Intelligente Zähler
Gesetzentwurf zum Messstellenbetriebsgesetz: Einführung von Smart Metern wird beschleunigt
(12. April 2023) 2016 beschloss der Bundestag das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende. In diesem Zusammenhang wurden das Messstellenbetriebsgesetz und 14 andere Gesetze geändert. Die Vorgaben waren jedoch zu streng und die Digitalisierung kam nicht in Gang. Es fehlte an elektronischen Zählern (modernen Messeinrichtungen) und den Übertragungsgeräten (Gateways) zum Messstellenbetreiber. Diese seien noch nicht marktreif, wollten zahlreiche klagende Versorger gerichtlich feststellen lassen. Noch vor einem Urteil einigte man sich darauf, dass es keine Pflicht zur Einführung elektronischer Zähler gebe.
Bisher musste das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die Sicherheit und Marktverfügbarkeit bestätigen. Diese Regelung wird durch einen am 10. Februar in den Bundestag eingebrachten neuen Gesetzentwurf gestrichen. Stattdessen wird ein „agiler Rollout“ eingeführt, mit dem die Messstellenbetreiber auch dann beginnen dürfen, wenn die Kommunikationsschnittstellen (Gateways) zur Fernablesung der Smart Meter noch keine zusätzlichen Anwendungen zur Protokollierung, Fernsteuerbarkeit und Übermittlung von Stammdaten ermöglichen.
Es gibt ferner eine dreistufige Verpflichtung zum Einbau von Smart Metern inklusive der kompletten Gateways, die ab 2025 beginnt und bis Ende 2025 bereits 20 % der Letztverbraucher erfasst haben muss. Bis Ende 2028 müssen die Kunden zur Hälfte und bis Ende 2030 zu 95 % mit den Geräten ausgestattet sein. Die den Anschlussnutzern berechneten Kosten des Messstellenbetriebs dürfen höchstens 20 Euro brutto jährlich betragen.
Gesetzentwurf: bdev.de/smartmetergesetz
Plenardebatte: bdev.de/smdebatte
Moderne Messeinrichtungen: Extrakosten für Stromzähler
Von Louis-F. Stahl
(3. September 2021) Findige Energieversorger nutzen die Einführung „moderner Messeinrichtungen“ um die bisher im Grundpreis inkludierten Kosten für die Messung von Strom auf die Energieverbraucher zu wälzen. Bisher konnten sich Energieverbraucher nämlich darauf verlassen, dass sämtliche Grundkosten wie Netzzugang, Rechnungsstellung und Messstellenbetrieb mit dem monatlichen Grundpreis abgegolten sind. Im Volksmund wird der monatliche Grundpreis daher teilweise auch als „Grundgebühr“ oder „Zählergebühr“ bezeichnet.
Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des Messstellenbetriebsgesetzes im Jahr 2016 zum Schutz von Verbrauchern vorgeschrieben, dass für elektronische Stromzähler, die im Gesetz „moderne Messeinrichtung“ genannt werden, eine Preisobergrenze von 20 Euro pro Jahr besteht. Für Smart-Meter, sogenannte „intelligente Messsysteme“, wurden differenzierte Preisobergrenzen von 100 bis 200 Euro pro Jahr vorgegeben. Da die hohen Extrakosten für Smart-Meter für die Versorger überraschend hoch ausfallen können und zudem Verbraucher auf eigenen Wunsch besondere Messtechniken bei einem Messstellenbetreiber ihrer Wahl bestellen können, hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass die Messkosten Verbrauchern auch direkt in Rechnung gestellt werden können.
Diese neue Regelung machen sich nun einige Versorger zunutze und lehnen die Übernahme der von den Netzbetreibern verlangten Messkosten in Höhe von jährlich bis zu 20 Euro systematisch ab. Die Netzbetreiber stellen in diesem Fall die Messkosten direkt den Verbrauchern in Rechnung. Einige Versorger weisen bei Vertragsschluss auf den Umstand hin, dass sie die Messkosten einer einfachen „modernen Messeinrichtung“ nicht übernehmen. Dies ist beispielsweise bei den Anbietern „Vattenfall“ sowie „E wie einfach“ der Fall und wird auch von Preisvergleichsrechnern mit Hinweisen wie „Kosten für moderne Messeinrichtung“ transparent dargestellt. Andere Versorger weisen auf die möglichen Zusatzkosten nicht hin, erwähnen diese auch nicht in ihren Geschäftsbedingungen und verweigern überraschend gegenüber Netzbetreibern die Zahlung für die Messung.
Energieverbraucher sollten bei Neuverträgen darauf achten, ob die vereinbarten Preise die „Messung“ beziehungsweise den „Messstellenbetrieb“ enthalten, es sich daher um sogenannte „All-Inclusive-Verträge“ handelt. Die Stadtwerke Rüsselsheim unterhalten auf ihrer Webseite eine sehr interessante Liste an Versorgern, die eine Übernahme von Messkosten abgelehnt haben sollen.
Bei Bestandsverträgen sollten Verbraucher im Fall einer überraschenden zusätzlichen Rechnung des Netzbetreibers für den Zähler prüfen, ob im geschlossenen Vertrag mit dem Versorger die „Messung“ nicht über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eingeschlossen wurde oder bei der Auflistung des Grundpreises im Angebot erwähnt wurde und damit vom Versorger zu tragen ist. Im Zweifel hilft Mitgliedern im Bund der Energieverbraucher die Anwaltshotline des Vereins bei der Frage, ob überraschende Rechnungen für Stromzähler im Einzelfall zulässig sind.
Eine niederländische Studie hat gezeigt, dass einige elektronische Stromzähler bis zu 586 Prozent zu viel messen. Bis zu sechs Millionen Stromzähler in Deutschland könnten betroffen sein. Wir haben die Studie näher betrachtet und Hersteller wie Behörden um Stellungnahme gebeten.
Elektronische Zähler in Bedrängnis
Eine niederländische Studie hat gezeigt, dass einige elektronische Stromzähler bis zu 586 Prozent zu viel messen. Bis zu sechs Millionen Stromzähler in Deutschland könnten betroffen sein. Wir haben die Studie näher betrachtet und Hersteller wie Behörden um Stellungnahme gebeten.
Von Louis-F. Stahl
(24. Januar 2018) Eigentlich sollten moderne digitale Stromzähler genauer messen, als die bisher gebräuchlichen mechanischen Ferraris-Zähler mit Drehscheibe und Rollenzählwerk. Dass dies nicht unbedingt so sein muss, zeigten bereits in den Jahren 2007 bis 2010 massenhaft fehlerhafte Messungen der Erträge von Photovoltaikanlagen. Die damaligen Messfehler traten aufgrund nicht sinusförmiger Ströme mit hochfrequenten Impulsen einiger Wechselrichter auf, die man bei den Prüfnormen für elektronische Zähler schlicht nicht bedacht hatte. Die Normen wurden 2011 schließlich korrigiert.
Die jetzigen Funde der Universität Twente und der Hochschule für angewandte Wissenschaften Amsterdam traten jedoch nicht bei PV-Anlagen, sondern bei der Messung von Stromverbräuchen auf. In den Tests der Forscher zeigte sich, dass Stromzähler mit Hallsensoren bis zu 46 Prozent zu wenig Strom messen können und Zähler mit Rogowskispulen bis zu 586 Prozent zu viel Verbrauch anzeigen können (siehe Wer falsch misst, misst Mist).
Unrealistische Bedingungen?
Von den Zählerherstellern Iskraemeco und Landis + Gyr wurde gegenüber der Energiedepesche jetzt kritisiert, dass die Messfehler von Zählern mit Rogowskispulen und Hallsensoren nur unter Laborbedingungen auftreten würden und die Messungen in Twente unrealistisch gewesen seien.
Messaufbau der Universität Twente: Alle elektronischen Zähler sowie auch die beiden analogen Kontrollzähler wurden in Reihe geschaltet. Dementsprechend müssten alle Zähler, wenn sie richtig messen, den gleichen Verbrauch ermitteln – was jedoch nicht der Fall war.
