gifhorn Protestzug

Versorgungssperre


Versorgungssperre - Was tun?

Wenn ein Verbraucher unter Berufung auf fehlende Billigkeit seine Energierechnung kürzt, dann darf das Versorgungsunternehmen die Versorgung nicht einstellen oder damit drohen. Das ist durch die einschlägigen Verordnungen (GasGVV und StromGVV) und eine Reihe von Gerichtsentscheidungen eindeutig geklärt. In seiner Entscheidung vom 13. Juni 2007 hat der BGH erneut bestätigt, dass auch bei Gaspreisen eine einseitige Preisbestimmung nur verbindlich ist, wenn sie der Billigkeit entspricht (Az: VIII ZR 36/06, RdNr. 16).

In der GasGVV (Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz) ist ausdrücklich festgelegt, dass die Versorgungseinstellung gegenüber Kunden, die den Unbilligkeitseinwand vorgebracht haben, unzulässig ist. § 17 Abs. (1) Gas GVV legt fest, dass der Einwand nach § 315 BGB zum Zahlungsaufschub berechtigt. Damit liegt keine Zahlungsverpflichtung vor, die Voraussetzung für eine Versorgungssperre nach § 19 GasGVV ist. Gleiches gilt für die Stromversorgung (StromGVV).

Diese Verordnungen gelten unmittelbar nur für Verbraucher in der Grundversorgung (früher Tarifkunden). Für Sondervertragskunden gelten diese Verordnungen zwar nicht unmittelbar. Jedoch besteht für den jeweiligen Grundversorger, also den Betreiber des örtlichen Strom- oder Gasnetzes, eine Pflicht zur Versorgung mit Strom und Gas, die zum Tragen kommt, wenn der Verbraucher nicht mehr als Sondervertragskunde versorgt wird. Für diese Pflichtversorgung gilt dann wieder die GasGVV und StromGVV. Im Ergebnis greift die Versorgungspflicht des Grundversorgers damit auch gegenüber Sondervertragskunden.

Die meisten Versorger wissen dies mittlerweile und beachten dies auch.

Dennoch sehen sich Verbraucher mit diesem Problem konfrontiert. Was ist zu tun?

Wurde die Versorgungssperre konkret angedroht?

Nach § 19 Abs (2) GasGVV muss eine Versorgungssperre vier Wochen vorher angekündigt werden. Eine Sperrandrohung muß eindeutig erkennen lassen, dass bei Nichtzahlung eine Sperre erfolgt. Ein konkretes Datum muss nicht genannt sein. Der Beginn der Unterbrechung muss dem Kunden drei Werktage im Voraus angekündigt werden.

Oft verbinden Versorger ihre Mahnungen mit einer Sperrandrohung. Sofern kein konkretes Sperrdatum genannt ist, handelt es sich nicht um eine konkrete Sperrankündigung im Sinne des Gesetzes. Dann ist Ruhe angesagt.

Der betroffene Verbraucher muß bei Androhung einer Versorgungssperre mit konkretem Sperrdatum sofort handeln!

Es ist folgendermaßen vorzugehen:

Der Versorger sollte schriftlich aufgefordert werden, zur Meidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Sperrandrohung unverzüglich zurückzunehmen. Musterschreiben unten. Verweisen Sie auf

  • AG Frankfurt, Beschluss v. 31.10.2005, Az 30 C 3670/05-45
  • LG Mannheim, Urt.v.16.08.2004 - 24 O 41/04;
  • AG Heilbronn, RdE 2005, 176 ff.;
  • LG Köln, RdE 2004, 306;
  • KG Berlin, Urt. v. 15.02.2005 - 7 U 140/04;
  • Beschluss Landgericht Oldenburg vom 15. Februar 2006 - Az: 9 T 137/06
  • BGH, Urteile v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 und X ZR 99/04 sowie
  • BGH NJW 2003, 3131
  • Beschluss Landgericht Bonn vom 23. Januar 2006 - Az: 16 O 7/06

Der Dachverband der Gas- und Wasserwirtschaft hat seinen Mitgliedsunternehmen ausdrücklich empfohlen, von Sperrandrohungen abzusehen (Rundschreiben vom 23.2.2006)

Download BGW Rundschreiben vom 23. Februar 2006.

