ED 01/13 Die 1.000-Watt Lösung von Köln (S.17)
ED 04/13 Zählertausch: Großbritannien wird smart (S.23)

Netznutzungsentgelte

Studie

Netzentgelte müssen sinken

Studie: Netzentgelte müssen sinken

Von Louis-F. Stahl

(14. Juli 2022) Ein Kurzgutachten der Leuphana Universität Lüneburg im Auftrag des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (bne) und des Ökostromversorgers Lichtblick zeigt, dass die den Energieverbrauchern berechneten Netzentgelte in Deutschland deutlich überhöht sind und in den kommenden Jahren Entlastungen um zwei Milliarden Euro angemessen sind. Die Bundesnetzagentur hat hingegen bisher nur eine Entlastung um eine Milliarde Euro für deutsche Verbraucher ab dem Jahr 2024 in Aussicht gestellt. Betrachtet wurden im Rahmen des Kurzgutachtens die Eigenkapitalzinssätze, an denen die Netzentgelte bemessen und durch die Bundesnetzagentur festgelegt ­werden. Die Höhe dieser Renditen und insbesondere die teilweise intransparenten Festlegungen der Bundesnetzagentur beschäftigen seit ­Jahren die Gerichte (siehe „Netzentgelte vor Gericht“).

Das neue Kurzgutachten hat einen Vergleich mit Netzbetreibern in unseren Nachbarländern vorgenommen und kommt zu dem Ergebnis, dass die garantierten Kapitalrenditen der Netzbetreiber hierzulande durch die Bundesnetzagentur um 22 Prozent zu hoch bemessen wurden.

Europäisches Gericht

Netzentgeltbefreiungen rechtswidrig

Europäisches Gericht: Netzentgeltbefreiungen rechtswidrig

Von Aribert Peters

(23. November 2021) Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat am 6. Oktober 2021 zugunsten von Verbrauchern geurteilt: Die von der EU-Kommission im Jahr 2018 angeordnete Rückzahlung von unzulässigen Netzentgeltbefreiungen durch deutsche Großverbraucher an die Netzbetreiber ist rechtens (Az. T196/19).

Der zuvor erfolgten Befreiung von Netzentgelten für Großverbraucher lag die von der Bundesregierung erlassene Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) zugrunde. Auf eine Beschwerde des Bundes der Energieverbraucher im Jahr 2011 hin, hatte die EU-Kommission die Netzentgeltbefreiungen für stromintensive Unternehmen der Jahre 2012 und 2013 als rechtswidrige Beihilfen untersagt. Die betroffenen Unternehmen klagten gegen den Kommissionsbeschluss zur Rückzahlungsverpflichtung vor dem Europäischen Gericht. Die Bundesrepublik Deutschland trat dem Streit auf der Seite der klagenden Unternehmen bei. Es bleibt abzuwarten, ob und mit welchem Erfolg gegen das Urteil Berufung beim EuGH eingelegt wird.

Auch heute noch werden zahlreichen Unternehmen unbegründet hohe Netzentgeltnachlässe eingeräumt, die von der Gesamtheit der Stromkunden über eine Umlage nach § 19 Absatz 2 StromNEV aufgebracht werden. Die Umlage für Haushaltskunden in Höhe von derzeit 0,432 Cent pro Kilowattstunde belastet Haushalte mit einem Verbrauch von 3.500 kWh jährlich mit rund 15 Euro.

Energiewirtschaftsgesetz

Transparente Netzentgelte

Energiewirtschaftsgesetz: Transparente Netzentgelte

Von Louis-F. Stahl

(12. August 2021) Eine am 24. Juni 2021 vom Bundestag beschlossene Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) bietet Anlass zur Freude für Energieverbraucher. Mit dem neu in das Gesetz eingefügten Paragraph 23b wird die Bundesnetzagentur zukünftig verpflichtet, die Berechnungsgrundlagen der von ihr festgesetzten und von den Energieverbrauchern zu zahlenden Netzentgelte offenzulegen. Die neue Regelung ist dabei erfreulicherweise sehr eindeutig: Die Veröffentlichung durch die Bundesnetzagentur hat „auf ihrer Internetseite, einschließlich etwaiger darin enthaltener Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, unternehmensbezogen in nicht anonymisierter Form“ zu erfolgen.

370 Strommast Euro-Zeichen / Foto: bluedesign / stock.adobe.com

Dieser klare gesetzliche Auftrag zur Offenlegung der Zahlen war notwendig, weil zuvor der Bundesgerichtshof am 11. Dezember 2018 entschieden hatte, dass es sich bei den zur Berechnung der Netzentgeltobergrenzen heranzuziehenden Daten um schützenswerte Geschäftsgeheimnisse der Netzbetreiber handelt (Az. EnVR 21/18). Der Bund der Energieverbraucher kritisierte die fehlende Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei der Entgeltberechnung scharf und forderte den Gesetzgeber auf, die für eine nachvollziehbare Regulierung notwendige Transparenz herzustellen (siehe „Sichere Goldgruben: Strom- und Gasnetze“ und „Netzentgelte als Blackbox“). Dies ist mit der Novelle des EnWG nunmehr erfolgt.

Sprudelnde Gewinne

Grundlos klagende Stadtwerke

Sprudelnde Gewinne: Grundlos klagende Stadtwerke

Von Aribert Peters

(1. August 2020) Stadtwerke klagen gern, dass es ihnen schlecht gehe. Insbesondere weil sie, wenn sie in kommunaler Hand sind, neben dem lukrativen Betrieb von Strom- und Gasnetzen teilweise auch den öffentlichen Nahverkehr oder Hallenbäder mit geringerer Rendite stemmen müssen. Viele Stadtwerke sind jedoch nicht mehr in kommunaler Hand, sondern gehören privaten Investoren. Die großen Stromkonzerne haben sich über die Jahre immer mehr Eigentumsanteile an Stadtwerken angeeignet und haben sich vertraglich besondere Rechte zum Nachteil der kommunalen Anteilseigner einräumen lassen.

370 Schalter Profit / Foto: vchalup / stock.adobe.com

Als Betreiber von Strom- und Gasnetzen kassieren die Stadtwerke sehr üppige Eigenkapitalrenditen von 5,12 bis 6,91 Prozent, die mit Genehmigung der Bundesnetzagentur über die Netzentgelte von allen Strom- und Gasverbrauchern bezahlt werden müssen. Auch von solchen Verbrauchern, die Strom und Gas von einem ganz anderen Anbieter beziehen.

Als die Bundesnetzagentur diese Eigenkapitalzinssätze von durchschnittlich 9 auf rund 6 Prozent senkte, zogen dagegen über 1.100 Stadtwerke bis vor den Bundesgerichtshof – und unterlagen dort (siehe „Netzentgelte vor Gericht“).

Eine empirische Untersuchung von 350 Stadtwerken durch die Deutsche Kreditbank (DKB) zeigt nun, dass es den Stadtwerken überaus gut geht. Die Umsatzrendite von Stadtwerken mit privater Beteiligung lag 2017 im Median bei 7,55 Prozent. Zum Vergleich: Die Umsatzrendite mittelständischer Unternehmen lag nach Erhebungen des Sparkassenverbandes bei 6,0 Prozent. Stadtwerke, die vollständig in kommunaler Hand sind, erwirtschafteten der DKB zu Folge hingegen „nur“ 4,1 Prozent Umsatzrendite. Die Leistungen dieser Stadtwerke für die Bürger ihrer Kommune in Form von Naturalrenditen wie Schwimmbädern oder Nahverkehrsleistungen wurden nicht betrachtet.

Netzentgelte vor Gericht

Garantierte Traumrenditen von gut 9 Prozent, wer hätte die nicht gerne? Die Strom- und Gasnetzbetreiber durften diese satten Gewinne über Jahre einstreichen! Die überhöhten Renditen wurden von der Bundesnetzagentur auf noch immer opulente 6 Prozent zurechtgestutzt. Doch die Netzbetreiber sind damit nicht zufrieden. Wir berichten über ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes.
Von Aribert Peters und Leonora Holling

(15. Oktober 2019) Die Strom- und Gasnetze sind ein Monopol: Verbraucher können den örtlichen Netzbetreiber nicht wechseln. Weil es keinen Wettbewerb gibt, werden die Netzentgelte staatlich reguliert: Durch die Bundesnetzagentur. Allein im Jahr 2018 zahlten Stromverbraucher 25 Milliarden Euro an Netzentgelten, rund 7 Cent für jede Kilowattstunde. Die Verteilung von Strom durch die schon bestehenden und größtenteils abbezahlten Netze kostete damit schon bald mehr als die Erzeugung dieses Stroms.

370 Grafik Steuer / Quelle: Bundesnetzagentur

Hohe Eigenkapitalverzinsung

Verbraucher müssen mit den Netzentgelten auch die Zinsen für das in die Netze investierte Kapital bezahlen. Der Zinssatz hierfür wird von der Bundesnetzagentur (BNetzA) festgelegt. Dieser betrug im Jahr 2011 immerhin 9,29 Prozent für Neuanlagen und 7,56 Prozent für Altanlagen. Die Zinsen und Kapitalkosten machen im Durchschnitt beim Strom etwa 20 Prozent und beim Gas etwa 50 Prozent der gesamten Netzkosten aus.

Drastische Senkung 2016

Für die dritte Regulierungsperiode – daher bei Gas für den Zeitraum von 2018 bis 2022 sowie bei Strom für den Zeitraum von 2019 bis 2023 – hat die vierte Beschlusskammer der Bundesnetzagentur im Jahr 2016 den Zinssatz auf 6,91 Prozent für Neuanlagen und 5,12 Prozent für Altanlagen abgesenkt. Das ist zwar fast ein Drittel weniger als bisher, aber diese Zinssätze liegen trotzdem noch immer erheblich über den marktüblichen Zinssätzen. Dieser Eigenkapitalzinssatz wurde durch die Bundesnetzagentur mit einem Basiszinssatz von 2,49 Prozent zuzüglich einer sogenannten „Marktrisikoprämie“ in Höhe von 3,15 Prozent und einem Steuerfaktor festgelegt.

Schlacht vor dem OLG Düsseldorf

Um diese Absenkung entbrannte heftiger Streit. Die etablierte Energiewirtschaft, Investoren und auch Kommunen sahen sich um sicher geglaubtes und leicht verdientes Geld gebracht. Verbraucher und neue Energieanbieter dagegen hielten auch die abgesenkten Renditen noch für überhöht. In einem Mammutprozess vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) mit rund 1.100 Klägern wurden die Festlegungen der Bundesnetzagentur schließlich aufgehoben (Az. VI-3 Kart 466/16). Gegen das Urteil des OLG haben sowohl Netzbetreiber als auch die Bundesnetzagentur den Bundesgerichtshof (BGH) angerufen.

BGH entscheidet für Verbraucher

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes entschied am 9. Juli 2019 zugunsten der Zinssatzsenkung der Bundesnetzagentur (Az. EnVR 41/18 und EnVR 52/18). Das Urteil des OLG Düsseldorf wurde damit aufgehoben. Der BGH gesteht der Bundesnetzagentur für die Bestimmung des Zinssatzes einen größeren Beurteilungsspielraum zu. Für Verbraucher ist die Entscheidung erfreulich. Denn ihre Netzentgelte verringern sich durch diese Entscheidung um rund zwei Milliarden Euro für die vier Jahre der dritten Regulierungsperiode.

Fragliche Zinshöhe

Während institutionelle Sparer und Kreditinstitute mit Negativzinsen belegt werden, erscheinen auch die abgesenkten Renditen von 6,91 Prozent für eine völlig risikolose Geldanlage im Monopolbereich der Stromnetze noch absurd. Insbesondere wenn diese auf einer Verordnung der Bundesregierung basieren, von einer Behörde festgelegt und von einem Urteil des obersten deutschen Gerichtes abgesegnet werden. Deshalb lohnt sich ein näherer Blick auf die zugrundeliegenden Zusammenhänge. Denn die in die Netze investierten Gelder verdienen eine marktübliche Verzinsung, nicht mehr und nicht weniger.

Basisverzinsung

Vor der Liberalisierung der Strom- und Gasversorgung im Jahr 1998 wurden die Netzentgelte durch die Strompreisaufsichtsbehörden festgelegt. Auf der Basis ihrer langjährigen praktischen Erfahrung haben die Kartellbehörden des Bundes und der Länder im Jahr 2001 einen Leitfaden erarbeitet, wie angemessene Netzentgelte bestimmt werden können. Dieser Leitfaden empfiehlt hinsichtlich der Bemessung der Zinshöhe: „Das allgemeine Kapitalmarktrisiko wird in der Umlaufrendite für festverzinsliche Wertpapiere abgebildet, da auch derartige Anlagen mit diesem Risiko behaftet sind.“

5 oder 10 Jahre?

Die Tarifgenehmigungsbehörden gingen damals vor der Liberalisierung von einem 5-Jahres-Durchschnitt der Umlaufrenditen aus. Die Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) aus dem Jahr 2005 schreibt hingegen einen 10-Jahres-Durchschnitt vor. Der Unterschied ist beträchtlich: Die Umlaufrenditen sind zwischen dem Jahr 2006 und 2016 von 3,8 Prozent auf 0,5 Prozent gefallen. Der 10-Jahres-Durchschnitt beträgt daher 2,49 Prozent und der 5-Jahres-Durchschnitt 1,38 Prozent. Da die dritte Regulierungsperiode für Strom erst im Jahr 2019 beginnt, waren bis dahin die Umlaufrenditen nochmals gesunken und lägen für einen 5-Jahres-Durchschnitt bei deutlich unter einem Prozent.

