Wanddämmung
Sanieren wie am Fließband
Rund 75 % der 21 Millionen deutschen Gebäude sind unzureichend isoliert und ineffizient. Bis 2045 müssen täglich 2.000 Gebäude saniert werden. Das niederländische Energiesprong-Prinzip, das digitale und industrielle Techniken nutzt, könnte durch Serienfertigung die Sanierungsdauer drastisch verkürzen.
Von Ariane Steffen
(30. August 2024) Deutschland steckt im Sanierungsstau: Rund drei Viertel der 21 Millionen deutschen Gebäude sind entweder gar nicht oder nur unzureichend gedämmt, werden mit Gas oder Öl beheizt und verbrauchen bis zu fünfmal mehr Energie, als heutzutage technisch möglich wäre. Um die Klimaziele bis 2045 zu erreichen, müssen rein rechnerisch rund 2.000 Gebäude pro Tag energetisch modernisiert werden.
Mit herkömmlichen Verfahren ist diese Mammutaufgabe nicht zu schaffen. Zumal die dafür nötigen Fachkräfte fehlen. Sanieren muss somit völlig neu gedacht und komplett anders organisiert werden – digitaler, automatisierter, standardisierter. Serielles Sanieren nach dem Energiesprong-Prinzip ermöglicht es, mit weniger Fachkräften mehr Bestandsgebäude in kürzerer Zeit fit für die klimaneutrale Zukunft zu machen.
Was bedeutet serielles Sanieren?
Energiesprong ist ein in den Niederlanden entwickeltes innovatives Konzept zur seriellen Sanierung, das digitale Planung mit industrieller Präfabrikation und standardisierten Prozessen kombiniert. Während bei der konventionellen Sanierung rund 90 Prozent der Arbeiten manuell und kleinteilig auf der Baustelle erfolgen, verlagert die serielle Sanierung einen Großteil der Arbeiten ins Werk. Die dort vorgefertigten Fassaden-, Dach- und Technikmodule werden auf der Baustelle nur noch montiert. Dadurch verkürzt sich die Bauzeit von mehreren Monaten auf wenige Wochen. Serielles Sanieren nach dem Energiesprong-Prinzip zeichnet sich durch folgende Vorteile aus:
- Einfach: Komplettsanierung aus einer Hand
- Schnell: Kurze Bauzeit, optimierte Planung
- Bezahlbar: Energieeinsparungen von bis zu 90 Prozent sowie weitere Kostensenkungspotenziale
- Gut: Planungssicherheit, gleichbleibend hohe Qualitätsstandards, ansprechende Optik
Wie funktioniert eine Energiesprong-Sanierung?
Die millimetergenaue Vermessung der zu sanierenden Gebäude per 3D-Laserscan und Drohnentechnik bildet den Startpunkt jedes Energiesprong-Projekts. Aus den verdichteten Messdaten wird ein BIM-Modell generiert. Dieser „digitale Zwilling“ ist die Planungsgrundlage für die Produktentwicklung und Vorfertigung der Dach-, Fassaden- und Technikmodule. Die Fassadenelemente werden inklusive Dämmung, Fenstern, Lüftung, Leerrohren und gewünschter Oberfläche im Werk passgenau in gleichbleibend hoher Qualität vorgefertigt. Im Anschluss werden die maßgeschneiderten Elemente per Tieflader zur Baustelle transportiert und am Gebäude montiert. Ebenfalls vorgefertigt sind Haustechnik-Module, die vor Ort nur noch angeschlossen werden. Auch in die Fassadenelemente integrierte TGA-Lösungen sind möglich. Energiesprong-Sanierungen lassen sich in den meisten Fällen in bewohntem Zustand durchführen.
Eine in der Fabrik vorgefertigte Fassade wird einschließlich aller Leitungen und Anschlüsse vor die vorhandene Fassade montiert.
Welche Gebäude eignen sich für die Energiesprong-Sanierung?
Optimal geeignet für eine serielle Sanierung sind Gebäude aus den 50er- bis 70er-Jahren mit einfacher Kubatur und hohem Energieverbrauch. Im Mehrfamilienhausbereich entsprechen rund 500.000 Gebäude mit 3 Millionen Wohnungen diesen Kriterien. Allein im optimal geeigneten Segment liegt das Sanierungsvolumen bei mehr als 100 Milliarden Euro. Bei schnellem Markthochlauf könnten hier bis 2045 mindestens 25 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.
Nach Schätzungen der Deutschen Energie-Agentur (Dena) sind zudem rund 4 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser grundsätzlich für eine serielle Sanierung geeignet. Bei Nichtwohngebäuden liegt der Fokus derzeit auf öffentlichen Gebäuden wie zum Beispiel Schulen oder Verwaltungsgebäuden.
Wie werden die Sanierungskosten refinanziert?
Bei der seriellen Sanierung nach dem Energiesprong-Prinzip werden die Sanierungsinvestitionen größtenteils über eingesparte Energie- und Instandhaltungskosten refinanziert. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Net-Zero-Standard. Nach der Sanierung erzeugen die Gebäude (durch Photovoltaik auf dem Dach und gegebenenfalls Teilen der Fassade) im Jahresdurchschnitt so viel erneuerbare Energie, wie die Bewohnerinnen und Bewohner für Heizung, Warmwasser und Strom benötigen.
Im Idealfall wird die Modernisierungsumlage durch hohe Energieeinsparungen von bis zu 90 Prozent und dauerhaft günstigen, selbst erzeugten Mieterstrom kompensiert. Damit eröffnen sich neue Perspektiven für die klima- und sozialverträgliche Bestandssanierung. Hinzu kommen weitere kostensenkende Faktoren wie eine schnellere Umsetzung, Planungssicherheit, höhere Qualität und eingesparte CO2-Kosten. Perspektivisch werden die Kosten für serielle Sanierungslösungen durch Digitalisierung, Prozessoptimierung, Automatisierung und Skaleneffekte weiter sinken.
Wie wird serielles Sanieren gefördert?
Wie bei allen Innovationen sind die Kosten serieller Sanierungslösungen im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren derzeit noch höher. Diese Wirtschaftlichkeitslücke wird durch den 15-prozentigen Bonus im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) geschlossen. Damit sind serielle Sanierungslösungen bei deutlich schnellerer Umsetzung bereits heute auf dem Kostenniveau konventioneller energetischer Modernisierungen.
Die Förderung besteht aus zinsvergünstigten Krediten von bis zu 150.000 Euro pro Wohneinheit, die 1 bis 2 Prozentpunkte unter den marktüblichen Zinskonditionen liegen. Hinzu kommen Tilgungszuschüsse, die sich im günstigsten Fall auf 45 Prozent summieren können, was einer Förderung von 67.000 Euro pro Wohneinheit entspricht. Damit hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) die Weichen für eine breite serielle Sanierungswelle gestellt.
Ariane Steffen arbeitet als Kommunikationsexpertin Innovation & Transformation bei der Deutschen Energie-Agentur GmbH (Dena). Im Team Serielles Sanieren ist sie für die Bereiche Pilotkommunikation, Presse und Publikationen zuständig.
Was ist die Rolle der Dena?
Im Auftrag des BMWK treibt die Dena die Marktentwicklung serieller Sanierungslösungen in Deutschland aktiv voran. Ihr Energiesprong-Team ist zentraler Anlaufpunkt zu allen Fragestellungen rund um das serielle Sanieren. Die Beratungsleistungen reichen von der Gebäudeauswahl, Konzeptentwicklung und Fördermittelberatung bis zu Portfolioanalysen, Pilotprojekten und Produktentwicklungen. Darüber hinaus engagiert sich die Dena für optimale politische und finanzielle Rahmenbedingungen. Regelmäßige Kick-off-Workshops, Fördertalks, Exkursionen zu seriellen Sanierungsprojekten und Networking Events vervollständigen das kostenlose Angebot.
Wie weit ist die Marktentwicklung in Deutschland?
Nach erfolgreicher Pilotphase im Mehrfamilienhausbereich wird das Know-how nun auf ganze Portfolios, komplexere und höhergeschossige Gebäude, Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Nichtwohngebäude übertragen. Die Ausweitung auf weitere Gebäudetypen spiegelt sich in steigenden Zahlen wider: 59 serielle Sanierungsprojekte wurden 2023 fertiggestellt (2022: 4), 28 sind im Bau (2022: 9), 175 weitere befinden sich in unterschiedlichen Planungs- und Vorbereitungsphasen (2022: 51).
Erste Wohnungsunternehmen wie die Gewobau Erlangen sanieren ganze Quartiere mit mehreren Tausend Wohneinheiten seriell. Weitere Wohnungskonzerne sind dabei, die in den Pilotprojekten gewonnenen Erkenntnisse sukzessive auf die Sanierung größerer Bestände zu übertragen. Parallel dazu erweitert die Bauwirtschaft ihre Kapazitäten. Große Player wie Saint-Gobain, Knauf, Sto, Vaillant, Vonovia und LEG sind in die serielle Sanierung eingestiegen und senden mit ihrem Engagement ein wichtiges Signal in den Markt.
Fazit
In den nächsten 21 Jahren muss ein enormes Sanierungsvolumen gestemmt werden. Um den Wettlauf gegen die Zeit zu gewinnen, braucht es innovative Lösungen, die mehr Tempo in die Bestandssanierung bringen. Serielles Sanieren nach dem Energiesprong-Prinzip hat das Potenzial, sich zum Treiber der klimaneutralen Transformation zu entwickeln. Komplettsanierungen lassen sich mit diesem Konzept schneller, einfacher und kostengünstiger auf breiter Ebene umsetzen.
Dämmen in Hohlräumen: Günstig, schnell, effektiv
(10. November 2023) In vielen Regionen Deutschlands besteht die Fassade von Altbauten bis zu einem Drittel aus doppelten Wänden, die zum Schutz vor Feuchtigkeit einen Hohlraum besitzen. Diese Hohlräume können zur Energieeinsparung genutzt werden, indem sie mit Dämmstoffen, etwa Perliten oder Polystyrolkügelchen, gefüllt werden. Unterstützung kommt vom Bafa, das solche Dämmmaßnahmen mit 20 % fördert.
Eine Studie hat das Potenzial der Einblasdämmung deutschlandweit untersucht. Das Ergebnis: ein jährliches Einsparpotenzial von 184 TWh und eine mögliche Reduktion der CO2Emissionen um 59 Millionen Tonnen – signifikant im Vergleich zu Deutschlands Gesamtemissionen von 750 Millionen Tonnen im Jahr 2021. Der Ansatz ist nicht nur effizient, sondern auch kostengünstig. Die Mehrkosten für die Einblasdämmung amortisieren sich innerhalb eines Jahrzehnts und die Wohnqualität bleibt während der Arbeiten weitgehend unbeeinträchtigt.
- Bafa-Förderung: bdev.de/fassadefoerd
- Technik der Einblasdämmung: bdev.de/drewerstudie
Bundesgerichtshof: Dämmung über Grundstücksgrenze
Von Louis-F. Stahl
(15. Juli 2022) Wenn ein bis an die Grundstücksgrenze gebautes Gebäude nachträglich mit einer Wärmedämmung ausgestattet werden soll, müssen Nachbarn einen begrenzten Überbau ihres Grundstückes grundsätzlich dulden. Zu diesem Ergebnis kam der Bundesgerichtshof nach einem jahrelangen Streit zweier Grundstückseigentümer. Das Amtsgericht Köln bejahte im Jahr 2019 gestützt auf § 23a des Nachbarrechtsgesetzes NRW einen Duldungsanspruch auf eine geringfügige Überbauung bis 25 Zentimeter über die Grundstücksgrenze hinweg (Az. 127 C 551/17). Das Landgericht Köln hob diese Entscheidung im Jahr 2020 unter Verweis darauf auf, dass ein derartiger Eingriff in das Eigentumsrecht durch ein Landesgesetz nicht zulässig sei (Az. 29 S 223/19). Dagegen ging der dämmwillige Hauseigentümer in Revision beim Bundesgerichtshof, der wiederum die Entscheidung des Landgerichts Köln aufhob (Az. V ZR 115/20).
Die Richter am BGH stellten fest, dass landesrechtliche Regelungen zum Überbau von Grundstücksgrenzen durch Wärmedämmungen grundsätzlich zulässig sind und zudem unter Bezugnahme auf Artikel 20a des Grundgesetzes die „Verminderung von Treibhausgasemissionen im allgemeinen Interesse“ liege. Die Dämmung von Gebäuden verschaffe nicht in erster Linie dem eine solche Dämmung installierenden Eigentümer einen privatnützigen Vorteil, sondern liege vielmehr im allgemeinen Interesse, so die Karlsruher Richter.
Gebäudedämmung im Unterricht
Wie können elementare Kenntnisse über thermodynamische Systeme mit einem für den Lernerfolg wichtigen Realitätsbezug modellhaft vermittelt werden, so dass Schüler mit praktischem Handlungswissen ausgestattet den Stellenwert guter Gebäudedämmung für den Klimaschutz verstehen?
Von Dr. Dirk Krämer
(8. Juli 2019) Angesichts der von unseren Kindern zu meisternden Folgen des Klimawandels müssen die Fakten über dessen Zusammenhänge zum zivilisatorischen Basiswissen und daher zum übergeordneten Lernziel allen Schulunterrichts werden. Besondere Verantwortung liegt in diesem Zusammenhang bei den Naturwissenschaften. Dort steht das Grundkonzept der ‚Energie‘ zwar bereits als zentraler – aber auch sehr abstrakter – Begriff im Lehrplan. Die entscheidende Frage lautet jedoch: Wie kann Schülern die Wärmelehre im Unterricht so anschaulich vermittelt werden, dass Motivation und das nötige Handlungswissen entstehen, um nachhaltig etwas zu bewirken? Beispielsweise die Fähigkeit, zu erklären und vorzurechnen, welche Einspareffekte eine Verbesserung der Gebäudehüllendämmung des eigenen Elternhauses hat.
Dr. Dirk Krämer ist promovierter Physiker und seit 20 Jahren als Physik- und Mathematiklehrer sowie Umweltbeauftragter an der Privatschule Schloss Hagerhof in Bad Honnef tätig. kraemer@hagerhof.de
Über die letzten Jahre habe ich als Physiklehrer dazu kleine Modellexperimente für meinen Unterricht erdacht und von meinen Schülern erfolgreich durchführen lassen; angefangen mit sehr einfachen Versuchen sowie darauf aufbauend mit komplizierteren Fragestellungen in der Mittelstufe bis hin zu physikalischen Berechnungen theoretischer Art in der Oberstufe. Gerne möchte ich meine Konzepte mit Ihnen teilen und andere Lehrer zur Adaption und Weiterentwicklung meiner Modellexperimente animieren.
Das Modellexperiment
Im Anfängerunterricht Physik in der 6. Klasse kann man damit beginnen, aus Kartonverpackungen kleine Modellhäuschen zu basteln sowie deren Eigenschaften bei einer Beheizung zu messen und zu dokumentieren.
Die Kartonhäuschen werden isoliert und mit einer Heizung versehen.
In einem zweiten Schritt wird das Modell durch kleine Umbauten in ein Niedrigenergiehäuschen verwandelt. Eine Wiederholung der Temperaturmessungen am veränderten Modell und die vergleichende Analyse eröffnet den Schülerinnen und Schülern den Nutzen und die Sinnhaftigkeit von Energiesparmaßnahmen.
Ungedämmtes Gebäude
Zunächst wird das Modell eines schlecht isolierten Hauses mit einem Fenster aus Folie erstellt. Ein mit 80 °C heißem Wasser gefülltes Filmdöschen dient als Heizung, und schon kann die Erwärmung des Modells gemessen werden. Typische Temperaturverläufe zeigen innerhalb weniger Minuten eine um 5 bis 10 °C über der Klassenraumtemperatur liegende Innenraumtemperatur des Modells. Doch dieses kühlt rasch wieder ab.
Das Heizungswasser wird mit einem Spiritusbrenner als Kesselersatz auf 80 °C erhitzt.
Im Maximum der Erwärmung sind die Kinder aufgefordert, mit ihren Händen die Dachflächen zu berühren: Sie stellen dabei fest, dass man die Erwärmung der Häuschen durch die Pappe gut spüren kann und somit die Wärme durch die dünnen Wände entweicht.
Erste Dämmmaßnahmen
Um die Auswirkung einer energetischen Sanierung zu messen, wird das Papphäuschen isoliert: Dazu werden die Dachflächen, der Fußboden und die Wände mit einer 3 mm dicken Isolierschicht beklebt. Diese Isolierschicht besteht aus einer handelsüblichen einseitig mit Aluminiumfolie überzogenen Styroporplatte. Die Bedeutung der Aluminiumfolie für die Reflexion der Wärmestrahlung und des Styropors zur Verringerung der Wärmeleitung sind im regulären Fachunterricht vor dem Experiment bereits thematisiert worden, so dass die Schülerinnen und Schüler den Sinn dieser Umbaumaßnahme durchschauen. Gleichzeitig wird die Fensteröffnung von innen mit einer zweiten Folie versehen, um dem Modell eine ‚Doppelverglasung‘ zu verschaffen.
Der Aha-Moment
Im dritten Teil des Projekts wird das nun veränderte Modellhäuschen erneut mit einer Warmwasser-Filmdose aufgeheizt und seine Temperaturkurve gemessen. Um eine bessere Vergleichbarkeit der beiden Messungen zu erzielen, werden die zweiten Daten mit den Daten des ersten Versuches in einem Diagramm überlagert. Den Schülern wird dabei sofort die Überlegenheit der grafischen Methode gegenüber dem Vergleich zweier Tabellen deutlich. Ein anderer Aspekt, der bei der zweiten Messung adressiert wird, ist die Frage nach dem ‚Verschwinden‘ der Wärmeenergie: Durch erneutes Anfassen stellen die Schüler fest, dass sich das innen wärmere Haus von außen kühler anfühlt. Ein wichtiger Aspekt des Projekts ist, dass die Kinder die fertigen Modellhäuschen gerne mitnehmen, um sie stolz ihren Eltern zu zeigen. Durch die dabei zwangsläufig stattfindende Erklärung des Experimentes gegenüber den Eltern wird der Lerneffekt verstärkt.
