125 Martin Jensen. Foto: obs/Peter Jensen GmbH/Angerer, Krafft
Die Mär von der überlegenen Wärmepumpe Gutachten liegt falsch

Die Mär von der überlegenen Wärmepumpe

„Wärmepumpen sind technisch ausgereift und sparsam." Das behauptet ein neues Gutachten im Auftrag des Bundesverbandes Wärmepumpen. Die Energie-Depesche hat den Physiker Dr. Falk Auer von der Lokale Agenda 21 - Gruppe Energie Lahr (Schwarzwald) - um eine Stellungnahme gebeten.

293 298 1900 Dr. Falk Auer

Kontakt: Lokale Agenda 21 - Gruppe Energie Lahr (Schwarzwald), Sprecher: Dr. Falk Auer,
auch Projektleiter Feldtest Wärmepumpen, E-Mail: nes-auer(at)t-online.de, www.agenda-energie-lahr.de

(4. Januar 2010) Eine im Auftrag des Wärmepumpenverbandes verfasste Studie des Lehrstuhls für Energiewirtschaft der Technischen Universität München macht derzeit Furore (Energiewirtschaftliche Tagesfragen Heft 10/2009, Seite 14). Sie spricht sich für einen vermehrten Einsatz von Elektro-Wärmepumpen in Deutschland aus. Diese seien technisch zuverlässig, preiswert und schon heute konventionellen Heizwärmeerzeugern primärenergetisch und vom CO2-Ausstoß her überlegen. Diesen Aussagen widersprechen jedoch allen bisherigen Studien des Umweltbundesamtes, der Technischen Universität Dresden und des Bremer Energie-Institutes sowie den Ergebnissen von vier Feldtests.

Überlegene Heiztechnik?

Der Feldtest der Agenda-Gruppe und anderer Forscher bestätigt nur bedingt, dass Wärmepumpen überlegen sind. Während Grundwasser- und Erdreich-Wärmepumpen das Energieeffizienzziel der Deutschen Energieagentur und des RWE mehr oder weniger übertreffen (siehe InfoBox und www.agenda-energie.lahr.de), trägt keine der untersuchten Luft-Wärmepumpen zum Klimaschutz bei. Außerdem erreichten nur zehn Prozent der Wärmepumpen die neuen staatlichen Förderziele auch tatsächlich in der Praxis.

Preiswerte Wärmepumpen?

Preiswert sind Wärmepumpen nur, wenn man die derzeitigen quersubventionierten Sonderpreise für Wärmepumpenstrom zugrunde legt. Berücksichtigt man zudem die recht hohen Investitionskosten, dann relativiert sich diese Feststellung. Im Vergleich zu sechs anderen Heizwärmeerzeugern liegen Erdreich-Wärmepumpensysteme bei einer Gesamtkostenbetrachtung wegen ihrer relativ hohen Energieeffizienz und längeren Lebensdauer ganz vorne. Energie-ineffiziente Luft-Wärmepumpen landen dagegen nur auf einem mittleren Platz.

Effizient und umweltfreundlich?

Um eine Kilowattstunde Strom herzustellen, werden derzeit durchschnittlich 0,6 Kilogramm CO2 emittiert. Für einen beachtlichen Teil der Elektro-Wärmepumpen kann man also nicht behaupten, dass sie Heizenergie mithilfe erneuerbarer Energien erzeugen. Rechnet man mit dem ebenfalls diskutierten Wert von rund 0,9 Kilogramm CO2 für Steinkohle-Mittellastkraftwerke während der Heizperiode, dann unterliegen in punkto Energieeffizienz fast alle Elektro-Wärmepumpen konventionellen Heizkesseln.

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Technisch zuverlässig?

Die Praxis sieht anders aus. Bei neun von 38 untersuchten Wärmepumpen, die zu Beginn des zweijährigen Feldtests der Agendagruppe nicht älter als vier Jahre waren, gab es Ausfälle, davon fünf gravierende (Verdichter kaputt). Die Handwerker waren vielfach überfordert und durchblickten die teilweise zu komplexen Anlagen nicht. Es gab Ärger bei den Kunden. Zwei von ihnen mussten fünf beziehungsweise acht Wochen (!) lang mit dem Not-Heizstab heizen, weil der Monteur nicht weiter wusste und sich der Hersteller nicht bewegte.

