Anpassungsmöglichkeiten beim Fernwärmeanschluss

Jedes Fernwärmenetz ist ein lokales Monopol. Der Wechsel zu einem anderen Versorger ist nicht möglich. Dennoch bleiben den Verbraucherinnen und Verbrauchern Handlungsmöglichkeiten wie die Anpassung der Anschlussleistung und der Abschied von der Fernwärme, selbst bei Anschluss- und Benutzungszwang. 
Von Michael Herte

(24. August 2024)

Senkung der Anschlussleistung

Die Anpassung der Anschlussleistung könnte den Fernwärmepreis senken. Am 5.10.2021 wurde durch eine Änderung des § 3 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) das Recht des Kunden auf eine Anpassung der Leistung einmal jährlich ohne besonderen Anlass um nicht mehr als 50 % eingeführt. Nicht immer führt die Reduzierung der Leistung auch zu einer Senkung des Leistungspreises (Grundpreis). Wenn der Anbieter nur einen einheitlichen Grundpreis anbietet oder sehr große Abstände in seiner Preisstaffelung vorsieht, lohnt sich die Reduzierung der Leistung für den Verbraucher finanziell nicht. Denn weiterhin ist der vereinbarte einheitliche Grundpreis zu zahlen.

Der Gesetzgeber hatte wahrscheinlich bei der Gestaltung der Verordnung ein Preismodell vor Augen, bei dem eine Reduzierung der Leistung denklogisch zu einer Preissenkung führt, hat aber nicht bedacht, dass dies keineswegs selbstverständlich ist. 

Fazit: Wenn der Fernwärmeanbieter ein fein differenziertes Preismodell für die Anschlussleistung bietet, kann sich eine Verminderung lohnen. Besonders dann besteht Einsparpotenzial, wenn beispielsweise hybride Lösungen wie Warmwassererzeugung mittels Wärmepumpe oder Speicherlösungen möglich sind. 

Kündigung des Fernwärmevertrags

Mittlerweile konkurriert Fernwärme mit technischen Lösungen wie einer Wärmepumpe. Sich von der Fernwärme zu lösen, wird deshalb zunehmend möglich, auch ohne einen Heizungsraum und eine Abgasanlage zu errichten. Gesetzlich ist geregelt, dass die erste Laufzeit eines Vertrags für Immobilienbesitzer nicht länger als zehn Jahre gehen darf (§ 32 AVBFernwärmeverV). Eine Kündigung muss schriftlich mit einer Frist von in der Regel neun Monaten vor Vertragsablauf erfolgen. Ohne Kündigung verlängert sich der Vertrag um bis zu weitere fünf Jahre. Für Mieter bestehen hier kürzere Fristen, die vertraglich geregelt sind. Energieverbraucher sollten prüfen, ob ihr Vertrag kürzere Kündigungsfristen regelt oder wegen zu langer Fristen gegebenenfalls unwirksam ist. 

Nach § 3 Abs. 2 AVBFernwärmeV kann der Kunde eine Kündigung des Versorgungsvertrags mit nur zweimonatiger Frist vornehmen, sofern er die Leistung durch den Einsatz erneuerbarer Energien ersetzen will. Die Luft-Wärmepumpe stellt eine erneuerbare Energie im Sinne des § 3 II AVBFernwärmeV dar, so das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) und das Landgericht Regensburg (Urteil vom 08.07.2022 – 34 O 2572/21. Rdnr 29). Der Kunde hat zu belegen, dass erneuerbare Energien eingesetzt werden. Nach Auffassung des Gerichts reicht das konkrete und detaillierte Angebot des Heizungsbauers dafür aus. Sollte der Hauseigentümer nach der Kündigung weiter Energie beziehen, würde das Vertragsverhältnis konkludent und einvernehmlich fortgesetzt.

Fazit: Lassen Sie durch eine Energieberatung prüfen, welche Möglichkeiten es gibt, sich unabhängig von Fernwärme zu machen. Die Verbraucherzentralen bieten einen Heizungscheck für nur 30 Euro an (Tel. 0800. 809802400).

Anschluss- und Benutzungszwang

Einige kommunale Satzungen schreiben vor, dass die Verbraucher in bestimmten Arealen sich an die Fernwärme anschließen müssen 
(§ 11 GemO). Eine Befreiung ist meist nur unter engen Voraussetzungen möglich. Die Satzungen können Ausnahmen zulassen. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16.06.2021 (Az. 1 K 5140/18; ) stellt klar, dass eine verbraucherfreundliche Ausgestaltung der öffentlichen Fernwärmeversorgung nicht außer Acht gelassen werden darf. 
•    www.bdev.de/anschlussfreiburg

Eine Gemeinde muss Befreiungsmöglichkeiten für die Deckung des Wärmebedarfs durch die Nutzung regenerativer oder diesen gleichgestellten Energiequellen vorsehen, soweit dies dem Zweck des Anschluss- und Benutzungszwangs nicht entgegensteht und es ihr wirtschaftlich zumutbar ist. Nach § 11 Abs. 3 Satz 5 müssen die Gemeinden Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang vorsehen, sofern dieser Zwang wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Angesichts von Fernwärmepreisen deutlich über dem Niveau des Wärmemarkts oder einer deutlich günstigeren Versorgungsmöglichkeit mit Wärmepumpen dürften sich daraus Rechte für Verbraucher ableiten lassen. 

Kurzum: Die Entwicklung günstiger und erneuerbarer Heizungsalternativen könnten dem Anschluss- und Benutzungszwang je nach örtlichen Gegebenheiten die Rechtfertigung entziehen. Die kommunale Wärmeplanung muss nachvollziehbare Begründungen für einen Anschluss- und Benutzungszwang liefern.

Hilfe für Fernwärmekunden vom Bund der Energieverbraucher

  • Zusammenstellung von Fernwärmeurteilen des Bundesgerichtshofs auf www.bdev.de/fwurteile
  • Der Verein hat den Preisatlas Fernwärme von Werner Siepe für das zweite Quartal 2024 auf seiner Internetseite verfügbar gemacht: www.bdev.de/fwpreise
  • Außerdem bietet der Verein seinen Mitgliedern eine Überprüfung ihrer Fernwärmelieferverträge zum Preis von 50 Euro an (siehe ED 02/2024 Seite 30).
  • Zusammenstellung örtlicher Aktionsgruppen, die sich gegen erhöhte Fernwärmepreise wehren: www.bdev.de/fwprotest

letzte Änderung: 24.07.2023