Von den Schülern erstellte Temperaturkurven des ungedämmten und des isolierten Hauses.
Aufarbeitung im Unterricht
Neben den fertigen Modellhäuschen sind die augenfälligsten Resultate des Unterrichtsprojekts die Diagramme mit den beiden Heizkurven des normalen und des isolierten Häuschens. Deutlich zeigen sie den Erfolg der Wärmedämmung in Form einer höheren Maximaltemperatur und eines langsameren Abfallens der Temperatur. Die höhere Heizkurve bedeutet, dass dieses Haus bei gleicher Raumtemperatur mit geringerer Heizungsleistung auskommt. Reflexionen zum eigenen Verhalten beim Heizen und Lüften runden die Beschäftigung mit dem Thema ab. Gerade die Verknüpfung des Schulstoffs mit Bezügen aus der Alltagswelt dient der Erzeugung von Relevanz und der tieferen Verankerung im Wissensnetz der Heranwachsenden. Hinzu kommt ein nicht unbeträchtlicher Kenntnisgewinn in naturwissenschaftlichen experimentellen Methoden, sei es die Bedeutung und Übertragung von Modellbildungen auf die Wirklichkeit oder die Analyse von Messdaten anhand von Diagrammen.
Solartechnik im Modell
Sind die Schüler vom Experiment fasziniert, lassen sich die Modelle der Schüler in folgenden Unterrichtseinheiten zu einem Passivhaus erweitern, indem die Schüler es mit einem Sonnenkollektor ausstatten, der Wärmeenergie in das Innere leitet und so das Haus ganz ohne Heizung beheizt. Als Modell eines Sonnenkollektors findet eine Streichholzschachtel Verwendung, deren Boden aus einer schwarz bemalten Kupferfolie besteht und die von oben mit einer Plastikfolie gegen den Wärmeverlust beklebt wird. An der Stelle, an der dieser Kollektor sitzt, wird ein entsprechend großes Loch in das Dach geschnitten, so dass die erhitzte Folie ihre Wärme via Infrarotstrahlung in das Haus abgeben kann.
Mit Doppelverglasung und Solaranlage ausgerüstetes Energiesparhäuschen.
Vertiefung in der Mittelstufe
In der Mittelstufe bietet es sich an, das Experiment erneut aufzugreifen und zu vertiefen: Wird neben der Temperaturerhöhung auch die Wassertemperatur des Filmdöschens vor und nach der Aufheizphase gemessen, kann die an das Haus abgegebene Wärmemenge berechnet werden. Auch die Oberfläche des Modells ist einfach zu bestimmen. Mit diesen Daten ist es nach der folgenden Formel möglich, den U-Wert des Modells zu ermitteln, also den Wert, der angibt, wie viel Heizenergie pro Sekunde durch einen Quadratmeter Bauhülle entweicht, wenn es draußen 1 Grad kälter ist als drinnen:
u ≈ W / (t * A * (Tmax - T0))
Dabei ist W die abgegebene Wärmemenge in Joule, t die Heizzeit in Sekunden und A die Oberfläche des Häuschens in m2 und Tmax sowie T0 sind die Maximal- und die Starttemperatur. Dieses Vorgehen ergibt brauchbare Werte für u und hilft den Jugendlichen, die Bedeutung des U-Wertes verstehen zu können. Eine logische Ausweitung der Versuche ist die näherungsweise Bestimmung der U-Werte der Schulgebäudehülle mittels einer Faustformel, die in der Energiedepesche bereits vorgestellt wurde. Hierbei leistet auch die ausleihbare Wärmebildkamera vom Bund der Energieverbraucher gute Dienste.
Zur Nachahmung empfohlen!
Die Resultate dieser Messungen führen regelmäßig zu Engagement der Schülerinnen und Schüler sowohl bezüglich des Energieverbrauchs der Schule als auch, wie mir Eltern zurückmeldeten, hinsichtlich der Wärmedämmung zu Hause, und ist ein gutes Beispiel für einen gelungenen Transfer von Schulwissen zu pragmatischer Handlungskompetenz. Ich freue mich über Berichte Ihrer Umsetzung meiner Idee oder vergleichbarer Konzepte!
Die Effizienzlandkarte zeigt: Die Gebäudesanierung birgt das mit Abstand größte Energiesparpotenzial gefolgt von effizienteren Autos.
Gute Dämmung – ein Gewinn
Die Effizienzlandkarte zeigt: Die Gebäudesanierung birgt das mit Abstand größte Energiesparpotenzial gefolgt von effizienteren Autos. Unser Wärmebedarf ist der bedeutendste Energieverbrauchssektor. Eine gute Gebäudedämmung ist der Schlüssel zur Senkung unseres Wärmeenergiebedarfes.
Von Aribert Peters
(4. Mai 2019) Nach der neuen EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie soll der Gebäudebestand in der EU bis zum Jahr 2050 dekarbonisiert sein, also ohne fossile Brennstoffe auskommen. Dabei ist es schon heute zu moderaten Mehrkosten möglich, in Neubauten völlig ohne Heizung auszukommen. Passivhäuser sind bereits Stand der Technik. In diesem Artikel geht es darum, wie bestehende Gebäude nachträglich besser gedämmt werden können.
Dämmung ist unumgänglich
Um das anspruchsvolle Dekarbonisierungsziel zu erreichen, ist eine radikale Absenkung der Heizenergieverbräuche im Gebäudebestand mit rund 21,5 Mio. Gebäuden und bei den Neubauten mit derzeit etwa 200.000 neuen Wohneinheiten pro Jahr erforderlich. Wärmeschutz ist die Voraussetzung für die erneuerbaren Energien in der Gebäudeheizung. Jede Kilowattstunde durch Wärmeschutz nicht mehr benötigter Wärme ist ein direkter und sicherer Beitrag zum Klimaschutz. Wählt man den richtigen Zeitpunkt, ist eine sehr gute Wärmedämmung auch für bestehende Gebäude wirtschaftlich und für den Investor dauerhaft gewinnbringend.
Es gibt eine Reihe guter Gründe für einen verbesserten Wärmeschutz von Gebäuden:
- Höhere Oberflächentemperaturen auf der Innenseite von Außenwänden und damit höhere Behaglichkeit
- Energieeinsparung, Ressourcenschonung
- Beitrag zum Klimaschutz
- Vermeidung von Bauschäden durch Feuchtigkeitsbildung auf der Innenseite von Außenwänden
- Verhinderung von Schimmelbildung und dadurch verursachte Bau- und Gesundheitsschäden
- Schutz vor sommerlicher Überhitzung
- Schutz der Baukonstruktion
- Wertsteigerung der Immobilie aufgrund geringerer Energiekosten
Nachrüstung ist effektiv!
Aus technischer Sicht ist eine 80-prozentige Senkung des Energieverbrauchs von Bestandsgebäuden machbar. Zu diesem Schluss kommt das Institut für Wohnen und Umwelt (IWU). Die Techniken sind bekannt und haben sich bewährt:
- Hochwirksamer Wärmeschutz von Dach, Wand (mit Dämmstärken zwischen 25 und 40 cm) und des Fußbodens
- Drei-Scheiben-Wärmeschutzverglasung mit gedämmten Fensterrahmen (Passivhausfenster)
- Rückgewinnung der Wärme aus der verbrauchten Luft mit Lüftungsanlagen
- Wärmeführende Leitungen und Speicher innerhalb der gedämmten Hülle.
Und dabei hat die Dämmung einen entscheidenden Vorteil gegenüber den anderen Techniken: Anders als bei Versorgungssystemen kann der Effizienzgewinn durch die Dämmung nämlich nicht durch Fehlbedienung, Nutzerverhalten oder den Ausfall von Regelsystemen geschmälert werden. Die Dämmung wirkt direkt ohne weiteren Aufwand und ohne Abnutzung des Materials.
Diese Punkte belegen auch aktuelle Untersuchungen und Handreichungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung sowie des Umweltbundesamtes:
Wie gut ist die Dämmung?
Ist mein Haus bereits gut gedämmt oder lohnt es sich, über eine zusätzliche Dämmung nachzudenken? Einen ersten Überblick gewinnt man mit kostenlosen Rechenprogrammen im Internet, zum Beispiel bei CO2-Online.
Dort erfahren Sie auch, wie viel Energie Sie durch eine bessere Dämmung sparen können. Sie benötigen dafür nur wenige Angaben zum Gebäude und die letzte Abrechnung des Energieversorgers. Der entscheidende Vergleichswert ist dabei der Energieverbrauchskennwert, also der Energieverbrauch dividiert durch die Gebäudefläche. Hier reicht die Spanne vom Niedrighaus mit 3 Liter Heizöl pro Quadratmeter – also das sogenannte „Dreiliterhaus“ (30 kWh/qm) – bis zum zehnfachen Wert bei einem ungedämmten Altbau.
Den Check machen
Wer es genau wissen will, kann auf dem Internetportal „Energiesparkonto“ seine Verbräuche der Vergangenheit eingeben. Das Programm errechnet daraus den „bezogenen Transmissionswärmeverlust“ für das eigene Haus. Dieser Wert muss nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) für Neubauten je nach Gebäudetyp zwischen 0,4 und 0,65 liegen. Wem das zu kompliziert ist, kann für 30 Euro bei der Verbraucherzentrale einen Gebäudecheck machen lassen.
Mythen und Vorurteile
Immer noch bestimmen viele Fehlinformationen und Mythen die Diskussion um die Wärmedämmung. Dabei sind sich Experten und alle seriösen Forschungsinstitute einig in der positiven Bewertung von Wärmedämmung und Wärmedämmverbundsystemen.
- „Häuser müssen atmen können“
- „Wärmedämmung führt zu Schimmel“
- „Dämmstoffe schaden der Gesundheit“
- „Wärmedämmung wird zur Brandfalle“
- „Die Herstellung von Dämmstoffen verbraucht mehr Energie als diese einsparen“
- „Wärmedämmung wird zu einem großen Entsorgungsproblem“
- „Gedämmte Fassaden werden von Algen verfärbt und gefährden die Gesundheit“
- „Fassaden- oder Dachbegrünung können die Wärmedämmung ersetzen“
- „Dicke Wände alter Häuser dämmen schon genug“
- „Infrarot-reflektierende Farben und Materialien sind ausreichend“
- „Wärmedämmung verhindert die Sonneneinstrahlung auf das Mauerwerk und damit deren Beitrag zur Energieeinsparung“
- „Wärmeschutz ist teuer und rechnet sich nicht“
- „Wärmedämmung verunstaltet Gebäude“
Alle diese Mythen sind falsch und wurden in der Energiedepesche bereits ausführlich richtiggestellt.
Gute Aufklärungsarbeit leistet auch eine aktuelle Broschüre mit dem Titel „Über den Sinn von Wärmedämmung“ der Klimaschutzagentur Baden-Württemberg und des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik, dem Energieinstitut Vorarlberg, dem Ingenieurbüro Ebök und dem Karlsruher Institut für Technologie.
U-Wert: Maß aller Dinge
Je besser man dämmt, umso weniger muss man heizen. Denn der Wärmeverlust durch Außenwände, Fenster und Türen muss durch die Heizung ersetzt werden. Je nach Gebäudetyp gehen zwischen 10 und 50 Prozent der Heizenergie durch die Außenwände verloren. Die Dämmqualität einer Wand wird durch den U-Wert charakterisiert. Er gibt an, wie viel Watt durch ein Bauteil mit einem Quadratmeter Größe je Grad Temperaturdifferenz zwischen Innen und Außen verloren gehen: W/(m2*K)
Vermindert man durch Dämmung den U-Wert von 1,6 W/(m2*K) auf 0,16 W/(m2*K), dann vermindert man die Wärmeverluste eines Gebäudes um gigantische 90 Prozent!
Eine Faustformel stellt die Verbindung zwischen U-Wert und Energieverlust her: U-Wert x 84 = Energieverlust in Kilowattstunden pro Jahr und Quadratmeter Bauteil. Wird ein Einfamilienhaus mit 160 m2 Wandfläche gedämmt und verringert sich der U-Wert um 1,0 W/(m2*K), dann beträgt die Einsparung jährlich 1,0 x 84 x 160 = 13.440 kWh oder rund 1.344 Liter Heizöl.
Doch welche U-Werte hat mein Haus? Die sind ganz unterschiedlich für Wand, Dach, Fenster und Tür. Die Gebäudetypologie des IWU gibt für verschiedene Baualtersstufen und Haustypen die U-Werte an. Man kann auch mit einem Thermometer die Innen- sowie Außentemperaturen messen und nach einer groben Näherungsformel den U-Wert abschätzen. Je kälter es draußen ist, um besser funktioniert das. (siehe
Entzauberte U-Werte genauer betrachtet)
Dämmwirkung = Wärmeleitfähigkeit
Der U-Wert beschreibt die Dämmqualität einer kompletten Wand. Die Materialeigenschaft jeder einzelnen Schicht der Wand (Mauer, Dämmung, Putz) wird durch die Wärmeleitfähigkeit Lambda beschrieben. Je schlechter die Wärme geleitet wird, desto besser ist die Dämmwirkung. Weil Luft ein schlechter Wärmeleiter ist, erhöhen Lufteinschlüsse die Dämmwirkung.
Bei Polystyrol liegt die Wärmeleitfähigkeit zwischen 0,031 und 0,045. Diese Zahl findet sich als sogenannte Dämmstoffklasse auf den Produktbeschreibungen, zum Beispiel Dämmstoffklasse 30 oder 45 entsprechen der Wärmleitfähigkeit 0,03 beziehungsweise 0,045. Aerogel-Matten haben einen Wert von 0,014 und Vakuumdämmplatten sogar 0,007.
Aerogele bestehen aus hochporösen Silikaten geringer Dichte mit Lufteinschluss. Sie dämmen immerhin halb so gut, wie die sehr teuren und schwer zu verarbeitenden Vakuumisolierplatten. Weil Vakuumdämmplatten aber fünfmal besser Dämmen als Polystyrol, braucht man für die gleiche Dämmwirkung nur eine fünfmal dünnere Dämmschicht. Allerdings sind die Kosten für eine Vakuumdämmung auch deutlich höher.
Dämmung der Außenwand
Rund 63 Prozent der Häuseraußenwände in Deutschland sind Putzfassaden ohne Wärmedämmung. 14 Prozent sind Klinkerfassaden. Weitere 10 Prozent sind Fassaden mit Wärmedämmverbundsystem. Mit 80 Prozent dominiert bei den bereits gedämmten Fassaden der Dämmstoff Polystyrol. Am zweithäufigsten wurde Mineralwolle verwendet. Wärmedämmverbundsysteme sind also mitnichten flächendeckend eingesetzt.
Die Kosten für Wärmedämmverbundsysteme liegen laut einer Auswertung aus den Jahren 2012 und 2013 bei durchschnittlich 75 Euro Grundkosten je Quadratmeter und 1,90 Euro je Zentimeter Dämmdicke bei einer Wärmeleitfähigkeit von 0,035 W/(m2*K). Vorhangfassaden kosten das 1,5-fache bis 4-fache. Das IWU gibt folgende Kosten für Dämmungen je Quadratmeter an:
Dämmung | Vollkosten | Davon energiebedingte Mehrkosten |
|
Außenwand | 15 cm | 139 € | 62 € |
Steildach | 18 cm | 201 € | 54 € |
Obergeschossdecke | 20 cm | 64 € | 64 € |
Kellerdecke | 8 cm | 41 € | 41 € |
Bei einem U-Wert von 1,6 W/(m2*K), das ist die übliche Ziegelwand aus der Kaiserzeit, die wir heute sanieren, verliert eine Wand mit zehn Quadratmetern bei 20 Grad Temperaturdifferenz 1,6 x 10 x 20 = 320 Watt, also in zehn Stunden 320 x 10 = 3.200 Wattstunden oder 3,2 kWh. Wird diese Wand mit 12 cm Dämmung auf einen U-Wert von 0,24 W/(m2*K) verbessert, vermindert sich der Wärmeverlust auf nur noch 0,48 kWh, also beinahe ein Siebtel.
Bis 1977 lag der mittlere U-Wert von Außenbauteilen noch über 1,2 W/(m2*K). Nach der derzeitigen Wärmeschutzverordnung von 2016 gilt für Außenwände im Neubau ein maximaler U-Wert von 0,28 W/(m2*K) zur Erreichung des Referenzhausstandards. Für Niedrigenergiehäuser ist ein U-Wert von 0,25 W/(m2*K) angesagt. Für ein Passivhaus liegt er sogar bei 0,1 W/(m2*K).
Bei mehrschaligen Außenwänden kann ab einer Luftschichtdicke von 4 cm eine Dämmung eingeblasen werden. Die Dämmwirkung ist wegen der geringen Dämmschichtdicke nur gering, die Kosten aber auch. Ein Dämmputz kann auf der Außenwand bis 14 cm dick aufgeputzt werden. Das Material dämmt nur halb so gut wie ein Dämmstoff, hat aber beispielsweise bei sehr unebenen Wänden im Altbau seine Berechtigung.
Innendämmung
Bei denkmalgeschützten Fassaden kann die Wärmedämmung auch von innen an die Außenwände geklebt werden. Allerdings sind so meist nur Dämmschichtstärken bis 8 cm realisierbar. (siehe "Innendämmung: die bessere Art zu dämmen?!"
Es bieten sich hier auch diffusionsoffene Dämmsysteme wie Perlite oder Calciumsilikat Wärmedämmplatten an. Dann kann auf eine Dampfsperre verzichtet werden.
