Strukturierte Abzockermodelle
Vor der Zustimmung zum Wärmecontracting oder Anmietung einer solchen Wohnung ist Vorsicht geboten. Alfred Krohn, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Mietnebenkosten und Betriebskosten, berichtet aus seiner täglichen Praxis.
(23. Dezember 2004) - Sehr oft sind Mietnebenkostenabrechnungen, insbesondere in komplexen Bauobjekten, schlichtweg falsch. Der Schwerpunkt der fehlerhaften Mietnebenkostenabrechnungen liegt vorwiegend im gewerblichen Bereich. In den letzten Jahren werden zunehmend Wärmecontracting-Modelle (Wärmelieferung) entwickelt, die man häufig auch als strukturierte Abzockermodelle oder als Geldschöpfungseinrichtungen zu Lasten der Mieter oder der Vermieter bezeichnen kann.
Auch oder gerade für die Vermieter enthalten diese Geldschöpfungsmodelle dann ein hohes finanzielles Risiko, wenn ein Mieter sich erfolgreich gegen überhöhte Heizkostenabrechnungen zur Wehr setzt. Bei einem Rechtsstreit wegen Wärmelieferung kommen sehr schnell Gerichts-, Rechtsanwalts- und Sachverständigenkosten von 15.000 Euro und mehr zusammen.
Haus abreißen!
Wenn bedeutende Wärmelieferer ganze Wohnungsbestände oder Heiznetze aus dem öffentlichen Bereich übernehmen, sind die Methoden inklusive der Ver-träge sehr anspruchsvoll formuliert und regelmäßig im Verhältnis zwischen Vermieter und Wärmelieferer rechtlich nicht angreifbar. Der Mieter kann sich gegen Wärmelieferer mit zu hohen Preisen am effektivsten zur Wehr setzen, indem er die so künstlich verteuerten Wohnungen oder Geschäftsräume nicht anmietet oder die Wohnung wechselt.
Schwierig wird dies, wenn eine ganze Region unter den Strukturen der Wärmelieferung leidet. Hier ist der Großraum Eisenach zu nennen. Dort agieren unterschiedliche Wärmelieferer, von denen die meisten auf einen französischen Konzern als Obergesellschaft zurückzuführen sind. Dem Vermieter bleibt häufig nur noch, das Haus abzureißen, wenn ein Wärmelieferer noch langfristig das Recht hat, die Wärme zu liefern. Insbesondere bei hohen Leerständen kann der Hausabriss durchaus, zum Beispiel bei überwiegend unvermieteten Plattenbauten im Osten, eine wirtschaftlich interessante Alternative sein.
Nachteile trägt der Mieter
Weil der Mieter in jedem Fall - über den erhöhten Wärmepreis - die Heizungsanlage plus Gewinn und Risiko, neben der Miete für die Räume, bezahlen muss, liegen die Nachteile in der ersten einfachen Betrachtung meistens beim Mieter. Lediglich beim Energieeinkauf kann der Wärmelieferer bessere Preise durchsetzen, die er regelmäßig aber nicht an den Mieter weitergibt. Richtig problematisch wird es, wenn der Wärmemessdienst auf der Konzernebene mit dem Wärmelieferer verbunden ist. In solchen Konstellationen müssen Verbraucher unbedingt die Verbrauchsfeststellung kontrollieren.
Die Verbindung mit einem Wärmelieferer wird dann zum Bumerang für den Vermieter, wenn die durch die Wärmelieferung stark erhöhten Heizkosten zu Leerständen führen und der Vermieter - bei korrekter Abrechnung - die hohen Grundkosten zu tragen hat. Als Sachverständiger habe ich bisher jedoch noch keine korrekte Abrechnung der Wärmelieferung bei Leerständen erlebt. Dass dies so bleibt, darauf sollte ein Vermieter sich auch in Anbetracht der langen Vertragsdauer bei Wärmelieferungsverträgen nicht verlassen.
Nahwärme teuer
Bei allen Mietverträgen gilt aber: Wenn Wärmelieferung als Nahwärme vereinbart werden soll, müssen alle Alarmglocken vor der Unterzeichnung schrillen. Dies wird nach meiner sachverständigen Erfahrung immer erheblich teurer, als die herkömmliche Heizkostenabrechnung - bei einer selbst betriebenen Heizung. Wohl gemerkt, es geht nicht um Fernwärme aus den kommunalen Netzen, sondern um Wärmelieferung aus hausinternen oder im Nahbereich installierten Heizanlagen, die von Dritten betrieben und über einen erhöhten Heizkostenpreis vom Mieter bezahlt werden.
Mietzinsanpassung bei Wärmelieferung
Obwohl sich die Wärmelieferung im Regelfall kostentreibend auswirkt, muss dies nicht unbedingt zu erhöhten Kosten für den Mieter führen. Wer sich in einem Haus einmietet, in dem die Heizeinrichtung dem Wärmelieferer gehört, hat sich faktisch in einem Haus ohne eigene Heizung eingemietet, weil er diese von einem Dritten über die Bezahlung erhöhter Heizkosten anteilig mietet. Wenn dem so ist, müsste es selbstverständlich sein, dass in einem solchen Haus der Mietzins um den Kostennachteil der Wärmelieferung sinkt.
Sofern von der Kommune ein qualifizierter Mietspiegel (§ 558 d BGB) herausgegeben wurde, ist ein Abschlag vom Mietzins bei Wohnungen mit Wärmelieferung im Vergleich zu gleichwertigen Häusern mit einer eigenen Heizung in Höhe von 0,50 bis 0,80 Euro je Quadratmeter Wohnfläche und Monat absolut zwingend. Die Praxis zeigt jedoch, dass der Nachteilsausgleich für die hohen Kosten der Wärmelieferung über eine Mietreduzierung noch nicht weit verbreitet ist.