News zur Brennstoff-Armut
Soziale Gerechtigkeit: Klimageld muss jetzt kommen
(22. Juni 2024) „Die milliardenhohen Einnahmen aus dem CO2-Preis muss die Bundesregierung über ein Klimageld an alle Verbraucher:innen zurückerstatten. Die CO2-Abgabe ist eine zusätzliche finanzielle Belastung für die Menschen“, sagte unlängst Ramona Popp vom VZBV.
Und weiter machte die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands deutlich: „Das Klimageld war als sozialer Ausgleich für Mehrbelastungen und als Anreiz für klimaschonendes Verhalten im Koalitionsvertrag vereinbart worden. Ein solcher Ausgleich über das Klimageld darf nicht auf die lange Bank geschoben werden. Die Ankündigung des Bundesfinanzministers, das Klimageld erst nach 2025 auszuzahlen, ist nicht akzeptabel. Wir fordern, dass es noch in diesem Jahr kommt.“
Gegen die Verzögerung des Klimageldes gibt es einen breiten Widerstand vonseiten der Zivilgesellschaft, der offenbar weder den Finanzminister noch die Umweltministerin besonders beindruckt. Das ist deshalb fatal, weil die Auszahlung des Klimageldes gerade der besonders benachteiligten Bevölkerung zugutekäme, also denjenigen, die durch die CO2-Steuer erheblich belastet werden. Dadurch gerät das Projekt der Energiewende in eine soziale Schieflage, zum Umverteilungsprojekt von unten nach oben.
In einem offenen Brief an Finanzminister Christian Lindner (FDP) protestieren zahlreiche Verbände, darunter auch der Bund der Energieverbraucher: „Viele von uns haben sich für die CO2-Bepreisung gerade unter der Bedingung eingesetzt, dass die von den Bürger:innen gezahlten Beträge als Klimageld an die privaten Haushalte rückerstattet und eben nicht lediglich im Staatshaushalt für andere Aufgaben eingesetzt werden.“
Das Klimageld sorgt nicht nur dafür, dass der Klimaschutz in Deutschland sozial gerechter wird, sondern stärkt auch die gesellschaftliche Akzeptanz für diese so entscheidende Aufgabe. Private Haushalte, die nur wenig CO2-haltige Heiz- und Kraftstoffe verbrauchen, profitieren vom Klimageld ebenso wie Haushalte mit geringem Einkommen.
Ausgerechnet diejenigen Menschen, welche die Klimakrise am wenigsten zu verantworten haben, leiden am meisten unter ihren Konsequenzen. Der Kampf gegen die Klimakrise ist daher untrennbar mit dem Kampf für soziale Gerechtigkeit verbunden.
Grundidee der Klimaprämie
Wer viel CO2 verursacht, zahlt eine hohe CO2-Steuer und wird dadurch zu klimaschonendem Verhalten motiviert. Da einkommensschwache Bürger meist das Klima wesentlich weniger belasten als Besserverdienende, erhalten Haushalte mit geringem Einkommen mehr Klimageld, als sie CO2-Steuer bezahlen. Es gibt zahlreiche gute Beispiele aus anderen Ländern wie der Schweiz, Österreich und Kanada, wie sich eine Klimaprämie mit der CO2-Bepreisung verbinden lässt.
- Wikipedia-Artikel: „CO2-Preis mit Klimaprämie“
- Klimageldaktion des Münchner Umweltinstituts
- Brief der Klimaallianz
- EWS-Aktion Klimagerechtigkeit:
Energiearmut: Steigende Energiepreise treffen vor allem untere Einkommen
(22. Januar 2024) „Die Daten zeigen ein beunruhigendes Bild mit Blick auf die Energiekostenbelastung der Haushalte“, schreibt der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen, nachdem er 4.400 Haushalte hat befragen lassen in einem „Haushaltsmonitoring Energiekrise“. In allen befragten Haushalten zusammen hat sich der Anteil der Energiearmen – das sind Haushalte, die mehr als 10 % ihres Einkommens für Energie (Heizung, Warmwasser, Strom) ausgeben – zwischen März 2022 und Juni 2023 von 26 auf 43 % fast verdoppelt! Die Haushalte wurden nach ihren Einkommen in fünf Gruppen eingeteilt. In der Gruppe mit dem geringsten Einkommen gaben im März 2022 66 % der Befragten mehr als 10 % ihres Einkommens für Energie aus. Dieser Anteil hat sich im Juni 2023 auf 87 % deutlich erhöht.
Haushalte mit Gasheizung hatten den höchsten Kostenanstieg von 53 % zwischen März 2022 und Juni 2023 zu verzeichnen – die Entlastung durch die Energiepreisbremse wurde hier nicht berücksichtigt. Die höchsten absoluten Kosten lagen im Juni 2023 mit 1,93 Euro/qm bei Ölheizungen. Gas und Fernwärme mit 1,67 beziehungsweise 1,62 Euro/qm lagen etwa gleichauf. Die Wärmepumpe war mit 0,95 Euro/qm die mit Abstand günstigste Heizungsart. Hohen Einkommensgruppen ist das Sparen leichter gefallen, wenn sie Anstrengungen zum Energiesparen unternommen haben. Untere Einkommensgruppen wohnen häufiger in schlecht isolierten Wohnungen und heizen zugleich mit teuren Energieträgern. Im Vergleich zu einkommensstärkeren Haushalten fallen zudem die Energiesparmöglichkeiten durch Verhaltensänderungen geringer aus.