Dach und Kellerdecke
Die Dachdämmung ist die einfachste und wirksamste Dämmung, da Wärme immer nach oben steigt. Sie wird zwischen den Dachsparren eingebracht. Das reicht bei der üblichen Sparrenstärke von 12 bis 16 cm jedoch nicht, die Sparren müssen also erhöht und dazwischen gedämmt werden. Zusätzlich braucht man eine Dampfsperre, weil sonst die warme Innenluft in die Dämmung dringt. Passiert dies, kondensiert der in der Luft enthaltene Wasserdampf im Dämmmaterial, da es dort kälter ist. Alternativ oder zusätzlich kann zwischen Sparren und Dachziegel gedämmt werden. Dafür braucht man ein Gerüst am Haus.
Der Referenzwert für die Dämmung von Neubaudächern gemäß EnEV liegt bei maximal 0,20 W/(m2*K), im Altbau bei 0,24 W/(m2*K). Ein zukunftsfähiger Effizienzstandard entspricht einem U-Wert des Dachs von unter 0,14 W/(m2*K). Dies entspricht einer Dämmstärke von etwa 25 cm mit einem Material in Wärmeleitgruppe (WLG) 35.
Für den Kellerboden sollte der U-Wert unter 0,20 W/(m2*K) und für Fenster mindestens 0,8 W/(m2*K) betragen. Der Referenzwert für die Dämmung der unteren Gebäudeabgrenzung bei Neubauvorhaben liegt nach der EnEV bei maximal 0,35 W/(m2*K). Ein sehr guter Zielwert liegt bei weniger als 0,20 W/(m2*K). Dies erreicht man mit einer Dämmstärke von etwa 17,5 cm und einem Material der Wärmeleitgruppe 35.
Wie dick dämmen?
Die Dämmschichtdicke entscheidet über Dämmwirkung und Wirtschaftlichkeit. Die Mehrkosten für eine dickere Dämmung sind meist nur gering. Allerdings gibt es oft bauliche Begrenzungen durch den Dachüberstand oder die Laibungen von Fenstern und Türen.
Je schlechter die Ausgangssituation, umso einfacher und günstiger lässt sie sich verbessern. Wer aber im ersten Dämmschritt nur eine halbe Sache macht, der lässt für eine spätere Verbesserung der Dämmung wenig wirtschaftlichen Spielraum. Dennoch: Wenn die Außenwände bereits gedämmt sind mit einer Dämmschicht von weniger als 10 cm und einem U-Wert von mehr als 0,35, sollte eine zweite Schicht von Wärmedämmung darüber geklebt werden.
Wahl der Dämmstoffe
Bei der Entscheidung für einen Dämmstoff spielen viele Gesichtspunkte eine Rolle:
- Dämmwirkung, also Wärmeleitfähigkeit
- Preis für eine gewünschte Dämmwirkung
- Verarbeitung (Schüttmaterial, Platten usw.)
- Brennbarkeit: Die Mindestanforderung für die Baustoffzulassung ist B2 (normalentflammbar) und für höhere Gebäude A2 (nicht brennbar)
- Wärmespeicherfähigkeit
- Ökologische Eigenschaften wie Gesundheits- und Umweltverträglichkeit
Den idealen Dämmstoff, der preisgünstig aber ökologisch ist und hochwirksam dämmt, gibt es leider nicht. Es geht also darum, welche Dämmstoffeigenschaften für Sie besonders wichtig sind. Eine gute Übersicht über verfügbare Dämmstoffe und deren Eigenschaften finden Sie unter bdev.de/daemmstoffe.
Der richtige Zeitpunkt …
… ist in jedem Fall die Bauteilinstandsetzung. Wenn die Fassade ohnehin neu gestrichen oder verputzt wird, sollte die Dämmung ebenfalls geprüft und verbessert werden. Über die richtige Reihenfolge bei der Haussanierung gibt der sogenannte „Sanierungsfahrplan“ Aufschluss, der vom Experten aufgestellt und Bestandteil einer guten Vor-Ort-Energieberatung ist. Jede Verbesserung der Dämmung wirkt sofort, auch ohne, dass alle anderen Bauteile zum gleichen Zeitpunkt gedämmt werden. Man kann also ruhig schrittweise zuerst Wände, dann Dach, dann Fenster und dann die Türen sanieren, ohne etwas falsch zu machen.
Die Mieterperspektive
Mieter sind von Wärmedämmung meist nicht begeistert. Denn sie müssen von den Modernisierungskosten jährlich 8 Prozent über eine höhere Miete bezahlen. Dafür profitieren sie von geringeren Heizkosten und einer behaglicheren Wohnung. Aber die Heizkostenersparnis ist bei den heutigen Energiepreisen noch deutlich geringer als die Mieterhöhung. Es gibt aber auch Beispiele, in denen guter Wille, öffentliche Fördermittel und gute Planung zu einer Warmmietenstabilität führt. So geschehen zum Beispiel in Berlin-Märkisches Viertel.
- Berliner Mieterverein: Wärmedämmung ist die teuerste Modernisierung
- GESOBAU: Modernisierung des Märkischen Viertels in Berlin
Das Dilemma von Klimaschutz, Mieterschutz und Wärmedämmung kann aber gemindert werden: Statt die Modernisierungskosten wie derzeit auf die Mieter abzuwälzen, könnten sie zwischen Eigentümer, Mieter und Staat gedrittelt werden. Eine gute Perspektive für Mieter bieten Sanierungen nach dem „Energiesprong-Prinzip“ (siehe Null-Energie-Sanierung vom Fließband).
Was kostet es, was bringt es?
Verbesserte Wärmedämmung reduziert die Heizkosten und erhöht die Behaglichkeit für die Bewohner. Die „Wirtschaftlichkeit“ ist ein wichtiges Kriterium dafür, ob zusätzlich gedämmt wird. Ob „es sich rechnet“, hängt von den Umständen des Einzelfalls und der Betrachtungsweise ab: Wie vergleichen sich die Kosten der Dämmung mit dem monetären Nutzen? Nach wie vielen Jahren hat der Investor sein eingesetztes Kapital durch eingesparte Energiekosten und höhere Mieten wieder erwirtschaftet? Aber auch höchst individuelle Fragen spielen eine Rolle, die jeder nur für sich persönlich beantworten kann:
Welchen Betrag ist die größere Behaglichkeit für die Bewohner im Sommer wie im Winter wert?
Welchen Eurobetrag ist die höhere Sicherheit durch geringere Abhängigkeit von künftigen Energiepreissteigerungen wert?
Wie hoch ist die Wertsteigerung des Gebäudes durch die bessere Dämmung?
Sind die Wohnungen durch geringere Energiekosten einfacher oder zu höheren Mieten vermietbar?
Welchen Beitrag liefert die Dämmung zum Klimaschutz und wie bewertet man diesen?
Aber es gibt auch Fragen, auf die allgemeine Antworten möglich sind:
Wie teuer ist die zusätzliche Dämmung?
Das hängt stark von der Dämmstärke und dem Sanierungszeitpunkt ab. Es empfiehlt sich, unterschiedliche Dämmstärken durchzurechnen und mehrere Angebote einzuholen.
Wird die Fassade ohnehin saniert?
Dann fallen die Kosten für das Gerüst und den Putz ohnehin an. In den Kosten der Wärmedämmung fallen diese Kostenpositionen weg. Die Dämmung wird um diese Beträge „günstiger“ und wirtschaftlicher.
Gibt es eine staatliche Förderung?
Nur wenn deutlich mehr gedämmt wird, als gesetzlich ohnehin vorgeschrieben ist, gibt es eventuell Fördermittel.
Wie viel kostet die durch die Dämmung eingesparte Energie? Mit welcher Energiekostensteigerung in den kommenden Jahren rechnet man?
Im Schnitt der vergangenen 19 Jahre sind die Ölpreise um 3,5 Prozent pro Jahr gestiegen. In den kommenden zehn Jahren werden sich die fossilen Brennstoffpreise vermutlich verdoppeln.
Wie teuer ist die Finanzierung der Dämmung? Müssen Darlehen aufgenommen werden und zu welchen Kosten?
Wenn mit Eigenmitteln finanziert wird, könnte dieses Geld im Kapitalmarkt gut angelegt auch Zinsen erbringen.
Wer berät zum Thema Wärmedämmung?
Es gibt verwirrend viele unterschiedliche Beratungsangebote. Den Einstieg ins Energiesparen machen Ihnen folgende Angebote leichter:
Internet-Bewertung des Gebäudes: Einen ersten Überblick, ob der Energieverbrauch Ihres Hauses zu hoch ist, können Sie sich mit Hilfe von Internet-Ratgebern verschaffen. Die Ratgeber schätzen auch ein, wie viel Energie Sie sparen können. Sie benötigen dafür nur wenige Angaben zum Gebäude und die letzte Abrechnung des Energieversorgers. www.co2online.de
Gebäude-Check der Verbraucherzentralen: Für 30 Euro macht ein ausgebildeter Energieberater bei Ihnen einen Gebäude-Check. Dabei erfahren Sie alles über die energetische Situation Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung. Der Berater beurteilt Ihren Strom- und Wärmeverbrauch und schaut sich die Heizungsanlage sowie die Gebäudehülle des Wohnhauses an. Eine kostenlose Terminvereinbarung kann telefonisch unter der Rufnummer 0800 809 802 400 erfolgen. bdev.de/gebaeudecheck
Geförderte Vor-Ort-Beratung: Wer es genau wissen will, der bekommt ein staatlich gefördertes Energiegutachten durch eine Vor-Ort-Beratung mit Sanierungsfahrplan. Dieses Angebot soll Eigentümern einen sinnvollen Weg aufzeigen, wie sie die Energieeffizienz ihres Gebäudes verbessern können. Eine Liste von Beratern finden Sie auf Vor-Ort-Energieberatung.
BAFA Energieberatung Wohngebäude
Check durch Handwerker: Im Rahmen der Kampagne „Haus sanieren – profitieren“ der Deutschen Bundesstiftung Umwelt bieten Handwerker kostenlose Energie-Checks an. Ergebnis des etwa 30-minütigen Rundgangs durch das Haus ist ein erster Überblick über den energetischen Zustand des Gebäudes und der Heizungsanlage – eine gute Grundlage für eine ausführlichere Energieberatung, aber natürlich auch eine Einladung für findige Vertriebsprofis. www.sanieren-profitieren.de
Viele Wärmedämmungen aus früheren Zeiten sind nur sechs Zentimeter stark. Bei deren Entsorgung gibt es Probleme. Stattdessen kann laut einer neuen Studie aber auch einfach eine zweite Wärmedämmung auf die bestehende Dämmung aufgebracht werden.
Alte Wärmedämmungen: Verdoppeln statt Abreißen
Viele Wärmedämmungen aus früheren Zeiten sind nur sechs Zentimeter stark. Bei deren Entsorgung gibt es Probleme. Stattdessen kann laut einer neuen Studie aber auch einfach eine zweite Wärmedämmung auf die bestehende Dämmung aufgebracht werden.
(21. März 2017) Wenn Wärmedämmungen zu Abfall werden und entsorgt werden müssen, gibt es ein Problem. Denn die Dämmstoffe enthielten bis Ende 2014 ein Flammschutzmittel namens „HBCD“ (Hexabromcyclododecan), das seit dem 30. März 2016 im europäischen Abfallverzeichnis als gefährlicher Abfall eingestuft ist. Diese müssen schon auf der Baustelle getrennt werden und sind gesondert zu entsorgen. In der Folge nahmen Müllverbrennungsanlagen keine Dämmstoffe mehr an, egal ob sie HBCD-haltig waren oder nicht.
Die Bundesregierung hat am 21. Dezember 2016 reagiert und die Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) so geändert, dass HBCD-haltige Abfälle nicht mehr als gefährlicher Abfall gelten (BGBl I S. 3074). Diese Regelung ist zunächst bis Ende 2017 befristet. Bis dahin müssen alte Wärmedämmungen nicht als gefährliche Abfälle entsorgt werden. Auf der Internetseite www.ivh.de des Industrieverbands Hartschaum kann nachgelesen werden, welche Müllverbrennungsanlagen die Dämmstoffe annehmen.
Von der Menge her handelt es sich bei den belasteten EPS-Dämmstoffen nur um einen geringen Anteil. Im Jahr 2012 waren von den 387.000 Tausend Tonnen Abfall insgesamt lediglich 42 Tausend Tonnen EPS/XPS-Abfall.
Bei den meisten Dämmstoffmengen, die zu entsorgen sind, handelt es sich um Verschnitt, der beim Anbringen neuer Dämmung anfällt. Diese sind ungiftig und können verbrannt oder verwertet werden. Zudem fallen Abfälle aus Rückbau nur in geringer Menge an, da die Wärmedämmungen sehr langlebig sind.
Verstärken statt abreißen
Viele Dämmungen, die mit sechs Zentimeter Dicke vor zwanzig oder dreißig Jahren angebracht wurden, entsprechen nicht dem heutigen Stand der Technik und sind erst recht nicht zukunftssicher. Statt die alte Dämmung zu entfernen und eine neue Dämmung anzubringen, kann auf die schon gedämmte Wand eine zweite Dämmschicht montiert werden. Dadurch erspart man sich Kosten und auch den Ärger mit der Entsorgung der alten Dämmung.
In einem umfangreichen Forschungsprojekt sind jetzt die Techniken, Potenziale und auch die Wirtschaftlichkeit einer Aufdopplung älterer Wärmedämmverbundsysteme untersucht worden. Autor der Studie ist Dr. Klaus-Dieter Clausnitzer, langjähriges Mitglied im Bund der Energieverbraucher e.V.
Wärmedämmungen mit einer Dicke unter zehn Zentimeter mit einem U-Wert der Außenwand über 0,35 sollten so aufgedoppelt werden, dass ein U-Wert von 0,2 erreicht wird. Meist reicht dafür eine Aufdopplung mit einer Dämmschicht von zehn Zentimetern. Dadurch lassen sich 6 bis 12 Prozent der Heizenergie einsparen. Brand- und Feuchteschutz müssen beachtet werden.
Das Potenzial ist gewaltig: 48 Prozent aller gedämmten Außenwände, so die Studie, können wirtschaftlich aufgedoppelt werden. Das betrifft circa 2,2 Millionen Wohngebäude.
Aufdopplung eines bestehenden WDVS im Altbau
Position des Umweltbundesamtes
Selbst HBCD-haltige Dämmstoffe aus der Zeit vor 2015 sind ungefährlich und bei sachgerechter Handhabung ungiftig. HBCD ist fest in die Polymermatrix eingebunden und kann weder ausgewaschen werden oder mechanisch austreten. In einer Information des Umweltbundesamtes dazu heißt es:
„HBCD ist nach der CLP-Verordnung nicht als akut toxisch für den Menschen eingestuft. Das bedeutet, dass nach einmaliger Exposition sogar mit hohen Dosen von HBCD keine unerwünschten akuten Wirkungen zu erwarten sind […].
Auch wer in einem Haus mit HBCD-haltigen Dämmplatten wohnt, muss nach heutigem Kenntnisstand bei fachgerechter Anwendung keine negativen Effekte auf seine Gesundheit befürchten, da in der Nutzungsphase nur wenig HBCD aus den Platten austritt, das über die Luft oder den Hausstaub von den Bewohnern aufgenommen werden könnte […].
Ebenso sind in der unmittelbaren Umgebung kaum akute Umweltwirkungen zu erwarten, da auch bei ungeschützt außen angebrachten Dämmstoffen nur sehr geringe Konzentrationen des wenig wasserlöslichen HBCD durch das Regenwasser ausgewaschen werden.“
Was bedeutet eine zeitgemäße Dämmung heute? Was vor 15 Jahren noch als fortschrittlich galt, ist heute Minimalstandard.
Wärmedämmung 3.0
Was bedeutet eine zeitgemäße Dämmung heute? Was vor 15 Jahren noch als fortschrittlich galt, ist heute Minimalstandard. Eine aktuelle Studie des Instituts für Wohnen und Umwelt zeigt für verschiedene Gebäudetypen, welche Dämmung der heutigen Zeit entspricht.
(23. September 2015) Wer heute ein Haus saniert, steht vor einer Reihe von schwierigen Entscheidungen. Soll das Gebäude konventionell saniert werden, daher entsprechend den geltenden Vorschriften? Oder wird ein zukunftsweisender Dämmstandard angestrebt, orientiert am geltenden Dämmstandard von Passivhäusern? Eine ausgezeichnete Hilfestellung bei der Entscheidung bietet eine aktuelle Forschungsarbeit des Instituts Wohnen und Umwelt (IWU). Sie zeigt die Auswirkungen unterschiedlichen Dämmniveaus für verschiedene Haustypen.
U-Wert
Der U-Wert gibt an, wieviel Watt durch ein Bauteil mit einem Quadratmeter Größe je Grad Temperaturdifferenz zwischen Innen und Außen verloren gehen. Bei einem U-Wert von 1,6 W/(m²K), das ist die übliche Ziegelwand aus der Kaiserzeit, die wir heute sanieren, verliert eine Wand mit zehn Quadratmetern bei 20 Grad Temperaturdifferenz 1,6 x 10 x 20 = 320 Watt, also in zehn Stunden 320 x 10 = 3.200 Wattstunden oder 3,2 kWh. Wird die Wand mit 12 cm Dämmung auf einen U-Wert von 0,24 W/(m²K) verbessert, wären es nur noch 0,48 kWh. Bis 1977 lag der mittlere U-Wert von Außenbauteilen noch über 1,2 W/(m²K). Nach der Wärmeschutzverordnung von 1995 ist für Außenwände ein maximaler U-Wert von 0,5 W/(m²K) vorgeschrieben. Für Niedrigenergiehäuser ist ein U-Wert von 0,25 W/(m²K) angesagt. Für ein Passivhaus liegt er sogar bei 0,1.