Tatsächlich wurden von den niederländischen Forschern über 30 Messreihen mit verschiedensten Szenarien durchgeführt. Einige der Messreihen sind, wie die Kritiker zutreffend anmerken, eher wenig praxisnah. Dazu gehören beispielsweise Messungen von 50 gedimmten LED und Leuchtstofflampen, die ausdrücklich nicht dimmbar sind. Diese werden bei einer Dimmung nicht dunkler oder beginnen derart zu flackern, dass kein Verbraucher diese Lampen so betreiben würde. Durch das Flackern könnten die Lampen zudem Netzstörungen erzeugen, die sich auf das desaströse Messergebnis ausgewirkt haben könnten. Für diese Testreihen ist die vorgebrachte Kritik der Zählerhersteller durchaus nachvollziehbar.
Es finden sich aber auch sehr praxisnahe Messreihen in den Veröffentlichungen aus Twente: So beispielsweise die Dimmung eines ohmschen Verbrauchers auf 25 Prozent Leistung (siehe Kasten „Twente-Phänomen für Techniker“). Diese Konstellation wäre beispielsweise mit Halogenlampen keineswegs unrealistisch, sondern der wohl typische Anwendungsfall für Dimmer in deutschen Haushalten.
„Twente-Phänomen“ für Techniker
In der Grafik sind links von der roten Linie die normalen Spannungs- und Stromverlaufskurven eines ungedimmten ohmschen Verbrauchers geplottet. Rechts von der roten Linie ist der Einsatz eines Phasenanschnittdimmers zu sehen, der so eingestellt ist, dass für den Zeitraum von einem Nulldurchgang zum nächsten die ersten 75 Prozent der Zeit der Stromfluss verhindert wird. Nur in den letzten 25 Prozent der Zeit kann der Strom fließen. Das Ergebnis ist eine 75-prozentige Dimmung des angeschlossenen Verbrauchers. Ein Zähler mit Rogowskispulen hat bei diesem konkreten und praxisnahen Versuch 121 Prozent zu viel gemessen.
- Alle Testreihen im Detail: bdev.de/zaehleranalyse
- Zusammenfassung der Ergebnisse: bdev.de/twente
Verlorenes Vertrauen
Nach Einschätzung vom Bund der Energieverbraucher verdient das „Twente-Phänomen“ eine eingehende behördliche Untersuchung mit Offenlegung der Ergebnisse. Es ist für die betroffenen Hersteller leicht zu sagen, dass das „Phänomen“ nur unter Laborbedingungen auftrete und die im Markt befindlichen Zähler aktuelle Normen einhalten. Es ist nach Ansicht vom Bund der Energieverbraucher jedoch unerheblich, ob aktuelle Normen eingehalten werden, wenn Zähler nachweisbar falsch messen und sich die Normen damit als lückenhaft erweisen.
Da das „Phänomen“ nicht nur in praxisfernen Laboranordnungen, sondern auch mit ohmschen Verbrauchern aufgetreten ist, muss überprüft werden, ob die Funde aus Twente reproduzierbar sind – oder nicht. Erst wenn eine solche Überprüfung transparent und nachvollziehbar durchgeführt wurde und dabei keine unzulässigen Abweichungen festgestellt werden, kann das inzwischen verlorene Vertrauen in elektronische Zähler sowie deren Eichung wiederhergestellt werden. Andernfalls sind die Normen für die Eichung elektronischer Zähler zu überarbeiten und alle betroffenen Zähler mit Rogowskispulen und Hallsensoren umgehend aus dem Verkehr zu ziehen.
Blick in einen Stromzähler: Im Vordergrund deutlich zu sehen ist je Phase ein doppelter Aufbau von Rogowskispulen nebst Mess-IC vom Typ STPM01, der die Messdaten (W, VAR, VA, Irms, Vrms, V und I) für seine jeweilige Phase ermittelt und bereits digitalisiert an den zentralen Speicher mit Display im oberen Teil des Zählers weiterleitet.
Eine unter Leitung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt stehende VDE-FNN-Arbeitsgruppe zur „Zuverlässigkeit und Messbeständigkeit von Messsystemen“ soll sich dem „Twente-Phänomen“ annehmen. Der Bund der Energieverbraucher wird sich an dieser Arbeitsgruppe beteiligen.
Lösung für Verbraucher
Verbraucher mit potenziell betroffenen Stromzählern sollten bei Zweifeln an der Zuverlässigkeit ihres Stromzählers bei ihrem Messstellenbetreiber – in der Regel der örtliche Stromnetzbetreiber – hartnäckig einen Austausch des Zählers verlangen. Sollte der Stromnetzbetreiber dem nicht nachkommen, bleibt Verbrauchern nur, den Messstellenbetreiber zu wechseln. So bietet beispielsweise der freie Messstellenbetreiber Discovergy Smart Meter mit Shunt-Messung an, einem fehlerfreien Messverfahren. Zwar gewährt Discovergy den Mitgliedern im Bund der Energieverbraucher 20 Prozent Rabatt auf den Jahrespreis. Dieser ist jedoch auch rabattiert meist deutlich höher als die Messentgelte des lokalen Netzbetreibers für elektronische Zähler ohne smarte Zusatzfunktionen.
Der Stromzähler am Vereinssitz vom Bund der Energieverbraucher e.V. war bis vor wenigen Wochen ein MT174-Zähler mit Rogowskispulen. Der Verein hat daher den Messstellenbetreiber gewechselt und von Discovergy einen smarten Zähler mit Shunt-Messung einbauen lassen.
Ist mein Zähler betroffen?
In den Untersuchungen der Universität Twente hat sich ein klares Muster abgezeichnet: Elektronische Zähler mit Rogowskispulen maßen bei den Tests der Forscher grundsätzlich zu viel. Zähler mit Hallsensoren zu wenig und nur Zähler mit Shunt-Messung haben – wie auch alte analoge Ferraris-Zähler – keine Auffälligkeiten gezeigt.
Leider kann man einem elektronischen Zähler von außen nicht ansehen, mit welchem Verfahren er misst. Wir haben für Sie recherchiert, was in elektronischen Zählern steckt. Wenn Sie Informationen zu weiteren Zählermodellen haben, schreiben Sie uns: info@energieverbraucher.de
Rogowskispule | Hallsensor | Shunt-Messung | |
EasyMeter (Discovergy) | Alle bekannten Modelle | ||
EMH Metering | Alle bekannten Modelle | ||
Iskraemeco | MT171 MT174 MT175 MT371 MT382 MT681 |
MD300 MT300 |
ME371 ME372 ME382 |
Itron (Actaris) | ACE3000 | EM214 | |
Kamstrup | Alle bekannten Modelle | ||
Landis+Gyr | Alle konventionellen elektronischen Haushaltszähler |
Alle „modernen Messeinrichtungen“ nach MsbG |
Eine neue Studie hat zu Tage gefördert, dass bis zu 6 Millionen Stromzähler in Deutschland möglicherweise viel zu viel messen.
Wer falsch misst, misst Mist
Energieverbraucher wie Energieversorger verlassen sich gleichermaßen darauf, dass Stromzähler richtig messen. Eine neue Studie hat jedoch zu Tage gefördert, dass bis zu 6 Millionen Stromzähler in Deutschland möglicherweise viel zu viel messen – trotz Zulassung und Eichung.
Von Louis-F. Stahl
(25. Oktober 2017) Forscher der Universität Twente und der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Amsterdam haben elektronischen Stromzählern auf den Zahn gefühlt: In zwei Testreihen wurden elektronische Stromzählermodelle der Baujahre 2004 bis 2014 mit Zulassung für Abrechnungszwecke untersucht. Die Ergebnisse sind schockierend! Während einige Stromzähler unter bestimmten Bedingungen bis zu 46 Prozent zu wenig Strom gemessen hatten, haben andere Modelle bis zu 586 Prozent zu viel Verbrauch angezeigt.
