ED 04/15 Informierte Mieter heizen effizienter (S.6)
Was zu beachten ist, wenn nicht der Vermieter, sondern eine Fremdfirma die Wärme liefert, erfahren Sie hier.

Wärmecontracting für Mieter

Die Klärung der Rechtslage lässt auf sich warten. Was zu beachten ist, wenn nicht der Vermieter, sondern eine Fremdfirma die Wärme liefert, erfahren Sie hier.

(5. März 2004) - Als Mieter bekommt man die Wärme entweder vom Vermieter geliefert, das ist der übliche Fall, oder von einer Wärmelieferungsfirma. Das ist völlig davon unabhängig, ob die Wärme physikalisch im Haus oder in der Nachbarschaft erzeugt wird (Nahwärme), oder über ein dickes Rohr von einer Zentralstation kommt (Fernwärme). Ausschlaggebend sind für die folgende Betrachtung nur die rechtlichen Verhältnisse.

Fullcontracting hat Nachteile

Letzterer Fall wird "Fullcontracting" genannt. Dabei ist der Vermieter für die Wärmelieferung nicht mehr verantwortlich. Lieferung und Abrechnung erfolgen zwischen Mieter und Wärmelieferungsfirma. Wenn es sich um Fernwärme handelt, gilt die AVBFernwärme. Dieser Fall ist für den Mieter nachteilig, weil der Schutz des Mietrechts für die Wärmelieferung wegfällt. Zum Beispiel kann der Wärmelieferant die Lieferung einstellen, wenn der Mieter mit der Bezahlung im Rückstand ist. Ein Fullcontracting setzt die Zustimmung des Mieters, also die Unterschrift unter einen Vertrag oder eine Vereinbarung voraus. Diese Zustimmung sollte der Mieter verweigern, wenn er seine Position nicht verschlechtern will.

Direktbeheizung

Wenn der Vermieter für die Wärmelieferung zuständig ist, gibt wiederum zwei Möglichkeiten: Der Vermieter betreibt die Heizanlage selbst und rechnet die Brennstoffkosten nach der Heizkostenverordnung § 7 Absatz 2 ab, der so genannte Fall "§7,2".

Teilcontracting

Oder der Vermieter vergibt die Wärmelieferung an eine fremde Firma, die ihre Kosten entweder direkt oder über den Vermieter in Rechnung stellt nach §7 Absatz 4, der sogenannte Fall "§7,4" oder "Teilcontracting".

Wärme muss bezahlt werden.

Abrechnung in zwei Schritten

Die Wärmeabrechnung erfolgt in zwei Schritten: Zunächst rechnet der Wärmelieferant die insgesamt für ein Haus gelieferte Wärme ab. Dafür gibt es einen Wärmelieferungsvertrag, in dem ein Festpreis (Grundpreis) und ein Wärmepreis (Arbeitspreis) vereinbart sind. Sowohl Grund- als auch Arbeitspreis sind nicht für alle Zeiten festgelegt, sondern hängen davon ab, wie sich die Löhne und die Energiepreise entwickeln. Dafür gibt es sogenannte Preisgleitklauseln. Sie legen fest, wie sich der Arbeitspreis ändert, wenn sich der bundesweite Ölpreis um beispielsweise 30 Prozent erhöht. Auf diese Weise wird errechnet, wie viel die insgesamt in das Gebäude gelieferte Wärme kostet. Zulässig ist laut Gesetz auch ein Gewinnaufschlag für die Wärmelieferungsfirma.

Im zweiten Schritt werden die Gesamtkosten für das Gebäude auf die einzelnen Mieter je nach Verbrauch verteilt. Dafür wird eine Heizkostenabrechnungsfirma tätig, die nicht unbedingt identisch mit dem Wärmelieferanten sein muss.