Die Gebäudetypologie
Der Bericht basiert auf einer „Gebäudetypologie“. Dem liegt folgender Gedanke zugrunde: Die meisten Gebäude werden so gebaut, wie dies im Errichtungsjahr allgemein üblich ist (DIN 4108, WschVO). Kennt man also das Baujahr eines Gebäudes und den Gebäudetyp (Einfamilienhaus, Reihenhaus, Mehrfamilienhaus, Hochhaus usw.), so findet man häufig ähnliche Wand- und Deckenaufbauten und kennt damit die Wärmedämmwerte eines konkreten Gebäudes, ohne ein teures Gutachten in Auftrag geben zu müssen.
Wie genau stimmt die Typologie?
Die energetischen Kennwerte für ein bestimmtes Gebäude aufgrund der Gebäudetypologie stimmen nicht immer mit den exakten Gebäudewerten überein. Sie nähern sich den tatsächlichen Gegebenheiten jedoch erstaunlich gut an. Die Studienergebnisse lassen sich einfach von jedermann nutzen, um wärmetechnische Informationen über ein konkretes Gebäude zu erhalten. Wer es noch genauer wissen will, für den stellt das IWU ein kostenloses Excel-Rechenprogramm zur Verfügung, mit dem die Ergebnisse genauer auf ein konkretes Gebäude angepasst werden können (EnEV-XL).
Kosten und Nutzen
Die Kosten einer Wärmedämmung sind ausführlich untersucht worden auf Basis tatsächlicher Sanierungsfälle. Sie liegen bei 130 Euro/qm bei einer Dämmstärke von zwölf Zentimeter und bei 155 Euro bei 20 cm Dämmung bei Betrachtung der Gesamtkosten einschließlich Montage und Mehrwertsteuer. Die Untersuchung hat auch ergeben, dass die Kosten von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sind und nicht nur von der gewählten Dämmstärke abhängen. Eine 16-cm-Dämmung kann man für 90 und auch für 190 Euro/qm haben. Die Heizkosteneinsparungen hängen sehr deutlich vom Dämmniveau ab (siehe Grafik) und von der künftigen Entwicklung der Brennstoffpreise.
Konventionell oder zukunftsweisend?
Das IWU hat für die verschiedenen Gebäudetypen berechnet, was eine konventionelle und was eine zukunftsgerichtete Sanierung bedeuten würde. Die Ergebnisse zeigen konkret die zu erwartenden Einsparungen. Darüber hinaus zeigt sich in einer Fülle von Beispielen, worin sich eine konventionelle von einer progressiven Sanierung unterscheidet.
Für die Außenwand ist eine zwölf Zentimeter dicke Außenwanddämmung heute guter Standard (U= 0,24 W/(m²K)). Eine Dämmung auf Passivhausniveau erfordert eine Dämmstoffstärke von 24 cm (U=0,1 W/(m²K)). Mit einer acht Zentimeter Innendämmung erreicht man knapp das konventionelle Niveau. Eine zukunftsweisende Dämmung ist folglich allein mit einer Innendämmung nicht zu erreichen. Diese kann aber eine gute Ergänzung zur Außendämmung sein.
Beim Fenstertausch bedeutet eine konventionelle Sanierung einen U-Wert von 1,1 bis 1,3 W/(m²K). Für das Passivhausniveau sind 0,7 bis 0,95 zielführend.
Bei einem Steildach führt eine zwölf Zentimeter dicke Zwischensparrendämmung auf ein konventionelles Niveau (U = 0,34 W/(m²K)). Das Passivhausniveau lässt sich mit einer Zwischensparrendämmung nicht erreichen. Dafür ist eine Aufsparrendämmung von 30 Zentimetern notwendig, also eine Dämmung zwischen Sparren und Dachziegeln. Ebenfalls möglich sind Kombinationen von Zwischensparrendämmung, Untersparren- oder Aufsparrendämmung mit insgesamt 30 Zentimeter Dämmdicke. Bei unbewohnten Dachböden liegt die Dämmung auf der obersten Geschossdecke. Für eine konventionelle Dämmung reichen zwölf Zentimeter, für eine zukunftsweisende Dämmung sind 30 Zentimeter erforderlich. Dies gilt auch für die Dämmung von Flachdächern.
Die Kellerdecke braucht hingegen bei konventionellem Niveau eine Dämmstärke von sechs Zentimetern, für eine zukunftsweisende Dämmung sollten es schon zwölf bis 25 Zentimeter sein.
Energieeinsparung durch verschiedene Sanierungsgrade
Die Haustechnik
Eine konventionell sanierte Heizanlage ist eine Gasbrennwertheizung. Als Kenngröße für die Effizienz des Wärmeversorgungssystems dient die Endenergieaufwandszahl. Sie besagt, wieviel Kilowattstunden (kWh) des betreffenden Energieträgers erforderlich sind, um eine Kilowattstunde Nutzwärme zu erzeugen. Für die konventionell sanierte Heizung beträgt diese Kennzahl 1,12. Für die Warmwassererzeugung hingegen 2,5, so dass insgesamt 1,5 erreicht werden. Für eine zukunftsweisende Sanierung wird die Heizung ergänzt durch eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung und eine solare Warmwasserbereitung. Damit lässt sich die Energieaufwandszahl schnell auf 1,1 senken.
Praktischer Nutzen
Wie können Sie praktischen Nutzen aus der Studie und der Gebäudetypologie ziehen? Holen Sie sich den IWU-Bericht kostenlos auf Ihren Rechner. In der Gebäudetypologie finden Sie sicher ein Haus, das Ihrem Haus sehr ähnlich ist. Nun haben Sie auf einmal eine Menge Informationen über Ihr Gebäude, die Ihnen zeigen, welche U-Werte und Verbräuche Ihr Gebäude unsaniert, mit konventioneller Sanierung und mit progressiver Sanierung erzielt. Wenn Sie bereits mehr über Ihr Gebäude wissen oder eine Teilsanierung erfolgte, können Sie ein Excel-Tool kostenlos installieren und dort den exakten Zustand Ihres Gebäudes eingeben einschließlich der Flächen (EnEV-XL). Der Aufwand ist minimal und Sie erhalten sehr rasch gute Informationen über Ihr Gebäude.
Beispiel Einfamilienhaus
Für ein kleines Einfamilienhaus der sechziger Jahre mit 110 Quadratmetern (qm) Wohnfläche lässt sich der Energieverbrauch vor und nach der Sanierung errechnen. Das unsanierte Haus hat einen Verbrauch von circa 270 kWh/qm. Die konventionelle Sanierung senkt diesen Verbrauch auf circa 170 kWh/qm, die progressive Sanierung kommt auf circa 70 kWh/qm. Der Primärenergiebedarf kann durch die Sanierung um 34 Prozent bis 67 Prozent gesenkt werden. In Heizöl ausgedrückt kann der Verbrauch von 3.000 auf 750 Liter gesenkt werden. Die jährlichen Energiekosten reduzieren sich von 23 auf 15 bis neun Euro je Quadratmeter.
Die Ergebnisse für alle Gebäudetypen sind im Forschungsbericht übersichtlich dargestellt. Dort können sich auch jene Architekturprofessoren informieren, die bisher in Fernsehsendungen behaupteten, die Wärmeverluste deutscher Außenwände lägen stets bei 14 Prozent. Besonders erfreulich ist, dass auch sämtliche Parameter der Berechnung wie Fläche und U-Werte einzelner Bauteile aufgeführt sind. Dadurch lässt sich bei eigenen Berechnungen mit dem IWU-Excel-Tool einfach auf den Werten aufsetzen.
Sanierungsfahrplan
Der Weg zu einem Passivhaus führt über Zwischenschritte, die zeitlich sinnvoll aufeinander abgestimmt werden sollten. Denn nicht nur die Außenwände, sondern auch die Heizanlagen der meisten Gebäude werden in den kommenden 30 bis 50 Jahren erneuert. Diese Abstimmung der Einzelmaßnahmen ist zum Modebegriff avanciert: dem „Sanierungsfahrplan“. Kritiker, wie zum Beispiel die Hessische Energiespar-Aktion zweifeln dagegen an, dass ein Berater die einzelnen Energiesparmaßnahmen auf der Zeitachse sinnvoll ordnen kann und dies eine Bedeutung für den Hauseigentümer und seine Entscheidungen hat.
Für die Reihenfolge der Sanierungsschritte gilt ein biblisches Prinzip: Ein jegliches hat seine Zeit, den Instandsetzungszeitpunkt von Heizanlage oder Außenbauteilen nämlich, der die Energiespartechnik kostenoptimal mit ohnehin anstehenden Baumaßnahmen verbindet. Wer die Wände dämmt, muss nicht gleichzeitig auch das Dach dämmen. Die Wärmeverluste durchs Dach ändern sich durch die Dämmung der Wände nicht. Es sei denn, es wird dann mehr geheizt – was tatsächlich oft der Fall ist. So verhält es sich auch mit allen anderen Maßnahmen.
Es gilt jedoch: Jede einzelne Dämmung bringt einen Beitrag zur Einsparung. Für eine Dämmung des gesamten Gebäudes zu einem Zeitpunkt sprechen aber oft praktische Erwägungen: Wenn ein Gerüst einmal steht, kann man sowohl die Wände als auch das Dach dämmen.
Nichts spricht gegen, alles spricht für eine gute Wärmedämmung. Dennoch ist sie ins Gerede gekommen.
Wärmedämmung – ohne geht es nicht!
Nichts spricht gegen, alles spricht für eine gute Wärmedämmung. Dennoch ist sie ins Gerede gekommen. Verbraucher sind verunsichert. Wärmedämmung ist zu wichtig, um sie in Frage zu stellen. Wir geben Orientierungshilfe.
Von Aribert Peters
(9. April 2015) Alle seriösen Institutionen des Verbraucherschutzes und der Wissenschaft sind sich einig: Die meisten Argumente gegen die Wärmedämmung sind völlig übertrieben oder sogar ganz und gar haltlos. Wichtiger noch: Ohne eine rasche und sehr gute Wärmedämmung kann die Energiewende nicht gelingen (Siehe Energiewende zu Ende gedacht).
Meine persönliche Erfahrung mit Wärmedämmung: Im Jahr 2004 habe ich mein Haus mit einem zwölf Zentimeter dicken Styropor-Wärmedämmverbundsystem ummanteln lassen. Der Energieverbrauch hat sich nahezu halbiert. Mehr noch: Weil die Innenwände nun wärmer sind, wohnt es sich angenehmer.
Im Folgenden führen wir wichtige Einwände gegen Wärmedämmung auf und bewerten diese Einwände.
„Wärmedämmungen sind in der Praxis überhaupt nicht wirksam.“
Es gibt hunderttausende gut gedämmte Häuser, die das Gegenteil beweisen. Es gibt umfangreiche Sammlungen konkreter Fallbeispiele im Internet (zum Beispiel Effizienzhaus-Datenbank unter www.dena.de oder www.energiesparaktion.de). Es gibt darüber hinaus viele Studien zur Wirksamkeit von Wärmedämmung. Und es gibt Naturgesetze, an denen niemand vorbeikommt: Der Inhalt einer Thermoskanne bleibt dank guter Dämmung sehr lange warm.
Wie viel Heizenergie gespart wird, hängt von der Dämmstoffstärke und von der Wärmeleitfähigkeit des Dämmstoffes ab. Viel hilft hier ausnahmsweise wirklich viel. Richtig ist jedoch auch, dass die Energieeinsparungen durch Dämmung in der Praxis oft hinter zu hoch gesteckten Erwartungen zurückbleiben. Dabei kann man heute ohne weiteres schon Häuser bauen, die wie eine gute Thermoskanne, kaum mehr Heizwärme benötigen. Und man kann mit relativ hohem Aufwand selbst Altbauten durch Dämmung auf Passivhausniveau sanieren.
„Wärmedämmung ist unwirtschaftlich.“
Die Wirtschaftlichkeit hängt von den Kosten der Dämmung und vom künftigen Kostenanstieg fossiler Brennstoffe ab.
Eine Wärmedämmung rechnet sich meist dann, wenn die Außenhülle des Hauses ohnehin saniert wird. Dann muss sowieso ein Gerüst gestellt sowie Farbe und Putz aufgebracht werden. Die Gesamtkosten für Gerüst, Anstrich und Dämmung teilen sich auf in Kosten, die auch ohne Dämmung entstehen würden, und die Zusatzkosten für die Dämmung. Man hat am Ende nicht nur ein gedämmtes Haus, sondern auch ein Haus mit neuem Putz und neuem Anstrich. Dieser zusätzliche Nutzen hat einen Preis, der von den Dämmkosten abzuziehen ist. Dadurch wird in den meisten Fällen auch bei heutigen Energiekosten die Wärmedämmung wirtschaftlich. Ähnlich amortisiert die Anschaffung eines spritsparenden Autos nicht dessen Anschaffungskosten, meist jedoch die Mehrkosten gegenüber dem Standardmodell. Deshalb ist der richtige Zeitpunkt für eine Wärmedämmung der Augenblick, an dem das Gebäude ohnehin einen neuen Putz oder neue Farbe bekommt.
Natürlich ist bei 35 Pfennig pro Liter Heizöl die wirtschaftliche Dämmdicke eine andere, als bei 80 Cent pro Liter. Aber rüstet der bei 35 Pfennig in nur sechs Zentimeter Dämmung investierende Hausbesitzer 20 Jahre später bei 80 Cent Ölpreis seine Wand auf zwölf Zentimeter nach, hat er den insgesamt teuersten Weg gewählt. Dürfen also Techniken, die 50 und mehr Jahre genutzt werden, mit dem aktuellen Energiepreis bewertet werden? Antizipieren wir die zwei oder drei Euro, die ein Liter Heizöl in 20 Jahren kosten wird, für unsere heutigen Bauentscheidungen? Oder bauen wir heute billig, um später teuer zu wohnen? Anders betrachtet: Eine Wärmedämmung ist eine Art zusätzlicher Rentenversicherung. Die heutige Investition führt zu künftig anwachsenden Ersparnissen an Heizenergie. Im Ergebnis führt Wärmedämmung zu steuerfreien Einkünften (Einsparungen) in der Zukunft – verglichen zur Situation ohne Dämmung.
„Die Dämmung reduziert solare Gewinne.“
Genau genommen gibt es keine solaren Gewinne, sondern nur eine Reduktion der Transmissionswärmeverluste durch Aufheizung des äußeren Wanddrittels für einige Stunden an einigen solarstrahlungsreichen Tagen des Winters bei nach Süden orientierten Wänden. Die Kernmonate des Winters haben pro Monat nur 40 bis 60 Sonnenstunden. Die solaren Gewinne sind prozentual über die Außenbauteile nach der Dämmung die gleichen wie vor der Dämmung: Die Gewinne haben sich absolut reduziert, aber die Verluste sind auch um 60 bis 90 Prozent gesunken. Wenig gewinnen und noch mehr verlieren ist keine Lösung.
„Wärmedämmung schadet dem Haus. Sie macht das Haus luftdicht, und dann verschimmelt es.“
Die Wärmedämmung macht kein Haus luftdicht. Denn Wände atmen nicht: Sie sind mit oder ohne Wärmedämmung weitestgehend undurchlässig für Luft und auch für Feuchtigkeit. Der Luftdurchgang durch Baumaterialien, Fugen und Ritzen sichert keine Lüftung. Auf diesem Wege käme auch eher schadstoffhaltige Luft ins Haus, denn in Ritzen wuchern häufig Schimmel und Bakterien. Im Zuge einer energetischen Sanierung werden oft und sinnvollerweise undichte Stellen im Gebäude beseitigt, zum Beispiel durch neue Fenster und Türen. Die witterungsabhängigen und unkontrollierbaren Wärmeverluste durch eindringende Kaltluft werden gestoppt und ebenso der damit einhergehende Feuchtetransport ins Haus. Die Lüftung der Innenräume und damit der Abtransport der Feuchte aus den Innenräumen muss dann durch eine Lüftungsanlage oder häufiges Fensterlüften erfolgen.
Schimmelpilze brauchen zum Gedeihen Feuchtigkeit. Besonders an kalten Wänden schlägt sich feuchte Luft nieder. Eine verbesserte Wärmedämmung der Außenwände hebt die Temperatur der Wände im Hausinneren an. Schimmel hat dann keine Chance mehr. In ungedämmten Altbauten ist Schimmel immer dort zu finden, wo die Wärmedämmung besonders schlecht ist, in Ecken und Winkeln. Eine sachgemäß angebrachte Wärmedämmung ist somit das beste Mittel gegen feuchte Wände und Schimmelbefall.
Tipp: Der Bund der Energieverbraucher e. V. verleiht an seine Mitglieder eine Antischimmelbox, um dem Schimmel auf die Spur zu kommen. Darüber hinaus können mit den kostenlos entleihbaren Wärmebildkameras vom Verein Kältebrücken, an denen sich die Feuchtigkeit niederschlägt, aufgespürt werden.
„Wärmedämmverbundsysteme saugen sich mit der Zeit mit Wasser voll, verlieren dann die Wirksamkeit und verrotten.“
Eine länger andauernde Durchnässung einer Dämmschicht muss unbedingt vermieden werden. Normalerweise schützt der Außenputz vor Durchfeuchtung von Wänden und die Dachziegel bei einer Dachdämmung. Schäden an Putz oder Dachziegeln müssen sofort behoben werden, mit oder ohne Dämmung. Im Sockelbereich ist besondere Sorgfalt nötig, damit nicht Feuchtigkeit aus dem Erdreich angesaugt wird. Allerdings hat Polystyrol keineswegs die Neigung, sich vollzusaugen. Es gibt sogar Styrodurplatten für die Außendämmung von Kellerwänden gegen das Erdreich, die auch ständige Nässe gut aushalten.