Wagniszuschlag und Investitionsrisiko

Die Stromnetzentgeltverordnung erlaubt einen Wagniszuschlag zur Basisverzinsung. Die Bundesnetzagentur hat diesen im Jahr 2016 auf 3,8 Prozent festgelegt. Im Gegensatz dazu hat der Bund-Länder-Ausschuss Energiepreise im Jahr 1997 in der Stromversorgung kein nennenswertes, über das allgemeine Risiko hinausgehende, Unternehmenswagnis gesehen. Das gilt gemäß dem Leitfaden der Kartellbehörden von 2001 auch für den Netzbetrieb nach der wettbewerblichen Öffnung der Strom- und Gasmärkte im Jahr 1998.

Die Bundesnetzagentur sah das anders und schätzte das Kapitalmarktrisiko mit dem sogenannten „CAPM-Modell“ ab.

Es wird eine lineare Relation zwischen Risiko und Zinshöhe unterstellt und empirisch beziffert. Das CAPM-Verfahren ist ausweislich diverser wissenschaftlicher Untersuchungen jedoch empirisch nicht abgesichert oder bewiesen. Es ist fragwürdig, ob es das Risiko einer Investition in Stromnetze zutreffend beschreibt. Auch für das Fremdkapital ist gemäß gesetzlicher Vorgabe kein Wagniszuschlag zulässig.

Worin das Wagnis des Betriebs eines Strom- oder Gasnetzes bestehen soll, ist nicht nachvollziehbar. Nach 20 Jahren Wettbewerb in der Strom- und Gasversorgung ist noch kein einziger der rund 1.000 Netzbetreiber insolvent geworden oder hat gar sein Eigenkapital verloren. Das Risiko besteht schlimmstenfalls darin, dass eben die überhöhten Risikoprämien nicht mehr in der erwünschten Höhe gezahlt und auf ein gerechtes Niveau abgesenkt werden. Das kann aber ebendiese überhöhten Prämien nicht rechtfertigen, ein logischer Zirkelschluss.

Investitionsmittel

Es wird argumentiert, dass für den Netzausbau erhebliche Mittel aufzubringen seien und dies nur bei entsprechend hoher Verzinsung möglich wäre. Die Verteil- und Übertragungsnetzbetreiber haben im Jahr 2018 Aufwendungen und Investitionen in Höhe von rund 9,4 Milliarden Euro getätigt. Von den Stromkunden werden jährlich hingegen rund 25 Milliarden Euro an Netzentgelten gezahlt, also ein mehrfach höherer Betrag. Zudem können geplante Stromnetzerweiterungen schon vorab in die Netzentgelte eingepreist werden. Selbst die vierte Beschlusskammer sieht keine Hinweise auf knappes oder fehlendes Eigenkapital der Netzbetreiber (Az. BK4 16-160).

Verbraucher wären froh, wenn sie ihr Geld den Netzbetreibern leihen dürften, belohnt mit einer Rendite von 2,49 Prozent. EnBW sammelte mit einer Anleihe 2018 in kurzer Zeit 500 Millionen Euro ein, bei einer Verzinsung von nur 1,87 Prozent, die Anleihe war mehrfach überzeichnet.

Entscheidungshoheit der BNetzA

Sowohl das OLG als auch der BGH betonen in ihren Urteilen die Entscheidungshoheit der Bundesnetzagentur. Der mutige Schritt der vierten Beschlusskammer der Bundesnetzagentur unter ihrem Vorsitzenden Alexander Lüdtke-Handjery, die Eigenkapitalrendite zu reduzieren, kappt überhöhte Monopolgewinne. Aber er geht nicht weit genug: Die Bundesnetzagentur sollte die begonnene Absenkung der Eigenkapitalrenditen künftig fortsetzen.

Netzentgelte verzerren Wettbewerb

Neue Energieanbieter wie LichtBlick beschweren sich, dass Netzbetreiber Gewinne aus dem Monopolbereich des Netzbetriebs nutzen, um den eigenen Stromvertrieb zu subventionieren und Wettbewerber fernzuhalten. Gerade die beiden Energieriesen, die auch bei der konventionellen Stromerzeugung Marktführer sind, profitieren von hohen Netzrenditen: Von den rund 14.000 örtlichen Konzessionen für Stromnetze haben RWE und E.on zusammen rund 7.800, also mehr als die Hälfte aller örtlichen Verteilnetzkonzessionen.

Es gibt noch weitere Kritikpunkte an der gegenwärtigen hohen Eigenkapitalrendite. So hat der frühe Zeitpunkt der Festlegung, lange vor Beginn der Regulierungsperiode, die Verzinsung deutlich in die Höhe getrieben und war damit fragwürdig. Laut einem Gutachten von Professor Wein dürften die Zinsen sogar nur 5,04 Prozent für Neuanlagen und 3,42 Prozent für Altanlagen betragen. Auch die Einrechnung der Steuern in die Zinssätze ist fragwürdig, weil viele Netzbetreiber als öffentliche Körperschaften nicht ertragssteuerpflichtig sind.

Umverteilung der Netzentgelte

Ohnehin sind die Netzentgelte ins Gerede gekommen. Die Kritik richtet sich gegen fehlende Transparenz und gegen die vielen Ausnahmen für Gewerbe- und Industriekunden. Auch haben die Netzbetreiber bei der Aufteilung der Kosten zwischen Haushalten und Industriekunden einen Gestaltungsspielraum, der zu einer fortwährenden Umverteilung zu Lasten der Geringverbraucher führt. Das geht aus einem Gutachten der Ingenieurgesellschaft Agora hervor.

Netzentgelte unter der Lupe

Die Höhe der Netzentgelte und die Schwärzung der veröffentlichten Genehmigungen wurde vom Bund der Energieverbraucher in den letzten Monaten mehrfach kritisiert. Wir sprachen darüber mit Karsten Bourwieg, dem Vorsitzenden der 8. Beschlusskammer der Bundesnetzagentur.

Netzentgelte unter der Lupe

Die Höhe der Netzentgelte und die Schwärzung der veröffentlichten Genehmigungen wurde vom Bund der Energieverbraucher in den letzten Monaten mehrfach kritisiert.
Wir sprachen darüber mit Karsten Bourwieg, dem Vorsitzenden der 8. Beschlusskammer der Bundesnetzagentur.

(17. April 2019)

Frage: Durch die fehlende Veröffentlichung der wichtigen Daten der Entgeltgenehmigung werden diese einer gerichtlichen Überprüfung entzogen. Wir fühlen uns als Verbraucher dadurch entrechtet. Warum werden die Netzentgeltgenehmigungen nicht veröffentlicht?

Antwort: Wir haben vom Gesetzgeber eine Veröffentlichungserlaubnis für sehr viele Zahlen erhalten. Wir sind dem auch nachgekommen und haben viele Daten unternehmensscharf veröffentlicht. Man kann argumentieren, Monopolunternehmen haben keine Geheimnisse. So einfach ist es aber nicht. Es gibt auch Beispiele von Herstellerkartellen, wo zu viel Transparenz schädlich ist. Wenn bekannt ist, wann Transformatoren angeschafft werden müssen, fördert das die Kartellbildung auf den vor- oder nachgelagerten Märkten. Auch ein Netzbetreiber kann schutzbedürftige Daten haben. Das betrifft aus meiner Sicht aber nicht die zentralen Netzkostendaten. Selbst wenn bestimmte Daten ein Geheimnis darstellen, überwiegt hier das öffentliche Interesse. Dazu gibt es auch viele Urteile von Oberlandesgerichten. Leider hat das der BGH jetzt anders entschieden (siehe Netzentgelte noch intransparenter). Daran müssen wir uns als Behörde natürlich halten.

370 Karsten Bourwieg

Karsten Bourwieg hat in Freiburg Jura studiert und war in der Bundesnetzagentur zuletzt Referatsleiter für Energierecht und Verbraucherfragen. Seit 2017 leitet er die 8. Beschlusskammer, die für die Genehmigung der Stromnetzentgelte zuständig ist.

Frage: Aber den Verbrauchern wird dadurch die gerichtliche Überprüfung unmöglich gemacht. Die Genehmigungen gehen zu Lasten der Verbraucher, denn die Verbraucher müssen die Netzentgelte zahlen. Wie stehen Sie dazu?

Antwort: Die Genehmigungen schützen die Verbraucher – die Bundesnetzagentur prüft die Kosten im Detail. Und jede unserer Entscheidungen ist gerichtlich überprüfbar. Wir werden ja auch laufend von Netzbetreibern verklagt, den unmittelbar Betroffenen.

Frage: Hier muss ich widersprechen. Denn die Verbraucher bezahlen die Netzentgelte. Aber ausgerechnet diese Betroffenen haben kein Beschwerderecht, weil ihnen die wichtigen Daten vorenthalten werden. Gibt es für Verbraucher eine Möglichkeit, sich am Verfahren der Netzentgeltgenehmigung zu beteiligen?

Antwort: Diese Möglichkeit haben Verbraucherzentralen nach § 66 EnWG. Das wurde aber noch nie genutzt. Wir veröffentlichen, was wir geprüft haben, auch wenn die konkreten Zahlen geschwärzt sind. Daraus ist zu sehen, ob wir die richtigen Fragen gestellt haben. Wir wollen dem Verdacht vorbeugen, wir hätten mit den Versorgern gekungelt. Wir haben vor einem Jahr ein Transparenzpapier veröffentlicht, wo wir die Konflikte dargelegt haben.

Frage: Nun zu einem anderen für Verbraucher wichtigen Thema: Die Höhe der Netzentgelte und die Gewinne der Netzbetreiber. Der Gesetzgeber hat in § 21 EnWG festgelegt, dass die Netzentgelte „angemessen“ sein müssen. Was heißt das nun konkret? Die Umsatzrendite von DAX-Unternehmen liegt zwischen fünf und zehn Prozent. Was für eine Umsatzrendite erachten Sie für Netzbetreiber als angemessen?

Antwort: Ich weiß nicht, ob die Umsatzrendite überhaupt die richtige Größe ist, um festzulegen, was ein Unternehmen verdient. Was wir festlegen, ist die Eigenkapitalrendite, also die Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Wir haben eine eigene Systematik der wirtschaftlichen Erfolgsrechnung entwickelt, die sich von der des Handelsrechts unterscheidet. Wir schauen auf einen risikolosen Zins und machen noch einen Risikoaufschlag. So sind wir auf 6,91 Prozent Verzinsung für Neuanlagen gekommen. Die Netzbetreiber sind dagegen vor Gericht gezogen. Das muss jetzt der BGH entscheiden. Wir müssen sicherstellen, dass genügend Kapital für den Ausbau der Netze zur Verfügung steht. Wir brauchen ein sicheres Netz und wir brauchen zusätzliche Investitionen für die Energiewende.

370 Interview Karsten Bourwieg & Dr. Aribert Peters

Für den Bund der Energieverbraucher sprach Dr. Aribert Peters mit Karsten Bourwieg über die vom Verein kritisierten Aspekte hinsichtlich des Verbraucherschutzes bei der Entgeltregulierung.

Frage: Für die Netzbetreiber sind die Eigenkapitalrenditen satt. Sie lagen in den Jahren 2006 bis 2012 für Stromverteilnetze bei durchschnittlich 8 Prozent, für Gasverteilnetze bei 19,7 Prozent. Aber sie liegt für viele Unternehmen auch noch deutlich höher, für andere darunter.

Antwort: In der Tat gab es teilweise sehr hohe Renditen, besonders bei Unternehmen, die nicht investieren. In diesen hohen Renditen waren Sockeleffekte enthalten. Das Anlagevermögen wurde anfangs in der Höhe des Basisjahres für fünf Jahre festgehalten. Wenn die Firmen in den Folgejahren hohe Abschreibungen hatten, dann konnten Gewinne mit Anlagen erzielt werden, die schon abgeschrieben waren und für die nicht in neue Netze investiert wurde. Seit 2016 ist das allerdings nun nicht mehr der Fall. Seither wird das Anlagevermögen jährlich angepasst. Nach Jahrzehnten des Monopols entwickelt und verbessert sich die Regulierung erst allmählich. Wir haben es außerdem mit sehr langfristigen Kapitalbindungen zu tun. Fragen Sie sich mal, was Sie für einen Zins erwarten würden, wenn Sie Ihr Kapital für 40 Jahre binden? Die Regulierung hat eigene Regelungen, nach denen wir das Anlagevermögen kalkulatorisch bewerten müssen.

Frage: Wir halten die Netzentgelte für zu hoch. Der Strom wird für etwa 3 Cent je Kilowattstunde erzeugt und dann über ein bereits vorhandenes und größtenteils bezahltes Netz verteilt. Das soll dann mehr als doppelt so viel kosten wie die Stromerzeugung, nämlich 7 Cent. Das kann keiner verstehen. Als Verbraucher zahlen wir jedes Jahr rund 20 Mrd. Euro an Netzentgelten.

Antwort: Dafür bekommen Sie ja auch eine Menge. Außerdem ist diese Betrachtung nicht zulässig, weil es eine Durchschnittsbetrachtung ist. Dahinter verbergen sich geringere Entgelte im Westen und höhere im Osten. Für die alten Netze im Westen zahlen sie weniger. Denn im Westen ist der Anlagenbestand größtenteils bereits abgeschrieben. Da gab es stark vereinfacht gesprochen kaum noch einen Restwert. In den neuen Bundesländern zahlen Sie die höchsten Netzentgelte. Denn dort wurden die Anlagen nach 1990 größtenteils neu errichtet. Das wird sich in den kommenden Jahren ändern, wenn die neuen Anlagen auch im Osten bezahlt sind.

Frage: Über die Netzentgelte wird nur die jährliche Abschreibung bezahlt?