Die Bayerische Landeskartellbehörde hat eine Versorgungssperre ausdrücklich als kartellrechtswidrig bezeichnet (Schreiben an Ehepaar Köllner vom 1. März 2006)

 Download Schreiben Bayerische Landeskartellbehörde vom 01. März 2006 

Diese Dokumente ausdrucken. Sie könnten das drohende Unternehmen doch noch zur Vernunft bringen. Aber auch bei Gericht können diese Dokumente hilfreich sein.

Dem Versorger sollte gleichzeitig Hausverbot für die Ausführung der Versorgungssperre erteilt werden, damit er die Versorgung nicht sperren kann.

Die örtliche Verbraucherzentrale und das zuständige Landeskartellamt sollten informiert werden.

Bitte unbedingt die Zentralstelle Energieunrecht des Bundes der  Energieverbraucher infomieren über die Internetseite www.energieunrecht.energieverbraucher.de

Der Verbraucher sollte dem zuständigen Amtsgericht eine Schutzschrift zusenden. Diese Schutzschrift bleibt beim Gericht zunächst einmal unbearbeitet liegen. Wenn der Versorger seinerseits eine einstweilige Verfügung beim Gericht beantragt, um die Sperre durchzuführen, dann wird das Gericht bei der Entscheidung die Schutzschrift finden. In aller Regel führt das dazu, das vor einer gerichtlichen Entscheidung eine mündliche Verhandlung vor Gericht erfolgt. Das Hinterlegen einer Schutzschrift kostet kein Geld und das kann man auch ohne Anwalt erledigen. Zuständig ist sowohl das Amtsgericht am Wohnort des Verbrauchers, als auch das Amtsgericht am Sitz des Versorgungsunternehmens: Man hat also die Wahl.

Wenn der Versorger die Sperrandrohung nicht zurücknimmt, dann sollte man eine einstweilige Verfügung gegen die angedrohte Versorgungssperre beim Amtsgericht beantragen. Ein Beispiel für eine solche Verfügung ist beigefügt. Dafür sollte ein Anwalt eingeschaltet werden. Bisher sind solche Verfügungen stets erlassen worden. Die Gerichts- und Anwaltskosten sind dabei stets dem Versorger auferlegt worden. Weigert sich das Amtsgericht, eine einstweilige Verfügung zu erlassen, dann legen Sie gegen diese Entscheidung Beschwerde beim Gericht ein.

Erlebnisbericht

Erwirkung einer einstweiligen Verfügung gegen die SWM

Erlebnisbericht:

(14. Januar 2006)

Hallo, zu Eurer Info: Habe gestern (12. Jan. 06) eine einstweilige Verfügung gegen die SWM München erwirkt (AZ 131 C 797/06). Sie verbietet den SWM die Gasversorgung zu sperren bis sie den Nachweis der Angemessenheit ihrer Gebührenerhebung offengelegt hat. Auch jetzt, nachdem die "Gutachten" von Deloitte & Touche veröffentlicht wurden (waren dem Antrag beigefügt). Parallel kam ein SWM-Schreiben vom 11.01.2005. Auszug: "Obwohl wir weiterhin auf unseren berechtigten Forderungen bestehen, bestätigen wir ihnen jedoch, dass wir ihre Gasversorgung BIS ENDE MÄRZ 2006 NICHT EINSTELLEN WERDEN." Dieser zeitlichen Begrenzung kann ich nun gelassen entgegen sehen!

Eine einstweilige Verfügung in diesem Fall zu beantragen ist recht simpel, schnell und gratis (ohne Anwalt):