„Gedämmte Fassaden neigen zur Veralgung und sehen deswegen schnell hässlich aus.“
Die zunehmende Veralgung unseres Siedlungsraumes ist nicht nur ein Problem gedämmter Wände. Zuerst veralgten die Dächer, weil Algen Wasser brauchen. Heute sind auch ungedämmte Wände, Gehwegplatten, Zäune, Straßenschilder, Vorhangfassaden, Dämmputze usw. veralgt. Dieser Prozess nimmt noch zu. Die verputzten und gedämmten Wände waren 1990 zuerst betroffen, weil durch den verringerten Wärmestrom aus dem Gebäude, die Fassadenoberfläch im Winter kälter und feuchter bleibt. Das erhöht das Risiko einer Veralgung. Andere Risikofaktoren sind ein zu geringer Dachüberstand – oft in Folge der Wärmedämmung, ein Mangel an Sonneneinstrahlung (vor allem bei Nordfassaden), Pflanzen nahe an der Fassade und generell feuchte, neblige Standorte wie beispielsweise nahe Flüssen. Algen sind keine gesundheitliche Gefahr. Es geht um ein rein optisches Problem, denn Algen haften nur leicht auf der Fassade an und sind abwaschbar.
„Wärmedämmverbundsysteme sind brandgefährlich. Sie müssten deswegen verboten werden.“
Alle in Deutschland verwendeten Dämmstoffe sind bauaufsichtlich zugelassen und sicher. Hauseigentümer wählen zu 85 Prozent das kostengünstige Polystyrol als Wärmedämmverbundmaterial. Das ist zwar als „schwer entflammbar“ eingestuft, ist aber nicht unbrennbar. Die Brennbarkeit von Baumaterialien führt in den Bauvorschriften der Länder nicht zum Verbot, sonst würde man auch keine hölzernen Dachstühle mehr zulassen dürfen, die übrigens sehr häufig brennen. Brandschutz ist Bauordnungsrecht und wägt das Brandrisiko mit dem wirtschaftlichen Aufwand zur Vermeidung und den individuellen Freiheitsrechten ab. Sonst würden wir schon alle in Zimmern mit unbrennbarem Mobiliar wohnen. Brandschutzrecht fragt auch: Wie entwickeln sich Brände, ändert eine brennbare Fassadenbekleidung etwas an dem ohnehin ablaufenden Brand? Aus solchen Abwägungen heraus gibt es keine Brandschutzanforderungen an Einfamilienhäuser. Abgesehen von den Grenzabständen zum Nachbarn, damit ein Brand nicht zum nächsten Haus überspringt. Denn bei diesem Haustyp dominiert der Zimmerbrand mit inhäuslicher Ausbreitung und die Fassade ist egal. Deshalb darf man im EFH sogar mit normalentflammbaren Dämm- und sonstigen Fassadenbekleidungen bauen. 80 Prozent der Brände sind Zimmerbrände.
„Styropor ist gefährlicher Sondermüll“.
Werner Eicke-Hennig schrieb in der Energiedepesche 2013: „Während man aus Polystyrolbechern Kaffee an mit Polystyrol-Lacken beschichteten Tischen trank, diskutierte man Innenluftbelastungen durch auf Wänden von außen angebrachte Polystyrol-Dämmstoffe. Als dann endlich einmal am ersten Passivhaus in Darmstadt bei 28 Zentimeter WDVS aus Polystyrol die Raumluftbelastung mit monomerem Styrol gemessen wurde, gab es Entwarnung: Nach einer minimalen Anfangsbelastung des Neubaus waren schon sechs Monate nach Bezug die Innenluftwerte gleichauf mit der normalen Styrolkonzentration in der Außenluft“.
Styropor ist kein Sondermüll. Den Begriff „Sondermüll“ gibt es im Abfallrecht ohnehin nicht. EPS ist mit dem Abfallschlüssel für „Gemischte Bau- und Abbruchwerkstoffe“ eingestuft. In Verbindung mit anderen Bau- oder Abbruchabfällen ist Styropor dem Abfallschlüssel 17 09 04 zugeordnet und gilt damit als nicht gefährlicher Abfall. Nach dem heutigen Erkenntnis- und Wissensstand geht von der Verwendung von Styropor keine nachweisliche gesundheitliche oder umweltrelevante Gefährdung aus. Polystyrol ist physiologisch unbedenklich und als Lebensmittelverpackung sogar für rohes Fleisch oder Fisch uneingeschränkt zugelassen.
„Dämmstoffe verursachen ein Entsorgungsproblem.“
Massivbaustoffe, nicht Dämmstoffe sind unser Bauschuttproblem. Sie blockieren in großen Mengen die Deponien. Zu den heute zum Glück nur noch 9,3 Millionen Jahrestonnen Massivbauschutt kommen – bei 80 Prozent Recyclingquote – pro Jahr künftig 32.000 Tonnen EPS hinzu. Das sind 0,34 Prozent, wenn alle Wände mit EPS gedämmt wären und eine Nutzungsdauer von 50 Jahren unterstellt würde, die auch erreicht wird, wie wissenschaftliche Langzeitbeobachtungen zeigen.
Polystyrol ist ein Wertstoff, deshalb muss es bis 2020 zu 70 Prozent recycelt werden. Und schon laufen die Forschungen: Das erfolgversprechendste Recyclingverfahren kommt vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung. Der CreaSolve-Prozess löst das EPS an der Baustelle chemisch auf, die Menge ist dann gut transportierbar und nachgelagert wird das HBCD herausgelöst. Aus dem entstandenen Styrol können wieder Dämmplatten produziert werden. Der Fortschritt bringt die Lösung, die Menschen vervollkommnen nicht nur ihre Waffentechnik.
„Das Flammschutzmittel HBCD macht Dämmplatten zu gefährlichem Gift.“
Das bisher vor allem in Dämmplatten eingesetzte Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan, kurz HBCD, wird ab August 2015 voraussichtlich europaweit verboten. Der Stoff ist giftig für Gewässerorganismen wie zum Beispiel Algen, reichert sich in Lebewesen an und steht im Verdacht, Säuglinge über die Muttermilch zu schädigen. Der Dachverband der Dämmstoffhersteller gibt an: „Die deutschen Dämmstoffhersteller werden schon gegen Ende des Jahres 2014 alle Styroporplatten ohne HBCD produzieren“. Das HBCD wird in der Müllverbrennung in zwei Sekunden bei 900 °C völlig vernichtet, kann aber auch auf chemischem Wege bei den kommenden Recyclingverfahren (s.o.) abgespalten werden.
Das Umweltbundesamt hat dazu im Dezember 2014 eine Informationsbroschüre veröffentlicht.
Darin heißt es: „HBCD ist nach der CLP-Verordnung nicht als akut toxisch für den Menschen eingestuft. Das bedeutet, dass nach einmaliger Exposition sogar mit hohen Dosen von HBCD keine unerwünschten akuten Wirkungen zu erwarten sind […]. Auch wer in einem Haus mit HBCD-haltigen Dämmplatten wohnt, muss nach heutigem Kenntnisstand bei fachgerechter Anwendung keine negativen Effekte auf seine Gesundheit befürchten, da in der Nutzungsphase nur wenig HBCD aus den Platten austritt, das über die Luft oder den Hausstaub von den Bewohnern aufgenommen werden könnte […]. Ebenso sind in der unmittelbaren Umgebung kaum akute Umweltwirkungen zu erwarten, da auch bei ungeschützt außen angebrachten Dämmstoffen nur sehr geringe Konzentrationen des wenig wasserlöslichen HBCD durch das Regenwasser ausgewaschen werden.“
Zur Entsorgung schreibt die Broschüre: „HBCD-haltige Dämmplatten unterschreiten den maßgeblichen Grenzwert für Gesundheitsschädlichkeit nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 der Abfallverzeichnis-Verordnung. HBCD-haltige Dämmstoffabfälle sind somit dem Abfallschlüssel „17 06 04 Dämmmaterial mit Ausnahme desjenigen, das unter 17 06 01 und 17 06 03 fällt“ zuzuordnen. Auch mit einer Umweltrisikobetrachtung der Entsorgung dieses Abfalls ergibt sich keine andere abfallrechtliche Gefährlichkeitseinstufung.“ Das Umweltbundesamt empfiehlt dennoch die Verwendung HBCD-freier Dämmstoffe.
„Durch die Fassade entweicht ohnehin nur ein kleiner Teil der Wärme, da lässt sich kaum etwas sparen.”
Das Institut Wohnen und Umwelt hat für 46 Wohngebäudetypen der deutschen Gebäudetypologie, vom EFH über das Reihen- bis zum Hochhaus, die Kosten und das Einsparpotenzial durch zwölf Zentimeter Außenwanddämmung berechnet. Die Einsparungen liegen zwischen zehn Prozent bei einem Reihenhaus mit viel Südverglasung, bis zu 52 Prozent bei einem achtstöckiges Mehrfamilienhaus (siehe auch Gebäudetypen).
Basis jeder sachgerechten Wärmedämmung ist eine Analyse von Dämmung und Heizanlage eines Hauses, zum Beispiel mit dem www.sanierungskonfigurator.de oder dem einfachen Rechenprogramm CASAnova oder durch eine Energieberatung.
„Ein Austausch der Heizungsanlage ist doch viel sinnvoller.“
Wieviel Heizenergie ein Kessel ins Gebäude liefern muss, hängt von dessen Größe und von der Dämmung seiner Außenbauteile ab. Der Kessel kann noch so modern sein, bleibt die Hülle eines Altbaus ungedämmt, muss er viel Wärme ins Haus liefern. Der Austausch einer alten Heizung macht eine Wärmedämmung also nicht überflüssig. Effiziente Heizungen können den Nutzenergieverbrauch des Gebäudes nicht vermindern, sondern nur die Abgasverluste verringern. Der richtige Weg ist immer: Erst den Energiebedarf verringern und dann das Heizsystem anhand des neuen, verringerten Wärmebedarfes optimieren (siehe Grafik).
„Die Herstellung einer Wärmedämmung verursacht einen so hohen Energieaufwand, dass diese Methode zum Energiesparen untauglich ist.“
Die Erstellung von Häusern ist mit nur 2,5 Prozent am jährlichen Primärenergieverbrauch Deutschlands beteiligt. Ein zwölf Zentimeterdickes WDVS aus Polystyrol spart, über 25 Jahre betrachtet, 23 Mal mehr Primärenergie beim Heizen ein, als zu seiner Herstellung benötigt wird. Als Alternative zur Polystyrol-Dämmung (als Erdölprodukt) werden dickere Ziegel vorgeschlagen – obwohl gerade Ziegel wegen der Notwendigkeit des Brennens in der Herstellung energieintensiv sind.
„Wärmedämmung mit synthetischen, unnatürlichen Materialien ist unökologisch.“
Es stehen viele unterschiedliche Dämmmaterialien zur Auswahl, darunter einerseits Materialien aus Naturstoffen wie Holz, Kork, Steinwolle und Cellulose, aber andererseits auch synthetische Materialien wie Polystyrol und Polyurethan. Es fragt sich, was genau man unter „ökologisch“ versteht: Geht es um Umweltbelastungen oder darum, ob das Material natürlich ist? Keineswegs sind jedoch synthetische Materialien stets „böse“ und natürliche Materialien „gut“.
Einige Beispiele:
- Bei der Verbrennung von Polystyrol entstehen zwar giftige Gase (wie Kohlenmonoxid), aber viel weniger als bei Holzspanplatten, Cellulose, Kork oder auch bei Bauholz. Es wäre also absurd, wegen giftiger Gase im Brandfall lieber Holz als Polystyrol einzusetzen.
- Polystyrol-Dämmungen benötigen für ihre Herstellung einen wesentlich höheren Energieaufwand als Cellulose-Dämmungen (z. B. aus Altpapier), aber einen geringeren als Holzfaserdämmplatten.
- Gegenüber Schimmel im Falle der Durchfeuchtung sind natürliche Materialien anfälliger als synthetische. Die Lebensdauer sollte auch ein ökologisches Merkmal sein.
In aller Regel sind Umweltbelastungen durch die Dämmstoffherstellung weitaus geringer als die durch den verringerten Heizenergiebedarf vermiedene Belastung.
„Der Bedarf für Sanierungen besteht nicht. Unsanierte Häuser aus den frühen Nachkriegsjahren gibt es in Deutschland kaum noch.“
Die Broschüre „Sanierungsbedarf im Gebäudebestand – Ein Beitrag zur Energieeffizienzstrategie Gebäude“ des Bundeswirtschaftsministeriums hat die Wohngebäude nach ihrem Baualter gruppiert: 64 Prozent der Gebäude stammen aus den Jahren 1949 bis 1978. Gerade diese Gebäude haben einen besonders hohen Energieverbrauch von 208 kWh/m2a. Ein modernes Gebäude aus aus dem Jahr 2010 verbraucht dagegen weniger als ein Viertel an Heizenergie.
Die „Metastudie Wärmedämmstoffe“ des Forschungsinstitutes Wärmeschutz e. V. München (FIW) kommt ebenfalls zum Ergebnis, dass derzeit 65 Prozent aller Wohngebäude in Deutschland modernisierungsbedürftig sind (siehe Grafik).
Der durchschnittliche Endenergieverbrauch von heutigen Gebäuden liegt um den Faktor 4,5 niedriger als bei Gebäuden aus der Vorkriegszeit.
„Dicke Wände alter Häuser dämmen genug.“
Gebäude mit 38 bis 64 Zentimeter Wandstärke wurden früher aus Vollziegel oder Bruchsteinen gebaut. Das sind zwar gute Wärmespeicher, jedoch auch ebenso gute Wärmeleiter. U-Werte unter ein W/m2K sind selbst bei dicken historischen Wänden die absolute Ausnahme. Auch hier kann Wärmedämmung eine Senkung der Wärmeverluste um 80 bis 90 Prozent bewirken. Als Speicher helfen sie nicht, denn alles was dort im Winter eingespeichert wird, stammt aus der Heizungsanlage. Das ist günstigstenfalls ein Nullsummenspiel. Massivhäuser mit Speichermasse verbrauchen bei der heute üblichen Dauerheizung ein bis zwei Prozent mehr als Häuser mit wenig Speichermasse.
„Die energetische Sanierung verschandelt unsere Städte.“
Nicht das WDVS verschandelt, sondern der Hauseigentümer, dem die Fassade seines Hauses egal ist. 95 Prozent unserer Bausubstanz sind Profanbauten und quadratisch-praktisch gut. Und diese Bauten könnten durch Dämmung optisch sehr viel gewinnen, wenn der Bauherr dafür Geld auszugeben bereit ist. Es gibt viele Beispiele dafür, dass vorher sehr heruntergekommen aussehende Häuser hinterher weitaus ansprechender aussehen. Für denkmalgeschützte Gebäude bleibt noch die Möglichkeit einer Innendämmung.
“Als Vermieter lohnt sich für mich die Wärmedämmung doch gar nicht – ich habe ja nur die Kosten.”
Vermieter können die Kosten einer energetischen Sanierung mit elf Prozent jährlich den Mietern anlasten. Der Vermieter hat nach rund zehn Jahren ein entsprechend wertvolleres Haus. Die ehemals gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften ertüchtigen ihre Häuser kontinuierlich seit 40 Jahren mit Sanierungsquoten von drei Prozent pro Jahr. In ihren Geschäftsberichten stehen drei bis zehn Prozent Eigenkapitalrendite und die Sanierung wird auch noch sozialverträglich abgewickelt. Wenn die das können, mit ihren nur begrenzt mietzahlungsfähigen Mietern, können es andere Vermieter auch.
„Als Mieter lohnt sich für mich die Wärmedämmung doch gar nicht – ich zahle ja dann mehr Miete.“
Mieter sollten darauf achten, dass die umzulegenden energetischen Sanierungskosten um reine Renovierungskosten bereinigt sind. Aber selbst dann kann eine energetische Sanierung in der Tat die Kaltmiete stärker erhöhen, als die Heizkosten sinken, zumindest in den ersten drei bis fünf Jahren. Denn: In wenigen Jahren können die Heizkosten so steigen, dass die Rechnung anders aussieht. Wenn der nächste Ölpreisschock kommt, wird jeder froh sein, der in einem wärmegedämmten Haus lebt – ob als Besitzer oder als Mieter. Wenn ein solcher Mietaufschlag aufgrund der Marktlage durchgesetzt werden kann, so wäre dies früher oder später auch aus anderen Gründen erfolgt.
Eine aktuelle Studie der Heinrich-Böll-Stiftung stellt fest, dass nur 5,3 Prozent des Mietpreisanstiegs, den der Berliner Mietspiegel abbildet, auf Kosten der energetischen Modernisierung zurückgehen. Der größte Mietpreistreiber sei die unbegrenzte Möglichkeit der Mietpreisanhebung bei Neuvermietungen.
„Die Dämmstoffbranche ist völlig unglaubwürdig geworden durch manipulierte Siegel, falsche Angaben von Dämmwerten und Kartellabsprachen.“
Kritik an einzelnen Missständen der Branche darf aber nicht zu einer Ablehnung der Wärmedämmung insgesamt verleiten. Die Kritik an der Organspende-Vergabe würde doch niemand dazu verleiten, Organtransplantationen insgesamt in Frage zu stellen.
Fazit
Die Kritik an der Wärmedämmung ist gut, weil sie Aufmerksamkeit auf das Thema lenkt und auch Missstände aufdeckt. Aber die Wärmedämmung ist insgesamt gut und sehr sinnvoll für Bauherren, Wohnbaugesellschaften und auch für unsere Gesellschaft insgesamt. Sie muss beschleunigt und darf nicht gebremst werdenKasten:
Webhinweise:
- Metastudie Wärmedämmstoffe
- Positionspapier über den Sinn von Wärmedämmung
- Rüdiger Paschotta: Energie-Lexikon über Wärmedämmung
- Eine Kooperation zur Förderung der Energieeinsparung bei Alt- und Neubauten: www.energiesparaktion.de
- IWU-Studie: Wirtschaftlichkeit von Dämmung
- Dena Sanierungsstudie 2010/11: Mehrfamilienhaus und Einfamilienhaus
Gebäudereport 2015" der dena mit allen wichtigen Statistiken und Analysen zur Gebäudeeffizienz in Deutschland.