Antwort: Und der Betrieb des Netzes. Wir hatten bei Beginn der Regulierung das Problem, die schon gemachten Abschreibungen zu ermitteln und rauszurechnen. Denn es ist ein eherner Grundsatz, dass die Kunden die Netze nicht zweimal bezahlen. Diesen Grundsatz hat die Behörde konsequent durchgesetzt. In der ersten Regulierungsperiode haben wir die Sachanlagen nur insoweit berücksichtigt, als sie noch nicht abgeschrieben waren. Derzeit wird wieder enorm in Netze investiert. Das wird die Netzentgelte nach oben treiben. Wir haben unlängst Kapitalkostenaufschläge für Investitionen in Netze genehmigt: 900 Mio. Euro allein für dieses Jahr. Dahinter stehen geplante Investitionen von 10 Mrd. Euro in den kommenden drei Jahren bei allen Netzbetreibern. Und wir werden prüfen, ob tatsächlich in dieser Höhe investiert wird.

Frage: Aber die Netzentgeltbefreiungen für viele Stromgroßverbraucher bedeuten eine Entsolidarisierung und belasten Haushaltskunden zusätzlich.

Antwort: Wir müssen auch die Leistungsfähigkeit unserer Industrie im Auge behalten. Wir wollen ja die Energiewende als Industrieland schaffen. Aber bei den Netzentgeltbefreiungen wird ein Abnahmeverhalten prämiert, das dem Netzbetreiber mittlerweile gar nicht mehr nützt. Eine Bandlast hat in einer volatilen Welt nicht mehr dieselbe Bedeutung wie früher. Deshalb sagen wir seit längerem, an diese Netzentgeltbefreiungen nach § 19 StromNEV müssen wir ran, das muss geändert werden. Da geht es nicht ums Abschaffen, sondern um eine Modifizierung.

Frage: Aber selbst Campingplätze und Sparkassen bekommen Netzentgeltermäßigungen?

Antwort: Das haben wir seit 2013 schon stark eingedämmt, sind aber an die gesetzlichen Regeln gebunden. Und Besitzstände, die einmal da sind, werden wir nie wieder los.

Warum veröffentlichen Sie nicht einfach die Umsatzrenditen der Netzbetreiber?
Diese Zahlen werden nach § 6b EnWG für alle Spartenunternehmen und für jede Netzsparte jährlich veröffentlicht und können im Handelsregister beziehungsweise unter www.unternehmensregister.de von jedermann kostenlos eingesehen werden. Es ist vieles öffentlich zugänglich, aber nur wenige wissen davon.

Wir danken Ihnen für das Gespräch!

Umfassende Einführung zur Netzentgeltberechnung und dem Genehmigungsverfahren: bdev.de/entgeltgw

BGH und Bundesnetzagentur

Netzentgelte noch intransparenter

BGH und Bundesnetzagentur: Netzentgelte noch intransparenter

Von Louis-F. Stahl

(17. April 2019) Der Bundesgerichtshof hat der Bundesnetzagentur mit Beschluss vom 11. Dezember 2018 untersagt, wesentliche Daten aus der Netzentgelt- und Netzkostenprüfung von Strom- und Gasnetzbetreibern zu veröffentlichen (Az. EnVR 1/18). Die Karlsruher Richter befanden, dass insbesondere die von der Regulierungsbehörde bisher veröffentlichten Daten zum Kosten- und Effizienzvergleich der Netzbetreiber deren „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ verletzen würden (Details siehe Netzentgelte unter der Lupe).

370 Strommast Sonnenaufgang / Foto: Nikiko (CC0)

Verbrauchern, Politik und der interessierten Öffentlichkeit hat der BGH damit nicht nur ein wesentliches Instrument zur Bewertung der Arbeit einzelner Netzbetreiber genommen. Auch die Frage, wo und zu welchen Kosten Netze ausgebaut wurden, wird künftig schwerer zu beantworten sein. Darüber hinaus können Verbraucherschützer die bisher schon undurchsichtigen Entscheidungen über die Netzentgelthöhen der Regulierungsbehörde künftig faktisch nicht mehr kontrollieren.

Sichere Goldgruben: Strom- und Gasnetze

Risikofreie 10 bis 20 Prozent Umsatzrendite kassieren die Strom- und Gasnetzbetreiber, unbehelligt von jedem Wettbewerb und mit dem Segen von Bundesnetzagentur, Gerichten und dem Gesetzgeber.

Sichere Goldgruben: Strom- und Gasnetze

Risikofreie 10 bis 20 Prozent Umsatzrendite kassieren die Strom- und Gasnetzbetreiber, unbehelligt von jedem Wettbewerb und mit dem Segen von Bundesnetzagentur, Gerichten und dem Gesetzgeber. Bezahlen müssen es alle Verbraucher. Ein ganz legaler Skandal.
Von Aribert Peters

(11. Januar 2019) Vor 2005 handelten die Strom- und Gasnetzbetreiber die Höhe der Netzentgelte untereinander aus (sog. „Verbändevereinbarung“). Weil die EU das nicht akzeptierte, wurde Deutschland gezwungen, die Netzentgelte einer öffentlichen Regulierung zu unterwerfen: Die Geburtsstunde der Bundesnetzagentur. Aber auch die regulierten Renditen der Netzbetreiber sind deutlich höher als die der im DAX notierten Chemie-, -Automobil- und Energiekonzerne. Der Öffentlichkeit ist das unbekannt und auch die Bundesnetzagentur spricht darüber nicht. Denn der Betrieb von Strom- und Gasnetzen ist ein Monopol, das staatlich reguliert wird. Auch durch einen Anbieterwechsel können die Verbraucher den überhöhten Netzentgelten nicht entkommen. Die Netzentgelte sind neben der EEG-Umlage der größte Kostenfaktor auf Strom- und Gasrechnungen und sie machen jährlich rund 24 Milliarden Euro aus. Und das, obwohl diese Netze bereits vor Jahrzehnten errichtet und inzwischen längst bezahlt worden sind.

„Die Regulierung hat sich als unfähig erwiesen, die Netzrenditen auf ein vernünftiges Maß zu begrenzen“, resümiert der Bund der Energieverbraucher. Ein zusätzliches Ärgernis ist die Geheimhaltung der Bescheide der Bundesnetzagentur. Ein aktuelles Gutachten belegt erneut, wie dadurch die Verbraucherrechte ausgehöhlt werden.

370  Goldbarren / Foto: Stevebidmead (CC0)

Netzentgelte deutlich überhöht

Die Verbraucher zahlen mehrere hundert Millionen Euro zu viel an Netzentgelten. Denn die Genehmigungen werden anders als in § 74 EnWG vorgeschrieben, in vielen Fällen nicht veröffentlicht und können deshalb von Gerichten nicht überprüft werden.

Ein Rechtsgutachten hat die Transparenz der Netzentgeltgenehmigungen untersucht. Das Gutachten im Auftrag der Initiative „Agora Energiewende“ wurde von der auf Energierecht spezialisierten Anwaltskanzlei Raue LLP gemeinsam mit dem Regulatory Assistance Project (RAP) im August 2018 veröffentlicht. Bereits im Jahr 2015 war die fehlende Transparenz durch ein Gutachten belegt worden.
bdev.de/blackbox18 und bdev.de/canty

Die aktuelle Studie kommt zu folgenden Ergebnissen: „Die Energienetzregulierung hat ein grundlegendes Transparenzproblem: Während über die beiden anderen großen Kostenblöcke im Strompreis – die EEG-Umlage und den Börsenstrompreis – eine große Transparenz herrscht und so die vielen Diskussionen über Kostenminimierungen erst möglich werden, ist das Zustandekommen der Netzentgeltentscheidungen eine Blackbox. Die Bescheide sind an vielen Stellen geschwärzt.

Damit besteht das eklatante Rechtsstaatsdefizit in der deutschen Netzentgeltregulierung fort. Es ergibt sich aus der Verkettung folgender Umstände:

  • dem Verhalten der Regulierungsbehörden (Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden), die entgegen der gesetzlichen Regelungen und der nationalen und europäischen Rechtsvorschriften ihre Netzentgeltentscheidungen so gut wie gar nicht veröffentlichen;
  • einem falschen Verständnis bei Netzbetreibern und Regulierungsbehörden davon, was bei regulierten Monopolbetrieben wie Energienetzbetreibern schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind, und
  • einer rechtsstaatlich fragwürdigen Rechtsprechung, die einerseits Klagen von Netznutzern (Letztverbrauchern und Energielieferanten) gegen Entgeltgenehmigungen nicht zulässt, sondern die Netznutzer auf den Zivilrechtsweg und eine Überprüfung nach § 315 BGB verweist;
  • andererseits ihnen aber gleichzeitig verweigert, vor den Zivilgerichten den Schaden, den sie aus überhöhten Netzentgelten haben, angemessen zu beziffern und zu begründen, da die Netznutzer die Entgeltgenehmigungen meist gar nicht oder nur sehr rudimentär kennen.

Die Folge: Aufgrund der Kombination fehlender Transparenz und Verweigerung des Rechtsschutzes entziehen sich die Entgeltgenehmigungen praktisch jeglicher Überprüfung und Kontrolle, sowohl in rechtlicher Hinsicht durch diejenigen, die die Entgelte im Ergebnis zu zahlen haben (Letztverbraucher, Energiehändler), als auch in politischer Hinsicht durch diejenigen, die die Betroffenen vertreten (Verbraucherschutzverbände, interessierte Öffentlichkeit, gewählte Repräsentanten in den jeweiligen Netzgebieten).

Durchschnittliche Eigenkapital- und Umsatzrenditen 2006 bis 2012
Gas- und Stromnetze
Verteilnetz Eigenkapitalrendite*
(handelsrechtlich)
Umsatzrendite*
Strom 14,4% 8,0%
Gas 20,3% 19,7%

* jeweils arithmetische Mittelwerte der jeweiligen Stichprobe
Quelle: Raue LLP

Schwärzungen rechtswidrig

Nach § 74 EnWG sind die Regulierungsbehörden verpflichtet, sämtliche Entscheidungen auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen. Dieser Pflicht kommen aber weder die Bundesnetzagentur noch die Landesregulierungsbehörden nach. Von den circa 500 Genehmigungsentscheidungen, die die Bundesnetzagentur in der ersten Phase der Netzentgeltregulierung 2006 bis 2008 (in die auch die Entgeltgenehmigungsentscheidungen gehören, die den Verfassungsbeschwerden zugrunde liegen) getroffen hat, sind lediglich zwölf Prozent in der Beschlussdatenbank der Bundesnetzagentur verfügbar – allerdings in vollständig geschwärzter Form. Deshalb ist aus keiner einzigen dieser ‚veröffentlichten‘ Entscheidungen erkennbar, zu welchem konkreten Prüfungsergebnis die Bundesnetzagentur gelangt ist.“

Ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 25. Februar 2016 (Az. 13 K 5017/13) hatte die Geheimniskrämerei der Regulierungsbehörden für Rechtswidrig erklärt.
bdev.de/transparenz18

Verbraucher entrechtet

Der Bundesgerichtshof hat die Beschwerden von Netznutzern gegen Entgeltgenehmigungsentscheidungen der Regulierungsbehörde abgewiesen (BGH, Az. EnZR 105/10, Rz. 26a bis 29). Damit hat er Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes unterlaufen. Er gewährt jedermann das Recht, jede staatliche Entscheidung einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen. Eine dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (Az. 1 BvR 1487/16).

Defizite der Entgeltentscheidungen

„Die Entgeltgenehmigungsentscheidungen der Regulierungsbehörden weisen eine Reihe ganz offensichtlicher Defizite auf. Die Regulierungsbehörden haben teilweise die gesetzlichen Vorgaben nicht vollständig umgesetzt, sie haben nur lückenhafte Prüfungen vorgenommen und im Rahmen von Absprachen mit den Netzbetreibern teilweise auf Prüfungen gänzlich verzichtet. Das ist im oben erwähnten Gutachten und auch in der erwähnten Verfassungsbeschwerde im Detail dargestellt.“

Politik ist jetzt gefragt

„Es liegt jetzt an Bundesregierung und Bundestag, die von ihnen erlassenen Transparenzregelungen durchzusetzen und dafür zu sorgen, dass die Höhe der Netzentgelte von der Öffentlichkeit effektiv kontrolliert werden kann. Denn gerade die steigenden Netzkosten werden im Zuge der Energiewende weiter für Diskussionen sorgen. Entsprechend ist die Bundesregierung in der Verantwortung, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der es dem Verbraucher erlaubt, die für die Nutzung des Leitungsmonopols anfallenden Kosten in der Sache und Höhe nachzuvollziehen und überprüfen zu lassen. Dies wird in den kommenden Jahren immer wichtiger, da zu erwarten ist, dass die Netzentgelte bald zum größten Kostenblock der Stromrechnung werden könnten. Für das Gelingen der Transformation im Energiesektor ist dessen weitere Akzeptanz eine Voraussetzung. Transparenz wird hierfür elementar sein.“

Traumhafte risikofreie Umsatzrenditen

Im Monopolbereich des Netzbetriebs wird fürstlich und gänzlich risikolos viel Geld verdient, unbeschwert vom Wettbewerb und mit Segen der Regulierungsbehörden. Die Kosten- und Erlösentwicklungen der Netzbetreiber werden zwar von der Bundesnetzagentur erhoben, jedoch in den Berichten der Bundesnetzagentur nicht beziffert, obwohl es sich hier um die zentrale Größe der Anreizregulierung handelt. Nicht einmal die Durchschnittswerte werden genannt.

Allerdings enthält eine von der Bundesnetzagentur beauftragte Untersuchung von der DIW Econ GmbH aufschlussreiche Daten: Die Eigenkapitalrendite der Gasnetze liegt im Durchschnitt der Jahre 2006 bis 2012 bei über 20 Prozent. Und sogar die Umsatzrendite der Gas-Verteilnetze liegt bei rund 20 Prozent. Umso unverständlicher sind die den Netzbetreibern zugestandenen Verzinsungen des Eigenkapitals. Im Jahr 2013 hatte lediglich SAP eine entsprechend hohe Umsatzrendite, alle anderen DAX-Konzerne lagen bei 10 Prozent und deutlich darunter.