Mangelhafte Berichterstattung
Die skandalösen Funde wurden in der deutschen Tagespresse schnell aufgenommen. Aber berichtet wurde ausschließlich über falsch messende „Smart Meter“. Betroffen sind prinzipiell jedoch alle „elektronischen Stromzähler“. Daher Stromzähler, die nicht mittels Ferraris-Prinzip elektromagnetisch über eine Drehscheibe messen. Nach Erhebungen der Bundesnetzagentur sind in Deutschland derzeit 6.161.352 solcher Stromzähler im Einsatz (Monitoringbericht 2016). Ob diese elektronischen Zähler „smart“ sind, spielt für die Messfehlerproblematik keine Rolle.
Ursachenforschung
In mehreren unterschiedlichen Versuchen konnte nicht nur die Ursache der Messfehler gefunden, sondern auch deren Reproduzierbarkeit bewiesen werden. Bei gewöhnlichen ohmschen Verbrauchern wie Herdplatten, Heizlüftern oder Glühlampen haben alle Zähler richtig gemessen. Dies ist kein Wunder, denn dieses Verbrauchsmuster wird für die Eichprüfung verwendet. Bei elektronischen Verbrauchern mit nichtlinearen Lasten wie sie bei geregelten Netzteilen, Computern, PV-Wechselrichtern oder Leuchtstofflampen sowie LED auftreten, zeigten sich erste Messfehler außerhalb der zulässigen Toleranz. Zu den besonders heftigen Abweichungen kam es beim Einsatz von Dimmern, wie sie für Beleuchtungszwecke häufig verwendet werden.
Fehler mit System
Um die Ursache zu finden, wurden die Stromzähler zerlegt. Es zeigte sich, dass die einzigen richtig messenden Zähler im Testfeld eine Shunt-Messung verwendeten. Die Zähler mit Hall-Sensoren ermittelten zu niedrige Werte und Zähler mit Rogowski-Spulen maßen durchweg einen viel zu hohen Stromverbrauch.
Betroffene Modelle
Hat ihr Stromzähler ein Display, so ist er potenziell von dem Problem betroffen. Leider machen die meisten Zählerhersteller auf Typenschildern und Datenblättern keine Angabe zu dem verwendeten Messverfahren, so dass man als Verbraucher im Dunkeln tappt. Die Zählerhersteller EMH metering, Kamstrup und EasyMeter (Produzent der Smart Meter von Discovergy) haben inzwischen mitgeteilt, dass bei deren Geräten ausschließlich das korrekt messende Shunt-Verfahren zum Einsatz kommt. Der zum japanischen Toshiba-Konzern gehörende Hersteller Landis+Gyr hingegen kritisierte die Ergebnisse der Forscher zunächst pauschal als „praxisfremd“, nur um kurz darauf einzuräumen, potenziell betroffene Hall-Sensoren zu verwenden. Dem niederländischen Rundfunksender Avrotros zu Folge, sollen zudem Zähler der Hersteller Echelon, Iskra und Enermet die kritisierten Messverfahren verwenden.
Problemlösung fehlgeschlagen
Die betroffenen Zählerhersteller und Messstellenbetreiber können sich aktuell zurücklehnen: Die Zähler halten die zum Zulassungszeitpunkt der Zähler geltenden Normen ein. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) als zuständige Aufsichtsbehörde sowie auch der Verband der Elektrotechnik (VDE) haben das Problem inzwischen anerkannt. Laut einer Pressemitteilung der PTB soll der Messfehler aufgrund einer Normänderung für Zähler mit Baujahren ab 2011 generell nicht mehr bestehen. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den Funden bei Zählern mit den Baujahren 2013 und 2014 (+566 sowie +475 Prozent).
Es braucht einen Aufschrei
Verbrauchern mit betroffenen Stromzählern bleibt nur, bei ihrem Messstellenbetreiber – in der Regel der örtliche Stromnetzbetreiber – hartnäckig einen Austausch von falsch messenden Zählern zu verlangen und im Zweifel den Messstellenbetreiber zu wechseln. Auch sollten Verbraucher mit einem potenziell betroffenen Stromzähler den Abrechnungen ihres Energieversorgers unter Verweis auf die Problematik widersprechen, wenn die Rechnungen unplausibel hoch erscheinen. Der Bund der Energieverbraucher hat die zuständigen Bundesministerien für Verbraucherschutz und Wirtschaft sowie die Bundesnetzagentur angeschrieben und darauf gedrungen, dass betroffene Verbraucher vor den Folgen falscher Messungen geschützt werden.
- Forschungsveröffentlichung im Volltext: bdev.de/twente
- Stellungnahme der PTB dazu: Download Stellungnahme der PTB vom 13.03.2017 zur Twente-Studie
Smart Meter: Ignorieren ist keine Lösung
Am 2. September 2016 ist ein neues Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) in Kraft getreten. Aber anders als in diesem Gesetz vorgesehen, müssen im laufenden Jahr 2017 noch keine smarten Strom- und Gaszähler verbaut werden. Doch der „Rollout“ wird kommen!
Von Aribert Peters und Louis-F. Stahl
(29. September 2017) Das MsbG steckt den Rahmen ab für eine Revolution beim Messen von Strom und Gas, die in den kommenden Jahren auf alle Verbraucher zukommen wird. Die Materie dahinter ist trocken, die Regelungen im Gesetz sind kompliziert formuliert und nur schwer zu verstehen. Um Ihnen den Einstieg zu erleichtern, lassen wir Sie teilhaben am Schicksal von fünf fiktiven Fami-lien und dem, was sich für diese Familien in den kommenden Jahren ändern wird.
- Familie Smart wohnt in einem eigenen Haus und verbraucht rund 6.000 kWh Strom im Jahr. Das zeigt bisher ein Zähler mit einem Drehrad an, ein sogenannter Ferraris-Zähler. Der Zähler wurde vor 19 Jahren installiert und die Eichplakette ist längst abgelaufen. Herr und Frau Smart streiten sich, ob ein neuer Zähler jetzt schon sinnvoll ist, was ein „Smart Meter“ eigentlich genau ist und was ein solcher Zähler kann. Während Herr Smart der Meinung ist, dass ein Smart Meter mit dem Internet verbunden werden muss, meint Frau Smart, dass ein solcher Zähler nur Verbräuche detailliert auf einem Display anzeigen kann.
- Familie Glück hat bereits ein „Smart Meter“ mit Anbindung an das Internet und Auswertungsfunktionen, der vor drei Jahren auf besonderen Wunsch von Familie Glück installiert wurde.
- Familie Warm besitzt eine Nachtstromheizung mit separatem Zähler.
- Familie Sonnenschein hat nicht nur einen jährlichen Stromverbrauch von 6.500 kWh, sondern auch eine alte 8 kWp PV-Anlage mit Volleinspeisung auf dem Hausdach und dafür einen eigenen Stromzähler.
- Die besonders sparsame Familie Jung wohnt zur Miete in einem Mehrfamilienhaus und verbraucht nur 1.500 kWh pro Jahr.
Zuständiger Messstellenbetreiber
Stromzähler erfassen Strommengen, die in eine Richtung fließen. Bei Prosumern mit einer PV-Anlage oder einem BHKW auch die „Einspeisung“ von Strom in das öffentliche Netz. In 87,2 Prozent aller Haushalte hängen noch alte Ferraris-Zähler mit Drehscheibe. Diese Zähler zeigen nur eine Zahl an: Den seit der Installation insgesamt verbrauchten oder eingespeisten Strom. Für Strom- und Gaszähler ist der Messstellenbetreiber zuständig. In den allermeisten Fällen ist dies der örtliche Netzbetreiber, der nicht mit dem Energieversorger zu verwechseln ist. Wer Ihr Netz- und Messstellenbetreiber ist, steht auf der Stromrechnung Ihres Energieversorgers. Sie können es selbst herausfinden über den Code des Netzbetreibers auf Ihrer Rechnung. Der Code des Netzbetreibers ist sechsstellig: Das sind die ersten sechs Ziffern im Netzcode und die auf „DE“ folgenden sechs Ziffern in der Zählpunktbezeichnung – nicht mit der Zählernummer zu verwechseln. Unter den Internetadressen bdev.de/stromcode oder bdev.de/gascode können Sie diesen Code eingeben und bekommen den Namen des Netzbetreibers angezeigt.