Aktueller Gebäudereport liegt vor
(1. April 2015) 53,7 Mrd Euro zahlten die deutschen Privathaushalte 2013 für Heizung, Warmwasser, Klimatisierung und Beleuchtung. Damit geben sie für Gebäudeenergie wegen höherer Energiepreise inflationsbereinigt knapp 10 Mrd Euro mehr aus als 2003. Wegen der energetischen Gebäudemodernisierung und des energiebewussten Nutzerverhaltens sind es aber nur die Hälfte der in dem Zeitraum anfallenden Verteuerung von über 20 Mrd Euro in diesem Bereich. Diese Zahlen stammen aus dem neuen "Gebäudereport 2015" der Deutschen Energie-Agentur (dena) mit allen wichtigen Statistiken und Analysen zur Gebäudeeffizienz in Deutschland.
Nach dem Report sind 65% der Fassaden und 35% der Dächer älterer Gebäude ungedämmt, 55% der Heizungsanlagen wurden vor 1997 installiert. Die neue Ausgabe des Berichts erfasst neben den 18,6 Mio Wohngebäuden erstmals auch die 3 Mio Nichtwohngebäude in Neubau und Bestand. Deren Anteil am bundesweiten Gebäudeenergieverbrauch ist mit 36% etwa halb so groß wie der von Wohngebäuden mit 64%. Der dena-Report ist digital oder gedruckt für 75 bzw. 100 Euro unter http://shop.dena.de bestellbar.
Die Fassade eines Hauses muss vielfältigen Belastungen standhalten.
Nachhaltig verputzt, weniger Heizkosten
(12. Juli 2014) Die Fassade eines Hauses muss vielfältigen Belastungen standhalten: Regen, Wind, Hitze oder Kälte, UV-Strahlung und Umweltverschmutzung. Sie bekommt Risse, verschmutzt und wird porös. Fraunhofer UMSICHT hat Funktionsbeschichtungen und Dämmputze auf ihre Beschichtungsqualität getestet. Speziell Regen und Betauung sorgten dafür, dass es zur Ausbildung eines Wasserfilms auf der Oberfläche der äußeren Beschichtung kommt. Über längere Dauer kann so Wasser in die Beschichtung und das Mauerwerk eindringen. Die Folge: Außenwände trocken nicht komplett ab, die Dämmfähigkeit lässt nach und die Heizkosten steigen. Ein Jahr lang untersuchten die Forscher die Wasseraufnahme und den Feuchtetransport in Beschichtungen, die sogenannte Wasserdampfpermeation sowie ihre Fähigkeit zur Wärmedämmung.
Fünf gängige Funktionsbeschichtungen und Putze wurden für die Analyse der Beschichtungen anonymisiert und entsprechend der Herstellerangaben verarbeitet. Für die Bestimmung der Durchlässigkeitsrate für Wasser wurden die Muster auf Kalksandstein und für die Wasserdampfdurchlässigkeit auf Glasfritten aufgetragen. Neuartige Systeme seien recyclingfähig, nicht entzündbar und rentieren sich aufgrund ihrer guten Wärmedämmung, so UMSICHT. Gegenüber althergebrachten Dämmmaterialien wie Styropor, Glaswolle oder Holzfaserdämmplatten, bestehen sie aus natürlichen und rein mineralischen Materialien, wodurch sie nicht entflammbar sind. Sie zeichneten sich durch eine geringe Wärmeleitfähigkeit aus, wodurch auch bei geringen Auftragsstärken eine hohe Wärmedämmung ermöglicht werde, was wiederum weniger Heizkosten für den Verbraucher bedeute, so UMSICHT.
80 Prozent Einsparung: Aber wie?
(17. Juni 2013) Das Institut für Wohnen und Umwelt hat für die Bundesregierung errechnet, wie die 80 Prozent Verminderung des Energieverbrauchs im Gebäudesektor bis zum Jahr 2050 bewerkstelligt werden können („Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele des Energiekonzepts im Gebäudebereich – Zielerreichungsszenario“). Die Studie kommt zu dem Schluss, dass gemäß den Ansätzen des Energiekonzepts ein klimaneutrales Gebäude nur 27 kWh Primärenergie je qm Nutzfläche verbrauchen darf. Ab 2020 dürfen nur noch klimaneutrale Gebäude errichtet werden. Das entspricht knapp dem Verbrauchsniveau des von der KfW geförderten Effizienzhaus 40 (verbraucht nur 40 Prozent des von der EnEV 2009 geforderten Wertes).
Im Neubau werden derzeit Häuser mit 57 kWh/qm errichtet. Dieser Wert muss also künftig auf die Hälfte abgesenkt werden. Um die für 2020 gesteckten Reduktionsziele (40 Prozent Verminderung der CO2-Emissionen gebenüber 1990) zu erreichen, müsste zudem die Sanierungsrate verdreifacht werden. Auch müssen Heizkessel größtenteils durch Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und Wärmepumpen ersetzt werden. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Sanierungsraten ebenso deutlich erhöht werden müssen, wie die Qualität der Wärmeschutzmaßnahmen.
Die Studie schlägt ökonomische Steuerinstrumente vor: Positive Anreize als Förderung, die durch negative Anreize (Abgaben auf den Energieverbrauch) finanziert werden.
Gegenüberstellung der Kosten eine Komplettsanierung mit den Ersparnissen.
Wie teuer ist Wärmedämmung?
(14. Juni 2013) In zehn betagten Einfamilienhäusern (Primärenergiebedarf vor der Sanierung: 319 kWh/qm) wurde eine Komplettsanierung durchgeführt und die Kosten den Ersparnissen gegenübergestellt. Die Auswertung erfolgte durch das Institut für wirtschaftliche Ölheizung. Im Schnitt kostete die Sanierung 83.000 Euro je Haus und senkte den Primärenergieverbrauch auf 74 kWh/qm. Aufschlussreich sind die Kosten der Einzelmaßnahmen und die Kosten je eingesparter Kilowattstunde.
- Die Erneuerung von Fenstern und Türen kostete 17.000 Euro, also 500 Euro je Quadratmeter Bauteilfläche. Die eingesparte Kilowattstunde kostet damit 15 Cent.
- Die Dachdämmung kostet rund 21.000 Euro und damit 150 Euro je qm Bauteilfläche. Die eingesparte Kilowattstunde kostet damit 8 Cent.
- Die Fassadendämmung kostet ebenfalls 21.000 Euro, 136 Euro je qm Bauteilfläche. Die eingesparte Kilowattstunde kostet sechs Cent.
- Die neue Heiztechnik einschließlich Solarthermie für Heizung und Trinkwassererwärmung kostet 22.500 Euro. Die eingesparte Kilowattstunde kostet hier fünf Cent.
- Die Dämmung der Kellerdecke kostet 4.000 Euro und damit 37 Euro je Quadratmeter Bauteilfläche. Die eingesparte Kilowattstunde kostet damit drei Cent.
In dieser Studie wurde alle Kosten der energetischen Sanierung zugerechnet (Vollkostenrechnung). Führt man die Sanierung durch, wenn ohnehin die Wand verputzt oder der Dach neu gedeckt werden muss, dann halbieren sich etwa die der Wärmedämmung zuzurechnenden Kosten und ebenso die Kosten der eingesparten Kilowattstunde.
Werner Eicke-Hennig hat sich die Argumente genauer angesehen.
Wärmedämmung: Irrweg oder Bauweise der Zukunft?
Die Wärmedämmung beseitigt die Schwächen des Massivbaus. Dennoch hat sie in unserer Gesellschaft keinen hohen Stellenwert. Dies ist fatal, weil die Energiewende ohne die Senkung des Energieverbrauchs nicht gelingen kann. Werner Eicke-Hennig hat sich die Argumente genauer angesehen.
Werner Eicke-Hennig studierte Stadtplanung und ist seit 1989 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wohnen und Umwelt (IWU) in Darmstadt. Er hat das Impuls-Programm Hessen und die Hessische Energiespar-Aktion ins Leben gerufen. Email: eicke-hennig@unitybox.de
(13. Juni 2013) Das Neue ist immer hart umkämpft. Ab 1600 wurde in England Holz knapp und die Holzpreise stiegen über zwei Jahrhunderte doppelt so schnell wie die Lebenshaltungskosten. Einen Ausweg bot die billigere Kohle. Gegen den ungewohnten, übelriechenden Kohlenrauch hagelte es jedoch schnell Proteste: „Dieser schreckliche Rauch schwärzt unsere Kirchen, läßt unsere Paläste alt aussehen, ruiniert unsere Kleider“. 200 Jahre stritt man über die Frage, ob Kohlefeuerung gesundheitsgefährdend sei, das darauf gegarte Essen verdürbe, zu Ohnmachten und zu unerträglichen Gerüchen im Haus führe, die Umwelt verschmutze und somit abzulehnen sei. Diese alte Debatte ist in der Rückschau eher peinlich: Es sollte alles bleiben, wie es ist. Die auf der Kohle basierende Industrialisierung hielt das nicht auf.
Massivbau ersetzt Holzhäuser
Im Gebiet von Deutschland war ursprünglich die Holzbauweise vorherrschend. Noch im 15. Jahrhundert war das steinerne Haus eine Ausnahme. Die beginnende Industrialisierung fegte die Holzbauweise hinweg. Die billige Massenherstellung von Ziegeln und deren Transport durch die Eisenbahn führte dazu, dass Deutschland zwischen 1850 und 1920 im doppelten Wortsinn „massiv“ um- und ausgebaut wurde. Die Zahl der deutschen Großstädte wuchs bis 1930 von acht auf 50. Ein epochaler Wandel der Bauweise vom Holz- zum Massivbau setzte ein. Deutschland wurde Ziegelland. Der Massivbau war beständiger als der Holzbau und ermöglichte die mehrgeschossige Bauweise für eine wachsende Bevölkerung. Er beseitigte die Schwächen des Holzbaus, aber schuf auch neue Probleme.
Mangelhafte Wärmedämmung im Massivbau
Der Massivbau war wärmetechnisch mangelhaft. 1948 schrieb Leopold Sautter: „Als später in den Städten wegen der vielen Feuersbrünste Steinhäuser immer mehr aufkamen (…), beachtete man nicht, dass der Stein einen viel geringeren Wärmeschutz gewährt als das Holz. (…) Brennstoff stand zunächst in genügender Menge zur Verfügung und man wusste eben nicht, dass man viel weniger Brennstoff brauchte, wenn die Wände des Hauses wärmedichter wären.“ Fehlendes Wissen um wärmetechnische Zusammenhänge führten zur 38 cm dicken Vollziegelwand mit U=1,56 W/(m2K) als Maß des Wärmeschutzes für alle Bauteile. Dies fiel nicht auf, weil man sich bei der Beheizung stark einschränkte, um die Heizkosten zu begrenzen. Noch 1846 hielt der französische Physiker Pèclet 15 °C Raumtemperatur für „zweckmäßig“.
Deshalb verheizten Wohnbauten um 1900 nur 60 kWh/(m2*a). Dennoch verschlang die Gebäudeheizung um 1920 wegen der stark angewachsenen Gebäudemenge im Deutschen Reich rund 40 Prozent der Kohlemengen. Dr. Raisch mahnte folgerichtig 1927 an,
„dass unsere Kohle und die dafür aufzuwendenden Kosten nicht zu einer unsinnigen Beheizung des Weltalls vergeudet werden sollten.“ Die Mahnung kam nicht an. Der Wiederaufbau nach 1945, die industrielle Nachkriegsentwicklung und das „Sorglos-Öl“ der sechziger Jahre, ließen den Energieverbrauch steil ansteigen. Ab 1952 sollten schwächliche Anforderungen an den Wärmeschutz der Häuser nur die Tauwasserfreiheit im Haus sichern. Beim Thema „Energie sparen“ verwiesen die Ministerien auf die „Kohlehalden“. Die Wärmedämmung verblieb auf Vorkriegsniveau, verschlechtert um gravierende Wärmebrücken aus Beton, dem Verursacher zahlreicher Schimmelschäden.
Das Einkommenswachstum führte zur Zentralheizung mit Dauerheizung und höheren Raumtemperaturen. Die Bauweise aus dem 19. Jahrhundert traf auf moderne Beheizung. Die Folge war ein steigender Heizenergieverbrauch unserer Häuser auf rund 300 kWh/(m2*a) bis etwa 1970. Die Zahl der Häuser nahm rasant zu und beläuft sich heute auf 18 Millionen Wohngebäude und 1,5 Millionen Zweckbauten.
Erste Wärmedämmhäuser
Ab 1974 begann nach dem „Ölschock“ die Suche nach neuen Lösungen für einen sparsameren Energieverbrauch unserer Häuser. Mit dem „Niedrigenergiehaus“ und dem „Passivhaus“ entstanden in den neunziger Jahren energetische Neubaukonzepte, die ihren Erfolg auch in der Praxis zeigten. Im Gebäudebestand war man an die vorhandenen Massivbauten mit ihren Schwächen gebunden. Moderne Heiztechnik und die nachträgliche Verbesserung des Wärmeschutzes aller Außenbauteile ergaben auch hier ein funktionsfähiges Konzept. Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft sanierte hunderttausende Altbauten zu Energiesparhäusern. Das Resultat kann sich sehen lassen: Halbierter Heizenergieverbrauch bei steigendem Komfort. Hier war das Wärmedämmverbundsystem, kurz WDVS, ein wichtiger Erfolgsfaktor, weil es eine kostengünstige Fassadendämmung möglich machte.
Der Ofen war der einzige warme Platz im Haus.
Wandel vom Massivbau zur Dämmbauweise
Mit diesen Erfolgen begann ein weiterer epochaler Wandel vom Massivbau zur Dämmbauweise. Er wird wie 1850 unterstützt durch die Verknappung und Verteuerung der fossilen Brennstoffe. Die Funktionsfähigkeit der baulichen Energiesparkonzepte bewies: Dem Wärmeschutz der Bauteile kommt in unserem Klima eine Schlüsselrolle zu. Bei neun Monaten Heizperiode und nur 1.500 Sonnenstunden im Jahr, heißt klimagerechtes Bauen, an erster Stelle Senkung der Wärmeverluste. Zusammen mit reduzierten Lüftungswärmeverlusten senkten Wärmeschutz mit U-Werten zwischen 0,1 und 0,25 W/(m2K) und moderne Verglasung mit 0,8-1,3 W/(m2K) den Heizenergieverbrauch um bis zu 90 Prozent. Die Wärmedämmung ist dabei ohne Alternative und Voraussetzung für einen erkennbaren Anteil erneuerbarer Energien im Wärmemarkt. Das verfügbare Brennholz reicht nur für weniger als acht Prozent unserer heutigen Gebäude aus, begrenzt durch Flächenverfügbarkeit und Emissionen.
Gegenstimmen zum Wärmeschutz
Die Bedeutung des Wärmeschutzes wurde in unserer Gesellschaft noch nicht erkannt. Das hängt auch mit unserer Wahrnehmung zusammen. „Der Feuchtigkeitsschutz (...) wurde immer im Bauwesen stark beachtet, weil ja das Eindringen der Feuchtigkeit sichtbare Schäden hervorruft, während das Abfließen der Wärme unsichtbar vor sich geht“, formulierte Sautter bereits 1948. An diesem Unverständnis setzen seit Jahren die Kräfte der Bewahrung an. Wie beim Übergang vom Brennholz zur Kohle, ertönen auch jetzt wieder Gegenstimmen, die sich an einzelnen Erscheinungen festmachen.
„Wärmeschutz funktioniert nicht“
Solange es keine gebauten Energiesparhäuser gab, hieß es, Wärmeschutz funktioniere nicht. Dieser Irrtum wurde später durch viele präzise Verbrauchsmessungen an gebauten Beispielen widerlegt. Heute ist jede in einem Energiesparhaus lebende Familie klüger, als die damaligen professoralen Skeptiker der universitären Massivbauinstitute.
„Die Wand muss atmen“
Auch das Argument von der „atmenden Wand“ wurde ausgegraben, das Prof. Pettenkofer 1860 in ganz anderem Zusammenhang formuliert hatte. Schon 1926 hatte Dr. Raisch durch Messungen bewiesen: Ein einziges Schlüsselloch ist mit 0,6 m2 Luft pro Stunde 60-mal luftdurchlässiger, als ein Quadratmeter geputzte und geweißte Wand. Weitere Autoren zeigten: Der Luftdurchgang durch Bauteile ist bei abgedichteten Fugen und Ritzen gleich null. Gerüche und Wasserdampf verschwinden nicht durch die Wand. Wer darauf hofft, gleicht einem Menschen, der sich Mund und Nase zuhält und die Atmung seiner Haut überlässt.
Die Wasserdampfdiffusion wurde gründlich falsch verstanden und gegen die Dämmung gewandt. Mittlerweile zeigen 600 Millionen Quadratmeter gedämmter Außenwandfläche keinerlei Diffusionsschäden.
Dämmung verschöbe „den Taupunkt“. Der ist jedoch wegen der dynamisch verlaufenden Temperaturen und Feuchten in den Bauteilen immer auf Wanderschaft. Die als atmungsfähig angesehene 38 Zentimeter dicke verputzte Ziegelwand weist in der DIN-Tauperiode rechnerisch 232 Gramm Tauwasser pro Quadratmeter auf, während dieselbe Wand mit zwölf Zentimetern Polystyrol außen gedämmt, tauwasserfrei bleibt. Mit dem üblichen Verständnis des Wasserdampftransports, bei dem fälschlich angenommen wird, die Moleküle würden per Druck durch die Wand bewegt, ist dieses DIN-Rechenergebnis unerklärlich. Also rechnet man erst gar nicht, dann hat man keine Erklärungsnot (erklärender Diffusionsfilm unter www.energiesparaktion.de). Dem Polystyrol wird die Eigenschaft „Plastiktüte, atmet nicht“, angehängt. Dass es die gleichen Diffusionseigenschaften hat wie Weichholz, Harthölzer sogar dampfdichter sind und es auch völlig diffusionsoffene Dämmstoffe gibt, warum sich damit belasten?