Die Sachverständigen empfehlen, weitere Untersuchungen zur Energiearmut durchzuführen. Verbraucher sollten besser über die erheblichen Einsparmöglichkeiten durch einen Wechsel des Anbieters informiert werden. Die Informationsmöglichkeiten durch die Kampagne „Wohngeld plus“ sollten die Anspruchsberechtigten besser erreichen. Und das Klimageld sollte monatlich ausgezahlt werden, um die Abschlagszahlungen abzufedern.
Die EU-Kommission hat eine Internet-Plattform zum Thema Energiearmut eingerichtet. Dort werden Informationen über erfolgreiche Aktionen zur Bekämpfung der Energiearmut ausgetauscht.
Öl, Flüssiggas, Pellets: Hilfe startet: Härtefallhilfen jetzt beantragen!
Von Dr. Aribert Peters
(11. Juli 2023) Auch wer mit Öl, Flüssiggas oder Pellets heizt, bekommt einen Teil der gestiegenen Energiekosten vom Staat zurück. Darauf haben sich Bund und Länder im vorigen Jahr geeinigt. Wer 2022 mehr als das Doppelte seines Energiepreises des Vorjahrs bezahlt hat, kann einen Zuschuss aus einem Fonds beantragen. Die Rechnungen müssen zwischen dem 1. Januar und dem 1. Dezember 2022 erstellt worden sein. Die Anträge werden an das jeweilige Bundesland gestellt. Die Hilfszahlung berechnet sich nach einer Formel und kann bis höchstens 2.000 Euro pro Haushalt betragen.
Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags hat nun endlich die Mittel für die Härtefallhilfen für private Haushalte freigegeben. Zwischen Anfang und Mitte Mai schwankte der Start der Antragstellung in den einzelnen Bundesländern. Ende März hatte Jens Spahn (CDU) die Bundesregierung noch ermahnt: „Es gibt zwar mittlerweile eine Vereinbarung mit den Ländern – unterzeichnet ist die zum Teil immer noch nicht –, aber bis zur Umsetzung dauert es auch wieder viele Wochen.“ Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Regelungen auf einer Internetseite erläutert. Dort findet man auch die Links zu den jeweiligen Antragsportalen der Bundesländer.
Energiepreisexplosion: Einmaliger Heizkostenzuschuss
Von Louis-F. Stahl
(19. Mai 2022) Im Februar 2022 hat die Bundesregierung angekündigt, dass die rund 2,1 Millionen EmpfängerInnen von Wohngeld und BAföG angesichts der stark gestiegenen Energiepreise (siehe „Energiepreise auf Achterbahnfahrt“) einen Heizkostenzuschuss in Höhe von 115 beziehungsweise 135 Euro erhalten sollen. Eine Entlastung einkommensschwacher Haushalte wurde von Sozialverbänden bereits seit Monaten gefordert. Im Hinblick auf die weiter steigenden Energiekosten hat der Bundestag im März beschlossen, den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Heizkostenzuschuss zu verdoppeln. Wohngeldbeziehende, die allein leben, sollen 270 Euro und Haushalte mit zwei Personen 350 Euro erhalten. Für jede weitere Person sind zusätzlich 70 Euro vorgesehen. Die EmpfängerInnen von Ausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld sowie BAföG erhalten pauschal 230 Euro ohne Berücksichtigung der Haushaltsumstände.
Der Heizkostenzuschuss soll im Sommer von Amts wegen ausgezahlt werden. Eine Antragstellung ist nicht erforderlich.
Mieter sollten beachten, dass der Preisanstieg von Brennstoffen aufgrund der nur jährlich erfolgenden Heizkostenabrechnung nicht sofort spürbar, sondern in Form erheblicher Nachzahlungsforderungen mit Verzögerung eingefordert werden wird. Vermieter haben bis Ende Dezember 2023 Zeit, die Heizkostenabrechnung für das Jahr 2022 zu erstellen. Der Bund der Energieverbraucher empfiehlt daher Mietern, bereits jetzt Rücklagen für die absehbaren Nachzahlungsforderungen zu bilden und fordert Vermieter auf, bei steigenden Brennstoffkosten ihre Mieter umgehend zu informieren. Die monatlichen Heizkostenvorauszahlungen sollten im Fall steigender Brennstoffkosten umgehend angepasst werden, um hohe Nachzahlungen zu vermeiden.