Weitere Informationen: Netzentgelte

Großverbraucher begünstigt

Netzentgelt-Umschichtung

Großverbraucher begünstigt: Netzentgelt-Umschichtung

Von Aribert Peters & Energie-Chronik.de

(7. Januar 2019) Die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber veröffentlichten am 1. Oktober 2018 vorläufige Preisblätter, aus denen hervorgeht, dass sie ihre Netzentgelte zum 1. Januar 2019 um 6 bis 16 Prozent auf dann – je nach Netzgebiet – 2,03 bis 3,85 Cent pro Kilowattstunde senken werden.

370 Strommast /Foto: stux (CC0)

Durch das neu beschlossene Netzentgeltmodernisierungsgesetz (NEMoG), werden die Kosten für den Anschluss von Offshore-Windparks aus den Netzkosten herausgenommen und in die bisherige Offshore-Haftungsumlage eingerechnet, die ab 2019 nur noch „Offshore-Netzumlage“ heißt. Diese Umlage wird allerdings nicht gleichmäßig auf die Stromkunden verteilt, sondern ist für Großverbraucher stark ermäßigt. Die Verlagerung der Offshore-Netzkosten in die Umlage begünstigt deshalb ein weiteres Mal die Stromgroßverbraucher.

Durch diese Umschichtung steigt ab 2019 die bisherige Offshore-Haftungsumlage von 0,037 auf 0,416 Cent pro Kilowattstunde. Die Kleinverbraucher werden also elfmal so stark wie bisher belastet. Der Mehrbetrag ist beinahe so groß wie die Verringerung, die ab 2019 durch die Senkung der EEG-Umlage um 0,387 Cent/kWh bewirkt wird. Per Saldo ändert sich somit an der Stromrechnung fast nichts. Die Herausnahme der Offshore-Anschlusskosten aus den Netzentgelten begründete der Gesetzgeber natürlich nicht mit einem weiteren Liebesdienst für die Stromgroßverbraucher. Bei diesem seltsamen Konstrukt handelt es sich um einen sachlich nicht gerechtfertigten Bonus für die Industrie.

Sieg für den Bund der Energieverbraucher

Mit seiner Beschwerde gegen Netzentgeltbefreiungen hat der Bund der Energieverbraucher einen großen Sieg errungen. Die EU-Kommission hat daraufhin die Netzentgeltbefreiungen für stromintensive Unternehmen für rechtswidrig erklärt.
Von Aribert Peters

(15. Oktober 2018) Die Europäische Kommission hat am 28. Mai 2018 entschieden, dass die vollständige Befreiung von Netzentgelten, die in Deutschland bestimmten großen Stromverbrauchern in den Jahren 2012 und 2013 gewährt worden war, gegen die EU-Beihilferegeln verstieß.

Es gab keine Gründe dafür, diese Unternehmen von der Zahlung der Netzentgelte vollständig zu befreien. Die EU-Kommission stufte die Befreiung als eine wettbewerbsverzerrende „staatliche Beihilfe“ ein.

Deutschland muss jetzt die illegal gewährten Beihilfen zurückfordern. Allein für 2012 müssen rund 300 Millionen Euro zurückgezahlt werden. Für das Jahr 2013 wurden noch keine Zahlen genannt. Gegen diese bisher unveröffentlichte Entscheidung wird vermutlich vor dem EuGH geklagt werden. Bis die Entscheidung Rechtskraft erlangt, wird es daher voraussichtlich noch eine ganze Zeit dauern.

Beschwerde von 2011

Der Bund der Energieverbraucher hatte am 28. November 2011 die EU-Kommission auf die illegalen Beihilfen aufmerksam gemacht, die große Stromverbraucher durch die Befreiung von der Zahlung der Netzentgelte erlangen. Im März 2013 leitete die Kommission eine eingehende Prüfung ein. Die Untersuchungen der Kommission ergaben jetzt, dass die von den begünstigten Unternehmen nicht gezahlten Netzentgelte, staatliche Beihilfen sind. Denn die übrigen Stromverbraucher sind zur Zahlung dieser Umlage verpflichtet und der deutsche Staat übt die Kontrolle über diese Mittel aus.

Befreiungen sind Beihilfen

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: „Alle Stromverbraucher müssen die Netzbetreiber für die Dienste, die sie nutzen, bezahlen. Wenn bestimmte große Stromverbraucher von diesen Entgelten befreit werden, stellt dies eine unfaire Bevorteilung dar. Zudem wird die Last für die übrigen Verbraucher erhöht. Deswegen muss Deutschland nun die nicht gezahlten Entgelte von diesen Stromverbrauchern einfordern.“ (bdev.de/eunetz)

Neue Beschwerde

In Deutschland waren Stromverbraucher mit einem hohen Jahresverbrauch in den Jahren 2011 bis 2013 vollständig von der Zahlung der Netzentgelte befreit. Im Jahr 2014 wurde die vollständige Befreiung durch eine Gesetzesnovelle abgeschafft. Die seither geltende Regelung sieht jedoch noch sehr weitgehende Netzentgeltreduzierungen von 80 bis 90 Prozent vor.

Der Bund der Energieverbraucher machte die EU-Kommission am 11. Juni 2018 darauf aufmerksam, dass auch die bis heute geltende nahezu vollständige Reduzierung der Netzentgelte für eine Vielzahl an Stromgroßverbrauchern eine unzulässige staatliche Subvention darstellt. Die Reduzierung der Netzentgelte ist weitaus höher als die durch das Abnahmeverhalten verursachte Kostenersparnis für die Netzbetreiber. Unzweifelhaft handelt es sich bei der Reduzierung der Netzentgelte zum größten Teil um die Einräumung eines ungerechtfertigten geldwerten Vorteils, der dem Staat zuzurechnen ist. Diese Einschätzung teilt die EU-Kommission, wie aus dem Kommissionsbeschluss SA.34045 hervorgeht. (bdev.de/sa34045)

Steigende Kosten für Verbraucher

Die durch die Entgeltreduzierung entstehenden Mindereinnahmen bei den Netzkosten wird den nichtbefreiten Firmen und Verbrauchern als Zusatzlast aufgebürdet. Der Umfang dieser Subventionen ist erheblich und steigt von Jahr zu Jahr an. Damit steigt auch die dadurch verursachte Zusatzbelastung für die nicht privilegierten Verbraucher an (siehe Grafik).

370 Diagramm Verbraucher zahlen für fragwürdige Netzentgeltbefreiungen

Netzdienlichkeit zweifelhaft

Die Absurdität der Entgeltreduzierung wird besonders an einer Reihe von Beispielen deutlich, in denen solche Entgeltreduzierungen gewährt wurden. In Klammern sind die jeweiligen Aktenzeichen der Bundesnetzagentur angegeben: Mäntelhaus Kaiser (BK4S1-0006258), Baum Hotelbetrieb (BK4S1-0006276), Lebenshilfe Einrichtungen Worms (BK4S1-0006342), AWO Seniorenzentrum Rheindorf (BK4S1-0006309), Alten- und Pflegeheim Haus Europa (BK4S1-0006325), Netto Marken-Discount (BK4S1-0006288), Mövenpick Hotels Deutschland (BK4S1-0006441), Camping & Ostseeferienpark Walkyrien (BK4S1-0006664).

Zahlreiche Versorgungsunternehmen und Netzbetreiber zweifeln darüber hinaus an der Netzdienlichkeit der teilweisen Entgeltbefreiungen durch die Vereinbarung individueller Netzentgelte. Das geht aus einer Befragung der Bundesnetzagentur hervor, über deren Ergebnis in einem Evaluierungsbericht berichtet wurde. Und auch die Bundesnetzagentur selbst hält das Ausmaß der Befreiungen für fragwürdig und nicht sachgerecht.

370 Diagramm Befragung der Verteilnetzbetreiber

Beschwerden auch aus Österreich

Auch in Österreich beschwert man sich über die deutschen Befreiungen. Die Begünstigungen in Deutschland haben einen Umfang erreicht, der in Österreich zu Forderungen von Gewerbebetrieben nach einer ebensolchen Beihilfe auch in Österreich führt. Die Kommission darf einen solchen Subventionswettlauf zwischen Mitgliedstaaten keinesfalls dulden. Die Arbeiterkammer Wien hat daher am 11. Juli 2018 eine eigene Beschwerde bei der EU-Kommission gegen die deutschen Entgeltreduzierungen eingereicht. Darin heißt es: „Eine pauschale Befreiung von 80 bis 90 Prozent ist nicht als teilweise Verringerung einzustufen. Eine Umstellung von einer vollständigen auf eine nahezu vollständige Befreiung führt zu keiner anderen Bewertung, als die aktuell von der EU-Kommission getroffene“.

Berücksichtigung der Kostenverursachung

Die Netzentgeltreduzierung weicht deutlich vom Grundsatz der Kostenverursachung ab. Es werden erhebliche Nachlässe auf die Netzentgelte eingeräumt, obwohl es dafür keine Rechtfertigung durch geringere Kosten gibt. Im Gegenteil: Das derzeitige System der Netzentgeltreduzierung führt sogar zu höheren Netzkosten, weil die zeitgleiche Höchstlast durch die Prämierung von Verbräuchen mit hoher Nutzungsdauer erhöht wird. Ein Evaluierungsbericht der Bundesnetzagentur führt dazu aus: „Die Regelungen reizen ein gleichmäßiges Durchlaufen der Abnahmeleistung auch dann an, wenn aus Netzsicht inzwischen in Hochlastzeiten eine Leistungsreduzierung wünschenswert und gegebenenfalls erforderlich wäre.“
bdev.de/bnetza-netzentgeltsystematik und bdev.de/bnetza-evaluierungsbericht

Dr. Wolfgang Zander und Dr. Elfried Evers vom energiewirtschaftlichen Beratungshaus BET -Aachen hatten bereits vor drei Jahren in einem Beitrag für die Energiedepesche folgendes Fazit gezogen: „[Es] lässt sich feststellen, dass die Netzentgeltnachlässe nach § 19 Abs. 2 StromNEV von der Höhe der Reduzierung überzogen erscheinen, für den Ausgleich von Erzeugung und Entnahme kontraproduktiv wirken und einer effizienten Netznutzung entgegenstehen. Sie erhöhen die Kosten für die überwiegende Mehrheit der Netzkunden, ohne dass sie für das Gesamtsystem adäquate Vorteile bieten“. (siehe Falsche Anreize durch Netzentgeltnachlässe)

Betroffenheit unserer Mitglieder

Die etwa 12.000 Mitglieder des Vereins zahlen als Stromverbraucher die Umlage nach § 19 Abs. 2 StromNEV in Höhe von 0,37 Cent/kWh. Bei einem durchschnittlichen Privathaushalt sind das rund 13 Euro jährlich – in Summe 156.000 Euro nur für die Mitglieder des Vereins. Es sind aber auch 424 Gewerbetreibende Mitglied im Verein, die fallweise sehr hohe Stromverbräuche von mehreren Millionen Kilowattstunden jährlich haben. Hier summieren sich die Umlagen nach § 19 StromNEV auf noch viel ansehnlichere Beträge.

Weitere Energiepreisgeschenke für Großbetriebe

Energieintensive Industriebetriebe sind das Lieblingskind der Politik und werden, unterstützt von aufwendiger Lobbyarbeit, mit zahlreichen Vergünstigungen bedacht, die über Steuern oder Umlagen von den Nichtbegünstigten aufgebracht werden müssen. Laut Monitoring-Bericht der Bundesregierung beliefen sich die Begünstigungen im Jahr 2012 bereits auf 13 Milliarden Euro und sind seither deutlich angestiegen.
Zum Beispiel entschädigt die Strompreiskompensation energieintensive Betriebe darüber hinaus für den Kauf von CO2-Zertifikaten in Höhe von 185 Mio. Euro im Jahr 2015.

Gerade der verhätschelten Exportindustrie geht es prächtig: Der Außenhandelsüberschuss lag 2017 bei 245 Mrd. Euro. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen (BT-Drs. 18/9112 vom 7. Juli 2016) bezifferte die Bundesregierung einige der Industriesubventionen.

Der Bund der Energieverbraucher fordert die Abschaffung der Industrieprivilegien beim Energiebezug und eine dadurch mögliche Energiepreissenkung für alle bisher nicht begünstigten Betriebe, den Mittelstand und kleine Verbraucher.

Entlastungen der Industrie im Jahr 2012

  • Besondere Ausgleichsregelung und Eigenstromprivileg bei der EEG-Umlage: 4,3 Milliarden Euro
  • Geringere Konzessionsabgaben: 3,6 Milliarden Euro
  • Spitzenausgleich, § 10 StromStG: 2,1 Milliarden Euro
  • Begünstigung für Verbräuche über 50 MWh, § 9 Abs. 3 StromStG: 1,1 Milliarden Euro
  • Energiesteuerbegünstigung, §§ 37, 51 EnergieStG: 630 Millionen Euro
  • Stromsteuerbegünstigung, § 9a StromStG: 580 Millionen Euro
  • Befreiung von Netzentgelten: 440 Millionen Euro

Quelle: Monitoring-Bericht der Bundesregierung zur Energiewende 2013, Seite 93

4,5 Milliarden-Geschenk für die Industrie

Im Jahr 2017 müssen private Stromkunden zusammen 1,115 Milliarden Euro zusätzlich schultern, um die Netzbefreiungen von 5.000 Firmen zu bezahlen.