„Moderne Messeinrichtung“
Alle analogen Ferraris-Zähler, aber auch ältere elektronische Zähler, sollen durch eine „moderne Messeinrichtung“ ersetzt werden, sprich: einen digitalen Zähler mit Display und genormter elektronischer Datenschnittstelle. Das Wort „moderne Messeinrichtung“ sollte man sich daher merken. Ein solcher Zähler erfasst nicht nur den Stromverbrauch in Kilowattstunden für jeden einzelnen Tag, jede Woche und jeden Monat für die zurückliegenden zwei Jahre, sondern kann auch den aktuellen Stromverbrauch in Watt anzeigen. Ein solcher Zähler ist also bereits in gewisser Weise „smart“.
Smart Anzeigen
Damit die Messdaten des Verbrauchers vom Energieversorger und vom Netzbetreiber für die Abrechnungen genutzt werden können, müssen sie elektronisch und verschlüsselt übertragen werden. Dafür braucht man eine zusätzliche Kommunikationseinheit, genannt „Smart Meter Gateway“ (SMGW). Moderne Messeinrichtung und Smart Meter Gateway bilden zusammen ein „intelligentes Messsystem“ (iMSys).
Damit Familie Smart künftig laufend ihre aktuellen Verbräuche sehen kann, braucht man aber noch mehr als ein intelligentes Messsystem: nämlich eine Anzeigemöglichkeit der Messwerte. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Man geht zum Zähler und leuchtet ihn mit der Taschenlampe an. Der Zähler zeigt dann die Messdaten an, wenn er vorher dafür freigeschaltet wurde.
- Mit einem Auslesekopf am Zähler wird ein Signal empfangen und auf ein Display im Wohnraum übertragen.
- Ein Computer wird über ein Kabel oder per Funk mit dem Smart Meter verbunden, empfängt von dort die Messwerte und wertet sie aus.
- Der Messstellenbetreiber empfängt über das Gateway die Messwerte und stellt sie dem Verbraucher über ein Internetportal zur Verfügung (siehe Beispiel).
Aber der Streit zwischen Herrn und Frau Smart geht weiter: Wie viel darf das intelligente Messsystem kosten? Was lässt sich sparen? Und kann die Familie durch Dritte zum Einbau eines intelligenten Messsystems gezwungen werden? In einem Punkt hat das Ehepaar aber schon Klarheit: Was ein „Smart Meter“ ist, dafür gibt es keine amtliche Festlegung. Also haben Herr und Frau Smart beide recht mit ihren unterschiedlichen Definitionen von einem Smart Meter: Ein ehefreundliches Gesetz.
Wann steht der Wechsel an?
Der Wechsel zu „modernen Messeinrichtungen“ und „intelligenten Messsystemen“ ist die vom Gesetzgeber verordnete Zukunft. Bis 2032 müssen die Messstellenbetreiber 95 Prozent der Zähler in Deutschland gegen „moderne Messeinrichtungen“ austauschen. Wann das konkret für die Familien Smart, Sonnenschein, Glück, Warm und Jung passieren wird, darauf haben die fünf Familien wenig Einfluss.
Daher ist der Familienstreit bei Smarts teilweise überflüssig: Denn nicht die Familie entscheidet, ob der Wechsel hin zu einem smarten Zähler kommt, sondern nur ob man diesen Wechsel vorzieht, bevor er zur Pflicht wird. Ärgerlich ist dabei, dass Familie Smart sich gegen die Entscheidung des Messstellenbetreibers hinsichtlich des Installationszeitpunktes nicht wehren kann.
Zwangsbeglückung
Besonders weitreichend ist die kommende Umstellung für Verbraucher mit mehr als 10.000 Kilowattstunden Jahresstromverbrauch, Betreiber einer Stromerzeugungsanlage mit mindestens sieben Kilowatt Leistung, sowie Haushalte mit unterbrechbaren Verbrauchern wie Nachtspeicherheizungen. Eigentlich wäre bei diesen Verbrauchern bereits dieses Jahr nicht nur die zwangsweise Installation einer modernen Messeinrichtung, sondern auch die eines teuren Smart Meter Gateways vorgeschrieben. Weil es jedoch noch keine behördlich zertifizierten Gateways gibt, muss der Einbau noch nicht vorgenommen werden.
In welchem Zeitfenster der Wechsel für welche Verbrauchergruppen und Erzeugungsanlagenbetreiber geschehen soll und welche Kosten jeweils anfallen dürfen, steht in § 31 MsbG (siehe Grafik). Kurz gesagt müssen Messstellenbetreiber dann intelligente Messsysteme einbauen, wenn:
- Mindestens Smart Meter Gateways von drei Herstellern durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert worden sind.
- Die Kosten für das intelligente Messsystem je nach Einzelfall aktuell 100 bis 200 Euro im Jahr nicht übersteigen. Die höchstens zulässigen Messkosten hängen dabei von der Stromverbrauchsmenge und/oder der Leistung einer Stromerzeugungsanlage ab.
- Der Einbau drei Monate im Voraus angekündigt wird.
Wechsel des Messstellenbetreibers
Verbraucher haben keinen Einfluss aus die Auswahl der Zähler ihres Messstellenbetreibers und auch keinen Einfluss darauf, wann der örtliche Messstellenbetreiber mit dem Einbau von modernen Messeinrichtungen beginnt.
Aber Verbraucher können ihren Messstellenbetreiber genau wie ihren Energieversorger wechseln!
Wie bei der Grundversorgung mit Strom gibt es bei der Messung einen örtlich „grundzuständigen Messstellenbetreiber“. Dies ist in der Regel der lokale Netzbetreiber. Man kann aber jederzeit zu einem anderen Messstellenbetreiber wechseln.
Ähnlich wie beim Telefon- oder Stromanbieter schließt man mit einem neuen Messstellenbetreiber einen Vertrag, der auch die Laufzeit und die Kündigungsmöglichkeiten regelt. Die Höchstlaufzeit beträgt zwei Jahre.
Dennoch ist Vorsicht angesagt: Man sollte nicht unüberlegt derartige Verträge unterschreiben. Denn der gesetzliche Schutz, der die zusätzlichen Kosten nach oben begrenzt, gilt für Verträge mit freien Messstellenbetreibern nicht. Deshalb ist zu befürchten, dass bald Unternehmen am Start sind, die mit vielen leeren Versprechen Kunden locken, um nach der Unterschrift abzukassieren.
Der Wechsel des Messstellenbetreibers kann vom Verbraucher strategisch genutzt werden, um sich der Willkür seines örtlich grundzuständigen Netzbetreibers zu entziehen, der die Einbauentscheidung trifft, sofern der Verbraucher nicht schon zu einem anderen Messstellenbetreiber gewechselt hat. Allerdings will der Wechsel wohl überlegt sein. Denn der Messstellenbetreiber, zu dem ein Verbraucher wechselt, hat dann alle Fäden in der Hand, ohne dass sich der Verbraucher dann noch wehren kann. Es ist ratsam, zu einem Messstellenbetreiber zu wechseln, der fest verspricht, ob und wann er neue Messsysteme installiert und zu welchen Kosten.
Freie Messstellenbetreiber
Freie Messstellenbetreiber sind aber rar gesät. Angebote wie der Yello „Sparzähler“ oder der E.ON „EnergieNavi“ sind meist an unattraktive Stromtarife gekoppelt und für mündige Verbraucher keine Alternative. Dem Bund der Energieverbraucher ist bisher nur ein Messstellenbetreiber bekannt, der bundesweit einzelne kleine Stromzähler installiert, nämlich Discovergy. Mit einem Jahrespreis von 60 Euro pro Smart Meter, egal ob dieses als Bezugszähler für eine Wohnung, als Erzeugungszähler einer PV-Anlage oder als Zwei-Richtungs-Zähler eingesetzt wird, ist das Angebot für ein Smart Meter zwar preislich sehr attraktiv, gleichwohl aber teurer als die guten alten Ferraris-Zähler. Einen Erfahrungsbericht lesen Sie unter Neue Zähler braucht das Land.
