Friedrich Scharr KG
Unterlassungserklärung der Friedrich Scharr KG vom 8. August 2006
Die Friedrich Scharr KG, Liebknechtstraße 50, 70565 Stuttgart verpflichtet sich gegenüber dem Bund der Energieverbraucher Gemeinnütziger e.V., Frankfurter Straße 1, 53572 Unkel
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es künftig zu unterlassen, mit Verbrauchern "Verträge über die Versorgung mit Flüssiggas und Abrechnung über einen Flüssiggaszähler (Gaszählervertrag)" zu schließen, in denen eine Preisanpassungsklausel mit folgendem Wortlaut enthalten ist: "Im Falle der Erhöhung der Gestehungskosten für Flüssiggas, einer Änderung der Lohn-, Material-, Transport- und Lagerkosten ist Scharr berechtigt, seine Preise entsprechend der Erhöhung/Veränderung jeweils mit Wirkung zur nächsten Abrechnungsperiode anzupassen."
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sich künftig gegenüber Verbrauchern, mit denen ein "Vertrag über die Versorgung mit Flüssiggas und Abrechnung über eine Flüssiggaszähler (Gaszählervertrag)" geschlossen wurde, bei der Preisanpassung auf eine Preisanpassungsklausel mit folgendem Wortlaut zu berufen: "Im Falle der Erhöhung der Gestehungskosten für Flüssiggas, einer Änderung der Lohn-, Material-, Transport- und Lagerkosten ist Scharr berechtigt, seine Preise entsprechend der Erhöhung/Veränderung jeweils mit Wirkung zur nächsten Abrechnungsperiode anzupassen."
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bei jeder künftigen Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflichten gemäß Ziff. 1 und 2 an den Bund der Energieverbraucher Gemeinnütziger e.V. eine Vertragsstrafe in Höhe von Euro 5.000,00 zu zahlen;
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die bei den Rechtsanwälten Rentzmann pp., Robert-Kleinert-Straße 2, 49610 Quakenbrück entstandenen Gebühren (1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV RVG nach einem Streitwert von Euro 10.000,00 nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer) an Rechtsanwälte Rentzmann pp. zu zahlen.
Scharr KG unterliegt vom dem BGH Urteil
Landgericht Stuttgart vom 13. Juli 2004, Az: 20 O 234/04
Der Beklagten wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern im Zusammenhang mit Flüssiggas-Belieferungsverträgen die nachfolgenden oder eine inhaltsgleiche Klausel zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen: Folgende Preisgleitklausel ist unzulässig, rechtswidrig und nichtig:
"Wenn sich nach Abschluss des Vertrages die Gestehungspreise für Flüssiggas, die Material-, Lohn-, Transport- und Lagerkosten oder die Mineralöl- bzw. Mehrwertsteuersätze ändern, kann Scharr im Umfang der Veränderungen dieser Kostenfaktoren pro Liefereinheit den vorstehend angegebenen derzeitigen Gaspreis ändern. Wenn sich die vorgenannten Kosten ermäßigen, kann der Kunde die Neufestsetzung des Preises im Rahmen der Veränderungen der Kostenfaktoren verlangen."
Für den Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten angedroht,
- Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten,
- oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten.
Eine Ordnungshaft, die insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, ist an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollziehen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2005, Az 2 U 134/04:
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. September 2005, Az VIII ZR 38/05
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs Revisionssache Scharr KG vom 21. September 2005, Az: VIII ZR 38/05:
Kostenelementeklauseln, die wie die hier in Rede stehende Klausel eine Preisanpassung wegen und auf der Grundlage sich verändernder Kosten vorsehen, sind im Grundsatz nicht zu beanstanden. Sie sind ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Lieferverträgen. Kostenelementeklauseln dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher, ihn belastender Kostensteigerung zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (Senat, Urteil vom 12. Juli 1989 - VIII ZR 297/88, WM 1989, 1729 = NJW 1990, 115 unter II 2 b).
Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe gab den Energieverbrauchern recht.
Wird die Preisanpassung auf der Grundlage der Entwicklung von Kostenelementen herbeigeführt, so darf die Regelung andererseits aber - bei Meidung ihrer Unwirksamkeit nach § 307 BGB - nicht zu einer ausschließlichen oder überwiegenden Wahrung der Verwenderinteressen führen. Die Schranke des § 307 BGB wird nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne jede Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (Senat aaO m.w.Nachw.).
Diesen Anforderungen an den Inhalt einer zulässigen Kostenelementeklausel hält die von der Beklagten verwendete Preisänderungsklausel nicht stand.
- Die Klausel koppelt die Preisänderung an die Entwicklung bestimmter Betriebskosten, die die Kunden der Beklagten nicht kennen und nicht in Erfahrung bringen können.
- Ferner fehlt es an einer Gewichtung der einzelnen Kostenelemente im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Kalkulation des Gaspreises.
- Schließlich erlaubt die Klausel der Beklagten eine Preiserhöhung auch dann, wenn nur einer der aufgeführten Kostenfaktoren sich nach oben verändert hat, die Gesamtkosten wegen eines Kostenrückgangs in anderen Bereichen aber nicht gestiegen sind.
Komplettes BGH-Urteil hier.