4,5 Milliarden-Geschenk für die Industrie

(05. Januar 2017) Im Jahr 2017 müssen private Stromkunden zusammen 1,115 Milliarden Euro zusätzlich schultern, um die Netzbefreiungen von 5.000 Firmen zu bezahlen. Seit 2012 haben diese Netzrabatte die Verbraucher damit in Summe rund 4,5 Milliarden Euro gekostet.

370 Verbraucher zahlen für fragwürdige Netzentgeltbefreiungen

Im Zuge des Mitte 2011 beschlossenen Atomausstiegs hatten die Koalitionspolitiker von Union und FDP in letzter Minute noch weitgehende Befreiungen für Unternehmen bei den Netzentgelten durchgesetzt. Ab 2012 wurde deshalb die sogenannte §-19-Umlage eingeführt. Hier holen sich die Netzbetreiber von den übrigen Kunden die entgangenen Netzentgelte wieder. Momentan sind rund 5.000 Firmen bis zu 80 Prozent von den Netzentgelten befreit. Jedes Jahr kommen viele neue Firmen dazu, weil über kreative Prozesse die Voraussetzungen für die Befreiung bei den Netzentgelten erreicht werden.

Dazu die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn: „Es ist schlichtweg nicht vermittelbar, dass private Haushalte die Stromrechnung von Siemens, Schlachthöfen oder ALDI mitbezahlen. Deswegen ist es Zeit, die 2011 eingeführten Subventionen komplett zu streichen. Das waren unnötige Geschenke, die nichts zur Netzstabilität beitragen“.

Beispiele: Sparkasse Worms-Alzey-Ried (BK4 12-2574), DRK-Kreisverband Worms (BK4 12-2563), Mundschenk Vermögensverwaltung (BK4 12-3827), Seecafé Kratzmühle (BK4 12-2694), Wohnanlage Sophienhof gGmbH (BK4 12-1989), Edeka Aktiv Markt (BK4 12-2321), Camping-Platz Hohes Ufer (BK4 12-3541), AWO-Wohnpark Großfehn (BK4 12-3902), Hotel Seelust Cuxhaven (BK4 12-1964), AWO Seniorenheim Riegelsburg (BK4 12-2510), Württember-gische Gemeindeversicherung (BK4 12-1870) und Schuhhaus Zumsande (BK4 12-1706).

Die Gerichte haben die Umlage schon zweimal für unrechtmäßig erklärt. Doch die Bundesregierung hat durch nachträgliche Gesetzesänderungen die Subventionierung erhalten.

Schon für die Förderung von Ökostrom müssen Verbraucher jährlich fünf Milliarden Euro zusätzlich zahlen, weil viele Großbetriebe eine geringere Umlage durchsetzen konnten (siehe Artikel über Lobbyismus).

Netzentgelte ungerecht verteilt

Die Bundesnetzagentur hat in einem Bericht die Netzentgelte untersucht.

Bundesnetzagentur: Netzentgelte ungerecht verteilt

(11. September 2016) Die Bundesnetzagentur hat in einem Bericht die Netzentgelte untersucht (Bericht Netzentgeltsystematik Elektrizität, Dezember 2015). Die Netzentgelte werden ungerecht auf die Verbrauchergruppen aufgeteilt, kann man dem Bericht entnehmen.

370 510 Strommast / Foto: Pixelio.de/Ralph Karow

Der Bericht schlägt vor, insbesondere die Netzentgeltbefreiungen zurückzuführen. Die Lobby der Industriefirmen macht mobil, um diese ungerechten Privilegien zu verteidigen. Orginalton einer Anwaltskanzlei: „Energieintensiven Unternehmen droht eine erhebliche Mehrbelastung. […] Viel belastender hätte dieser Bericht für die energieintensiven Unternehmen nicht ausfallen können. Hiergegen müssen Sie sich zur Wehr setzen“.

Die ungerechtfertigten Privilegien der Industrie zahlen aber die Verbraucher. Darüber hat die Energiedepesche in letzter Zeit mehrfach berichtet. Jetzt muss der Gesetzgeber die Industriegeschenke abschaffen, auch gegen deren lauten Widerstand. Schreiben Sie Ihre Meinung an den Präsidenten der Bundesnetzagentur Jochen Homann, Tulpenfeld 4, 53113 Bonn.

Netzentgelte: Drei Milliarden Euro Sonderlasten

Sonderlasten, die mit den Netzentgelten erhoben werden, obwohl sie von der Sache her nichts mit den Netzen zu tun haben.

Drei Milliarden Euro Sonderlasten

(17. Juni 2016) Obwohl die Effizienz beim Netzbetrieb Jahr für Jahr um 1,5 Prozent zunimmt, die Kosten damit also sinken müssten, steigen die Netzentgelte Jahr für Jahr an. Ursache sind Sonderlasten, die mit den Netzentgelten erhoben werden, obwohl sie von der Sache her nichts mit den Netzen zu tun haben. Sie werden in den Netzentgelten versteckt und gehen auf staatlich angeordnete Bonuszahlungen zurück.

370 Warnschild Hochspannung Lebensgefahr / Foto: Pixelio.de/Martin Berk

In der Summe beliefen sich diese versteckten Netzentgeltsonderlasten im Jahr 2015 auf drei Milliarden Euro (ET 5/2016, Seite 40):

Eingriff in die Fahrweise von Kraftwerken (Redispatch): 2014: 187 Millionen Euro. Vermiedene Netzentgelte: 730 Millionen Euro (Industriebetrieben werden Netzentgeltzahlungen erlassen, die von den übrigen Netzkunden extra aufzubringen sind). Offshore-Netzanbindung 2014: 750  Millionen Euro. Kraftwerksreserven 122 Millionen Euro, EEG-Einspeisemanagement 300 Millionen Euro.

Die Sonderzahlungen zeigen, wie anfällig die Politik für Lobbyeinflüsse ist.

Umlage vom Bundesgerichtshof kassiert

Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V. vom 10. Juni 2016

Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.

Umlage vom Bundesgerichtshof kassiert

Netzentgeltnachlässe nichtig - Umlage zurückfordern

(Unkel, den 10. Juni 2016) Jeder Stromverbraucher zahlt mit seiner Stromrechnung eine Reihe von Umlagen. Nicht immer geht es dabei mit rechten Dingen zu. Die sogenannte "§ 19  STROMNEV-Umlage" hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 12. April 2016 für nichtig erklärt (Az EnVR 25/13). Die Begründung liegt seit wenigen Tagen vor.

Die Umlage ist illegal, weil sie laut Bundesgerichtshof ohne gesetzliche Grundlage erhoben wird. Der Hintergrund ist folgender: Die Stromnetzbetreiber erlassen Großverbrauchern einen Teil des Netzentgelts, gestützt auf § 19 der Stromnetzentgeltverordnung. 2012 wurden 2.800 derartige Befreiungen von der Bundesnetzagentur genehmigt. In der Summe waren das 2012 416 Millionen Euro. Dafür müssen alle nicht befreiten Kunden etwas mehr bezahlen, im Jahr 2016 0,38 Cent je Kilowattstunde oder 13 Euro je Privathaushalt. Diese Umlage hat die Bundesnetzagentur am 14. Dezember 2011 verfügt, ohne dass es dafür einen Auftrag vom Gesetzgeber gab (bdev.de/19umlage8bk). Aber auch die Netzentgeltbefreiungen selbst sind laut Bundesgerichtshof nichtig. Das Urteil kommt nicht vom 8. Zivilsenat, der sich in den vergangenen Monaten durch wenig verbraucherfreundliche Urteile hervorgetan hat, sondern vom Kartellsenat.

Die jetzt für nichtig erklärte Netzentgeltminderung ist nicht nur juristisch, sondern auch energiewirtschaftlich höchst fragwürdig. Das Ingenieurbüro BET und sogar die Bundesnetzagentur selbst in einem nichtöffentlichen Evaluierungsbericht waren zu einer kritischen Bewertung der Befreiungen gekommen. Der Bund der Energieverbraucher e.V. forderte die sofortige Abschaffung der seiner Ansicht nach ungerechtfertigten Nachlässe.

Die Verbraucher sollten sich die ungerechtfertigt erhobene Umlage zurückholen, rät der Bund der Energieverbraucher e.V. Er prüft derzeit die rechtlichen Möglichkeiten, die sich dafür anbieten.

Fürstliche Renditen, fragwürdige Regulierung

Staatlich garantierte Traumrenditen auf Kosten der Energieverbraucher.

Fürstliche Renditen, fragwürdige Regulierung

Energieversorger verdienen sehr gut. Der Zinssatz für Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit ­beträgt derzeit 0,5 Prozent. Die Umsatzrendite von kleinen Energieversorgern liegt demgegenüber bei stolzen 8,5 Prozent (2013). Mittlere und größere Versorger haben eine Rendite von durchschnittlich fünf Prozent.

(2. Januar 2016) Das hat eine Untersuchung der Managementberatungsgesellschaft Kienbaum ergeben, wie die Zeitschrift für kommunale Wirtschaft berichtet (August 2015, Seite 7). Untersucht wurden 220 deutsche Energieversorger.

Vergleicht man das mit der Umsatzrendite der renditestärksten DAX-Unternehmen, dann hatten 2013 lediglich fünf Dax-Unternehmen eine Rendite über 8,5 Prozent, alle anderen hatten eine geringere Rendite. Die Umsatzrendite der 50 weltweit größten börsennotierten Unternehmen betrug im Durchschnitt 4,7 Prozent, wobei Öl- und Gasunternehmen nicht berücksichtigt wurden.

Es gibt zu denken, dass ausgerechnet kleine Energieversorger so unglaublich hohe Renditen erwirtschaften können, die deutlich über den Renditen anderer Unternehmen gleicher Größe liegen. Schnell kommt der Verdacht auf, dass dabei nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Und schaut man genau hin, dann erhärtet sich dieser Anfangsverdacht noch.

370 Comic Schwimmer / Fotolia.com/rogistok

Monopol und Wettbewerb

Während die Verbraucher den Versorger frei wählen können, ist der Netzbetrieb ein Monopol geblieben. Die Renditen von Unternehmen, die sich im Wettbewerb bewähren müssen, sind durch den Wettbewerb sozusagen „reingewaschen“ und nicht zu beanstanden, fairen Wettbewerb einmal vorausgesetzt.

Anders verhält es sich beim Netzbetrieb. Hier gibt es ein Monopol und anstelle von Wettbewerb eine staatliche Aufsicht über die Netzentgelte. Das sollte grob überhöhte Renditen verhindern können, meint der zunächst ahnungslose Verbraucher. Leider ist das aber nicht der Fall. „Die Aufsicht über die Netzentgelte ist weitgehend lahm und blind“, kritisiert der Bund der Energieverbraucher. Sie ist nicht in der Lage, überhöhte Netzentgelte zu verhindern. Verbraucher werden also über ihre Stromrechnung zwangsweise dazu verpflichtet, die überhöhten Renditen der Netzbetreiber zu bezahlen. Die überhöhten Renditen gerade der kleineren Energieversorger stehen damit in klarem Zusammenhang.

Unvollständige Entflechtung

Bei kleineren Energieversorgern handelt es sich oft um örtliche und regionale Versorger, die zugleich auch ein Strom- oder Gasnetz betreiben. Bei diesen Unternehmen ist also das Monopol des Netzbetriebs noch in ein und demselben Unternehmen wie der Verkauf von Strom und Gas. Diese Lücke in der Regulierung wurde geschaffen, um die kleinen Unternehmen nicht mit dem hohen Aufwand einer Aufspaltung des Unternehmens in zwei Teilfirmen zu belasten, eine für das Netz und eine für den Vertrieb. Die Umsatzrenditen zeigen, dass gerade diese Ausnahmeregelung zu abnorm hohen Renditen führt. Und das liegt an einer weiteren Besonderheit.

Überhöhte Eigenkapitalrenditen mit Billigung der Netzagentur

Wenn die Netzbetreiber in Netze investieren, bekommen sie dafür fürstliche Renditen von der Bundesnetzagentur genehmigt. Derzeit erhalten die vier Transportnetzbetreiber TenneT, TransnetBW, Amprion und 50Hertz sowie die kommunalen Verteilnetzbetreiber auf Neuinvestitionen eine Garantie von 9,05 Prozent Eigenkapitalrendite, bei Investitionen in Altanlagen 7,41 Prozent. Diese Beträge werden in die Netzentgelte eingerechnet und von den Strom- und Gaskunden bezahlt. Die Festlegung von Eigenkapitalrenditen in dieser Höhe erfolgt durch die Bundesnetzagentur.

Wer sich nicht wehrt …

Die Netzentgelte werden zwar von der Bundesnetzagentur genehmigt. Sie können aber dennoch überhöht sein und könnten dann von Netzbetreibern zurückgefordert werden. Das mag aus heutiger Sicht utopisch erscheinen. Aber bei den Portokosten der Post ist genau dies geschehen. Überhöhte Porti wurde von der Bundesnetzagentur genehmigt und diese Genehmigung wurde später vom Bundesverwaltungsgericht für nichtig erklärt und aufgehoben. Die Kläger konnten die überhöhten Portokosten zurückverlangen (BVerwG Az. 6 C 8.14, Urteil vom 5. August 2015). Bei den Netzentgelten wird eine kritische Prüfung der Genehmigung dadurch erschwert, dass die Bundesnetzagentur nicht einmal ihren gesetzlichen Veröffentlichungspflichten nachkommt, wie die Studie „Transparenzdefizite der Netzregulierung“ von infraCOMP im Auftrag von Agora Energiewende klar aufzeigt.

Netzentgeltnachlässe sofort gänzlich abschaffen!

Große Industrieunternehmen bekommen häufig einen deutlichen Nachlass auf die Netzentgelte eingeräumt.

Netzentgeltnachlässe sofort gänzlich abschaffen!