Energiearmut: Weniger Energiesperren
Von Louis-F. Stahl
(8. November 2021) Im Verlauf des Jahres 2020 wurden weniger Strom- und Gassperren vorgenommen als im Vorjahr. Erfolgten im Jahr 2019 noch 289.000 Stromsperren, waren es im Jahr 2020 nur rund 230.000 Sperren – ein Minus von 20,5 Prozent. Bei den Gassperren sank die Zahl der Versorgungsunterbrechungen von 31.000 im Jahr 2019 auf 24.000 im Jahr 2020 – ein Rückgang um 22,6 Prozent. Die Zahlen der Bundesnetzagentur zeigen jedoch auch eine andere Entwicklung: Im vergangenen Jahr wurden mit 5,2 Millionen Sperrandrohungen rund 500.000 Sperrandrohungen mehr als im Jahr 2019 ausgesprochen. Gut 70 Prozent der von der Bundesnetzagentur befragten Versorger gaben an, in Anbetracht der Coronapandemie im letzten Jahr zwar Sperrandrohungen ausgesprochen, aber zumindest zeitweise auf die tatsächliche Vornahme von Sperren verzichtet zu haben.
Entsprechend § 19 StromGVV/GasGVV können Strom- und Gasversorger bei einem Zahlungsrückstand von mehr als 100 Euro mit einer Frist von vier Wochen und nach zweimaliger Aufforderung eine Versorgungssperre bei Energieverbrauchern vornehmen, sofern diese den Umständen entsprechend verhältnismäßig ist.
Angesichts der besonderen Härte einer Versorgungsunterbrechung in Pandemiezeiten und der Behauptung von mehr als 70 Prozent der Versorger, diese berücksichtigt zu haben, fällt der tatsächliche Rückgang der Versorgungsunterbrechungen überraschend gering aus. Für die betroffenen Energieverbraucher handelt es sich in jedem einzelnen Fall einer Versorgungssperre um eine Ausnahmesituation: Gefriertruhen tauen ab, Lebensmittel in den Kühlschränken verderben, die Heizung funktioniert nicht. Der Bund der Energieverbraucher hatte im März und April 2020 mehrfach darauf hingewiesen, dass Sperrvornahmen in allgemeinen Krisenzeiten unverhältnismäßig und damit unzulässig sind.
Hartz IV: Wechselprämie ist Einkommen
Von Leonora Holling
(22. März 2021) Bezieher von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) sollten unbedingt ein neues Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) zu Bonuszahlungen bei Energieverträgen beachten, um nicht sogar wegen Sozialbetruges Probleme zu bekommen. Das BSG bestätigte mit seiner Entscheidung vom 14. Oktober 2020 (Az. B 4 AS 14/20 R) die Rechtsauffassung des Sozialgerichtes Dortmund, der zufolge an Energieverbraucher von Versorgern ausgezahlte Wechselprämien (Boni) als Einkünfte auf Sozialleistungen anzurechnen und dementsprechend beim Amt zu melden sind. Nur, wenn eine Verrechnung der Prämie mit der Stromrechnung ohne Auszahlung des Geldes erfolge, sei ein Bonus kein Einkommen, so die Richter. Anders entschied das Gericht im selben Verfahren im Hinblick auf Rückzahlungen von Vorauszahlungen aufgrund eines sparsamen Energieverbrauchs. Erhalten Verbraucher mit Ihrer Abrechnung eine Rückzahlung überschüssiger Vorauszahlungen, so sei dies kein Einkommen.
Als Lösung gegen eine Sperrung des Stromanschlusses wegen Zahlungsrückständen werden seit einigen Jahren durch viele regionale Energieversorger sogenannte Prepaid-Zähler angeboten.
Prepaidzähler reloaded
Von Leonora Holling
(20. November 2020) Als Lösung gegen eine Sperrung des Stromanschlusses wegen Zahlungsrückständen werden seit einigen Jahren durch viele regionale Energieversorger sogenannte Prepaid-Zähler angeboten. Damit der Strom fließt, müssen Verbraucher mit einem solchen Zähler zunächst Guthaben aufladen. Je nach Zählermodell und örtlichem Versorger kann eine Aufladung durch Überweisung oder Bareinzahlung im Kundenzentrum des Unternehmens erfolgen. Ist Guthaben vorhanden, schaltet der Prepaid-Zähler den Strom frei. Ist das Guthaben erschöpft, geht der Strom automatisch aus.
Die Energiedepesche berichtete in „Prepaidzähler für Strom: Licht- und Schattenseiten“ bereits ausführlich über die Vor- und Nachteile von Prepaid-Zählern. Die Stadtwerke Düren haben mit ihrem Tochterunternehmen Energierevolte inzwischen ein überregionales Prepaid-Angebot aufgebaut. Ob das Angebot verfügbar ist, hängt davon ab, ob Energierevolte mit dem örtlichen Netzbetreiber bereits einen Vertrag geschlossen hat. Dies ist inzwischen in den meisten Teilen Nordrhein-Westfalens sowie den drei Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg der Fall. Am Sitz vom Bund der Energieverbraucher in Unkel ist das Angebot hingegen beispielsweise derzeit nicht verfügbar. Kunden, die in bisher nicht unterstützten Regionen wohnen, können sich benachrichtigen lassen, sobald das Angebot lokal verfügbar ist.