Familie Glück
Zurück zu unseren Beispielhaushalten: Familie Glück bekam schon vor drei Jahren einen smarten Stromzähler installiert. Dieser Zähler entspricht zwar nicht den technischen Anforderungen an ein intelligentes Messsystem, er hat aber ab dem Einbauzeitpunkt acht Jahre Bestandsschutz. Familie Glück kann diesen Zähler weiter verwenden.
Nachtstromheizungen
Familie Warm hat eine Nachtstromheizung. Sobald sich diese Stromverbraucher netzdienlich steuern lassen und Smart Meter Gateways verfügbar sind, kann der örtliche Netzbetreiber zwangsweise den Zähler gegen ein maximal 100 Euro pro Jahr teures Messsystem austauschen. Der Zähler für den gewöhnlichen Stromverbrauch der Warms von 3.000 Kilowattstunden pro Jahr ist davon nicht betroffen.
Eigene Stromerzeugung
Familie Sonnenschein hat eine PV-Anlage auf dem Dach. Bisher durfte die Familie die Einspeisung als Anlagenbetreiber selbst mit einem eigenen Zähler messen. Seit dem Inkrafttreten des Messstellenbetriebsgesetzes zum 2. September 2016 dürfen jedoch nur noch professionelle Messstellenbetreiber Stromzähler betreiben. Familie Sonnenschein muss daher einen Messstellenbetreiber beauftragen. Aber auch für den Stromverbrauchszähler droht ab 2020 wegen des Verbrauchs von mehr als 6.000 Kilowattstunden im Jahr der kommende Smart-Meter-Rollout. Für Familie Sonnenschein könnte sich der Wechsel zu einem freien Messstellenbetreiber daher doppelt lohnen: Die Messung mit jetzt verfügbaren nicht standardkonformen Smart Metern ist mit jeweils rund 60 Euro pro Jahr günstiger als die Preisobergrenze für zertifizierte „intelligente Messsysteme“ und hat mindestens acht Jahre Bestandsschutz.
Mieterhaushalte
Die sparsame Familie Jung wohnt in einer Mietwohnung. Für Mietwohnungen gelten ab dem 1. Januar 2021 besondere Regelungen nach § 6 MsbG: Mieter sind zwar „Anschlussnutzer“, aber „Anschlussnehmer“ ist der Hauseigentümer. Dieser darf ab 2021 für alle Zähler seiner Liegenschaft den Messstellenbetreiber wählen, ohne die Mieter als Anschlussnutzer fragen zu müssen. Die Mieter müssen über den bevorstehenden Wechsel nur rechtzeitig informiert werden und der vom Vermieter gewählte Messstellenbetreiber darf in Summe nicht teurer sein, als wenn jeder Mieter selbst einen Messstellenbetreiber wählt. Mieter können zwar von Vermietern verlangen, alle zwei Jahre Angebote von anderen Messstellenbetreibern einzuholen. Der Vermieter kann aber den Anbieter dennoch frei auswählen. So steht zu befürchten, dass Mieter beim Messstellenbetrieb zukünftig ähnlich wie bereits von den Heizkostenabrechnern unbillig zur Kasse gebeten werden.
Gaszähler
Für die Messung von Wärme und Wasser gilt das Gesetz nicht, allerdings für Gaszähler. Für smarte Gaszähler gibt es jedoch keinen festen Rolloutplan. Vorgeschrieben ist nur, dass sich alle neuen Gaszähler theoretisch mit einem Smart Meter Gateway verbinden lassen müssen. Dies erfolgt bei Gaszählern in der Regel über eine Befestigungsmöglichkeit für ein Impulsmodul oder einen optischen Auslesekopf. Wie teuer diese optionalen Lösungen sein werden, wird sich erst zeigen, wenn Smart Meter Gateways verfügbar sind und installiert werden.
Sonderkonditionen für Mitglieder
Mitgliedern im Bund der Energieverbraucher e.V. räumt der freie Messstellenbetreiber Discovergy aktuell bei Abschluss von Neuverträgen einen dauerhaften Rabatt in Höhe von 20 Prozent auf die Jahresrechnung ein.
Dieser Mitgliedschaftsvorteil kann unter der Rufnummer 0241-53809410 in Anspruch genommen werden.
Vor vier Jahren ließ Oliver Stens seinen konventionellen Stromzähler gegen ein Smart Meter des Messstellenbetreibers Discovergy austauschen und berichtete in der Energiedepesche über seine ersten Erfahrungen. Hier zieht er nun sein Fazit.
Neue Zähler braucht das Land
Vor vier Jahren ließ Oliver Stens seinen konventionellen Stromzähler gegen ein Smart Meter des Messstellenbetreibers Discovergy austauschen und berichtete in der Energiedepesche über seine ersten Erfahrungen. Hier zieht er nun sein Fazit.
Von Oliver Stens
(26. September 2017) Nach vier Jahren sekundengenauer Aufzeichnung von Stromdaten mittels Smart Meter sollte man denken, dass nicht mehr viel Neues passiert. Und doch bleibt es spannend. Nach und nach sind weitere Auswertungsfunktionen hinzugekommen und es gibt immer wieder überraschende Entwicklungen des Verbrauchsverhaltens im eigenen Haushalt zu beobachten.
Die meisten Versorger senden ihren Kunden einmal jährlich die Rechnung auf der Basis einer einzigen Zählerstandsablesung. Das war‘s. Der intelligente Zähler erfasst hingegen den Zählerstand ständig, genauer gesagt alle zwei Sekunden. Und der Messstellenbetreiber Discovergy versucht, seinen Kunden die Stromdaten in möglichst plausibler Form zu veranschaulichen. Statt im Keller Zählerstände abzuschreiben, meldet man sich am Computer mit seinem Passwort an und bekommt Zugang zu seinen Stromdaten, die auf verschiedene Arten aufbereitet wurden.
In der Drei-Phasen-Darstellung werden einzelne Geräte besser erkennbar. In rot hier die Waschmaschine und in grün die Spülmaschine.
Auswertung im Detail
Die Startseite ist das Messwerte-Fenster: Der Tagesgang. Vom aktuellen Tag wird der Leistungsverlauf im Überblick gezeigt. Interessante Details kommen zum Vorschein, wenn man in besondere Zeitbereiche hereinzoomt. So kann man beispielsweise überprüfen, ob sein Kühlgerät noch effizient arbeitet. Mit einem anderen Mausklick zeigen sich statt der Gesamtleistung die Leistungen der drei einzelnen Stromphasen. Die verschiedenen Steckdosen-Stromkreise werden getrennt dargestellt und einzelne Geräte werden besser erkennbar.
Sehr anschaulich ist auch die Heatmap-Darstellung. Hier kann der Stromverbrauch mehrerer Monate auf einen Blick angezeigt werden.
Ein langer Verbrauchszeitraum wird kompakt und anschaulich dargestellt mit der „Heatmap“. Nach rechts läuft die Tageszeit von 0 bis 24 Uhr, nach oben laufen die fortlaufenden Tage. Die Leistung der jeweiligen Zeit wird in verschiedenen Farben dargestellt. Sparprogramme der Spülmaschine erscheinen hier als grüne Punkte. Die gelben Augen sind Waschprogramme unterschiedlicher Temperatur. Links von 0 bis 6 Uhr erkennt man das regelmäßige Takten des Kühlschranks in blau, das sich von der Grundlast in lila abhebt.
Geräteerkennung
Die Königsdisziplin ist aber die automatische Erkennung und Zuordnung aller Einzelgeräte aus den Stromdaten. Diese Aufgabe ist äußerst schwierig und komplex. Das Entwicklerteam tüftelt schon seit Jahren daran. Seit August ist diese Funktion für ausgewählte Nutzer zur Erprobung freigeschaltet. Mit dieser Funktion soll durch gezielte Tipps zu Geräten und Nutzungsverhalten der Stromverbrauch sinken. Wenn alles klappt, soll die Geräteerkennung auch kostenlos für alle Nutzer kommen.
Fazit
Auch nach vier Jahren bin ich noch überzeugt, dass Transparenz beim Stromverbrauch nützlich ist. Es ist ein erhebendes Gefühl, etwas Unsichtbares plötzlich sehen zu können. Erst aus vielen einzelnen Puzzleteilen wird zum Schluss das Gesamtbild erkennbar: Der Jahresstromverbrauch.