  1. Formlosen Antrag schreiben was erwirkt/beantragt werden soll. Begründungen nennen und Dokumente beilegen die die zitierten Tatsachen beweisen. BGH, Urteil vom 30.4.2003 (NJW 2003, 3131ff) natürlich nicht vergessen.
  2. Zum Amtsgericht (eigener Wohnsitzes od. der des Gasverbrauchers) gehen und Antrag abgeben (f. München: Pacillistr.5, Zi. 205)
  3. Die Bearbeitung meines Falls dauerte 6 Stunden (Sitzungstag...). Soll aber auch schneller gehen. An dieser Stell mein Dank an die sehr freundlichen Damén u. Herren des AG!
  4. Entgegennahme der einstweiligen Verfügung
  5. Zum Gerichtsvollzieher bringen (Infanteriestr. 5, Zi. 316)
  6. Mit seiner Zustellung der einstweiligen Verfügung ist diese wirksam. Insgesamt entstehen nur 15 Eur Kosten (für die Zustellung), welche die SWM zahlen werden! Richterin entschied, dass die Kosten des Verfahrens von den SWM zu tragen sind! Na dann, werde ich auch die S-Bahn-, Einschreibekosten, etc. von der nächsten Abschlagszahlung abziehen...

Smile

Beispiel für ein Schreiben an einen Versorger, der die Einstellung der Versorgung konkret angekündigt hat.

An den Versorger ...............

Beispiel für ein Schreiben an einen Versorger, der die Einstellung der Versorgung konkret angekündigt hat.

(19. September 2005)

 

An den Versorger.......
..................
........

 

Absender .......
....................
.............

Datum........

Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie haben mit Schreiben vom ............. angedroht, die Versorgung einzustellen.

Diese ist jedoch rechtswidrig, da nach meinem Einwand der Unbilligkeit mit Schreiben vom .........an Sie die Forderungen nach der Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 30.4.2003 (NJW 2003, 3131ff) nicht fällig sind und deshalb keine Versorgungseinstellung erfolgen darf. Auch die Drohung mit einer Versorgungssperre ist rechtswidrig.

Ich verweise Sie auf weitere eindeutige Urteile dazu, nämlich

  • AG Frankfurt/Main v. 31.10.2005, Az 30 C 3670/05-45
  • LG Mannheim, Urt.v.16.08.2004 - 24 O 41/04;
  • AG Heilbronn, RdE 2005, 176 ff.;
  • LG Köln, RdE 2004, 306;
  • KG Berlin, Urt. v. 15.02.2005 - 7 U 140/04;
  • BGH, Urteile v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 und X ZR 99/04 sowie
  • BGH NJW 2003, 3131

Ich fordere Sie auf, die angedrohte Versorgungssperre unverzüglich schriftlich zurückzunehmen.

Sollten Sie bis .......(zwei Werktage) die Drohung nicht zurückgenommen haben, dann müssen Sie mit rechtlichen Schritten meinerseits rechnen.

Außerdem erteile ich Ihnen ab sofort bis auf Widerruf Hausverbot für mein Haus und mein Grundstück.

Eine Verfügung des Amtsgerichts München in ähnlicher Sache füge ich zu Ihrer Information bei.

Mit freundlichen Grüßen

 

Unterschrift

Kopie an: Bund der Energieverbraucher, Kartellbehörde im Landeswirtschaftsministerium

Beispiel für eine Schutzschrift, die an das Amtsgericht zurichten ist

An das Amtsgericht .......

Beispiel für eine Schutzschrift, die an das Amtsgericht zu richten ist

(19. September 2005)

An das Amtsgericht .......
..................
................

 

Absender .......
....................
.............

Datum........

S C H U T Z S C H R I F T

Es ist zu erwarten, dass "Name der Versorgers",Straße...., Ort......, gegen mich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen wird.

Ich habe von "Name des Versorgers" mit Schreiben vom ......eine Androhung der Versorgungseinstellung erhalten (Sperrandrohung).

Diese ist jedoch rechtswidrig, da nach meinem Einwand der Unbilligkeit mit Schreiben vom .........an "Name des Versorgers" die Forderungen nach der Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 30.4.2003 (NJW 2003, 3131ff) nicht fällig sind und deshalb keine Versorgungseinstellung erfolgen darf.

Mit Schreiben vom ........... habe ich "Name des Versorgers" zur Rücknahme der Sperrandrohung aufgefordert und ihm Hausverbot für mein Grundstück und Gebäude erteilt.

Ich rechne damit, dass "Name des Versorgers" Zutritt und die Duldung der Versorgungseinstellung beantragen wird.

Der gewechselte Schriftverkehr ist als Anlage beigefügt, ebenso wie die bislang erfolgten Beschlüsse von Gerichten in ähnlichen Angelegenheiten.