Das Prepaid-Angebot von Energierevolte kann insbesondere für energiearme Verbraucher von Interesse sein, deren lokaler Grundversorger selbst noch keine Prepaid-Zähler anbietet. Der Versorger wirbt ausdrücklich auch um Kunden, deren Anschluss derzeit gesperrt ist. Bislang hat der Prepaid-Versorger nach eigenen Angaben mehr als 600 Kunden die Möglichkeit des Prepaid-Strombezuges ermöglicht. Zentraler Bestandteil des Angebotes ist eine App, die eine genaue Übersicht über den Stromverbrauch und das Restguthaben sowie eine Aufladung in Kleinstbeträgen ermöglicht. Ziel sei dabei, so der Versorger, dass die angebotenen Prepaid-Tarife preislich unter den örtlichen Grundversorgungstarifen rangieren.
Unzulässige Stromsperren: Grundversorger muss liefern
Von Leonora Holling
(8. August 2020) Energieversorger können Sondervertragskunden unter bestimmten Voraussetzungen kündigen. Beispielsweise wenn Verbraucher ihren Zahlungsverpflichtungen längerfristig nicht nachkommen. Dann muss nach der Abmeldung durch den bisherigen Versorger jedoch der örtliche Ersatzversorger einspringen und die Verbraucher für drei Monate übernehmen. Finden die gekündigten Verbraucher keinen neuen Versorger, muss wiederum der örtliche Grundversorger die betreffenden Kunden aus der Ersatzversorgung übernehmen.
Ein besonders gewitzter Grund- und Ersatzversorger hat versucht, sich seiner Versorgungspflicht durch geschickte „Abmeldungen“ von säumigen Verbrauchern zu entziehen. Zu Unrecht, wie zunächst die Bundesnetzagentur (Az. BK6-16-161) und nun auch das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. 3 [Kart] 801/18) entschieden.
Der seit 2012 praktizierte Trick des Versorgers funktionierte wie folgt: Sondervertragskunden, die ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nachgekommen waren, wurden beim örtlichen Netzbetreiber mit dem Hinweis „Lieferantenwechsel zum Ersatzversorger“ abgemeldet. Da der Versorger in den betroffenen Gebieten auch der verpflichtete Grund- und Ersatzversorger war, musste er diese Kunden nach der Abmeldung des Sondervertrages für drei Monate in die Ersatzversorgung übernehmen. Nach der Ersatzversorgung hätte er die Kunden wiederum in die Grundversorgung übernehmen müssen. Dies unterließ der Versorger jedoch in hunderten Fällen und meldete den Netzbetreibern die säumigen Verbraucher mit dem Vermerk „Lieferende“ aus der Ersatzversorgung ab. Wenn die Netzbetreiber dann den Anschluss nicht sofort sperrten, was nicht zulässig ist, da die Verbraucher einen Anspruch auf die Grundversorgung haben, wurden die Netzbetreiber durch den ohne Versorger aus ihrem Netz entnommenen Strom geschädigt.
Im Rahmen des Verfahrens verteidigte der Versorger seine kreative Praxis mit dem Argument, dass es ihm wirtschaftlich unzumutbar sei, säumige Kunden in der Grundversorgung zu beliefern. Dies sah die Bundesnetzagentur anders, die eine klare Verpflichtung des Grundversorgers bestätigte, alle nicht anderweitig belieferten Stromkunden in die Grundversorgung übernehmen zu müssen. Dies sei gerade die Aufgabe der Grundversorgung. Das OLG Düsseldorf hat die Entscheidung der Bundesnetzagentur bestätigt.
Damit wurde erstmals mit erfreulicher Eindeutigkeit geurteilt, dass die Grundversorgung nicht ohne Weiteres kündbar ist. Der Versorger hat Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt (Az. EnVR 104/19). Wir werden berichten, sobald der BGH entschieden hat.
Stromsperren beleuchtet
(16. September 2016) Licht in das Dunkel der über 300.000 jährlichen Stromsperren bringt eine neue Studie im Auftrag der Landesregierung NRW. Die Studie diskutiert im Detail, welche Prozesse bei einer Sperre ablaufen (siehe Grafik), wie die Rechtslage ist und wie zum Beispiel mit Prepaid-Zählern oder Smart-Metern mit zusätzlicher Fernabschaltvorrichtung Sperren vermieden werden könnten.
Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Leben schließt auch das Recht auf Stromversorgung ein. Unter welchen Umständen eine Sperre dennoch zulässig ist, untersucht die Studie im Detail. Stromsperren müssen verhältnismäßig sein.
Ein besonderer Schutz vor Stromsperren ist für „verletzliche Verbraucher“ vorgeschrieben.
Studie stellt zusammen, welche Aktionen und Programme in den einzelnen Mitgliedsstaaten ergriffen wurden.
Energiearmut auf EU-Ebene
(1. April 2016) Eine Untersuchung des Forschungsinstituts InsightE im Auftrag der EU-Kommission hat sich mit Energiearmut und schutzbedürftigen Verbrauchern befasst. Die Studie (http://bit.ly/1QXH3Fz) wurde im Mai 2015 fertiggestellt und im Internet veröffentlicht. Die Studie stellt zusammen, welche Aktionen und Programme in den einzelnen Mitgliedsstaaten ergriffen wurden.