Mein Smart Meter hilft mir zudem bei der Frage, wo es sich lohnt, auf den Verbrauch zu achten, und in welchen Bereichen es die Mühe nicht wert ist. Ich bleibe weiter dabei!
Im Aufmerksamkeitsschatten von Brexit und Europameisterschaft hat der Bundestag mit dem „Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“ den Zwangs-Rollout von Smart-Metern beschlossen.
Smart-Meter wider Willen
Im Aufmerksamkeitsschatten von Brexit und Europameisterschaft hat der Bundestag mit dem „Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“ den Zwangs-Rollout von Smart-Metern beschlossen. Auf Verbraucher kommen neue Kosten zu.
Von Louis-F. Stahl
(23. September 2016) Für die Politik sind Smart-Meter ein einfacher „Schlüssel zum Gelingen der Energiewende“, für den Romanautor Frank Elsberg sind Smart-Meter hingegen der Auslöser für einen potenziellen „Blackout“. Doch beide Positionen gehen an der Wirklichkeit vorbei. Denn im Gegensatz zu intelligenten Ortsnetztransformatoren, die auf lokaler Ebene wirklich smart auf erneuerbare Einspeiser reagieren und den Netzbetreibern Auskunft über die Auslastung von Netzabschnitten geben könnten, sind die beschlossenen Smart-Meter einfach nur teure Stromzähler mit Online-Anbindung. Zwar könnten diese zukünftig theoretisch mit Abschaltvorrichtungen für säumige Stromkunden oder zu stark einspeisende Photovoltaikanlagen ausgestattet werden. Diese Anwendungen sind jedoch bisher nur angedacht.
Fraglicher Nutzen
Verbraucher, die sich hingegen ein Smart-Meter mit weitreichenden Auswertungsoptionen wünschen, beispielsweise zur Optimierung des Eigenverbrauchs aus einer PV-Anlage, können sich bereits seit Jahren ein Smart-Meter von einem freien Messstellenbetreiber wie Discovergy installieren lassen (Bericht in ED 2/2013). Für die Mehrheit der Verbraucher wird der jetzt beschlossene Smart-Meter-Zwangs-Rollout in erster Linie ein weiterer Kostenfaktor auf der Stromrechnung sein. Inwieweit Webportale oder Apps der örtlichen Netzbetreiber Verbrauchern überhaupt nützliche Auskünfte über deren Stromverbrauch geben werden und ob zeitvariable Tarife Verbrauchern eine Ersparnis bringen können, bleibt abzuwarten. Selbst die optimistischen Rechnungen der „Kosten-Nutzen-Analyse“ für das Gesetz gehen bei kleinen Letztverbrauchern von einem „durchschnittlichen Stromkosteneinsparpotenzial von annähernd drei Euro pro Jahr“ aus. Gleichzeitig sollen nach dem Gesetz Kleinstverbrauchern aber ab 2020 bis zu 23 Euro für ein Smart-Meter pro Jahr berechnet werden.
Voraussetzungen für den Rollout
Wann der für 2017 vorgesehene flächendeckende Zähleraustausch (Rollout) Verbraucher im Einzelnen treffen wird, macht das neue Gesetz vom Vorliegen bestimmter Bedingungen und von Preisobergrenzen abhängig.
Diese Regelung ist nicht grundsätzlich neu: Bereits vor fünf Jahren hatte der Gesetzgeber mit einer Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes den Zwangs-Rollout von „Messsystemen“ beschlossen. Die damals definierten technischen Anforderungen und die wirtschaftliche Vertretbarkeit sind jedoch bis heute nicht eingetreten. Auch nach dem neuen Gesetz ist fraglich, ob der nunmehr für den 1. Januar 2017 vorgesehene Rolloutbeginn durchführbar ist. Dafür müssten drei Zählerhersteller Gateways zur Anbindung von Smart-Metern an das Internet anbieten. Zertifiziert ist bisher jedoch kein einziges „Smart-Meter-Gateway“.
Preisobergrenzen
Neben der technischen Machbarkeit, also der Verfügbarkeit von drei zertifizierten Gateway-Modellen, müssen Preisobergrenzen eingehalten werden, damit Netzbetreiber ab 2017 binnen acht Jahren zwangsweise Smart-Meter bei den Verbrauchern installieren dürfen.
Für Letztverbraucher mit einem Jahresstrombedarf ab 10.000 kWh beträgt diese Preisobergrenze 130 Euro im Jahr und steigert sich auf maximal 200 Euro ab 50.000 kWh. Direkt ab 2017 ist der Einbaubeginn nicht nur für Verbraucher ab 10.000 kWh Jahresbezug, sondern auch für Einspeiser ab sieben kW Anlagenleistung vorgesehen, wobei die Preisobergrenze hier 100 Euro pro Jahr beträgt. Für Stromverbraucher unter 10.000 kWh oder mit Einspeiseanlagen unter sieben Kilowatt Erzeugungsleistung soll der Rollout frühestens ab 2020 beginnen.
Besonders Betroffene
Neben der Verpflichtung durch den Netzbetreiber, kann ein Rollout im Einzelfall auch durch den sogenannten Anschlussnehmer, in Mehrfamilienhäusern zumeist der Eigentümer, angestoßen werden. Durch diese Sonderregelung kann ein Vermieter beispielsweise ein Heizkostenabrechnungsunternehmen auf Kosten der Mieter mit einem sofortigen Smart-Meter-Rollout beauftragen und damit die Mieter auch ihres Wahlrechts auf einen freien Messstellenbetreiber berauben. Zwar gelten auch in diesem Fall die Preisobergrenzen, ob diese Einschränkung des Verbraucherwahlrechtes allerdings mit europarechtlichen Verbraucherschutzvorschriften vereinbar ist, wird durch den Europäischen Gerichtshof noch zu klären sein.
Eines ist jedoch bereits jetzt klar: Weder für die Energiewende, noch für Energieverbraucher wird der jetzt beschlossene Zwangs-Rollout einen Gewinn bringen – ganz im Gegensatz zu Netzbetreibern, Heizkostenabrechnern und Zählerherstellern.
Weblinks:
- Kosten-Nutzen-Studie: Kosten-Nutzen-Analyse für einen flächendeckenden Einsatz intelligenter Zähler
- Gesetzestext: Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende
Too smart to meter?
Stromzähler werden meist von den Netzbetreibern installiert und betrieben: ein einträgliches Geschäft. Aber es gibt auch freie Messstellenbetreiber, die sofort Unabhängigkeit vom Netzbetreiber und den Komfort von Smart-Meter-Lösungen zu überschaubaren Kosten liefern.
Louis-F. Stahl berichtet über Neues vom Zählermarkt.
(2. Juli 2015) Wer etwas liefert, dem obliegt für gewöhnlich das Wiegen und Messen. Auf diesen Grundsatz gestützt, begannen die Betreiber kleiner PV-Anlagen und stromerzeugender Heizungen vor rund 15 Jahren einfach mit eigenen Zählern ihre Einspeisung zu messen. Der Gesetzgeber sprach ihnen dieses Recht später sogar ausdrücklich zu (§ 8 Abs. 1 KWKG 2002) oder sah eine Einspeisemessung durch Netzbetreiber zumindest nur als eine Alternative an (§ 13 Abs. 1 EEG 2004). Für die Netzbetreiber selbst war die Messung lange Zeit nur notwendiges Übel zu durchlaufenden Kosten.
Louis-F. Stahl ist Herausgeber des BHKW-Branchenportals www.bhkw-infothek.de und Vorsitzender der Betreibervereinigung BHKW-Forum e. V.
Wer darf messen?