Vergleich zu Gasbrennwertkessel

Ab einer Jahresarbeitszahl JAZ von zwei sollen Wärmepumpen Gasbrennwertkessel übertreffen. Diese Feststellung steht zwar nicht direkt in der Studie. Wohl aber benutzt sie der Auftraggeber BWP für Werbezwecke bei Pressemitteilungen und auf Fachtagungen. Basis für diese Behauptung ist in der Studie die Angabe einer Bandbreite zwischen JAZ von 2,0 und 2,6 im Jahre 2008 für den günstigsten bzw. und ungünstigsten Fall bei der Berechnung der CO2-Emissionen.

Die CO2-Emissionswerte sind zu optimistisch

Eine grobe Gegenrechnung zeigt jedoch, dass diese Werte zu optimistisch sind. Die CO2-Emissionen bei der Stromerzeugung sind 2,7 mal höher als bei der Verbrennung von Gas. Strom muss also um den Faktor 2,7 effizienter eingesetzt werden, um Gas zu unterbieten. Das entspricht einer Grenz-Jahresarbeitszahl von etwa 2,5. Die Deutsche Energieagentur und das RWE haben jedoch die Messlatte für die Mindest-Jahresarbeitszahl von 2,5 auf 3,0 erhöht (siehe InfoBox), weil den Bauleuten sonst schwer zu erklären ist, warum sie 8.000 bis 15.000 Euro mehr gegenüber einem Gas-Brennwertkessel ausgeben sollen, wenn sie bei einer JAZ von 2,5 keinen Beitrag zu Klimaschutz leisten.

Szenario für 2030 korrekt?

Mit Hilfe eines Rechenprogramms versuchen die Autoren der Studie, den Beitrag von Wärmepumpen zum Klimaschutz bis zum Jahre 2030 vorauszusagen. Drei Punkte fallen dabei ins Auge:

  • Wahl der Eingangsparameter am Beispiel der Luft-Wärmepumpen: Die heute in der Praxis erzielbaren System-Jahresarbeitszahlen betragen bei Fußbodenheizungen im Mittel 2,4. Die Annahme der Münchner Studie lautet für 2008 aber 3,4! Und für das Jahr 2030 sogar 3,8. Bei Wärmepumpen mit Radiator-Heizkörpern sind die Jahresarbeitszahlen noch deutlich geringer.
  • Die Studie berücksichtigt keine klimafreundlicheren Heiztechniken und deren potentiellen Energieeffizienzsteigerungen über die nächsten zwei Dekaden. Dazu gehören Brennwertkessel und Solar, Biomasse, Blockheiz-Kraftwerke und natürlich auch erdgasbetriebene Wärmepumpen.
  • Für 2020 wird mit einer CO2-Abscheidung bei Kohlekraftwerken gerechnet. Die ist jedoch technisch noch nicht erprobt, es gibt keine Lösung für die Endlagerung und es entstehen Wirkungsgradverluste bei den Kohlekraftwerken von mehr als zehn Prozentpunkten.

Der Verband der Elektrizitätswerke VDEW prognostizierte anlässlich der ersten Wärmepumpen-Euphorie im Jahre 1980 für das Jahr 2000 4,2 Millionen Wärmepumpen. Tatsächlich sind es heute nur 0,3 Millionen. Die Studie korrigiert den ursprünglichen Schätzwert für 2030 auf eine Million herunter.

InfoBox: Die Jahresarbeitszahl JAZ

Die Jahresarbeitszahl JAZ einer Wärmepumpe ist definiert als das Verhältnis von jährlich erzeugter Wärme am Ausgang zum notwendigen Strom an deren Eingang. Laut der Deutschen Energieagentur (dena) in Berlin und des RWE in Essen muss die Jahresarbeitszahl größer als drei sein, um Wärmepumpen als „energieeffizient" und größer als 3,5 sein, um sie als „nennenswert energieeffizient" bezeichnen zu können.

letzte Änderung: 30.01.2025