Folgende Empfehlungen werden aus der Analyse abgeleitet: Es sollte unterschieden werden zwischen Energiearmut – ein besonders hoher Einkommensanteil muss zur Energieversorgung eingesetzt werden – und besonders schutzbedürftigen Verbrauchern, die beispielsweise wegen Krankheit, Alter, im Haushalt lebenden Kleinkindern oder dem Vorliegen einer Behinderung im Falle einer Versorgungssperre besonders schwer betroffen wären. Für beide Problemkreise gibt es unterschiedliche Definitionen, Gruppen von Betroffenen und geeigneten Politikmaßnahmen.
Den einzelnen Mitgliedsstaaten wird empfohlen, für beide Problemkreise Definitionen zu treffen und entsprechende statistische Daten zu erarbeiten. Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz sollten gezielt zur Bekämpfung von Energiearmut eingesetzt werden. Im Anhang der Analyse werden zahlreiche Forschungsprojekte zur Energiearmut in Euro dargestellt.
NRW bekämpft Energiearmut
(31. März 2016) Was Energiearmut bedeutet – und wie man ihr wirksam entgegentreten kann – zeigt das Landesprojekt „NRW bekämpft Energiearmut“. Die Verbraucherzentrale NRW, die örtlichen Grundversorger sowie die Caritas informieren und beraten betroffene Verbraucher und versuchen seit 2012 in ausgewählten Städten die Energieversorgung einkommensschwacher Haushalte zu sichern.
Die Projektarbeit gibt Aufschluss über die Ursachen von Stromschulden und Energiesperren. Das Ungleichgewicht zwischen geringen Einnahmen und hohen Energiekosten führt in vielen Fällen erst in Kombination mit weiteren Faktoren zu einer prekären Situation: unzureichende Finanz- und Planungskompetenz, kritische familiäre Lebensumstände, Krankheit und Arbeitslosigkeit. Zahlungsschwache Haushalte können oft nicht in einen günstigeren Tarif wechseln, weil die Versorger diese Verbraucher zurückweisen. Auch treibt das Heizen mit Strom die Rechnung in die Höhe: Es ist dreimal teurer als das Heizen mit Gas.
Oftmals reagieren Verbraucher in schwierigen Situationen auch falsch oder unangemessen: Sie melden sich nach einem Umzug nicht beim Versorger an, reagieren nicht auf Rechnungen oder Mahnschreiben oder nehmen Hilfsangebote erst sehr spät in Anspruch.
Die Projekterfahrungen zeigen, dass verletzliche Verbraucher gezielt vor den bedrohlichen Auswirkungen einer Stromsperre geschützt werden müssen. Zwar sind die Versorger gesetzlich dazu verpflichtet, die Versorgungsunterbrechung zu unterlassen, wenn die Folgen außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung, also der Zahlungspflichtverletzung, stehen (§ 19 Abs. 2 StromGVV). Dies erfordert aber eine Abwägung im Einzelfall, die seitens der Energieversorger höchst unterschiedlich gehandhabt wird oder zum Teil aufgrund vollautomatischer Prozesse gar nicht erfolgt. Vor einer Versorgungssperre müssen die Versorger folglich mildere Mittel wie eine Ratenzahlung, Stundung oder Zahlung per Vorkasse zwingend prüfen. Allerdings kann der Versorger eine adäquate Abwägung nur vornehmen, wenn er über die jeweiligen Umstände des Verbrauchers informiert worden ist. Bei Sperrandrohungen sollte die Ankündigung an die Verbraucher klar und verständlich formuliert sein. Ein kostenloses und flächendeckendes Beratungsangebot zur Sicherstellung einer rechtlichen Beratung auch für ärmere Zielgruppen ist unerlässlich.
Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V. am 08.12.2014
Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.
Gas- und Stromsperren im Winter verbieten
(8. Dezember 2014) Der Bund der Energieverbraucher e.V. fordert die Politik auf, Gas- und Stromsperren in der Winterzeit auszusetzen. "Es ist für einen Sozialstaat in Europa unakzeptabel, dass im Jahr 2013 45.890 Haushalten das Gas und 344.798 Haushalten der Strom abgestellt wurde. Wenigstens im Winter zwischen 1. November und 15. März sollten diese Sperren vom Gesetzgeber untersagt werden" fordert Dr. Aribert Peters, der Vorsitzende des Bund der Energieverbraucher e.V. "Energiesperren im Winter sind eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben der Betroffenen und daher mit dem Sozialstaatsprinzip unvereinbar".
Im Frankreich wurde am 27. Februar 2014 ein Gesetz in Kraft gesetzt, das Energiesperren im Winter untersagt. In England gibt es bei kalter Witterung Unterstützungszahlungen für finanziell schwache Haushalte. In Deutschland hat die Bundestagsfraktion der Linken beantragt, Stromsperren gesetzlich zu verbieten (Bundestagsdrucksache 18/3408). "Es stände den übrigen Parteien auch gut zu Gesicht, das Thema nicht länger zu ignorieren", meint der Bund der Energieverbraucher e.V.
Immer mehr Sperrungen
(7. Dezember 2014) Nach Daten der Bundesnetzagentur wurde 2013 zeitweise bei 344.798 Privathaushalten der Strom abgestellt, weil sie ihre Rechnungen nicht bezahlt hatten. Das sind 23.000 Sperrungen mehr als 2012 und 33.000 mehr als 2011.
