ED 01/13 Die 1.000-Watt Lösung von Köln (S.17)
ED 04/13 Zählertausch: Großbritannien wird smart (S.23)

RWE contra Stromkunde Klein

Vergnügliche Blütenlese aus den Akten eines Prozesses. Edgar Klein, dessen erfolgreicher Widerstand schon den Kohlepfennig zu Fall gebracht hat, kürzte seine Stromrechnung. RWE klagte vor dem Amtsgericht Bad Neuenahr auf Zahlung und verlor den Prozess: Die Genehmigung für den Stromtarif konnte von RWE nicht vorgelegt werden (vgl. ED 1/98, S. 23).
Klein an RWE am 8. April 1997

"Ihre Jahresabrechnung erkenne ich nicht an [...]. Von der Gesamtforderung sind abzuziehen:

  • unberechtigte Preiserhöhung [...] Wucher/verschleuderter Gewinn 10%
  • einzukalkulierende Einsparung der Aufwendungen für den Kohleeinkauf auf dem Weltmarkt 7,5%
  • eingesparter Eigenanteil der Stromerzeuger an Kohlenhilfe 3%
  • ungerechtfertigter Preisanteil wegen verfassungswidrigen Strom-einspeisungsgesetzes 5%
  • unzeitgemäßer und überholter Preisanteil für Atommeiler M.-Kärlich 5%
  • überhöhte Rückstellungen/-lagen [...] ungleiche Preisgestaltung zw. Firmen- u. Haushaltskunden [...] 5 Pfg/kWh

Ich hoffe, Sie als Monopolunternehmen legen mir und allen Ihren Kunden endlich eine eingehende und einwandfreie Preiskalkulation vor".

Klein an RWE am 29. August 1997

"Ihre Mahnung und Androhung, meiner Familie und mir die Stromlieferung zu sperren, weise ich mit aller Schärfe zurück. [...] Wegen des angedrohten Sperrens der Stromzufuhr erkläre ich Ihnen hiermit das Verbot, meinen Wohnbereich ohne richterliche Anordnung zu betreten. [...] Falls Sie sich nach der Art Ihres Hauses über dieses Verbot hinwegsetzen und Hausfriedensbruch begehen sollten, werde ich mit allen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln Ihr Eindringen in meinen Wohnbereich zu verhindern wissen, unter anderem die Polizei alarmieren und das Gericht anrufen. [...] Sollte es Ihnen dennoch gelingen, den Strom abzusperren, werde ich Sie für allen Schaden verantwortlich machen, insbesondere Rechnungen von meinem Restaurant- und Badeanstaltsbesuchen, für einen Stromaggregat u. a. m., notfalls gerichtlich einfordern".

RWE-Anwälte Hoch & Rollmann ans Amtsgericht Bad Neuenahr am 6. Juni 1997

"Diese Einwendungen des Beklagten sind fachlich falsch und darüber hinaus auch deswegen nicht zu beachten, weil der Beklagte die à-conto Zahlungen jeweils vorbehaltlos geleistet hatte".

Klein ans Amtsgericht am 26. Juli 1997

"[...] Die Preise und deren Kalkulation sind somit einer richterlichen Überprüfung zugänglich. Wenn die Preisforderung eines Monopolunternehmens wie hier die der Klägerin unangemessen ist, ist sie unverbindlich. [...] Die Ausrede von RWE, sie habe keine Preiskalkulation, muß man als Unfähigkeit oder Unwillen auslegen. Im ersten Falle sollte sie das Management auswechseln, im zweiten sind die Gerichte aufgerufen, den Widerstand zum Zeichen des Rechts und zum Wohle aller gebeutelten Bürger zu brechen".

Klein ans Amtsgericht am 16. September 1997

"[...] Da die klagende RWE ein ausgeklügeltes Netz von guten Beziehungen aufgebaut hat, gibt es für die Klägerin überhaupt kein Problem, wie die Vergangenheit zeigt und in der Literatur nachzulesen, sich jede Erhöhung der Tarifpreise genehmigen zu lassen. Die enormen Gewinne der RWE machen klar, daß die behördlichen Genehmigungsverfahren eine Farce sind. So heißt es zum Beispiel im General-Anzeiger für Bonn und den Kreis Ahrweiler vom 5. Juli 1997: "Der Essener Energiekonzern RWE AG hat im Geschäftsjahr 1996/97 zum neunten Mal in Folge Umsatz- und Gewinnrekorde erzielt..."

Gemälde

David schlägt Goliath

 Wenn die Klägerin derart hohe Gewinne erzielt, wenn der Strompreis der Klägerin bis zu 66 Prozent über denen der Nachbarländer Deutschlands liegt, wenn die Klägerin gar nicht weiß, wohin mit dem Geld der Kunden und immer mehr Unternehmen in der ganzen Welt aufkauft, wenn die Klägerin unangemessen hohe Rückstellungen auf Kosten ihrer Kunden vornimmt, wenn die Klägerin ohne zwingenden Grund höchste Löhne, Gehälter und Bezüge zahlt, wenn die Klägerin unnötige, große und wiederholte Anzeigen in der Presse schaltet usw., dann kann man zu Recht mit dem Wort des RWE-Energie-Chefs Farnung sagen: die Preisgestaltung der RWE ist eine Mogelpackung!"

RWE-Anwälte Hoch & Rollmann ans Amtsgericht Bad Neuenahr am 6. Oktober 1997

"[...] überreichen wir [...] anliegend [...] das Schreiben des Ministeriums [...] bezüglich der Genehmigung des allgemeinen Tarifs. Welche Anlage dieser Genehmigung beigefügt war, vermögen wir derzeit nicht zu beurteilen".

Amtsgericht Bad Neuenahr -Ahrweiler am 30. Oktober 1997

"Der Klägerin wird letztmalig aufgegeben, binnen zwei Wochen klarzustellen, ob es sich bei der eingereichten Anlage [...] um die Anlage der behördlichen Genehmigung handelt".

Klein ans Amtsgericht am 27. November 1997

"Die Klägerin scheint sich über den Sinn der Anlage nicht zu kümmern. Es ist auch keine Erklärung zu finden, ob die richtige Anlage bei der Genehmigungsurkunde beilag... Von da ist es bis zur Möglichkeit, daß die ursprüngliche Anlage verschwunden und für den Prozeß eine neue erstellt worden ist, nicht mehr weit. Es hätte zudem eine Art Versehenserläuterung bedurft. Auf jeden Fall ist das Durcheinander bei der Klägerin groß und damit die Glaubwürdigkeit dahin".

Urteil Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 19. Januar 1998

"Die Klage unterlag der Abweisung. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten [...] nicht hinreichend schlüssig dargelegt. [...] Die Klägerin nämlich vermochte die konkret in Rede stehende behördliche Genehmigung nicht vollständig vorzulegen. Sie kam daher der ihr [...] obliegenden Darlegungs- und Beweislast für die Angemessenheit ihrer Preisgestaltung in keiner Hinsicht nach; die durch die Genehmigung indizierte Billigkeit des Stromtarifes findet sich mangels einer widerspruchsfrei dargestellten behördlichen Genehmigung gerade nicht".

Urteil des Amtsgerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 10. Dezember 1997 - Az: 3 C 527/97

letzte Änderung: 01.09.2010