Regionalgas Euskirchen GmbH & Co. KG
Das entschied das Bonner Landgericht in zwei Klageverfahren gegen den regionalen Gasversorger in zweiter Instanz.
Regionalgas Euskirchen muss rückerstatten
(11. November 2010) Die Regionalgas Euskirchen muss zu hoch berechnete Gaspreise an Sondervertragskunden vollständig zurückzahlen. Das entschied das Bonner Landgericht in zwei Klageverfahren gegen den regionalen Gasversorger in zweiter Instanz.
Bereits 2008 hatte der Bundesgerichtshof die Preisklausel für nichtig erklärt. Dennoch weigerte sich die Regionalgas beharrlich, das zuviel kassierte Geld zurückzuzahlen. Nach Ansicht der Bonner Richter bleibt es jetzt bei dem Gaspreis, der jeweils bei Vertragsunterzeichnung mit den Sonderkunden vereinbart wurde - auch wenn er lange schon zurückliegt. Laut Urteil können auch Kunden, die keinen Widerspruch gegen die einseitige Gaspreiserhöhung eingelegt haben, die zu viel gezahlten Gebühren von Regionalgas zurückfordern. Revision hat das Bonner Landgericht gegen die Entscheidung nicht zugelassen.
Weitere 100 Klagen aus Euskirchen und dem Rhein-Sieg-Kreis liegen noch bei den Amtsgerichten, 50 weitere in der Berufungsinstanz.
Urteil des Landgerichts Bonn vom 29. April 2010 - Az. 7 O 20/10
Urteil des Landgerichts Bonn vom 03. November 2010 - