Intelligente Verteilnetze
Die Verteilnetze sind das Nadelöhr der Energiewende, 97 Prozent der erneuerbaren Energien und über die Hälfte der gesamten Erzeugungskapazitäten bundesweit sind hier angeschlossen. Das Pilotprojekt iNES zeigt neue Wege zur Netzstabilisierung.
(1. Oktober 2014) Im Niederspannungsnetz unter den Straßen und zu den Häusern beträgt die Spannung 230 Volt bei Wechselstrom und 400 Volt zwischen den Außenleitern bei Drehstrom. Das örtliche Verteilnetz wird wiederum durch einen Trafo gespeist. Der Trafo transformiert die höhere Spannung im vorgelagerten Mittelspannungsnetz mit 10 bis 20 kV auf die im Verteilnetz benötigten 230 bis 400 Volt. Die Kabelquerschnitte sind auf ein reines Verbrauchsnetz ausgelegt. Die Spannung im Verteilnetz ist am höchsten direkt hinter der Trafostation und wird dann immer geringer bis zum entlegensten Verbraucher.
Einspeisung war nicht vorgesehen
Aber was passiert, wenn viel Strom in das Verteilnetz eingespeist wird, zum Beispiel durch ein Blockheizkraftwerk oder eine PV-Anlage? Der Strom kann nur ins Netz eingespeist werden, wenn er eine geringfügig höhere Spannung hat, als das Netz an der Einspeisestelle aufweist. Damit erhöht der eingespeiste Strom die Spannung im örtlichen Verteilnetz. Das kann teilweise ein erwünschter Effekt sein. Denn die Spannung wird dann an den vom Trafo entfernten Enden im Verteilnetz durch die Einspeiser zusätzlich stabilisiert.
Eine unzulässig überhöhte Netzspannung durch dezentrale Einspeisung ist durch den vorgeschriebenen sogenannten NA-Schutz unmöglich. Sie unterbricht die Einspeisung, wenn anderenfalls die Spannung im Stromnetz zu hoch würde. Was genau in den Netzen abläuft, das weiß der Versorger meist gar nicht. Denn die Spannung im Netz wird nicht kontrolliert, gemessen oder gar stabilisiert. Es gibt aber auch schon regelbare Ortsnetztransformatoren mit Fernüberwachung. Hier wird die Spannung im Verteilnetz gemessen und der Ortsnetztrafo reagiert auf diese Messung. Noch weiter geht der im folgenden dargestellte Ansatz: Hier wird gemessen und dezentral im Verteilnetz auf die Messung reagiert.
Gestatten, iNES
Im iNES-Projekt haben sich die Unternehmen Mainova, SAG und Bilfinger mit der bergischen Universität zusammengefunden.
Die Spannung in zwei Testnetzen wurde an mehreren Punkten gemessen: einem ländlichen Netz mit großen PV-Anlagen und einem städtischen dicht vernetzten Netz mit PV-Einspeisung.
Die Spannung im Verteilnetz wird gemessen. Sofern erforderlich wird eine zusätzliche Spannungsregelung aktiviert. Auch kann die PV-Einspeisung unterbrochen werden.
Ferner wurden in die Netze zusätzliche Spannungsregelungen eingebaut, um überhöhte Spannungen im Netz zu stabilisieren. Eine intelligente Ortsnetzstation steuert diese zusätzlichen Spannungsregelungen. Wenn selbst die zusätzlichen Regelungen nicht ausreichen, werden wie bisher PV-Anlagen abgeregelt, um das Verteilnetz zu schützen.
Die Technik ist da
Smart Meter oder steuerbare Verbraucher spielen hier noch keine Rolle. Damit gibt es auch kein Datenschutzproblem. Aber natürlich lässt sich das System in diese Richtung erweitern. Die für iNES notwendige Technik wurde in dem Projekt entwickelt und steht jetzt allen Netzbetreibern zur Verfügung. Das Interesse der Netzbetreiber ist allerdings noch gering. Denn mit einem einfachen Leitungsnetzausbau lässt sich einfacher Geld verdienen.
Eine Frage der Regulierung
Der Vorteil der intelligenten Steuerung liegt auf der Hand: Die Spannung im Verteilnetz ist stabiler als vorher, das Netz braucht nicht kostspielig ausgebaut zu werden und kann dennoch die Einspeisung von PV und BHKW besser aufnehmen. Der Um- und Ausbau der Verteilnetze mit intelligenter Technik könnte die Kosten gegenüber dem konventionellen Netzausbau halbieren, wenn der Gesetzgeber entsprechende Anreize setzen würde.
Aufgrund des Zeitverzugs, mit der die Regulierung Anreize für Investitionen in den Nieder- und Mittelspannungsebenen setzt, herrscht aktuell Investitionszurückhaltung.