Für Schimmelschäden in Gebäuden wird immer noch die Dämmung verantwortlich gemacht. Während die Bauexperten im Innern der Bauteile nach Feuchtigkeit suchen, wächst der Schimmel auf der raumseitigen Oberfläche ungedämmter, kalter Bauteile, besonders auf den Wärmebrücken munter weiter.
Wärmespeicherung oder Wärmedämmung?
In den achtziger Jahren wurde die Wärmespeicherung gegen die Wärmedämmung gewendet. Warum aber hatten extrem wärmespeicherfähige Burgen beheizbare Zimmer, die Kemenaten? Wie kam es zu den Berichten über ritterliche Gelage, bei denen im Winter der Wein im Becher gefror? Warum kommt der schwere Baustoff Beton nicht ohne Dämmstoffe aus? Weil die Räume in den Massivbauten nach abendlichem Abstellen der Öfen sehr schnell auskühlten und morgens dann wieder lange aufgeheizt werden mussten. Dieses Nullsummenspiel erforderte sogar Leistungszuschläge bei den Wärmeerzeugern. Auch sollten Öfen mit inneren Eisen- und Tonkugeln als Mittel gegen die rasche Raumauskühlung dienen. Überdies sind unsere ungedämmten massiven Altbauten reich an Baumasse: Ein Einfamilienhaus wiegt rund 150 Tonnen. Aber sein Heizenergieverbrauch liegt bei 200-300 kWh/(m2*a). Wärmespeichernde Bauten sind das Problem und nicht die Lösung.
Gesundheitsgefahren durch Polystyrol-Dämmstoffe?
Die neunziger Jahre erlebten eine Debatte um Gesundheitsgefahren durch Dämmstoffe. Während man aus Polystyrolbechern Kaffee an mit Polystyrol-Lacken beschichteten Tischen trank, diskutierte man Innenluftbelastungen durch auf Wänden außen angebrachte Polystyrol-Dämmstoffe. Als dann endlich einmal am ersten Passivhaus in Darmstadt bei 28 Zentimeter WDVS aus Polystyrol die Raumluftbelastung mit monomerem Styrol gemessen wurde, gab es Entwarnung: Nach einer minimalen Anfangsbelastung des Neubaus waren schon sechs Monate nach Bezug die Innenluftwerte gleichauf mit der normalen Styrolkonzentration in der Außenluft. Aber da diskutierte man bereits Krebsgefahren aus Mineralfaserdämmstoffen. Da half es nichts, dass der Krebsforscher Prof. Pott, (Urheber des Asbest-Verbots), 1992 erklärte, er habe ein Krebsrisiko und keine Gefahr gemeint und dies auch nicht für die Bewohner, sondern für die täglich in der Mineralwollproduktion stehenden Arbeiter, damit diese besser geschützt würden. Es half nichts, die Glas- und Steinwollindustrie musste ihre Herstellungsrezepturen ändern.
Brandgefahr durch Dämmstoffe?
2012 flackerte eine Debatte um Brandgefahren von schwer entflammbaren Dämmstoffen auf. Bei drei größeren Fassadenbränden in 40 Jahren WDVS-Anwendungen waren zwei Tote zu beklagen. Die Todesfälle entstanden in einem Berliner Brandfall an einem Mehrfamileinhaus, bei dem alle Außen- und Innenwände beidseitig mit 2,5 Zentimeter dicken Holzfaserplatten ausgekleidet waren, die sich zuvorderst am Brand beteiligten. Die typische Erscheinungsform von Zimmerbränden, eine aus den Fenstern schlagende Flammwalze, verursacht durch aus dem Fenster strömende und außen entzündende Brandgase, wurden fälschlicherweise dem WDVS zugeordnet. Dass die Dämmung nur mit brannte, interessierte nicht. Und dass der Brand eines riesigen hölzernen Abfalllagers vor Wohnhäusern die Fenster-scheiben zum Platzen bringt und zum Zimmerbrand wird? Das sei natürlich nur durch WDVS auf der Fassade möglich. Die Feuerwehren argumentieren, der Brandverlauf habe sich durch Dämmprodukte generell geändert, da Hitze und Rauch erst spät aus dem Haus entweichen können. Das verändere die Art des Löschzugriffs, denn Dächer seien dichter, Wärmeschutzgläser platzten später. Aber solche Veränderungen gelten auch für andere Neuerungen, etwa massive Flachdächer, Wohnungen in Geschossbauten mit Stahlbetondecken oder Chemiefabriken und doch geben wir diese Techniken nicht auf. Durchgehende Brandriegel reduzieren die Brandgefahr von WDVS. Eine Schweizer Untersuchung zeigt, dass die Bewohner von Holzhäusern gegenüber dem Massivbau ein doppelt so hohes Todesrisiko durch Brände haben. Holzhäuser werden mental aber als „natürlich und wohngesund“ bewertet.
Hoher Energieaufwand für Dämmstoffherstellung?
Die Erstellung von Häusern ist mit nur 2,5 Prozent am jährlichen Primärenergieverbrauch Deutschlands beteiligt. Das hält Kritiker nicht davon ab, den Primärenergiegehalt von Dämmstoffen zu problematisieren. Dass mehr als zwei Drittel des Energieeinsatzes auf Beton, Mauerwerk, Stahl und Glas entfallen, ließ nicht etwa die Massivbaustoffe, sondern die Dämmstoffe ins Visier geraten. Man verglich wacker nur den Herstellungsenergieaufwand unterschiedlicher Bau- und Dämmstoffe miteinander, obwohl man diese Frage nur in einer den Nutzen einschließenden Bilanz lösen kann. Ein zwölf Zentimeter dickes WDVS aus Polystyrol spart, über 25 Jahre betrachtet, 23 mal mehr Primärenergie beim Heizen ein, als zu seiner Herstellung benötigt wird.
Veralgen wärmegedämmte Fassaden?
Neuerdings wird die mögliche Veralgung von mit WDVS gedämmten Fassaden zu einem Problem erklärt. Der wahre Tatbestand: Durch den wachsenden CO2-Gehalt der Atmosphäre, wachsen überall Algen, die das CO2 in Biomasse und Sauerstoff umsetzen. Gefördert wird das Algenwachstum auch durch die Rauchgasentschwefelung der Kraftwerke. Es veralgen langsam alle Außenbauteile, die eine gewisse Zeit nass sind. Bäume, Sträucher, Gehwege, Verkehrsschilder, Vorhangfassaden und kalte Giebeldreiecke von Mauerwerkswänden veralgen, nord- und westorientierte Klinkerfassaden werden grün, Schiefer- und Ziegeldächer auf der Wetterseite veralgen. Dieser Vorgang wird noch stärker werden. Den Blick dabei auf die gedämmten Fassaden zu verengen, ist nicht nur wegen der noch stärker veralgenden Dächer einseitig. Er ist auch ungerecht, weil wir durch Fassadendämmung den das CO2 liefernden Klimawandel ja begrenzen und diese Technik nun selbst von den Auswirkungen des fortgeschrittenen Klimawandels berührt wird. Bisher sind nur rund fünf bis zehn Prozent der Dämmfassaden betroffen. Deren Algenbewuchs ist ein optisches Problem, er zerstört nichts. Es ist wie immer: Neue Techniken bringen neue Probleme. An Abhilfe wird geforscht. Verkapselte, nur langsam auswaschende Algizide im Putz sind der Anfang. Unser Wasser wird noch lange durch Fungizide aus den Kosmetika und der Landwirtschaft belastet sein, wenn die Dämmfassaden keine Schadstoffe mehr abgeben, weil hier andere Lösungen gefunden sind.
Dämmung unwirtschaftlich?
Jede fortschrittliche Technik ist technischer Mehraufwand. Auch die „Holzsparkunst“ mit Ofen und Schornstein erhöhte die Bauausgaben gegenüber dem offenen Herdfeuer. Die Warmwasserzentralheizung brachte den nächsten Baukostensprung und setzte sich trotzdem durch. Natürlich ist bei 35 Pfennig pro Liter Heizöl die wirtschaftliche Dämmdicke eine andere, als bei 80 Cent pro Liter. Aber rüstet der bei 35 Pfennig in nur sechs Zentimeter Dämmung investierende Hausbesitzer 20 Jahre später bei 80 Cent Ölpreis seine Wand auf zwölf Zentimeter nach, hat er den insgesamt teuersten Weg gewählt. Dürfen also Techniken, die 50 und mehr Jahre genutzt werden, mit dem aktuellen Energiepreis bewertet werden? Antizipieren wir die zwei oder drei Euro, die ein Liter Heizöl in 20 Jahren kosten wird, für unsere heutigen Bauentscheidungen? Oder bauen wir heute billig um später teuer zu wohnen?
Und der Sondermüll?
Bei den umgangssprachlich als „Sondermüll“ genannten Materialien handelt es sich um Stoffe auf der Liste gefährlicher Abfallstoffe. Auf dieser Liste steht auch Mineralwolle und wird seitdem beim Hausabbruch getrennt entsorgt. Diese höchste Vorsicht auf Grund eines Verdachts auf dessen kanzerogene Wirkung spiegelt die Hysterie der Mineralwolldiskussions von 1990 wieder. Mineralwolle wird auch bereits recycelt. Hartschaum ist als Lebensmittelverpackung zugelassen. Auch kann er recycelt und bis zu zehn Prozent in neue Dämmstoffe überführt werden. Ein Deponieproblem durch Dämmstoffe gibt es nicht, denn sie bestehen zu 98 Prozent aus Luft, werden also zusammengepresst. Die Bauschuttdeponien sind demgegenüber überfüllt durch Erdaushub und groben Bauschutt.
Fazit
Wie der Massivbau die Schwächen des Holzbaus beseitigte, beseitigt die kommende Dämmbauweise die Schwächen des Massivbaus mit seinen Schimmelproblemen und seinem hohen Energieverbrauch. Das WDVS ist dabei eine sozialverträgliche Technik, weil sie ermöglicht, die vorhandene Bausubstanz weiter zu nutzen. Besonders wichtig ist eine handwerklich gute Verarbeitung. Wie Weiland in der Holzkrise, arbeiten sich die Kritiker der Dämmung an einzelnen Erscheinungen ab und begreifen das Wesen der Dinge nicht: Die Notwendigkeit dieser Entwicklung. Denn die Dämmbauweise bringt nicht nur mehr Behaglichkeit und Wohngesundheit in unsere Häuser. Sie löst auch das Ressourcen- und Umweltproblem in diesem Bereich. Mit ihr bauen wir Deutschland zu Ende – vorerst, denn Fortschritt ist immer.
Wärmedämmung: Zweitmauer gegen die Kälte
(16. März 2012) Wer auf seine massiven Mauern keine Wärmedämmung aus Styropor dübeln mag, für den gibt es jetzt eine Alternative: eine gemauerte Wärmedämmung. Die zweite Mauer aus Spezialziegeln mit hoher Wärmedämmung wird vor die ursprüngliche Mauer gesetzt. Die Hohlräume der Ziegel sind mit Perlit ausgefüllt.
Dadurch erreicht man einen Wärmeleitwert von 0,065 W/mK. Herkömmliche Wärmedämmsysteme bieten jedoch mit Dämmwerten von 0,035 und 0,040 deutlich bessere Dämmeffekte bei gleicher Bauteildicke. Zudem liegen die Investitionskosten für die gemauerte Dämmung fast doppelt so hoch wie bei einem Wärmedämmverbundsystem. Dafür ist die gemauerte Dämmung wesentlich stabiler und hält sich länger. Anbieter ist Schlagman/Poroton.
Kerndämmung und Innendämmung von Außenwänden
11. Juli 2007
Kerndämmung
Bei der in Norddeutschland verbreiteten zweischaligen Bauweise liegt zwischen Innen- und Außenwand oft keine Wärmedämmung sondern ein Luftspalt von sechs bis sieben cm Weite. Dieser leere Raum läßt sich mit einem Dämmstoff ausfüllen. Dazu wird das äußere Mauerwerk angebohrt und der Dämmstoff mit Spezialgeräten eingebracht. Danach werden die Bohrlöcher wieder verschlossen.
Die Kerndämmung ist mit ca. 40 DM je Quadratmeter sehr kostengünstig. Die Wände müssen nicht verändert werden und aufwendige Zusatzarbeiten entfallen. Negative Auswirkungen auf das Feuchteverhalten sind bisher nicht nachgewiesen worden.
Innendämmung von Außenwänden
Wenn eine Wärmedämmung von außen nicht möglich ist, kommt eine Wärmedämmung von Innen in Frage, z.B. bei denkmalgeschützten Gebäuden. Damit Bauschäden vermieden werden, muss die Innendämmung sorgfältig und wärmebrückenfrei ausgeführt werden. Am Übergang zu Betondecken sollte hierzu ein sog. Dämmkeil zum Einsatz kommen.
Vorteilhaft ist, daß die Dämmung kostengünstiger als eine Außendämmung ist und auch nach und nach einzeln für die Innenräume verwirklicht werden kann. Dennoch bleibt - falls möglich - die Außendämmung der Innendämmung vorzuziehen. Verwendet werden z.B. Verbundplatten aus Dämmstoff (Hartschaum oder Mineralwolle) mit integrierter Dampfbremse, Dämmstoffe zwischen Holzlattenkonstruktion auf altem Innenputz, neuerdings auch saugende Holzfaser- und Kalziumsilikatplatten. Für die Dampfbremse werden u.a. Baupappen oder Folien aus Polyäthylen oder Aluminium verwendet. Geeignet sind auch dampfdichte Foamglasplatten. Die empfohlene Dämmstoffstärke liegt bei sechs bis acht Zentimeter. Die Kosten für die Innendämmung betragen etwa 45 DM je Quadratmeter einschließlich Montagekosten durch eine Fachfirma.
Nichts isoliert besser
(12. September 2005) - Auf höhere Anforderungen an die Gebäudedämmung haben Forschung und Industrie mit der Entwicklung innovativer Dämmstoffe reagiert. Eine ganze Reihe dieser neuen Systeme ist bereits am Markt verfügbar.
Vakuumdämmung
Die Dämmwirkung von Vakuum-Dämmstoffen ist zehnmal höher als die üblicher Dämmstoffe. Schon eine zwei Zentimeter dünne Platte erzielt die Dämmwirkung einer 20 Zentimeter dicken üblichen Dämmplatte. Allein die Wärmeleitung des in den Dämmstoffen enthaltenen Luftpolsters trägt bei üblichen Schaum- und Faserdämmstoffen zwischen 65 und 80 Prozent zum Wärmeverlust bei. Die einzige Möglichkeit, die Wärmeleitfähigkeit drastisch zu verringern, ist die vollständige Entfernung der Luft aus dem Dämmstoff, also eine Evakuierung, wie man sie vom vakuumverpackten Kaffee kennt.
Vakuum-Isolationspaneelen wurden ursprünglich für den Kühlanlagenbau und die Fahrzeugindustrie entwickelt. Sie bestehen aus einem druckstabilen verpressbaren Kernmaterial, das in einer Vakuumkammer in eine gasdichte Umhüllungsfolie eingeschweißt wird. Ein wesentlicher Vorteil liegt in der enormen Platzersparnis dieser Dämmstoffe. Wo der Bauraum begrenzt ist, starke Dämmungen aber erforderlich sind und der erzielbare Verkaufswert sehr hoch ist, etwa in Innenstädten mit hohen Grundstückspreisen, eignen sich Vakuum-Isolationspaneele hervorragend. So lassensich etwa Niedrigstenergiehäuser mit hoch effizienten Dämmhüllen und schlanken und architektonisch hochwertigen Konstruktionen realisieren.
Der Nachteil: Vakuumdämmplatten reagieren sehr empfindlich auf mechanische Beschädigungen. Ob die angestrebte Lebensdauer von 50 Jahren erreicht wird, lässt sich derzeit noch nicht beurteilen, denn Langzeiterfahrungen fehlen. Die derzeit noch vier- bis fünffach höheren Preise könnten durch Rationalisierung und steigende Stückzahlen künftig sinken. Hersteller sind zum Beispiel va-Q-tec, zzwancor und poretherm. Die Firma Q-tech aus Würzburg hat ein Verfahren entwickelt, das die Isolierwirkung der Vakuumdämmplatten schnell und kostengünstig ermittelt: Eine dünne Metallscheibe wird bei der Herstellung im Inneren aller Dämmplatten eingebracht. Der Wärmestrom von einem außen anliegenden Messkopf in diese kalte Metallscheibe wird erfasst und daraus der Dämmwert und die Vakuumqualität abgeleitet.
Quelle: Innovative Dämmstoffe, Studie des bremer energie instituts
Aus dem Kühlanlagenbau stammen stahlumhüllte Vakuumdämmungen: so genannte VIS - Vacuum Insulating Sandwich. Im Vergleich zur Vakuumdämmplätte ist das VIS-Sandwich mechanisch robust und unempfindlich - es hält extreme Belastungen aus. Das Element verfügt über einen Evakuierungsflansch, über den das Vakuum stets erneuert werden kann, sollte es einmal verloren gehen. Hersteller ist zum Beispiel lamdasave. In den USA experimentiert man am Lawrence Berkeley National Laboratory mit gasgefüllten Dämmpaneelen für Gebäude, Kühlschränke und Autos.