Große Industrieunternehmen bekommen häufig einen deutlichen Nachlass auf die Netzentgelte eingeräumt. Der aktuell dazu von der Bundesnetzagentur veröffentlichte Evaluierungsbericht belegt eindeutig die Fragwürdigkeit dieser Nachlässe.

(28. August 2015) Der Bund der Energieverbraucher fordert die sofortige Abschaffung dieser kontraproduktiven und ungerechtfertigten Begünstigungen, die privatwirtschaftlich verursachte Kosten letztendlich der Allgemeinheit aufbürden. Das Volumen der Begünstigungen betrug 2014 nahezu fünf Milliarden Euro. Dieser Betrag wird über die sogenannte § 19-Umlage von allen nicht begünstigten Stromverbrauchern aufgebracht und erhöht den Strompreis für Haushaltskunden aktuell um 0,227 Cent/kWh. Das vergrößert die jährliche Stromrechnung von Haushaltskunden um rund zehn Euro sowie ebenso die Stromrechnung der nicht begünstigten kleinen und mittelständischen Unternehmen, die mit den von ihnen subventionierten Großunternehmen im Wettbewerb stehen.

Es gibt zwei Gründe für ein reduziertes Netz­entgelt: atypische Netznutzung, also wenn die Höchstlast der Firma zeitlich nicht mit der Höchstlast im Netz zusammenfällt (§ 19 Abs. 2, Satz 1 NEV) und stromintensiver Letztverbrauch, wenn der Stromverbrauch zur Stabilisierung der Stromnetze beiträgt

(§ 19, Abs. 2, Satz 2 NEV).

Im Jahr 2011 waren bestimmte Industrieunternehmen vom Gesetzgeber komplett  von der Zahlung jeglicher Netzentgelte befreit worden. Auf eine Beschwerde des Bundes der Energieverbraucher hin leitete die EU-Kommission ein Beihilfeverfahren gegen die Bundesrepublik ein, weil diese Befreiung eine unzulässige und wettbewerbsverszerrende Beihilfe für die davon begünstigten Großunternehmen darstellt. Daraufhin änderte der Bundestag die vollständige Befreiung in einen immer noch sehr weitgehenden Nachlass von bis zu 90 Prozent und beendete damit das EU-Verfahren.

Der Evaluierungsbericht der Bundesnetzagentur zeigt, dass auch die aktuell eingeräumten, immer noch extrem hohen Nachlässe sachlich nicht gerechtfertigt sind. Sie stellen damit nach wie vor ungerechtfertigte Beihilfen dar. Der Bund der Energieverbraucher wird die Kommission darüber in Kenntnis setzen. Ungerechtfertigte Beihilfen sind von den Begünstigten zurückzuzahlen.

370 Grafik Befragung Netzbetreiber.jpg

Für den Evaluierungsbericht wurden betroffene Netzbetreiber nach den Wirkungen der Netzentgeltreduzierungen befragt. Von den Befragten Netzbetreibern sind nur 15 Prozent der Ansicht, dass die atypische Netznutzung eine positive Auswirkung auf die Netzstabilität entfalten kann. Auch die Anreizwirkung auf das Abnahmeverhalten beurteilen nur 35 Prozent positiv.

Dass die Nachlässe fragwürdig sind und kontraproduktiv wirken, hatte das Aachener Ingenieurbüro BET bereits Mitte des Jahres in einem Artikel in der Energiedepesche belegt. Im Evaluierungsbericht der Bundesnetzagentur wird zudem dargelegt, dass die Netzentgeltreduzierung durch den Anreiz zu einer möglichst gleichmäßigen Stromabnahme flexibles Abnahmeverhalten verhindert und somit die Netzstabilität verringert. Das wird durch einen Großteil der dazu befragten Netzbetreiber bestätigt. Bei den Nachlässen handele es sich weitgehend nur um reine Mitnahmeeffekte.

Fazit

Der Evaluierungsbericht zieht folgende Schlussfolgerung: „Insbesondere aufgrund der erheblichen Mitnahmeeffekte und des  auch im Übrigen eher fragwürdigen Ergebnisses in Hinblick auf die Netzdienlichkeit der Regelung sollte diese deutlich modifiziert werden. Eine ersatzlose Abschaffung scheint hingegen nicht unmittelbar geboten“. Deutlicher kann man es nicht formulieren, ohne unhöflich zu werden. Der Evaluierungsbericht wurde von der Bundesnetzagentur verfasst und erst auf Grund eines an die Bundesnetzagentur gerichteten Antrags nach dem Informationsfreiheitsgesetz offengelegt.

Im Jahr 2012 wurden 2.700 Fälle atypischer Netznutzung genehmigt mit einem Entlastungsvolumen von 63 Millionen Euro. Für strom­intensiven Letztverbrauch wurden Anträge mit einem Volumen von 105 Millionen Euro gestellt. Im Jahr 2012 wurden 80 Fälle atypischer Netznutzung genehmigt, das Entlastungsvolumen betrug 311 Millionen Euro.

Überhöhte Netzentgelte zurückfordern!

Mit überzogenen Netzentgelten machen die Netzbetreiber einen satten Schnitt, seit die Kraftwerke nur noch Wettbewerbspreise erzielen können.

Überhöhte Netzentgelte zurückfordern!

Mit überzogenen Netzentgelten machen die Netzbetreiber einen satten Schnitt, seit die Kraftwerke nur noch Wettbewerbspreise erzielen können. Die zu viel bezahlten Beträge kann jeder Verbraucher von seinem Netzbetreiber zurückfordern.

(7. April 2015) Einige neue Energieanbieter, zum Beispiel Lichtblick und Yello, haben gegen die vor Einführung der Regulierung überhöhten Netzentgelte geklagt und damit bis hin zum Bundesgerichtshof Recht bekommen. Die meisten der etwa 1.000 Netzbetreiber haben sich daraufhin mit diesen Energieanbietern geeinigt und ihnen in den folgenden Jahren die Netzentgelte für Tarifkunden für die Jahre ab 2002 teilweise zurückerstattet.

370 Stromnetz / Foto: Pixelio.de/Dirk Kruse

Es geht um beträchtliche Größenordnungen von etwa 1,5 Cent je Kilowattstunde (kWh), also rund 50 Euro je Haushalt und Jahr. Die allermeisten Stromversorger haben jedoch nichts getan und trotz des BGH-Urteils die überhöhten Netzentgelte stillschweigend hingenommen. Deren Kunden sind deshalb bisher leer ausgegangen, haben überhöhte Netzentgelte und insofern auch überhöhte Strompreise bezahlt.

Überhöhte, nicht regulierte Netzentgelte vor 2006

Das Energiewirtschaftsgesetz wurde in seiner heutigen Fassung erst im Jahr 2005 erlassen. Doch bereits seit 1998 ist der Energiemarkt liberalisiert. Bis zum Energiewirtschaftsgesetz 2005 konnten die Netzbetreiber die Netzentgelte selbst festlegen und taten dies ohne behördliche Kontrolle. Die Netzentgelte waren in dieser Periode deutlich überhöht und entsprachen nicht der Billigkeit nach § 315 BGB. Das ist durch zahlreiche Rückforderungsprozesse aktenkundig geworden, die sogenannten „Urteile Stromnetznutzungsentgelte I bis IV“ des BGH.

Diskriminierungsverbot im Energierecht

Die Netzbetreiber haben, anders als Stromversorger oder Stromerzeuger, eine Monopolstellung bei der Stromversorgung. Deshalb sind sie durch das Energiewirtschaftsgesetz dazu verpflichtet, alle Unternehmen gleich zu behandeln (§ 30 Abs. 3 EnWG). Wer gegen diese Vorschriften verstößt, ist zum Schadensersatz verpflichtet (§ 32 Abs. 1 EnWG).

Gleichbehandlungspflicht durch Rabatte verletzt

Gegen die Gleichbehandlungsvorschrift haben die Netzbetreiber verstoßen, indem sie einigen Versorgern günstigere Netzentgelte eingeräumt haben. Dies taten sie teils freiwillig, teils durch Gerichtsurteile gezwungen. Dadurch wurde eingeräumt, dass die Netzentgelte insgesamt unbillig überhöht waren. Die Netzbetreiber wären verpflichtet gewesen, nicht nur den klagenden Versorgern, sondern allen Netzkunden die Preise zu reduzieren und zu Unrecht kassiertes Geld zurückzuerstatten. Das haben sie nicht getan und haben dadurch ein kartellrechtliches Delikt begangen. Zudem gibt es strikte gesetzliche Transparenzvorschriften für Netzentgelte, die vorschreiben, dass die Netzentgelte im Internet veröffentlicht werden müssen und auf Anfrage jedermann mitzuteilen sind (§ 21 Abs. 1 EnWG und §§ 27 ff. Stromnetzentgeltverordnung sowie § 17 Stromnetzzugangsverordnung).

Netzentgelte und Strompreise

Hätten die Netzbetreiber die Netzentgelte gesenkt, so wären die Versorger zu entsprechenden Preissenkungen verpflichtet gewesen, meint der renommierte Energierechtslehrer Prof. Säcker in einem Aufsatz von 2006 (RdE Nr. 3, 2006). Auch faktisch wären aufgrund des intensiven Wettbewerbs die Endkundenpreise geringer gewesen. Einen Schadensersatz kann nicht nur der unmittelbare Vertragspartner, sondern auch ein mittelbar betroffener Energieverbraucher geltend machen, so eine andere Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 28. Juni 2011 KZR 75/10).

Diese Ansprüche können auch heute noch geltend gemacht werden. Denn erst in den Jahren nach dem BGH-Urteil vom 7. Februar 2006, (Az. KZR 8/05) kam es zu den zahlreichen Rückerstattungen an die klagenden Versorger, also den unerlaubten Handlungen. Der Anspruch auf Schadensersatz in Folge unerlaubter Handlungen kann aber noch zehn Jahre nach der Handlung geltend gemacht werden (§ 852 BGB).

Klagemöglichkeiten

Jeder Verbraucher kann eine solche Klage bei der gemäß § 102 Energiewirtschaftsgesetz zuständigen Kartellkammer eines Landgerichts einreichen, unabhängig vom Gegenstandswert. Zu Klagen ist in einem gestuften Verfahren zunächst auf Auskunftserteilung und sodann – je nach Auskunft – auf Schadensersatz. Zuvor sollte der Netzbetreiber außergerichtlich um Auskunft gebeten werden. Einige solcher Klagen gegen Netzbetreiber sind bereits erfolgreich durch Vergleiche abgeschlossen worden, andere Gerichte haben derartige Ansprüche zurückgewiesen. Eine Grundsatzentscheidung liegt dem Kartellsenat des BGH zur Entscheidung vor (EnZR 35/14). Mit einer Entscheidung wird im Herbst 2015 gerechnet.

Musterklagen vom Bund der Energieverbraucher

Aufgrund der komplexen Rechtslage und der im Vergleich dazu geringen Streitwerte haben Einzelklagen von Verbrauchern nur geringe Erfolgsaussichten. Der Verein plant deshalb für einige seiner Mitglieder Musterklagen. Die Mitglieder können ihren Rückforderungsanspruch an den Verein abtreten. Besonders interessant ist das für Verbraucher mit einem hohen Stromverbrauch oder Gewerbekunden, denn ab einem Rückforderungsbetrag von mehr als 600 Euro ist eine Berufung möglich. Der Verein wird mit spezialisierten Anwälten versuchen, diese Forderungen durchzusetzen. Wer Interesse hat, melde sich bitte beim Verein.

Falsche Anreize durch Netzentgeltnachlässe

Eine Analyse von BET Aachen

Falsche Anreize durch Netzentgeltnachlässe

Hohe Netzentgeltnachlässe für einzelne Kundengruppen auf Kosten der übrigen Stromverbraucher behindern zugleich den Einsatz von dringend benötigten flexiblen Lasten. Eine kritische Analyse der Stromnetzentgeltnachlässe veröffentlichen nachfolgend Dr. Wolfgang Zander und Dr. Elfried Evers vom energiewirtschaftlichen Beratungshaus BET Aachen.

(3. April 2015) In den letzten Jahren mussten die Stromverbraucher stetig steigende Strompreise hinnehmen, weshalb mittlerweile etwa 25 Prozent des Strompreises durch Umlagen verursacht wird. Auf wenig Verständnis bei den meisten Verbrauchern stößt dabei der Umstand, dass gleichzeitig einzelnen Netznutzern und Nutzergruppen erhebliche Nachlässe bei ihren Netzentgelten gewährt werden. Ein besonderes Ärgernis in diesem Zusammenhang ist die sogenannte §19-StromNEV-Umlage, die bei den einfachen Haushalts- und Gewerbekunden mittlerweile rund 0,25 Cent je Kilowattstunde ausmacht. Insgesamt sorgt diese Umlage derzeit für ein Umverteilungsvolumen von 800 Millionen Euro. Der Gesetzgeber sieht das Verbrauchsverhalten dieser Kunden als systemstabilisierend an und begründet hiermit die Netzentgeltnachlässe. Für die Öffentlichkeit ist es weitgehend intransparent, inwieweit diese Begründung stichhaltig ist, weshalb wir im Folgenden die Hintergründe dieser Regelungen näher beleuchten wollen.

370 Warnschild Vorsicht Spannung / Foto: Pixelio.de/Kurt Michel

Wer wird begünstigt?

