Beispiele für energetische Sanierungen
Altes Reihenhaus wird zum Passivhaus
Joachim Kreutzer aus Ludwigshafen hat mit seinem 100 Jahre alten Reihenhaus und der Kombination aus Solarthermie und einer Wärmepumpe seine persönliche Wärmewende geschafft. Mit einer gewöhnlichen Gasheizung müsste er die siebenfache Menge an Heizenergie beziehen!
Von Aribert Peters
(19. März 2017) Joachim Kreutzer ist Ingenieur, Lehrer, Tüftler und passionierter Energiesparer. Er wohnt mit seinen drei Kindern in einem 100 Jahre alten Reihenmittelhaus in Ludwigshafen. Er hat daraus ein Passivhaus gemacht und die Wärmewende geschafft. Die Energiedepesche gratuliert.
Rund 10.000 Kilowattstunden Gas im Jahr würde das Eigenheim normalerweise benötigen: Kostenpunkt etwa rund 800 Euro im Grundversorgungstarif.
Kreutzer hat vor drei Jahren das Haus gedämmt und mit Röhrenkollektoren, einem großen Speicher und einer kleinen Wärmepumpe versehen. Die Gasheizung ist dadurch seit fünf Jahren überflüssig geworden und konnte ausgebaut werden. Nun braucht er nur noch 2.000 Kilowattstunden Strom im Jahr für Heizung und Warmwasser. Die kosten ihn 550 Euro. Damit verbraucht er nur 14 Kilowattstunden Strom je Quadratmeter und Jahr und erfüllt somit die Kriterien für ein Passivhaus.
Dämmung
Die Straßenseite des Hauses wurde mit einer 16 Zentimeter starken Dämmung versehen. Auf der Gartenseite gibt es einen unbeheizten Wintergarten. Das Dach weist eine Dämmung von 16 Zentimeter auf. Dämmkosten: ca. 8.000 Euro.
Solaranlage
Eine Vakuumröhrenkollektoranlage mit 18 Quadratmetern (über Ebay erstanden) bringt auch im Winter Wärme ins Haus. Die eine Hälfte der Kollektoren steht sehr steil. Das ist im Winter bei tiefem Sonnenstand optimal und auch Schneefall blockiert die Anlage nicht. So liefern die Kollektoren an sonnigen Wintertagen problemlos 50 °C heißes Wasser.
Wärmepumpe
Eine Luft-Wärmepumpe hilft im Winter, wenn es die Solaranlage nicht ganz schafft. Sie hat eine elektrische Leistung von 1,4 Kilowatt und bringt eine Heizwärmeleistung von drei bis sieben Kilowatt. An kalten, sonnenarmen Wintertagen ist sie die einzige Möglichkeit, den Wärmepufferspeicher aufzuladen. Das Aggregat heizt nur die obere Hälfte (circa 1.200 Liter) des Warmwasserspeichers und zeigt damit die nachrangige Stellung dieser Zusatzheizung. Je nach Witterung ist sie in den Wintermonaten täglich zwischen drei und 15 Stunden in Betrieb. Das kostet zwischen einem und fünf Euro pro Tag.
Die Außentemperatur hat einen erheblichen Einfluss auf die Effizienz der Wärmepumpe. Ist es sehr kalt, erzeugt die Wärmepumpe aus 1,4 Kilowattstunden Strom nur drei Kilowattstunden Wärme, läuft die Wärmepumpe in den wärmeren Stunden des Tages, erzeugt sie mit dem gleichen Stromverbrauch bis zu sieben Kilowattstunden Wärme.
Für einen möglichst guten Wirkungsgrad wird die Wärmepumpe nur tagsüber betrieben und zwar möglichst genau in dem Zeitraum, wo es am wärmsten ist. Denn auch in den Wintermonaten ist es fast immer tagsüber fünf Grad wärmer als in frühen Morgenstunden.
Speicher
Ein 2.500 Liter großer Wassertank wurde in einem Schuppen hinterm Haus untergebracht. Er ist mit zehn Zentimeter PU-Schaum gedämmt und wurde für 2.500 Euro bei Ebay gekauft. Im Sommer ist er voll aufgeladen. Die Temperatur liegt dann zwischen 90 und 95 °C. Im Herbst bringt er bis zu 85 °C und liefert so nach einer sonnenreichen Phase einige Tage die komplette Heizenergie und das warme Frischwasser. Im tiefen Winter beträgt die Wassertemperatur der oberen Hälfte typischerweise 40 °C, in Extremfällen lediglich 35 °C. Das reicht gerade noch zum Duschen und für eine Innentemperatur der beheizten Räume von 20 °C. Es gibt für den Notfall auch einen Elektroheizstab im Warmwasser-speicher, der jedoch noch nie in Betrieb war.
