Stroh zur Energieerzeugung
Die Kraft des schwachen Halms
Stroh ist günstig und ständig in großen Mengen verfügbar. Mit den für Energieverwertung zur Verfügung stehenden Mengen könnten Kraftwerke mit einer Leistung von sieben Gigawatt rund um die Uhr betrieben werden, das entspricht sechs ausgewachsenen Atomkraftwerken. Die dreifache Menge an Stroh fällt jährlich an. Genutzt werden nur geringe Mengen. Und die Politik bremst, statt zu fördern.
Von Aribert Peters
(29. September 2014) So einen Energieträger könnte man sich kaum herbeiträumen: Lagerfähig, heimisch erzeugbar und in großen Mengen günstig verfügbar. Damit könnte man die Lücken schließen, die Wind und Sonne offenlassen für eine ganzjährige Versorgung. Die Zauberfee hat den Wunsch mit dem bestehenden Strohüberschuss in Deutschland aber schon längst erfüllt: jährlich in einer Menge von 30 Millionen Tonnen. Davon lassen sich zehn Millionen Tonnen problemlos energetisch verwerten. Der Rest wird wie bisher auf dem Acker untergepflügt oder in Ställen verteilt. Statt der verfügbaren siebentausend Megawatt Kraftwerksleistung durch Stroh, deckelt das neue EEG aber die gesamte Biomasse auf mickrige hundert Megawatt Leistung.
Zahlenspiele
Der Heizwert von Stroh ist sogar höher als der von Hackschnitzeln. Aus einem Kilo Stroh kann man vier Kilowattstunden Energie gewinnen. Eine Tonne Stroh ersetzt damit 400 Liter Erdöl. Und die zehn Millionen Tonnen Stroh, die jährlich energetisch verwertbar wären, haben einen Energieinhalt von 40 Milliarden kWh. Das entspricht einer Ölmenge von vier Millionen Tonnen. Pro Hektar Ackerfläche fallen bei der Ernte rund drei bis sechs Tonnen Stroh an. Nur rund 100.000 Tonnen Stroh werden derzeit verheizt. Eine Tonne Stroh ist für 100 Euro zu haben, das entspricht einem Ölpreis von 25 Cent je Liter. Damit liegt Stroh gleichauf mit Hackschnitzeln.
Verbrennen und verstromen
Strohheizwerke lohnen sich in ländlichen Regionen immer, eine Anlagengröße von mindestens 100 Kilowatt vorausgesetzt. Die Investition für den Kessel einer solchen Heizanlage können mit 40.000 Euro kalkuliert werden. Bei 2.000 Volllaststunden amortisiert sich so ein Kessel nach zehn Jahren. Ein Hemmnis für die Strohverbrennung sind die strengen Emissionsgrenzwerte, die schärfer sind als die Grenzwerte für Holzverbrennung. Stroh kann auch in Heizkraftwerken in Strom sowie Wärme umgewandelt werden. Nach dem neuen EEG erhalten die Betreiber künftig für Strom aus mit Stroh betriebenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen nur noch zehn statt bisher 19 Cent je Kilowattstunde. Damit können nach Meinung von Experten die gewaltigen Potenziale nicht entwickelt und erschlossen werden. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Erschließung von Rest- und Abfallstoffen lässt sich so nicht verwirklichen.
Sonderweg: Strohgas
Stroh lässt sich auch zu Methan vergasen und dann in das Erdgasnetz einspeisen. Ein Pilotprojekt wird derzeit von der Verbio Vereinigte BioEnergie AG in Schwedt und Bitterfeld mit Unterstützung der EU gebaut. Die Kapazität der Firma erlaubt die Herstellung von jährlich 480 Gigawattstunden Methan aus Reststoffen.
Beispiel Dänemark
Ein Vorbild für die Strohnutzung mit Kraft-Wärme-Kopplung ist Dänemark, das bei der Strohnutzung weltweit führt. Vor 15 Jahren ist dort ein Masterplan eingeführt worden. Inzwischen wird dort Energie von über fünf Milliarden Kilowattstunden pro Jahr aus Stroh erzeugt. Die Abgasgrenzwerte für Strohkraftwerke sind dort niedriger als in Deutschland. Es bleibt auch hier zu hoffen, dass die Regierung endlich die Herausforderungen der Energiewende annimmt und das Potential, was derzeit Jahr für Jahr untergepflügt wird, einsammeln und nutzen lässt.
Großes Potenzial: Strom aus dem Kornfeld
(14. Dezember 2013) Stroh aus der Landwirtschaft könnte im künftigen Energiemix Deutschlands eine wichtige Rolle spielen. Bisher wird es von allen Bioreststoffen noch am wenigsten genutzt, so eine Studie der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, des Deutschen Biomasseforschungszentrums und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung.
Demnach könnten von den insgesamt 30 Millionen Tonnen Stroh, die jährlich in Deutschland anfallen, nach Berücksichtigung der Einstreu und der Humusbilanz zwischen acht und 13 Millionen Tonnen nachhaltig zur Strom- oder Kraftstoffproduktion genutzt werden. Mit diesem Potenzial könne man zum Beispiel 1,7 bis 2,8 Millionen Durchschnittshaushalte mit Strom und gleichzeitig 2,8 bis 4,5 Millionen Haushalte mit Wärme versorgen, hieß es.
Ein Vorbild für die Strohnutzung ist Dänemark, das bei der Strohnutzung weltweit führt. Vor 15 Jahren ist dort ein Masterplan eingeführt worden, inzwischen wird Energie von über 5 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr aus Stroh erzeugt.