Die Entgelte für die Nutzung der Stromnetze beinhalten zwei Hauptkomponenten: Einen Arbeitspreis für jede aus dem Netz gezogene Kilowattstunde sowie bei Kleinkunden einen von der Entnahme unabhängigen Grundpreis. Bei größeren Kunden mit einer Messung der viertelstündlichen Leistungsentnahme wird statt des Grundpreises ein Leistungspreis für die höchste Entnahme in einem Jahr in Rechnung gestellt. Die Sonderentgelte nach § 19 StromNEV betreffen nur Kunden mit Leistungsmessung. Unter zwei unterschiedlichen Voraussetzungen können diese Netzkunden erhebliche Nachlässe auf ihre Netzentgelte erhalten:

Der erste Fall ist die atypische Netznutzung, bei der die überwiegende Nutzung des Netzes zu Zeiten mit niedriger Netzbelastung stattfindet. Der Netzbetreiber definiert hierzu Zeitfenster, in der das Netz in der Spannungsebene, an die der Kunde angeschlossen ist, besonders hoch ausgelastet ist. Nutzt ein Kunde das Netz während dieser sogenannte Hochlastzeitfenster im Vergleich zu seiner maximalen Abnahme nur sehr wenig, spricht man von der atypischen Netznutzung. Normalerweise ist für den Leistungspreis die höchste Leistung im kompletten Jahr maßgeblich. Kunden mit atypischer Netznutzung zahlen nur die von ihnen entnommene Leistung während des vom Netzbetreiber definierten Hochlastzeitfensters, mindestens aber 20 Prozent des normalen Entgeltes. Der Netzbetreiber muss diese Hochlastzeitfenster im Herbst des Vorjahres festlegen.

§ 19 StromNEV-Umlage.

Nach der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) können bestimmte Stromabnehmer bei der Bundesnetzagentur reduzierte Netzentgelte beantragen. Die Netzbetreiber legen diese entgangenen Netzentgelte im Volumen von rund 800 Mio. Euro auf alle Letztverbraucher um. Die Umlage beträgt 2015 für Haushalts- und Gewerbekunden 0,227 ct/kWh und für Stromgroßverbraucher einen reduzierten Betrag von 0,05 ct/kWh.

Der zweite, wesentlich bedeutendere Netzentgeltnachlass bezieht sich auf Großkunden mit sehr konstantem Verbrauch. Betroffen sind hiervon Kunden mit einem Stromverbrauch von mehr als zehn Millionen Kilowattstunden, den sie so gleichmäßig aus dem Netz ziehen, dass eine sogenannte Benutzungsstundenzahl von 7.000 Stunden erreicht oder überschritten wird. Ein Kunde, der diese Bedingungen erfüllt, kann bis zu 80 Prozent der regulären Netzentgelte einsparen. Bei 8.000 oder mehr Benutzungsstunden können sogar 90 Prozent der regulären Netzentgelte eingespart werden.

Die derzeitige Netzentgeltsystematik sieht hinsichtlich der anteiligen Nutzung der Übertragungskapazitäten der Netze und dem Ort der Netzentnahme Pauschalierungen vor. So ist es für das pauschale Netzentgelt unerheblich, ob ein Großkunde ganz in der Nähe eines Kraftwerkes oder weit entfernt davon liegt.

Sachlich zu rechtfertigen ist, dass Kunden, die die Netze nachweislich geringer belasten oder sogar entlasten, so dass die im Entgeltsystem vorgenommenen Pauschalierungen zu einer unsachgemäßen Kostenzuordnung führen, auch in entsprechendem Maße eine Netzentgeltreduktion erfahren können. Dieses ist aber in den vorliegenden Fällen der Sache und Höhe nach zu hinterfragen.

Bei der geschilderten atypischen Netznutzung lässt sich durchaus noch eine sinnvolle Begründung für eine Entgeltreduktion finden: Da Netze im Wesentlichen auf ihre maximale Last ausgelegt sein müssen, belastet ein Kunde außerhalb der Zeiten höchster Belastung ein Netz auch nur wenig. Es lässt sich trefflich darüber streiten, in welcher Höhe eine Entlastung der Netze durch die atypische Netznutzung tatsächlich stattfindet. Eine Reduktion um bis zu 80 Prozent lässt sich netzwirtschaftlich jedoch nur schwer begründen.

Kaum noch nachvollziehbar ist die Entgeltreduktion in dem zweiten geschilderten Fall, der gleichmäßigen Last großer Kunden. Bereits die Preisformel mit dem recht hohen Leistungspreisanteil führt bei gleichmäßigem Verbrauch zu verhältnismäßig geringen spezifischen Netzentgelten. Gerade bei hohen Benutzungsstunden bildet die aktuelle Entgeltsystematik über einen Gleichzeitigkeitsgrad den Leistungsanteil an der Jahreshöchstleistung zu Starklastzeiten sachgerecht ab. Gegen eine Reduktion um bis zu 90 Prozent sprechen auch folgende Gründe:

  • Bei der besonders gleichmäßigen Netznutzung findet diese auch zu Zeiten hoher Netzbelastung statt.
  • Die zunehmende fluktuierende Erzeugung braucht als Ausgleich möglichst flexible Lasten. Wenn es im Netz eng wird zum Beispiel wegen hoher erneuerbarer Erzeugung helfen möglichst hohe Abnahmen, insbesondere in den Netzgebieten, wo die Erneuerbaren einspeisen. Umgekehrt ist eher eine Lastminderung wünschenswert, wenn zu wenig erneuerbare Erzeugung im Netz ist.

Dieser objektive Bedarf an flexibler Last wird durch die Regelungen des § 19 Abs. 2 StromNEV konterkariert. Die Betriebe werden angehalten, ihre Last gerade nicht flexibel zu gestalten. Diese Entgeltreduktion belastet daher die übrigen Netzkunden in doppelter Weise: Zum einen müssen die verbleibenden Kunden die gewährten Entgeltreduktionen tragen und zum andern ist diese Form der Netznutzung ineffizient, mit der Folge, dass Kosteneinsparpotenziale zum Beispiel durch flexible Lasten nicht genutzt werden.

Die Redaktion der Energiedepesche hat Beispiele für genehmigte verminderte Netzentgelte wegen „atyptischer Netznutzung“ gefunden:

Sparkasse Worms-Alzey-Ried (BK4 12-2574), DRK-Kreisverband Worms (BK4 12-2563), Mundschenk Vermögensverwaltung (BK4 12-3827), Seecafé Kratzmühle (BK4 12-2694), Wohnanlage Sophienhof gGmbH (BK4 12-1989), Edeka Aktiv Markt (BK4 12-2321), Camping-Platz Hohes Ufer (BK4 12-3541), AWO-Wohnpark Großfehn (BK4 12-3902), Hotel Seelust Cuxhaven (BK4 12-1964), AWO Seniorenheim Riegelsburg (BK4 12-2510), Württembergische Gemeindeversicherung (BK4 12-1870), Schuhhaus Zumsande (BK4 12-1706).

Geradezu grotesk ist, dass dieser Fehlanreiz teilweise auch die von der Netzentgeltreduktion Begünstigten behindert: Sie können die bei ihnen bestehenden Flexibilitätsoptionen nicht oder nur sehr eingeschränkt im Markt einsetzen, weil sie dadurch unter Umständen ihren Status bezüglich der Netzentgeltreduktion gefährden würden.

Diese Erwägungen gelten grundsätzlich auch für die atypische Netznutzung. Derzeit müssen die relevanten Hochlastzeitfenster ausschließlich aus Netzsicht und im Vorjahr festgelegt werden. Dieser starre Festlegungszeitraum wird den Anforderungen der Energiewende bei zunehmender fluktuierender Erzeugung, die ja gerade nicht ein Jahr im Voraus prognostiziert werden kann, natürlich nicht gerecht.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Netzentgeltnachlässe nach dem § 19 Abs. 2 StromNEV von der Höhe der Reduzierung überzogen erscheinen, für den Ausgleich von Erzeugung und Entnahme kontraproduktiv wirken und einer effizienten Netznutzung entgegenstehen. Sie erhöhen die Kosten für die überwiegende Mehrheit der Netzkunden, ohne dass sie für das Gesamtsystem adäquate Vorteile bieten.

Sie sind in vielen Fällen auch für die Begünstigten kontraproduktiv, weil sie diese bei der Bereitstellung von Lastverschiebungspotentialen behindern.

Aus industriepolitischer Sicht heraus kann es durchaus sinnvoll sein, im internationalen Wettbewerb stehende, stromintensive Industriezweige gezielt von Kosten der Energiewende zu entlasten. Dies kann jedoch nicht Aufgabe und Bestandteil der Netzentgeltsystematik sein, sondern muss anderweitig geregelt werden. Die hier vorgenommenen Netzentgeltreduktionen treffen zudem in weiten Teilen Netznutzer, die nachweislich nicht im internationalen Wettbewerb stehen.

Fazit

Die gebotene verursachungsgerechte Verteilung der Netzkosten auf die verschiedenen Netznutzer sollte nicht durch Sonderregeln verzerrt und konterkariert werden. Die bestehende Netzentgeltsystematik stammt noch aus der Zeit der dominierenden zentralen Stromerzeugung. Neben diesen fehlerhaften Sonderregelungen muss die Netzentgeltsystematik auch in vielen anderen Punkten grundlegend überarbeitet werden, um den zukünftigen Anforderungen der Energiewende gerecht zu werden. Im Vordergrund sollte dabei stehen, die Netznutzer durch zielgerichtete Anreize zu einem effizienten, systemverträglichen Verhalten anzuregen. Dies betrifft insbesondere Anreize für eine Flexibilisierung der Last zur Stabilisierung der Netze und zum Ausgleich der fluktuierenden dezentralen Erzeugung. Industriepolitisch motivierte Kostenentlastungen von stromintensiven Industriebereichen, die tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen, sollten nicht über die Netzentgeltsystematik erfolgen.

Netznutzung teurer

Endgültigen Netzentgelte für 2015 gemeldet.

Netznutzung teurer

(23. Januar 2015) 698 der deutschen Verteilnetzbetreiber hätten die endgültigen Netzentgelte für 2015 gemeldet, so der Informationsdienstleister ene't GmbH, Hückelhoven. Damit lägen die Netzpreise für über 98% aller Postleitzahl-Ort-Kombinationen vor. Der niederspannungsseitige Stromtransport sei teurer: Während für die Netznutzung eines Familienhaushalts mit 4.000 kWh Jahresverbrauch 2014 noch 6,81 Cent je kWh anfielen, koste es seit 1. Januar durchschnittlich 7,03 Cent je kWh. Das sind 3,2% bzw. 0,22 Cent je kWh mehr.

370 Strommast / Foto: Pixelio.de/Uwe Schlick

Die Netzentgelte in der Mittelspannung für eine Durchleitungsmenge von 1,25 Mio kWh pro Jahr bei 500 kW installierter Leistung steigen stärker an und liegen 2015 durchschnittlich bei 4,10 Cent je kWh, 6,1% höher als im vergangenen Jahr.

Über 4.000 Netzrabatte verteuern Verbraucherrechnung

Vergünstigungen für energieintensiver Unternehmen

Über 4.000 Netzrabatte verteuern Verbraucherrechnung

(22. Oktober 2014) Die Vergünstigungen für energieintensiver Unternehmen bei den Stromnetzentgelten verteuern die Umlage, die alle anderen Verbraucher zum Ausgleich dieser Firmenrabatte zahlen müssen. Sie wird sich von aktuell 0,092 Cent pro kWh auf 0,227 Cent im kommenden Jahr mehr als verdoppeln.

Die Befreiung von den Netzentgelten gilt jeweils für mehrere Jahre und muss nicht jedes Jahr neu beantragt werden. Insgesamt sind bisher seit 2011 mehr als 6.000 Anträge auf Entgeltbefreiungen eingegangen. Bislang hat die Bundesnetzagentur mehr als 4.000 Anträge von Unternehmen auf Befreiung von den Netzentgelten genehmigt. 2011 gab es 1.121 Genehmigungen, 2012 waren es bereits 2.712.

Der Bund der Energieverbraucher e.V. hält diese Befreiungen für größtenteils ungerechtfertigt. Beispiele für Entgeltminderungen, die befremdlich anmuten: Arbeiterwohlfahrt, Landesverband Saarbrücken, Gasthof Krone in Kinding, Bundesamt für Infrastruktur in Düsseldorf.

Stadtwerke Rostock

Schummel bei Netzentgelt

Schummel bei Netzentgelt

(24. September 2013) Die Stadtwerke Rostock haben durch falsche Zuordnung von Kosten die Netzentgelte zu hoch angesetzt und sich dadurch einen ungerechtfertigten wirtschaftlichen Vorteil verschafft. Die 9. Beschlusskammer der Bundesnetzagentur hat mit Beschluss vom 16. März 2012 die Stadtwerke verpflichtet, den Vorteil von 6.620.097,43 Euro an die Bundesnetzagentur zu überweisen (Az. BK 9-11/701).

370 Rostock / Pixelio.de/CFalk

Die Stadtwerke hätten fahrlässig und sogar teilweise vorsätzlich gegen geltende Vorschriften verstoßen. Denn mit der falschen Kostenaufschlüsselung sei auch fortgefahren worden, nachdem der Fehler bekannt geworden sei.

EU Wettbewerbskommission eröffnet förmliches Beihilfeverfahren gegen Deutschland wegen Netzentgeltbefreiung von Industriebetrieben

Der Bund der Energieverbraucher e.V. hatte am 28.11.2011 Beschwerde bei der Kommission eingereicht.

EU Wettbewerbskommission eröffnet förmliches Beihilfeverfahren gegen Deutschland wegen Netzentgeltbefreiung von Industriebetrieben

(28. März 2013 geändert 12. April 2013) Die EU-Kommission hat gegen Deutschland ein förmliches Verfahren nach Artikel 107 und 108 AEUV eingeleitet wegen der Befreiung großer Stromverbraucher von Netzentgeltzahlungen.

Der Bund der Energieverbraucher e.V. hatte am 28.11.2011 Beschwerde gegen die Netzentgeltbefreiung nach § 19 (2), Satz 2 bei der Kommission eingereicht. Daraufhin hatte die Kommission Deutschland zu einer Stellungnahme aufgefordert und am 6.3.2013 ein förmliches Beihilfeverfahren eröffnet.