Solarwabe zur Fassadenwärmung
Ein weiteres innovatives Dämmsystem nutzt die Sonnenenergie zur Erwärmung der Fassade. Das Kernstück der Solarfassade sind Solarwaben aus Zellulose, die als Solarabsorber dienen und die auf die Wände treffende Sonnenenergie aufnehmen. Die Strahlung der tief stehenden Wintersonne dringt bis in den Kern der Solarwabe ein und erwärmt diese auf durchschnittlich 18 Grad. Somit werden die Eigenschaften der herkömmlichen Wärmedämmung mit der Speicherung von Sonnenenergie in einer Wand kombiniert. Die Wände werden zur warmen Hülle des Gebäudes. Wegen des hohen Sonnenstandes wird die Wabe im Sommer nicht erwärmt, die Strahlung wird größtenteils reflektiert.
Die Wabe besteht aus Wellpappe und ist zwischen zwei Glasscheiben eingeschlossen. Zwischen Solarwabe und Außenglas befindet sich ein Luftspalt, der an der Ober- und Unterkante nach außen offen ist, um Wasserdampf abzuführen. Dieses Paneel wird an die Außenwand montiert.
Solarcity: Passivhaus in Linz (Österreich), 1.400 qm Solarfassade, Energiekennzahl: 7,3 kWh/qm a.
Der Dämmwert der Wabenfassade beträgt über die gesamte Heizperiode gemittelt 0,02 bis 0,1 W/qmK. Weil auch diffuse Sonnenstrahlung genutzt werden kann, bringt die Solarwabe auch auf der Nordwand eine Verbesserung. Die Solarwabe kostet nur ein Viertel im Vergleich zu anderen transparenten Wärmedämmungen, wenngleich die Einsparung von Heizenergie nur etwa halb so groß ist. Der Paneelpreis liegt je nach Größe zwischen 220 und 280 Euro je Quadratmeter.
Die Herstellerfirma ESA aus Österreich hat bereits 70 Gebäude mit Solarfassade gedämmt. Auch andere Systeme der transparenten Wärmedämmung sind bereits Markt verfügbar.
Dämmanstriche
Nicht zu den neuen Dämmstoffen zu rechnen sind so genannte "Wärmedämmanstriche" wie zum Beispiel Thermoshield. In einem Schreiben des Bundesbauministeriums wird festgestellt, dass diese Anstriche weder Dämmeigenschaften aufweisen, noch aufgrund veränderter Reflexionseigenschaften wirken. Das sei auch experimentell nachgewiesen worden und bestätige damit die rechnerischen Ergebnisse.
Möglichkeiten - Der richtige Zeitpunkt - Temperaturverlauf
Nachträgliche Wärmedämmung von Außenwänden
(15.10.2003) Alte Häuser haben meist gemauerte Ziegelwände mit einer Wanddicke zwischen 24 cm und 36 cm. Der k-Wert liegt bei ca. 1,5 W/qmK. Durch zusätzliche Wärmedämmung kann der k-Wert alter Wände leicht auf 0,3 W/qmK verringert werden. Die Änderung des k-Wertes mal 7 ergibt größenordnungsmäßig die Einsparung in Liter Heizöl pro Jahr und Quadratmeter Wandfläche. Für ein Einfamilienhaus können sich durch die Dämmung Einsparungen von 1.000 Liter Heizöl bzw. m3 Erdgas ergeben. Damit vermindert sich der Energiebedarf um ein Drittel.
Erneuerungsbedürftiger Aussenputz ist der richtige Zeitpunkt für eine Aussenwanddämmung
Für eine Dämmung der Außenwand gibt es folgende Möglichkeiten
Außen Wärmeverbundsystem oder vorgehängte Fassade, die Kerndämmung von zweischaligem Mauerwerk und Innendämmung. Besondere Aufmerksamkeit verdienen in jedem Fall die Anschlussbereiche Wand zu Dach, Fensteranschluss, Durchdringung von Rohren usw.
Der richtige Zeitpunkt
Eine Außenwanddämmung läßt sich optimal in Verbindung mit ohnehin anstehenden Fassadenarbeiten aufbringen wie Neuanstrich, Putzerneuerung, Betonsanierung oder Rissesanierung. Bei diesen Arbeiten entstehen ohnehin Kosten für Abschlagen des alten Putzes, neuer Verputz, Gerüst und dergleichen, was nicht der Wärmedämmung angelastet werden kann.
Temperaturverlauf und Tauwasser
Die Außenwände eines Gebäudes sind gewöhnlich aus verschiedenen Schichten mit verschiedenen Dämmwerten und Diffusionswiderständen aufgebaut. Der Aufbau muß verhindern, daß Wasserdampf in der Wand kondensiert und die Feuchtigkeit dort Schäden anrichtet. Aufschlußreich ist deshalb der Temperaturverlauf und der Verlauf der Taupunkte innerhalb der Wand für einen Winter- und einen Sommertag. Man kann aus dieser Darstellung sehen, wo die tatsächliche Temperatur unter den Taupunkt sinkt und Wasserdampf kondensiert, die sog. Tauwasserbildung. Die Menge des sich möglicherweise bildenden Tauwassers hängt von der Dampfdurchlässigkeit ab, dem sog. Diffusionswiderstand. Der Diffusionswiderstand muss innen in einer Wand höher als außen sein, damit der Wasserdampf gar nicht erst in die Wand eintreten kann. Wenn er eingetreten ist, muss er nach außen durch geringere Diffussionswiderstände wieder verdunsten können.
Wie sieht der Temperaturverlauf bei verschiedenen Wandkonstruktionen aus?
Das Bild auf der folgenden Seite zeigt zunächst den Aufbau einer einschaligen Außenwand und den Temperaturverlauf mit Taupunkt innerhalb der Wand. Im nächsten Bild ist eine Wand mit Außendämmung (Thermohaut, Wärmedämmverbundsystem) dargestellt. Man erkennt, daß die Dämmung wie ein Wintermantel die Wand warm hält. Taupunkt und Gefrierpunkt liegen weit außen in der Dämmschicht. Geringe Tauwasserbildung ist möglich, jedoch unproblematisch. In Norddeutschland verbreitet sind zweischalige Wände, die aus zwei Mauerschichten hintereinander bestehen. Zwischen diesen Wänden befindet sich der Dämmstoff. Die Temperatur fällt innerhalb der Dämmschicht unter die Taupunktkurve, dort bildet sich Kondenswasser. Kein Problem, wenn der Diffussionswiderstand der Außenwand gering im Vergleich zur Innenwand ist. Bei der hinterlüfteten Fassade bzw. einer zweischaligen Wand steht die Luft hinter der äußeren Schale mit der Außenluft in Verbindung. Die Wand endet thermisch an der Dämmschicht. Ein Sonderfall ist die Innenwanddämmung. Um Tauwasserbildung zu vermeiden, sind hinsichtlich Dampfbremse und Wärmebrücken einige weiter unten behandelte Vorsichtsmaßnahmen zu beachten.
Dichtheit - Wohnbehaglichkeit - Speicherung - Energie- und Emissionsbilanz - Thermohaut
Argumente für und gegen eine Außenwand-Dämmung
(15. Oktober 2003)
Dichtheit
Oft wird gegen eine Außenwanddämmung argumentiert, eine "atmende" Wand sei für die Wohnhygiene wichtig. Außenwände sind jedoch nicht luftdurchlässig. Lediglich die Diffussion von Wasserdampf durch die Wand spielt eine Rolle. Bei winterlichen Temperaturen werden dadurch jedoch nur ein bis zwei Prozent der Feuchtigkeitsmengen abtransportiert, der Rest wird durch die Lüftung abgeführt. Wird ein übliches Einfamilienhaus mit 12 cm Polystyrol gedämmt, dann verringert sich die durch die Wände diffundierende Wassermenge um 100 Liter je Heizperiode. Im gleichen Zeitraum verdunsten in dem Gebäude durch Kochen, Duschen usw. etwa 1.500 bis 2.000 Liter Wasser. Zudem ist der Diffusionswiderstand der Wärmedämmung viel geringer als der einer Massivwand: Wasserdampf wandert durch jede Wärmedämmung problemlos hindurch (Ausnahme: das seltene Schaumglas).
Wohnbehaglichkeit
Die Dämmung erhöht die Temperatur der Außenwände um drei bis vier Grad Celsius. Dadurch erhöht sich die Wohnbehaglichkeit. Ein Behaglichkeitsgefühl entsteht durch die Wärmedämmung schon bei Lufttemperaturen von 18 bis 19 Grad Celsius. Der Heizenergieverbrauch sinkt dadurch stärker, als allein aufgrund der besseren Dämmung zu erwarten wäre. Die höhere Wandtemperatur verringert auch die Gefahr von Tauwasserniederschlag aus der Raumluft an kühlen Bauteilen erheblich. Warme Wände "schwitzen" nicht. Die Bildung von Schimmelpilz wird vermieden.
Speicherung
Durch die Außendämmung wird die gesamte Masse der Wand dem warmen Innenraum zugeordnet. Dämmung kann die Heizenergieverluste aller Außenwände um 75% und mehr reduzieren. Sonnenstrahlen reduzieren die Wärmeverluste der Südwand nur um vier bis fünf Prozent. Die Sonnenstrahlung auf die Südseite läßt sich weitaus effektiver durch Südfenster nutzen.
Energie- und Emissionsbilanz
Bereits im ersten Jahr spart die Dämmung mehr Emissionen ein als durch ihre Herstellung verursacht wurden. Denn Dämmstoffe weisen einen vergleichsweise geringen Energiegehalt auf. Über eine Lebensdauer von 25 Jahren erspart z.B. eine Thermohaut aus Polystyrol 20 bis 30 mal mehr Energie als für ihre Herstellung aufgewendet wurde.
Wärmedämmverbundsystem, auch Thermohaut genannt
Auf den Putz der Außenwand werden Mineralfaser- oder Hartschaumplatten geklebt und zusätzlich durch Dübel gesichert. Auf diese Platten wird eine Spachtelmasse aufgebracht, in die ein Gewebe eingebetet wird. Darauf kommt der Außenputz. Alternativ können auch Kork- oder Holzweichfaserplatten gewählt werden. Die Dämmschichtstärke bewährter Systeme beträgt zehn bis zwölf Zentimeter.
Aufbau einer Thermohaut
Eine Thermohaut kostet insgesamt mit Nebenarbeiten je nach Situation vor Ort 150 bis 200 DM/qm. Dämmschicht, Gewebe und Putz müssen aufeinander abgestimmt sein, sonst gibt es Risse im Außenputz. Der k-Wert der Wand läßt sich so durch eine Thermohaut auf 0,3 W/qmK senken. Hatte die Wand vorher einen k-Wert von 1,3, so werden sieben Liter Heizöl je Quadratmeter und Jahr gespart.
Wirtschaftlichkeit eines Wärmedämmverbundsystems
Neben ökologischen und Kostengesichtspunkten ist auch die Dämmwirkung des verwendeten Materials wichtig. Statt dem k-Wert wird hier die Wärmeleitfähigkeit angegeben. Dämmstoffe haben meist Wärmeleitgruppe 040, 035 oder 030. Ein Dämmstoff der Wärmeleitgruppe 035 dämmt bei gleicher Materialdicke um etwa 10 bis 15% besser als der mit 040 und umgekehrt bei Gruppe 045.
Wärmebrücken
(15. Oktober 2003) Entscheidend ist dabei immer die Ausführungsqualität des Betriebs. Die fachgerechte Behandlung von Fugen und Anschlüssen sollte in Ausschreibung und Angebot fixiert werden.
Wärmedämmung zur Vermeidung von Wärmebrücken
In hochgedämmten Gebäuden kann ein großer Anteil der verbleibenden Transmissionswärmeverluste durch Wärmebrücken bedingt sein. Auf den Anschluß der Wärmedämmung bei Fenstern, Türen, Dach usw. muß besondere Sorgfalt verwendet werden. Hierfür haben alle Hersteller ausführliche Verarbeitungsvorschriften mit Detaildarstellungen. Fordern Sie diese an und bestehen Sie auf der vertraglichen Absicherung zur Einhaltung der Ausführungsdetails.
Die optimale Dämmstoffstärke
(15. Oktober 2003) Bisher war eine Dämmstoffstärke von 8 bis 10 cm üblich. Jeder zusätzliche Zentimeter Dämmung kostet rund 2,50 DM je Quadratmeter Fläche mehr. Angesichts der Gesamtkosten von 150 bis 200 DM sind Aufpreise von fünf Mark je Quadratmeter je zwei Zentimeter Dickenerhöhung keine nennenswerte Mehrinvestition.
Die Investitionskosten nehmen gleichmäßig mit der Dämmstoffstärke zu. Die zusätzlichen Einsparungen nehmen mit zunehmender Dämmstoffstärke ab. Die Differenz zwischen Einsparung und Kosten nimmt mit zunehmender Dämmstoffstärke zunächst zu und dann wieder ab.
Die Einsparungen hängen stark davon ab, ob man eine Lebensdauer von zwanzig oder gar fünfzig Jahren zugrunde legt. Auch die angenommene Energiepreisentwicklung spielt eine aussschlaggebende Rolle: Rechnet man mit starken Energiepreissteigerungen und einer Lebensdauer von 50 Jahren, dann wäre eine maximale Dämmstoffstärke zu empfehlen, die ein Passivhaus entstehen lässt. Dafür braucht man Dämmstoffstärken von 30 cm, die den k-Wert der Wand auf 0,1 absenken. Heute sind für eine Modernisierung Dämmstoffstärken von mind. 12 cm zu empfehlen.
Zu empfehlende Literatur
(15. Oktober 2003)
- "Planungshilfe Niedrigenergiehaus" von den Stadtwerken Hannover, dem Institut Wohnen und Umwelt und der ASEW.
- Energiegerechtes Bauen und Modernisieren, herausgegeben von der Bundesarchitektenkammer, Birkhäuser-Verlag, ISBN 3-7643-5362-7
- Wolfgang Feist: Das Niedrigenergiehaus, C.F.Müller Verlag Heidelberg, ISBN 3-7880-7638-0
- Othmar Humm: Niedrigenergiehäuser, ökobuch-Verlag, ISBN 3-922 964-51-6
- Ebel u.u.: Energieeinsparungen bei Alt- und Neubauten, C.F. Müller Verlag, ISBN 3-7880-7628-3
Zum guten Schluss
(25. August 2003) Natürlich kann man auch durch eine zusätzliche Verklinkerung der Fassade deren Dämmung verbessern. Dies ist jedoch vergleichsweise sehr teuer. Eine weitere Alternative ist die transparente Wärmedämmung: sie macht aus den Außenwänden Sonnenkollektoren. Die Kosten für diese Dämmung liegen derzeit noch zwischen 300 und 1.500 DM je Quadratmeter (vgl. ED 3/1999 u. www.umwelt-wand.de ).
Der Energiegewinn liegt dafür zwischen 50 und 150 kWh je Quadratmeter und Jahr. Es handelt sich also in den meisten Fällen nicht um eine Alternative zur konventionellen Wärmedämmung. Zusammenfassend ist zu sagen: Die Wärmedämmung sollte wie die Solarenergienutzung zum Volkssport werden. Sie ist nur ein Schritt zum energieautarken Haus, aber mit Abstand der wichtigste Schritt.
Weitere Informationen zum Thema Wanddämmung können Sie verschiedenen Broschüren aus der Reihe "Hessische Energiesparinformationen" entnehmen, die hier zum Download stehen:
Download Energiesparinformation Wärmebrücken
Download Energiesparinformation Wärmedämmung von Außenwänden mit der Innendämmung
Auf der Fassade wird eine Unterkonstruktion möglichst wärmebrückenarm angebracht...
Wärmegedämmte hinterlüftete Fassade
(17. August 2003) Auf der Fassade wird eine Unterkonstruktion möglichst wärmebrückenarm angebracht. In die Zwischenräume dieser Konstruktion werden Fassadendämmplatten eingebracht. Zwischen Dämmung und der auf der Tragkonstruktion befestigten Vorhangfassade verbleibt ein hinterlüfteter Zwischenraum. Die Konstruktion ist bauphysikalisch unbedenklich und wird deshalb sogar für Hochhäuser bevorzugt eingesetzt.
Als Materialien werden meist Mineralfaser-Fassadendämmplatten oder pflanzliche Faserdämmstoffe eingesetzt. Wichtig sind ausreichende Belüftungsöffnungen für den Zwischenraum mit Insektenschutz. Schwachstellen sind Fenster- und Türlaibungen. Die Dämmschicht muß unbedingt völlig winddicht sein, damit sie nicht von Kaltluft hinterströmt werden kann, die dann möglicherweise durch Stoßfugen und Steckdosen ins Innere gelangt.
Außenbekleidung
Für die Außenbekleidung werden verwendet: asbestfreie Faserzementplatten, keramische Platten, Aluminiumplatten,Zinktafeln, Holzverkleidungen als Schalung, Holzschindeln, Kupfer- Stein- oder Schieferplatten.
Wärmebrückenfreie Unterkonstruktion
Mit einer Unterkonstruktion wird die vorgehängte Fassade auf dem Mauerwerk befestigt. Üblich sind Holzlattungen, Aluminium- und Stahlunterkonstruktionen. Dübel und Schrauben müssen nichtrostend sein. Um die Wärmebrücken zu reduzieren, werden Holztraglattungen kreuzweise angebracht und Abstandshalter aus Stahl oder Aluminium durch Unterlegscheiben thermisch gepuffert.
Eine weitere Möglichkeit: Eine erste Lage druckbelastbarer Hartschaum-Dämmplatten und darauf eine Holzlattung, in deren Zwischenräume eine zweite Dämmschicht eingepasst wird. Die Kosten für eine Vorhangfassade liegen zwischen 200 und 600 DM je Quadratmeter und damit deutlich höher als für das Wärmedämmverbundsystem. Die Dämmung selbst macht nur 15 bis 20 % der Kosten aus, der Hauptteil der Kosten entfällt auf Fassadenbekleidung und Unterkonstruktion.
Monolithische Wand |
Wand mit Aussendämmung |
Wand mit Innendämmung |