfrei. - Langlebigkeit
Da keine Fremdstoffe in den Motor gelangen und die Einzelteile relativ wenig belastet werden, kann man längere Laufzeiten erwarten als bei Otto- und Dieselmotoren. Der Stirlingmotor hat weniger bewegliche Teile und somit ist er deutlich wartungs- und verschleißärmer im Betrieb. - Sparsamer Verbrauch
Sind Stirlingmotoren korrekt konstruiert und gebaut, ist deren Wirkungsgrad (Wellenleistung zu Brennerleistung) gleich oder höher als bei den besten Dieselmotoren.
In Zukunft lassen sich mit neuen Werkstoffen wie Keramik, die Leistung und der Wirkungsgrad noch weiter steigern. Stirlingmotoren können auch als kleine Motoren und im Teillastbereich hohe Wirkungsgrade erreichen.
Nachteile von Stirlingmotoren
Trotz der vielen Vorteile von Stirlingmotoren hat der zivile Markt, von Spielzeugmotoren einmal abgesehen, nichts anzubieten. Wie ist das zu erklären?
- Technische Gründe
Wenn man bei kleiner Baugröße und geringem Gewicht hohe Leistungen erzielen will, muß man das Arbeitsgas unter hohen Druck (ca. 150 bar) setzen, Wasserstoff oder Helium als Arbeitsgas verwenden und relativ hohe Drehzahlen erreichen (3000-4000 U/min).
Die Schwierigkeiten dabei sind:
- trockenlaufende Lager und Dichtungen
- Material für Erhitzer (bis zu 800° C hitze- und druckbeständig)
- hoher Aufwand für schnelle Leistungsregelung
- Wirtschaftliche Gründe
Stirlingmotoren haben überall dort keine Chance zur Markteinführung, wo sie mit Otto- und Dieselmotoren konkurrieren müssen, z.B. als Antrieb für normale Pkws (ohne Hybridantrieb).
Ein Stirlingmotor mit vergleichbarem Leistungsgewicht wie ein Ottomotor würde heute noch ca. 2 bis 3 mal teurer sein. - Politische Gründe
Die Preise für fossile und atomare Energieträger sprechen nicht die ökologische Wahrheit, sie werden zu billig angeboten. Daher tun sich alle "alternativen" Technologien schwer bei der Markteinführung, da sie gegen zwar umweltschädigende, aber vordergründig billige Technologien konkurrieren müssen. - Geringer Bekanntheitsgrad
Nur wenige können heute erklären, wie ein Stirlingmotor funktioniert. Die meisten kennen ihn nicht einmal, da er in der Ausbildung, wenn überhaupt, nur am Rande erwähnt wird.