Die Zahl der Haushalte, die Schwierigkeiten haben, ihre Stromrechnung zu bezahlen, ist weitaus höher: 2013 gab es knapp sieben Millionen Mahnverfahren, bei denen eine Sperrung angedroht wurde, das ist eine Million mehr als 2012.
Wachsendes Problem Energiearmut: 4,5 Millionen Betroffene
Erschreckende Zahlen brachte der Monitoringbericht vom 19. Dezember 2013 der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamtes zutage: 321.539 Stromsperren im Jahr 2012. Diese unglaubliche Zahl wurde von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Dahinter verbergen sich rund 800.000 Einzelschicksale. Die Betroffenen schweigen schamhaft.
(15. September 2014) Ein Fernsehfilm der Redakteurin Anne Hinder von Report München hat erstmals eines der vielen Hundertausende Einzelschicksale öffentlich sichtbar gemacht.
Der Monitoringbericht der Bundesnetzagentur zeigt die unakzeptabel hohe Zahl von Stromsperren. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der durchgeführten Stromsperren sogar angestiegen: von 312.059 im Jahr 2011 auf 321.539 Sperren im Jahr 2012. Die den Verbrauchern berechneten Sperrkosten lagen zwischen 0 und 155 Euro, durchschnittlich bei 31 Euro. Im Schnitt wurde die Sperre bei einem Rückstand von 114 Euro angedroht. Die Zahl der Sperrandrohungen lag sogar bei 5,7 Millionen.
Expertenstatement
Auch das Expertenstatement zur Energiewende untersuchte das Problem der Energiearmut: Derzeit sind demnach fast fünf Millionen Haushalte (entspricht zehn bis zwölf Prozent) in Deutschland von Energiearmut bedroht. Schwierig stellt sich die Situation vor allem in Haushalten dar, die keine Grundsicherung beziehen, aber über geringes Einkommen verfügen. Etwa ein Fünftel der Beschäftigten arbeitete 2010 in Deutschland für einen Niedriglohn mit in den vergangenen Jahren stark steigender Zahl. Die Energiepreissteigerungen werden im Niedriglohnsektor über steigende Löhne und Gehälter nicht vollständig ausgeglichen. Auch über die Sozialsysteme findet für Niedriglohnempfänger keine signifikante Kompensation statt. Der Situation ärmerer Haushalte und allgemeiner sozialer Folgen sollte bei der Ausgestaltung der Energiewende zukünftig größere Aufmerksamkeit zukommen.
Messung der Energiearmut: 4,5 Millionen Betroffene
16 Prozent der Haushalte in Deutschland fallen laut dem vierten Armuts- und Reichtumsbericht unter die Armutsrisikoschwelle. Die ärmsten Haushalte wenden einen gut doppelt so hohen Anteil ihres Einkommens für Strom auf wie wohlhabende Haushalte. Aufgrund einer am ZEW-Institut durchgeführten Analyse (Peter Heindl, Disc. Paper Nr. 013-046) diskutieren die Experten die unterschiedlichen Messverfahren für Energiearmut. Favorisiert wird der von Hills in Großbritannien entwickelte HCLI-Ansatz: Ein Haushalt ist danach von Energiearmut gefährdet, wenn seine Ausgaben für Energie überdurchschnittlich hoch sind, während sein Einkommen unter der Armutsgrenze liegt. Nach diesem Maßstab sind in Deutschland 4,5 Millionen Haushalte (rund elf Prozent) von Energiearmut betroffen.
Das üblicherweise verwendete Zehn-Prozent-Maß (mehr als zehn Prozent des verfügbaren Einkommens müssen für die Energieversorgung aufgewendet werden) überschätzt nach Meinung der Experten die Energiearmut: sie liegt nach diesem Maß bei knapp 25 Prozent oder 10,1 Millionen Haushalten. Besonders betroffen von Energiearmut sind Alleinerziehende (Anteil energiearmer Haushalte in dieser Gruppe 20,7 Prozent), gefolgt von Paarhaushalten mit Kindern.
Sozialtarif in Frankreich
In Frankreich zahlen 1,2 Millionen Einwohner einen um 94 Euro verringerten Strompreis und einen um 109 Euro verringerten Gaspreis, getragen vom Staat. Unter einem bestimmten Einkommensniveau erhalten die Betroffenen automatisch diese Vergünstigung. Die Finanzverwaltung übermittelt allen Versorgern in einem Gebiet die Namen der Personen, die aufgrund ihres geringen Einkommens den Sozialtarif erhalten. Die seit 2013 bestehende Regelung zu Sozialtarifen wurde durch eine Verordnung im April 2014 ausgeweitet, so dass künftig vier Millionen Haushalte davon profitieren können. Ein Gesetz von 2013 verbietet Strom- und Gassperren zwischen dem 1. November und dem 15. März.
Weitere Informationen enthält der Bericht der französischen Schlichtungsstelle Energie.
Enercity: Der Härtefonds wirkt
(25. Juni 2014) Der im April 2011 von der Stadt Hannover und enercity gegründete enercity-Härtefonds erweist sich als effektiver Helfer in der Not, so die Stadtwerke Hannover AG, die den Fonds finanziert. In den letzten drei Jahren sind im Netzgebiet über 3.000 Sperrfälle in sozialen Notsituationen vermieden geworden. enercity stellt dem Verein 150.000 Euro pro Jahr zur Verfügung. Diese Mittel wurden in den letzten beiden Jahren nur zur Hälfte ausgeschöpft.