Die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses über das Verfahren ist hier http://tinyurl.com/eunetzentgelte abrufbar.

Die Kommission kommt zu dem vorläufigen Schluss, dass die Befreiung eine Beihilfe darstellt, die nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. Die Kommisssion stellt fest, dass die Bundesrepublik keine Gründe für die Vereinbarkeit der Entgeltbefreiung mit dem Binnenmarkt dargelegt hat, da sie die Auffassung vertritt, dass die fragliche Maßnahme keine Beihilfe bildet.

Die Kommission erinnert daran, dass rechtswidrigen Beihilfen unter Umständen vom Empfänger zurückzufordern sind. Die Zusammenfassung der Entscheidung wird auch im Amtsblatt der Kommission veröffentlicht. Die Kommission bittet die Bundesregierung, allen Empfängern der Beihilfe die Entscheidung der Kommission zuzuleiten.

Die Bundesrepublik und alle Beteiligten haben vier Wochen Zeit, eine Stellungnahme zum Verfahren abzugeben. Daraufhin wird die Kommission ihre Entscheidung treffen. Diese ist vor dem EuGH anfechtbar.

Der Bundesgerichtshof hat am 10. Februar 2011 entschieden (LZR 136/09), dass Wettbewerber die Beihilfeempfänger auf der Basis der EU-Beihilfeverbote auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch nehmen können.

Europäische Kommission

Brüssel, den 6.3.2013

C(2012) 8765 final

Öffentliche Fassung – hier in wichtigen Auszügen gekürzt wiedergegeben

Seiner Exzellenz

Herrn Dr Guido WESTERWELLE

Bundesminister des Auswärtigen

Werderscher Markt 1

D - 10117 Berlin

Betrifft: Staatliche Beihilfe SA.34045 (2013/C) (ex 2012/NN) – Deutschland Netzentgeltbefreiung für stromintensive Unternehmen (§ 19 StromNEV)

1.     VERFAHREN

(1) Am 28. November 2011 ging der Kommission eine Beschwerde des Bundes der Energieverbraucher zu, der nach eigenen Angaben kleine und mittlere Unternehmen und private Stromverbraucher vertritt. Die Beschwerde wurde unter der Nummer SA.34045 registriert. Nach Ansicht des Beschwerdeführers stellt die stromintensiven Unternehmen seit 2011 gewährte Netzentgeltbefreiung eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe dar.

...

2. BESCHREIBUNG DER MASSNAHME

Netzentgelte in Deutschland

(5) In Deutschland werden die Netzentgelte von den Netzbetreibern festgesetzt. Sie bedürfen jedoch der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, der Bundesnetzagentur (im Folgenden „BNetzA“).

(6) In der Stromnetzentgeltverordnung (im Folgenden „StromNEV“) sind die Grundsätze für die Festsetzung der Netzentgelte (§ 16 f. StromNEV) festgelegt:

Die Netzentgelte müssen kostenorientiert sein (Verursachungsgerechtigkeit).

....

2.2. Die Befreiung

(7) Nach einer am 4. August 2011 in Kraft getretenen, aber erst ab dem 1. Januar 2011 anwendbaren Änderung heißt es in § 19 Absatz 2 Satz 21 StromNEV, dass Letztverbraucher von den Netzentgelten befreit werden, wenn ihr Stromverbrauch die Benutzungsstundenzahl von mindestens 7000 Stunden erreicht und 10 Gigawattstunden übersteigt.

2.5. Übertragungsnetzbetreiber müssen ihre Kosten decken

(12) In § 9 KWK-Gesetz – auf den in § 19 Absatz 2 StromNEV Bezug genommen wird (vgl. den vorstehenden Erwägungsgrund dieses Beschlusses) – ist ferner festgelegt, dass Netzbetreiber Zusatzkosten, die sie infolge des Kostenausgleichs zwischen den Netzbetreibern zu tragen haben, auf die Letztverbraucher abwälzen dürfen.

(24) Die aufgrund der Netzentgeltbefreiung für stromintensive Unternehmen entgangenen Erlöse werden für 2012 auf 300 Mio. EUR geschätzt.

3. BEIHILFERECHTLICHE WÜRDIGUNG

3.1. Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

(25) Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(26) Der Begriff des Vorteils im Sinne des Artikels 107 AEUV umfasst nicht nur positive Leistungen wie Subventionen, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen5.

(27) Stromverbraucher müssen für die Nutzung des Stromnetzes in der Regel ein Entgelt entrichten. Die Befreiung bildet daher eine Ausnahme von den in Deutschland geltenden Grundsätzen für die Festsetzung von Netzentgelten, die in Abschnitt 2.1 dieses Beschlusses beschrieben sind. Dadurch, dass der Staat stromintensive Unternehmen von den Netzentgelten befreit hat, hat er sie von einem Entgelt befreit, das sie normalerweise als Letztverbraucher zu tragen haben.

(28) Die Kommission vertritt daher zu diesem Zeitpunkt die Auffassung, dass stromintensive Unternehmen durch die Befreiung ein Vorteil gewährt wird.

(36) Die Befreiung von den Netzentgelten beruht auf einer Rechtsvorschrift. Sie ist dem Staat zuzurechnen.

(53) Nach Auffassung Deutschlands wird der Vorteil aus privaten Mitteln finanziert, weil die Umlage nicht über den Staatshaushalt laufe, sondern von anderen privaten Stellen gezahlt werde. Zudem macht Deutschland geltend, dass die Übertragungsnetzbetreiber den Vorteil vorfinanzieren müssten, die Höhe der Umlage selbst festsetzten und die Umlage nach eigenem Ermessen verwenden könnten.

(54) Die Kommission stellt fest, dass der Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV nicht voraussetzt, dass die finanziellen Mittel über den Staatshaushalt laufen. Wie in den Erwägungsgründen (38) und (39) dieses Beschlusses dargelegt, hat der Gerichtshof befunden, dass der Begriff der staatlichen Mittel im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV auch Beihilferegelungen umfasst, die aus dem privaten Sektor auferlegten Beiträgen finanziert werden und nicht erfordert, dass die Beihilfe aus dem Staatshaushalt finanziert wird.

(68) Deutschland betont, dass die § 19-Umlage im vorliegenden Fall nicht von der BNetzA erhoben, eingenommen, verwaltet und verteilt werde, sondern vom Netzbetreiber. Deutschland scheint die Auffassung zu vertreten, dass die § 19-Umlage aufgrund dieses Umstands keine staatliche Mittel darstellt, da die Netzbetreiber keine staatliche Einrichtungen sind.

(69) Wie der Gerichtshof in der Rechtssache Steinike erklärte, kann jedoch auch eine private Einrichtung mit der Verwaltung staatlicher Mittel beauftragt werden.

Vorläufige Schlussfolgerung zum Vorliegen von Beihilfen

(94) Auf der Grundlage der vorstehend genannten Elemente und der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Informationen zieht die Kommission den vorläufigen Schluss, dass die durch die § 19-Umlage ausgeglichene Netzentgeltbefreiung ab 2012 eine staatliche Beihilfe zugunsten energieintensiver Unternehmen bildet. Die Kommission hat beim jetzigen Stand der Dinge ferner Bedenken, dass bereits 2011, das heißt vor der Einführung der § 19-Umlage, staatliche Beihilfen gewährt worden sein könnten. Die Kommission ersucht Deutschland um Übermittlung der im vorstehenden Erwägungsgrund genannten zusätzlichen Angaben.

3.2. Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt

(95) Auf der Grundlage der derzeit verfügbaren Informationen ist die Kommission vorläufig zu dem Schluss gelangt, dass die Befreiung energieintensiver Unternehmen von Netzentgelten nach 2012, aber möglicherweise auch bereits zuvor, eine staatliche Beihilfe darstellt. Die Kommission kann derartige Beihilfen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären, sofern die in Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Nach ständiger Rechtssprechung ist es Aufgabe des Mitgliedstaats, Gründe für die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt darzulegen und aufzuzeigen, dass die einschlägigen Voraussetzungen erfüllt sind23.

(96) Die Kommission stellt fest, dass Deutschland keine Gründe für die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt dargelegt hat, da das Land die Auffassung vertritt, dass die fragliche Maßnahme keine Beihilfe bildet.

(97) Deutschland hat lediglich erklärt, dass die Befreiung von Netzentgelten gerechtfertigt sei, weil energieintensive Unternehmen das Netz stabilisierten, ohne jedoch diese stabilisierende Wirkung zu begründen oder – sollte diese stabilisierende Wirkung bestehen – anzugeben, nach welchen Vorschriften und aus welchen Gründen eine derartige Wirkung der Kommission die Möglichkeit geben könnte, die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar zu erklären.

3.2. Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt

(98) Die Kommission zieht zum jetzigen Zeitpunkt den vorläufigen Schluss, dass der Befreiungsmechanismus eine Betriebsbeihilfe bildet, da er die Begünstigten von Netzentgelten befreit, die sie normalerweise im Rahmen ihrer laufenden Verwaltung oder ihrer üblichen Tätigkeiten hätten tragen müssen. Der Rechtsprechung zufolge sind Betriebsbeihilfen grundsätzlich nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar, weil sie den Wettbewerb in den Wirtschaftszweigen, in denen sie gewährt werden, grundsätzlich verfälschen, ohne dabei ihrer Natur nach geeignet zu sein, die in den genannten Ausnahmebestimmungen festgesetzten Zwecke zu erreichen24.

(99) Daher hegt die Kommission zum jetzigen Stand der Dinge Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt. Folglich hat sie nach Artikel 4 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 beschlossen, das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen, und fordert Deutschland damit auf, seine Anmerkungen und die benötigten Informationen zu übermitteln.

4. SCHLUSSFOLGERUNG

In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen fordert die Kommission Deutschland im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf, innerhalb eines Monats nach Erhalt dieses Schreibens Stellung zu nehmen und alle sachdienlichen Angaben für die beihilferechtliche Würdigung der Maßnahme zu übermitteln. Die Kommission ersucht Deutschland insbesondere um Informationen über die genaue Bedeutung der Bezugnahme auf § 20 StromNEV, sowie um allgemeine Informationen über die Funktionsweise des Regulierungskontos und über die Art, wie die sich aus der Befreiung im Jahr 2011 ergebende finanzielle Belastung im Regulierungskonto berücksichtigt wird, so wie es die BNetzA am 14. Dezember 2011 beschlossen hat.

Die Kommission bittet die Bundesregierung, den potenziellen Empfängern der Beihilfe unverzüglich eine Kopie dieses Schreibens zuzuleiten.

Die Kommission erinnert die Bundesregierung an die aufschiebende Wirkung von Artikel 108 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und verweist auf Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates, wonach alle rechtswidrigen Beihilfen unter Umständen vom Empfänger zurückzufordern sind.

Die Kommission weist die Bundesrepublik Deutschland darauf hin, dass sie alle Beteiligten durch die Veröffentlichung des vorliegenden Schreibens und einer Zusammenfassung desselben im Amtsblatt der Europäischen Union unterrichten wird. Außerdem wird sie die Beteiligten in den EFTA-Staaten, die das EWR-Abkommen unterzeichnet haben, durch Veröffentlichung einer Bekanntmachung in der EWR-Beilage des Amtsblattes der Europäischen Union und die EFTA-Überwachungsbehörde durch Übermittlung einer Kopie dieses Schreibens in Kenntnis setzen. Alle genannten Beteiligten werden aufgefordert, innerhalb eines Monats ab dem Datum dieser Veröffentlichung Stellung zu nehmen.

Mit vorzüglicher Hochachtung,

Für die Kommission

Joaquín ALMUNIA
Vizepräsident

OLG Düsseldorf

Industrierabatte illegal

Industrierabatte illegal

(29. März 2013, ergänzt 15. April 2013) Das OLG Düsseldorf stufte die volle Befreiung der stromintensiven Industrie bei den Netzentgelten als illegal ein, weil die Rechtsgrundlage dafür fehlt. Laut Gericht sind die in 2011 von der Bundesnetzagentur vorgenommenen Änderungen des § 19 Abs. 2 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) formell verfassungswidrig und damit nichtig.

So erlaube das Energiewirtschaftsgesetz in der derzeit geltenden Fassung nur, durch eine Verordnung die Methode zur Berechnung der Entgelte, das „wie“, festzulegen, nicht aber eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten, das „ob“, durch eine Verordnung zu bestimmen. Außerdem sei die vollständige Netzbefreiung für stromintensive Unternehmen schon nicht formell ordnungsgemäß zustande gekommen, weil die Änderung der Verordnung durch den Bundestag mit einem nicht mit der Regelung in Zusammenhang stehenden Gesetz verabschiedet worden sei. Im Übrigen sei eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten aus Gleichheitsgründen nicht zulässig. Auch europarechtlich sei eine nichtdiskriminierende und kostenbezogene Regelung der Netzentgelte geboten.

Das EnWG bilde keine ausreichende gesetzliche Grundlage. Die Richter appellierten an den Gesetzgeber, die Rückabwicklung der Netzentgeltbefreiung gesetzlich sauber zu regeln, um der Verantwortung für die fehlerhafte Regelung gerecht zu werden. Die Bundesnetzagentur kann gegen den Beschluss des OLG beim BGH klagen.

Seit 2011 können sich Unternehmen grundsätzlich von den Netzentgelten befreien lassen, wenn sie mehr als 7000 Arbeitsstunden und 10 GWh Strom pro Jahr abnehmen. Für die Zahlungsausfälle an die Netzbetreiber stehen die restlichen Endverbraucher per Umlage gerade. Fünf regionale und überregionale Betreiber hatten gegen die Regelung geklagt.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, daher ist die Festlegung der Bundesnetzagentur noch in Kraft.

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letzte Änderung: 14.07.2022