Endlager-Suche für den Atommüll
Gorleben aus dem Rennen
Von Louis-F. Stahl
(2. November 2020) Am 28. September 2020 ließ die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) mit der Veröffentlichung ihres ersten Zwischenberichtes zur Endlagersuche eine Bombe platzen: Flächenmäßig komme die halbe Republik für ein Endlager grundsätzlich in Frage. Ausgerechnet der seit den 1970er Jahren von Politik und Atomindustrie favorisierte Standort Gorleben in Niedersachsen sei jedoch ungeeignet. Der Zwischenbericht der BGE stellt dabei pikanterweise fest, dass Gorleben wegen „geologischer Mängel“ offensichtlich nicht geeignet ist. Der Salzstock weise ein nicht intaktes Deckgebirge auf und die Gewässerchemie sei ebenfalls ungeeignet, so der Bericht weiter.
Es stellt sich die Frage, warum am offensichtlich ungeeigneten Standort Gorleben über Jahrzehnte festgehalten wurde. Über 1,3 Milliarden Euro wurden seit 1979 in die Erkundung und den Ausbau von Gorleben versenkt. Dieses Geld kann nun abgeschrieben werden.
Insgesamt sollen basierend auf den Ergebnissen des Zwischenberichtes in einer weiteren Phase der Endlagersuche 90 Gebiete näher untersucht werden. Bis zum Jahr 2031 soll die BGE den aus wissenschaftlicher Perspektive bestgeeigneten Standort für ein Atommüllendlager ermitteln. Ob dieser „ideale“ Standort zu gegebener Zeit auch politisch realisierbar sein wird, bleibt abzuwarten. Die bayerische Landesregierung zweifelte den Sinn eines ergebnisoffenen Suchprozesses basierend auf rein wissenschaftlichen Methoden bereits grundsätzlich an und stellte politisch fest, dass der Untergrund in Bayern nicht geeignet sei.
Experte: Gorleben ungeeignet
(22. September 2010) Der Geologe Klaus Duphorn, einer der ersten offiziellen Gutachter, der den Salzstock Gorleben im Auftrag des Bundes untersuchte, warnt vor einen weiteren Ausbau des Erkundungsbergwerks.
Unter dem Salzstock gebe es zwei geologische Schichten, in denen sich Erdgas bilde, das sei durch Bohrakten aus der ehemaligen DDR belegbar. Bei der Entstehung des Salzstocks seien Einschlüsse von Gas und Lauge über den Hauptanhydrid auch ins Steinsalz eingedrungen, so Duphorn.
Dieses sei hochexplosiv. Für ein sicheres Endlager müsse man nachweisen, dass es oberhalb von 1500 m Tiefe im Salz kein Gas gebe, dieser Nachweis sei kaum zu führen.
Weitere geologische Mängel seien ein besonders dickes Kaliflöz und das Fehlen einer geschlossenen Schicht aus Tongestein über dem Salz. Bei der Einlagerung von heißen Atommüll könne sich der Salzstock binnen einiger Jahrhunderte um bis zu 4 m anheben.
Dadurch würden Risse und Klüfte und damit Wege fürs Grundwasser entstehen. Es sei völlig unverständlich, dass trotz aller Mängel wieder nur Gorleben und keine alternativen Standorte auf ihre Eignung als Endlager untersucht würden, so Duphorn.