Das Engagement richtet sich an unverschuldet in finanzielle Not geratene private Energie- und Wasserkunden von enercity, die zur Abwendung oder Aufhebung von Versorgungsunterbrechungen von Strom, Gas und Wasser unterstützt werden, wenn sie dafür keine Leistungen vom Jobcenter oder dem Fachbereich Soziales erhalten.
Studie über Energiearmut in Österreich
(18. November 2013) Energiearmut ist seit einigen Jahren ein viel diskutiertes Thema in Österreich. Allerdings fehlte es bislang an einer klaren und einheitlichen Definition von Energiearmut. „Es gab bisher kein einheitliches Verständnis davon, wer tatsächlich als energiearm bezeichnet werden kann“, erläuterte Walter Boltz, Vorstand der Strom- und Gasregulierungsbehörde E-Control, heute, Donnerstag, im Vorfeld einer Fachtagung der E-Control zu Energiearmut. „Zu wissen, wer wirklich von Energiearmut betroffen ist, ist aber unerlässlich, um den richtigen Personen zielgerichtet helfen zu können.“ Die bislang vorliegenden Zahlen zu Energiearmut in Österreich sind aus Sicht der E-Control unzureichend und lassen keine eindeutigen Schlüsse zu. Die E-Control hat daher eine Studie zu Energiearmut in Auftrag gegeben und erstmalig eine Definition von Energiearmut in Österreich ausgearbeitet.
Wer arm ist, muss nicht gleichzeitig auch energiearm sein
Die neue Definition der E-Control macht deutlich, dass es zwischen Energiearmut und Armut einen Unterschied gibt. Energiearm können demnach nur Haushalte sein, die bei geringem Einkommen relativ hohe Energiekosten aufweisen. „Können sich einkommensschwache Haushalte selbst geringe bzw. durchschnittliche Energiekosten nicht leisten, sollte dies nicht unter dem Deckmantel Energiearmut, wohl aber unter allgemeiner Armut, diskutiert werden“, so Walter Boltz. Dort wo es allgemein um Armut gehe, sei das Sozialsystem gefordert. Dort wo es wirklich um Energiearmut geht, brauche es dagegen zielgerichtete Maßnahmen gegen die hohen Energiekosten.
Neue Studie: Rund 90.000 Haushalte von Energiearmut betroffen
Nach einer repräsentativen Studie von IFES im Auftrag der E-Control für die 931 Haushalte befragt wurden, sind hochgerechnet rund 2,5 Prozent der österreichischen Haushalte energiearm, das sind rund 90.000 Haushalte (rund 170.000 Personen). Die Studie zeigt, dass andere Personen als bisher angenommen von Energiearmut betroffen sind. Typische energiearme Haushalte sind alleinstehende Pensionistinnen mit geringem Einkommen in einer übergroßen Wohnung, die in Tirol oder Salzburg leben. Diese Personen geben im Schnitt monatlich 163 Euro für Energie aus, das ist knapp ein Fünftel (ca. 19 Prozent) ihres Einkommens und viermal so viel wie im österreichischen Durchschnitt. „Die Ergebnisse der Umfrage deuten darauf hin, dass die betroffenen Personen über diese Kosten aber nicht viel jammern. Die meisten nehmen diese Belastung stillschweigend hin. Es würde ihnen nicht einfallen, sich darüber zu beschweren“, erklärte Walter Boltz.
Bisher galten junge Alleinstehende in Wien als typisch energiearm.
Die IFES-Studie zeigt, dass nach den Kriterien von EU-SILC ebenfalls rund 2,5 Prozent der Haushalte energiearm sind. „Es handelt sich aber um ganz andere Haushalte“, erläuterte Boltz. Jene, die angeben, es sich nicht leisten zu können, die Wohnung angemessen warm zu halten, sind übermäßig viele alleinstehende, junge und arbeitslose Männer und Personen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft. Im Schnitt wenden diese Personen pro Monat 78 Euro für Energie aus, das sind acht Prozent ihres verfügbaren Einkommens. „78 Euro sind an sich nicht viel für Strom und Wärme. Hier geht es mehr um die subjektive Wahrnehmung des Betroffenen. Dieser fühlt sich durch die Energieausgaben stark belastet – auch wenn diese in der Realität eigentlich gar nicht so hoch sind.“
Neue Definition für Energiearmut
Wurde in Österreich über Energiearmut diskutiert, wurde bislang vor allem auf Daten von EU-SILC (European Union Statistics on Income and Living Conditions) verwiesen. 2011 waren laut EU-SILC 219.000 Personen (rund 100.000 Haushalte bzw. ca. 2,6 Prozent der österreichischen Bevölkerung) finanziell nicht in der Lage, ihre gesamte Wohnung angemessen warm zu halten. Allerdings sind davon weniger als die Hälfte (95.000 Personen) auch armutsgefährdet. Die E-Control plädiert daher für eine präzisere Bestimmung von Energiearmut und schlägt folgende Definition vor:
Energiearme Haushalte sind jene, die über ein verfügbares Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle verfügen und gleichzeitig überdurchschnittlich hohe Energiekosten haben.