Wärmekosten steigen durch Contracting

Die Wärmekosten sind für die Mieter in der Regel beim Wärmecontracting §7,4 höher als bei der Eigenerzeugung §7,2. Deshalb ist die Frage, ob Mieter den höheren Kosten durch §7,4 ausgeliefert sind, auch, wenn sie dieser Änderung gar nicht zugestimmt haben. Die Rechtssprechung dazu ist widersprüchlich, höchstrichterliche Urteile dazu gibt es noch nicht. Wenn im Mietvertrag von vornherein Abrechnung nach § 7,4 vereinbart wurde, kann sich der Mieter nicht wehren. Wenn jedoch im Vertrag §7,2 vereinbart wurde, ist der Übergang auf §7,4 zumindest fragwürdig. Das Landgericht Frankfurt hat am 10. Dezember 2002 entschieden, dass eine Umlegung der Contractingmehrkosten auf den Mieter den Abschluß einer mietvertragsähnlichen Vereinbarung voraussetzt.

Erneuerung der Heizung?

Wenn der Vermieter eine neue Heizung selbst eingebaut hätte, könnte er zumindest elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Mieter umlegen. Dann käme allerdings der Mieter auch in den Genuss der Energieeinsparung. Mit der Vergabe der Wärmelieferung an ein Fremdunternehmen ist aber keineswegs eine Erneuerung oder Verbesserung der Heizanlage oder der Heiztechnik verbunden. Und wenn auf diesem Wege Energie gespart wird, ist keineswegs sicher, dass der Mieter davon profitiert.

Wahrscheinlicher dient die Einsparung zur Finanzierung der Investition. Unter dem Strich steht sich der Mieter auch beim Teilcontracting schlechter als bei der direkten Wärmelieferung durch den Vermieter.

Mieter lassen sich ungern wie folgsame Schafe behandeln.

Contracting bringt dem Vermieter Vorteile

Der Vermieter gewinnt durch das Contracting, weil er nun keine Aufwendungen mehr für Heizung und Wärmeverteilung hat. Oft übernimmt der Wärmelieferant auch die Abrechnung mit dem Mieter, so dass der Vermieter auch davon entlastet wird. Beim öffentlich geförderten Wohnungsbau steht dem Mieter deshalb eine Minderung der "gesetzlich geregelten Kostenmiete" zu, weil die Heizung nun nicht mehr Teil der Mietsache ist. Auch im frei finanzierten Wohnungsbau ist eine entsprechende Minderung der Kaltmiete angebracht. Da jedoch die Mieten "frei vereinbart" werden, ist ein gesetzlicher Anspruch nicht gegeben.

Kostensteigerung ohne Grenze

Es gibt keine gesetzliche Norm dafür in welchem Ausmaß die Wärmekosten durch Teilcontracting ansteigen dürfen. Zwar gilt grundsätzlich das Wirtschaftlichkeitsgebot. Umstritten ist, was dies im Fall des Contracting konkret bedeutet. Dies muss deshalb in einer Fülle von Gerichtsprozessen geklärt werden. In Dortmund hatten Mieter Erfolg damit, die Wärmekosten auf einen angemessenen Betrag zu kürzen. Darauf hin konnte mit der Wohnungsgesellschaft eine Einigung erzielt werden.

Vergleichsmaßstab

Problematisch ist oft schon der Vergleichsmaßstab für die Wärmekosten. Denn die Verbrauchsgewohnheiten, die aktuellen Wärmepreise und die spezifisch unterschiedlichen Verbräuche bei Gas und Fernwärmeversorgung sind zu berücksichtigen. Sinnvoll kann verglichen werden zwischen den Wärmekosten in Cent je Kilowattstunde für ein gesamtes Gebäude, bereinigt um die Änderung von Klima (Witterung) und Brennstoffpreisen. Wenn die so errechneten Wärmekosten durch das Teilcontracting um mehr als zehn, maximal 20 Prozent steigen, ohne dass sich die Kaltmiete entsprechend verringert, dann sollten die betroffenen Mieter rechliche Schritte prüfen und versuchen, sich mit dem Vermieter zu einigen. Leider nehmen Mieter aus Unwissenheit oft Wärmekostensteigerungen um mehr als 100 Prozent hin (wie es beispielsweise im Fernwärmestreit in Lübeck der Fall war).

letzte Änderung: 24.01.2025