Erst Bestrebungen seitens der Politik, nicht nur die Energielieferung, sondern auch die Messung zu liberalisieren und die beginnende Debatte um „Smart Meter“ führten zur Entdeckung des Messwesens als Einnahmequelle für die Netzbetreiber. Ab 2007 musste sich daher die Clearingstelle EEG mit der von Netzbetreibern aufgeworfenen Frage befassen, ob Erzeuger und Einspeiser ohne besondere Fachkundeprüfung überhaupt selbst messen können und dürfen. Das Ergebnis war wenig überraschend: „Alle des Lesens und Schreibens kundigen Menschen“ seien „fachkundig zur Messung, d. h. zum Ablesen der Messwerte in Kilowattstunden“ befand die Clearingstelle EEG (Az. 2008/20, 2011/2/2, 2012/7). Eine Tatsache, die auch heute noch einige Netzbetreiber anzweifeln, aber zeitgleich Postkarten zur Zähler-Selbstablesung an einfache Stromverbraucher senden, um die Kosten für eigene Ablesemitarbeiter zu sparen.
Messung als Geschäftsmodell
Für Letztverbraucher wurde erst mit der Einfügung des § 21b in das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) im Jahr 2005 der grundlegende Rechtsrahmen für eine Liberalisierung im Messwesen geschaffen. In der Praxis sahen sich die ersten freien Messstellenbetreiber jedoch mit hunderten Netzbetreibern konfrontiert, die jeweils unterschiedlichste Verträge und Prozesse durchsetzen wollten. So beschränkte sich die freie Wahl des Stromzählers für Verbraucher zunächst auf Sonderlösungen von lokalen Elektrobetrieben und fand lediglich in größeren Anlagen wie Wohnungseigentümergemeinschaften praktische Relevanz. Einzig der Stromanbieter Yello begann ab 2007 seinen „Sparzähler“ bundesweit für Letztverbraucher anzubieten. Der Zähler von Yello kann gleichwohl bis heute nicht als Angebot eines unabhängigen Messstellenbetreibers betrachtet werden, da die Nutzung des Yello-Sparzählers an eine Stromlieferung von Yello gekoppelt ist. Im Ergebnis handelt es sich also lediglich um eine Maßnahme, Verbraucher mit Hardware am Anbieterwechsel zu hindern.
Freie Messstellenbetreiber
Erst mit der Messzugangsverordnung (MessZV) von 2008 und dank sehr detaillierter Vorgaben für Wechselprozesse (WiM) sowie verbindliche Rahmenverträge durch die Bundesnetzagentur (Az. BK6-09-034) konnte sich ab dem Jahr 2010 überhaupt ein freier Markt im Bereich des Messwesens mit standardisierten Produkten sowie Abläufen und damit niedrigen Kosten entwickeln. Dabei können Messstellenbetreiber auch innovative Messprodukte anbieten, da sie unabhängig von den „Technischen Anschlussbedingungen“ der Netzbetreiber selbst berechtigt sind, die „Art, Zahl und Größe von Mess- und Steuereinrichtungen“ zu bestimmen (§ 8 Abs. 1 MessZV). So lässt beispielsweise die Telekom durch ihr Tochterunternehmen „PASM“ deutschlandweit in tausenden VDSL-Verteilerkästen am Straßenrand den Stromverbrauch dieser Verteilerkästen mit besonders kleinen Stromzählern erfassen, die bestückt mit normal großen Stromzählern der verschiedenen Netzbetreiber um ein Vielfaches größer ausfallen müssten. Ähnlich verfuhr LichtBlick bei seinen ZuhauseKraftwerken: Statt bei Kunden teure und große Zählerschränke an die Hauswand zu schrauben, verbaute der unternehmenseigene Messstellenbetrieb die Zähler einfach direkt ab Werk in seine stromerzeugenden Heizungen.
Abzocke bei PV-Volleinspeisung
Auch um die Kreation neuer Einnahmequellen aus dem Nichts sind einige Netzbetreiber nicht verlegen: Bis vor einigen Jahren wurden kleine PV-Anlagen typischerweise so errichtet, dass der gesamte erzeugte Strom in das Netz eingespeist wird. Wird jedoch zum Beispiel nachts kein Strom vom PV-Generator erzeugt, dann kann je nach Wechselrichter theoretisch ein geringer Eigenverbrauch bestehen. Dieser Verbrauch liegt allerdings unterhalb der Anlaufstromstärke und Genauigkeitsanforderungen für Messungen entsprechend MID MI-003, DIN EN 50470, VDE 0418. Daher einigten sich Interessenvertreter von Netz- und Anlagenbetreibern im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium im Rahmen mehrerer Empfehlungen der Clearingstelle EEG darauf, nur die Einspeisung mit nicht rücklaufgesperrten Ein-Richtungs-Zählern zu erfassen. Seit Kurzem bauen einige wenige Netzbetreiber diese bestehenden Zähler wieder aus und neue Zwei-Richtungs-Zähler ein – die PV-Anlagenbesitzer sollen dann typischerweise zwischen 60 und 300 Euro im Jahr für eine unsinnige zusätzliche Messung und die theoretische Strombezugsmöglichkeit (Leistungspreis) zahlen.
Mögliche Gegenwehr
Sofern das neu installierte Bezugszählwerk dauerhaft null kWh anzeigt, ist die Rechtslage aus Sicht der Schlichtungsstelle Energie eindeutig: Es besteht kein Anspruch seitens des Netzbetreibers (Az. 4977/12 und 4615/13). Unter der Adresse www.aerger-mit-eon-und-avacon.de berichtet ein Betroffener zudem von einem erfolgreichen gerichtlichen Verfahren gegen diese Masche. Wenn aber ein Bezug gemessen wird, müssten es Betroffene auf ein risikoreiches und teures Verfahren mit ungewissem Ausgang ankommen lassen. Wer seine PV-Anlage auf dem eigenen Wohnhaus betreibt, hat aber auch eine andere Möglichkeit: Wenn die Volleinspeisungs-PV-Anlage nicht direkt an das Stromnetz angeschlossen wird, sondern wie bei einer Anlage mit vorrangigem Eigenverbrauch hinter einem Zwei-Richtungs-Zähler, aber mit bilanzieller Volleinspeisung betrieben wird (siehe Grafik), fällt zumindest die Grundgebühr für die theoretische Stromentnahme der PV-Anlage aus dem Netz weg. Darüber hinaus können betroffene Verbraucher natürlich auch noch einen freien Messstellenbetreiber für dieses Messkonzept beauftragen und dreisten Netzbetreibern damit ein Schnippchen schlagen.
Wenn für bestehende PV-Anlagen mit Volleinspeisung (links) nachträglich eine Bezugsstrommessung vom Netzbetreiber gefordert wird und dafür ein 2-Richtungs-Zähler installiert werden soll (Mitte), empfiehlt es sich die Anlage im Verbraucherstromkreis anzuschließen und den Strom als bilanzielle Volleinspeisung komplett durchzuleiten (rechts). Dadurch lässt sich die sonst fällige Strom-Grundgebühr für den theoretisch möglichen Stand-By-Bezugsstrom der PV-Anlage sparen.
Einträgliches Geschäft mit alter Technik
Die Netzbetreiber verdienen schon heute sehr gut mit den über 40 Millionen teilweise steinalten und längst abgeschriebenen mechanischen Ferraris-Zählern mit Drehscheibe und Rollenzählwerk, für die Verbraucher Jahr für Jahr zwischen sechs und 57 Euro bezahlen müssen. Das erklärt, warum die Netzbetreiber versuchen, die Messhoheit zu behalten. Hausbesitzer mit einer kleinen Erzeugungsanlage und vorrangigem Eigenverbrauch erhalten hingegen bereits seit etwa zehn Jahren im Regelfall zumindest einen halbwegs modernen elektronischen Zwei-Richtungs-Zähler. Dabei handelt es sich ebenfalls um einfache „Standardlastprofilzähler“ (SLP), die nur eine Anzeige für den gesamten gemessenen Verbrauch und die gesamte gemessene Einspeisung besitzen.
Der neuste Rolloutplan für Smart Meter des Wirtschaftsministeriums sieht ab 2017 den regulären Einsatz vollwertiger Messsysteme „iMSys“ vor. Alle neuen Zähler sollen ab 2017 mindestens „iZ“ Basiszähler sein, die sich später zu einem iMSys aufrüsten lassen.