Das verfügbare Einkommen gilt als niedrig, wenn es weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens beträgt. Die Energiekosten sind dann überdurchschnittlich hoch, wenn sie merklich über den Durchschnittsausgaben liegen. Die Schwelle dafür wurde von der E-Control, in Anlehnung an die Armutsforschung, bei 140 der Medianausgaben für Energie festgelegt.
Kosten-effektive Maßnahmen setzen
Im Kampf gegen Energiearmut sollte vor allem auf möglichst kosteneffiziente und zielorientierte Maßnahmen gesetzt werden, erläuterte Walter Boltz. Die in allen Bundesländern außer in Wien angewandten Heizkostenzuschüsse (Einmalzahlungen von bis zu ca. 250 Euro) seien alleine nicht ausreichend. „Sinnvoller ist eine Kombination von Maßnahmen, die auch an Grundproblemen wie mangelndem Wissen über Energiesparen oder energiefressenden Geräten etwas ändert.“ So ist in Wien heuer der Heizkostenzuschuss durch die „Wiener Energieunterstützung“ abgelöst worden, die eine Kombination aus Energieberatung, Gerätetauschaktionen und Einmalgeldleistungen in besonderen Härtefällen vorsieht. Die von der E-Control in Auftrag gegebene IFES-Studie zeigt, dass gerade die wirklich von Energiearmut betroffenen Haushalte ein geringes Bewusstsein für Energiesparen haben. „Hier kann mit zusätzlicher Information, Energieberatung und Gerätetauschaktionen viel bewirkt werden“, meint Boltz, der für nachhaltige Maßnahmen zur Bekämpfung von Energiearmut plädiert. „Heizkostenschüsse sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Mit Einmalzahlungen werden die Symptome vorübergehend gemildert, ohne aber die wahren Ursachen für die hohen Energiekosten zu bekämpfen.“ Auch sei die Treffsicherheit gering. „Die meisten Heizkostenzuschüsse sind wohl besser als Armutszuschüsse zu bezeichnen, da sie häufig an arme, aber nicht zwangsläufig auch energiearme Haushalte gehen.“ Die dafür aufgewandte Summe ist beträchtlich: Alle Bundesländer zusammen geben für Heizkostenzuschüsse rund 25 Millionen Euro pro Jahr aus.
Wohnraumsanierungen
Zur Bekämpfung von Energiearmut sind auch Gebäudesanierungen wichtig. Neue Regelungen im Bereich Energieeffizienz könnten Gebäude- und vor allem Wohnraumsanierungen bevorzugen. Durch eine sozial verträglich gestaltete Vorgehensweise könnten speziell einkommensschwächere Haushalte profitieren, da diesen das notwendige Geld für eine Sanierung fehlt bzw. wenn sie Mieter einer Wohnung sind die Eigentümer sonst wenig Anreiz haben, Energieeffizienzmaßnahmen zu setzen. Auch im sozialen Wohnbau sollte es eine Pflicht für einen Energieausweis geben (bisher sind solche Wohnungen, die nicht auf dem Markt angeboten werden, von dieser Pflicht ausgenommen). Jenen Personen, die in schlecht isolierten Sozialwohnungen leben, kann dann zielgerichtet geholfen werden.
Weitere von der E-Control vorgeschlagene Maßnahmen gegen Energiearmut im Überblick:
- Eigene Serviceeinheiten bei den Energieunternehmen für Personen mit Zahlungsschwierigkeiten
- Bessere Rückmeldesysteme für Endkunden
- Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung von Energieeffizienzberatungen und Einmalinvestitionen finanziert durch Energieversorgungsunternehmen
Über die Studie Energiearmut
Die Studie zu Energiearmut in Österreich wurde im Auftrag der E-Control durch das Institut für Empirische Sozialforschung (IFES) im Juni 2013 durchgeführt. Für die Studie wurden aus einer repräsentativen Stichprobe von 2.000 Haushalten 931 einkommensschwache Haushalte ausgewählt und in persönlichen Interviews befragt. Die Ergebnisse der Studie sind repräsentativ für ganz Österreich.
Über die Erarbeitung der Definition von Energiearmut
Die E-Control erstellte ein wissenschaftliches Papier mit Definitionen und Indikatoren zur Energiearmut in Österreich. Das Dokument wurde von einem Beirat aus drei Wissenschaftlern und einem Statistiker aus Österreich und Deutschland begutachtet. In der Folge wurde das Papier öffentlich konsultiert. Die Anregungen aus der Begutachtung und den insgesamt elf Stellungnahmen sind in die endgültige Version des Papiers eingeflossen.
Wo bleibt die Studie für Deutschland?
Der Bund der Energieverbraucher e.V. vermisst eine Studie über Energiearmut für Deutschland. Die Bundesnetzagentur und auch die Ministerien in Berlin verfügen zu dem Thema Energiearmut in Deutschland kaum über Informationen, vergeben aber auch keine Studien zu dem Thema.
Download einer Präsentation der Studie (Studie selbst ist derzeit nicht im Internet verfügbar)