Turbo-Heizkörper
Kreutzer schaffte es, selbst mit sehr geringen Vorlauftemperaturen (40 °C) und den vorhandenen kleindimensionierten, zum Teil noch umbauten Heizkörpern Innentemperaturen von 20 °C zu schaffen. Durch eine Art „Turbo-Funktion“ modifizierte er die Heizkörper, um mit sehr viel geringeren Vorlauftemperaturen zu heizen. Das Einsparpotenzial ist enorm, auch für bereits bestehende Niedertemperaturheizungen.
Seine beiden Geheimnisse:
- Kleine, leise Ventilatoren unter den Heizkörpern verstärken den natürlichen Luftdurchsatz durch die inneren Lamellen um ein Vielfaches. Dadurch verringert sich die Rücklauftemperatur deutlich und die Heizkörper geben viel mehr Wärme in den Raum ab.
- Mit zwei Peltierelementen gibt es an besonders kalten Tagen eine kleine Zusatzversorgung an Wärmeenergie. Aus 100 Watt elektrischer Leistung zaubern sie 150 Watt Wärmeleistung und kühlen den Heizkörper im unteren Bereich zusätzlich ab – sozusagen eine Mini-Wärmepumpe, wodurch die Rücklauftemperatur weiter abgesenkt wird. Diese geringe Rücklauftemperatur ist ideal, damit in den Wintermonaten die Sonnenkollektoranlage ihren wichtigen Beitrag leisten kann.
Wenn die Wetterlage im Winter ein paar Tage so richtig nass und kalt ist, dann schafft die Wärmepumpe lediglich eine Vorlauftemperatur von knapp 40 °C. Erstaunlich ist dann die Zusatzleistung der Lüfter, denn die Innentemperatur erreicht dann immer noch 20 °C.
Heizungsregelung
Alle Heizkörper sind hydraulisch abgeglichen. Die Umwälzpumpen arbeiten mit der geringsten Leistungsstufe. Eine Zeitschaltuhr (Taktung 30 Minuten ein, 15 Minuten aus) sorgt auf Wunsch für regelmäßige Unterbrechungen der Umwälzpumpe im Heizkreislauf, damit die Entladung des Speichers noch langsamer erfolgt und die Rückflusstemperatur möglichst gering ist.
Eine einfache Raumregelung sorgt für eine definierte Temperaturobergrenze und nimmt die Umwälzpumpe für den Heizkreislauf in den Nachtzeiten automatisch außer Betrieb.
Neuerdings kann Kreutzer über eine per Internet schaltbare Steckdose den Heizungsbetrieb ein- und ausschalten.
Und ja, auch das konnte sich Kreutzer vor fünf Jahren noch nicht vorstellen: Einschalten eines elektrischen Wärmewellenheizgerätes an besonders kalten Morgenstunden und in den Fällen, wenn das Erdgeschoss nach längerer Abwesenheit stärker ausgekühlt ist (solange der Jahresverbrauch dieses Geräts unter 100 Kilowattstunden bleibt). Der lüfterlose Flächenheizstrahler (maximal 1,2 Kilowatt) im Wohnbereich ist jedoch selten genug in Betrieb, so dass er ihn verantworten kann und er ehrlicherweise zu diesem Heizungskonzept auch dazugehört. Die Energie des Wärmewellenheizgeräts ist in den 2.000 Kilowattstunden Jahresstromverbrauch enthalten.
Synergieeffekte
- Die Kosten für Speicher, Kollektor, Wärmepumpe und die übrigen Komponenten beliefen sich auf 10.500 Euro. Die Kollektoren wurden mit gut 2.000 Euro durch das BAFA gefördert.
- Das milde Klima im Raum Ludwigshafen unterstützt das Konzept.
- Keine Gasbezugskosten, keine Grundgebühr.
- Die Waschmaschine läuft dauerhaft am Warmwasser, begrenzt auf 40 °C.
- Es ist kein Durchlauferhitzer zum Duschen notwendig!
- In den warmen Sommermonaten verwendet Kreutzer das solar erwärmte Wasser zum Planschen im Swimmingpool.
- Der Jahresstromverbrauch für das gesamte Haus einschließlich Heizung liegt seit fünf Jahren bei 4.000 Kilowattstunden.
- Bei längerer Abwesenheit ist die Wärmepumpe komplett außer Betrieb.
- Im Haus werden keinerlei Abgase freigesetzt. Der Schornstein ist tatsächlich nicht mehr in Betrieb und der Schornsteinfeger kommt nie mehr.
Langfassung der Beschreibung: Download Beschreibung Einfachstwärmewendeheizung
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