Ich bitte aus diesem Grunde, über den zu erwartenden Antrag nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Mit freundlichen Grüßen

Beispiel für eine einstweilige Verfügung, die gegen eine angedrohte Versorgungssperre erlassen wurde.

Verfügung des Amtsgerichtes München vom 24. Mai 2005

Beispiel für eine einstweilige Verfügung, die gegen eine angedrohte Versorgungssperre erlassen wurde.

(19. September 2005)

Verfügung des Amtsgerichtes München vom 24. Mai 2005

Az: 133 C 15392/05

Das Amtsgericht München

-Streitgericht-

Richterin am Amtsgericht Eisenmann

erläßt in Sachen

XXXXX , 80636 München

- Antragsteller

gegen

SWM Versorgungs GmbH, vertr. durch GF: Dr. Kurt Mühlhäuseru. a., Emmy-Noether-Str. 2, 80287 München

- Antragsgegnerin -

wegen einstweiliger Verfügung wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung folgende einstweilige Verfügung;

I. Der Antragsgegnerin wird untersagt, die unter der Vertragskontonummer XXXXXX erfolgende Energieversorgung für die Wohnung des Antragsstellers im Anwesen XXXXXXX, 80636 München zu sperren, bis sie den Nachweis der Angemessenheit ihrer Gebührenerhebung dem Antragssteller offengelegt hat.

II. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

III. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. IV. Der Streitwert wird auf unter 300,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag ist gem. § 940 ZPO zulässig und begründet. Dem Antragsteller steht ein Unterlassungsanspruch gegen über der Antragsgegnerin zu. Der Antragsteller hat ausreichend glaubhaft gemacht gem. §§ 935, 936, 940, 920 Abs. II, 294 Abs. I ZPO, dass die Antragsgegnerin zu unrecht die Sperrung der Strom- und Gasversorgung für seine Wohnung angedroht hat.

Der Bundesgerichtshof hat den Versorgungsunternehmen die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der Ermessenausübung bei Festsetzung des Leistungsentgeltes im Sinne des § 315 Abs. III BGB auferlegt, wenn das Versorgungsunternehmen Ansprüche gegen die andere Vertragspartei erhebt.

Der Antragsteller hat die Rechnung der Antragsgegnerin ohne die beantragte Erhöhung gezahlt und ausdrücklich ein Rückbehaltungsrecht im Hinblick auf den überschießenden Betrag geltend gemacht.

In der hier in Frage stehenden Situation kann sich die Antragsgegnerin auch nicht auf § 30 AVBGasV berufen, nachdem das Bestreiten der Billigkeit der Preisbestimmungen des Versorgungsunternehmens von dieser Vorschrift nicht umfasst wird.

Der Antragsteller hat ein schutzwürdiges Interesse daran, lediglich den tatsächlich geschuldeten Preis zahlen zu müssen.

Er muss sich nicht auf einen Rückforderungsprozeß verweisen lassen (hier: BGH NJW 2003,3132) .

Der Unterlassunganspruch des Antragstellers resultiert aus den mit der Antragsgegnerin bestehenden Vertragsverhältnis, dies gilt umsomehr als der Antragsteller hier nur mit einer Summe von 52,93 EUR in Zahlungsrückstand ist. Ein Verfügungsgrund im Sinne des § 935 ZPO liegt vor und ist glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat durch Vorlage zweier Mahnschreiben der Antragsgegnerin mit der Klausel "bei Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung trozt Mahnung müssen Sie zwei Wochen nach Zugang der Mahnung mit der Einstellung der Energieversorgung rechnen" ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin die Sperrung der Versorgung angedroht hat, damit ist nach dem objektiven Urteil eines besonnen Menschen zu besorgen, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Die Vorraussetzungen des § 935 ZPO sind mithin gegeben.

Nachdem es sich bei der zur Verfügungstellung um Daseinsvorsorge handelt wird die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erlassen, § 937 Abs. II ZPO. Die Androhung der Ordnungsmittel erfolgte nach § 890 Abs. I ZPO. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 91 ZPO.

Die Entscheidung über den Streitwert auf §§ 53 GKG, 3 ZPO.

letzte Änderung: 09.01.2015