Amtlicher Fahrplan für Smart-Meter-Rollout
Schon 2008 hatte der Gesetzgeber mit der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) den Einsatz von Smart-Metern ab dem 1. Januar 2010 vorgesehen, sofern es „technisch machbar und wirtschaftlich zumutbar“ sei. Auch einige Novellen des EnWG später und nicht zuletzt aufgrund immer weiter verschärfter Datenschutz- und IT-Sicherheitsanforderungen hapert es an diesen beiden Ausschlusskriterien bis heute. Nach Jahren der schwammigen Grenzen hat das Bundeswirtschaftsministerium im Februar 2015 mit der Veröffentlichung von Eckpunkten für das Verordnungspaket „Intelligente Netze“ Nägel mit Köpfen gemacht:
- Einfache „intelligente Zähler“ (iZ) mit SLP-Messung sollen den Verbraucher jährlich maximal 20 Euro kosten und ab 2017 regulär verbaut werden. Bis 2032 sollen die rund 40 Mio. bestehenden Zähler in Deutschland sukzessiv gegen iZ ausgetauscht werden.
- Wird ein solcher intelligenter Zähler mit einem Smart-Meter-Gateway zu einem „intelligenten Messsystem“ (iMSys) mit Fernauslesung aufgerüstet, sollen maximal 100 Euro pro Jahr anfallen. Ab 2017 soll für Verbraucher mit mehr als 20.000 kWh Bezug sowie alle bestehenden Erzeugungs-anlagen ab sieben kW Leistung ein iMSys zur Pflicht werden.
Kann die „einheitliche Kosten- und Preisobergrenze für Einbau und Betrieb von intelligenten Messsystemen und Zählern“ nicht eingehalten werden, soll es „keinen Rollout um jeden Preis“ geben, so das Ministerium. Mit diesen eng gesetzten Kostengrenzen könnte der Rollout von Messsystemen auch weiterhin eine ferne Zukunftsmusik bleiben. Der angesetzte Rolloutstart von iMSys im Jahr 2017 ist jedenfalls sehr optimistisch.
Intelligente Basiszähler „iZ“ in BKE-Bauform (links) sind von heute üblichen „eHZ“ nach EDL21-Standard äußerlich kaum zu unterscheiden, unterstützen aber die Kryptografie des MessSystems 2020. Größere Basiszähler (rechts) verfügen über eine Klappe, hinter der sich ein Smart-Meter-Gateway installieren lässt, das mehrere iZ zu einem Messsystem „iMSys“ aufwerten kann.
Stand der Technik
Die technischen Spezifikationen für die neuen Zähler wurden 2013 veröffentlicht (VDE-FNN-Lastenhefte „MessSystem 2020“). Im gleichen Jahr wurde auch das IT-Security-Schutzprofil vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik von der EU abgenommen. Erste Basis-zähler (iZ) nach diesen Regeln wurden Ende 2014 zertifiziert, Smart-Meter-Gateways zur Aufrüstung der iZ zu einem iMSys befinden sich derzeit jedoch noch im Entwicklungsstadium. Inwieweit die bisher als Ausgangsbasis für Messsysteme gehandelten und von Netzbetreibern seit Jahren verbauten elektronischen EDL21-Zähler fit für das anspruchsvolle und weiterentwickelte „MessSystem 2020“ gemacht werden können, ist fraglich. Für Messsysteme dürften nur neue iZ in Frage kommen, wohingegen bisherige EDL21-Zähler einfach dort eingesetzt werden könnten, wo die Integration in ein iMSys nicht erforderlich ist.
Freie Messstellenbetreiber
Für Letztverbraucher und Besitzer kleiner PV-Anlagen oder eines BHKW gibt es kaum wirklich freie Alternativen zum Standardzähler des Netzbetreibers. Angebote wie der Yello „Sparzähler“, E.ON „EnergieNavi“ oder die Angebote von Stadtwerken sind zumeist an unattraktive Tarife gekoppelt und daher für mündige Verbraucher keine Alternative. Mit einem bundesweiten Angebot an Messlösungen für Sonderfälle oder größere Projekte hat sich das seit 2010 als Messstellenbetreiber tätige Unternehmen Mediaelektrik Bock einen Namen gemacht. Eher auf den Massenmarkt zielt hingegen das Angebot von Discovergy: Mit einem Jahrespreis von 60 Euro pro Smart-Meter, egal ob dieses als Bezugszähler für eine Wohnung, als Erzeugungszähler einer PV-Anlage, als Zwei-Richtungs-Zähler oder im Rahmen einer Summenmessung in Mehrfamilienhäusern eingesetzt wird, ist das Angebot auch preislich sehr attraktiv. Darüber hinaus reduziert sich die Rechnung des Energieversorgers um die Preisbestandteile für Messstellenbetrieb und Messung, da diese nicht mehr vom Netzbetreiber erbracht werden.
In der Praxis müssen Verbraucher auf diesen Umstand aber oft hinweisen und ggf. mit Unterstützung von Discovergy hartnäckig bleiben. Wie hoch dieser Betrag beim jeweiligen Netzbetreiber genau ist, lässt sich durch einen Blick auf den Versorgungsvertrag (§ 2 Abs. 3 GVV) herausfinden, da diese Angabe seit einiger Zeit vorgeschrieben ist.
Transparenz dank Smart-Meter
Das Smart-Meter von Discovergy bietet ein Web-Portal sowie eine App für Smartphones zur Analyse des eigenen Verbrauchs (Bericht in ED 2/2013), aber auch der Produktion und ggf. Eigennutzung aus einer PV-Anlage. Nur eine Erkennung einzelner Geräte und deren Verbrauch, wie es der Energiekostenmonitor Smappee bietet (Bericht in ED 1/2015), lässt das Portal von Discovergy noch vermissen. Aber auch für Sonderfälle bietet der freie Messstellenbetrieb Lösungen: Liefert der Besitzer eines Discovergy-Zählers beispielsweise Strom direkt an weitere Letztverbraucher in der gleichen Kundenanlage, können ohne Aufpreis Rechnungsvorlagen erstellt werden oder die Durchleitung von Strom von externen Lieferanten für drittversorgte Letztverbraucher einer Summenmessung organisiert werden.
Der Messstellenbetreiber Discovergy bietet Verbrauchern detaillierte Analysen ihres Verbrauchsverhaltens und kann auch eine PV-Anlage mit Eigenverbrauch in die Auswertungen einbinden. Ein Demozugang ist unter www.discovergy.de erreichbar.
Ausblick
Auf Smart-Meter warten Verbraucher mindestens, seit die EU 2006 mit der Endenergieeffizienzrichtlinie den flächendeckenden Einsatz solcher Zähler zu „wettbewerbsorientierten Preisen“ ausgerufen hat. Geht es nach dem Wirtschaftsministerium, sollen ab 2017 Verbraucher zumindest beim Zählerwechsel zwingend „intelligente Zähler“ erhalten und bis 2032 alle Zähler im Bestand gewechselt werden. Da diese Zähler schon heute kaum teurer sind als veraltete Ferraris-Zähler mit Drehscheibe, erscheint dieses Vorhaben realistisch. Ob hingegen wirklich ab 2017 auch intelligente Messsysteme – und damit das, was man gemeinhin unter einem Smart Meter versteht – flächendeckend zu angemessenen Preisen installiert werden kann, darf bezweifelt werden.
Verbraucher, die sich den Mehrwert eines Smart Meter sofort wünschen, oder ihrem Netzbetreiber mit einer speziellen Messlösung ein Schnippchen schlagen wollen, können entsprechende Systeme jedoch schon heute von freien Messstellenbetreibern wie Discovergy beziehen.
Sonderkonditionen für Mitglieder im Bund der Energieverbraucher
Im Rahmen des Interviews zu diesem Artikel hat der Messstellenbetreiber Discovergy einen dauerhaft um 30 Euro pro Jahr reduzierten Sondertarif für Mitglieder im Bund der Energieverbraucher e. V. angeboten: Mitglieder erhalten die Smart-Meter-Messung einer Erzeugungsanlage (PV/BHKW) sowie einen Zwei-Richtungs-Zähler im Paket für 90 Euro im Jahr. Das Mitgliederangebot kann bis voraussichtlich Ende 2015 unter der Rufnummer 0241-53809410 in Anspruch genommen werden.
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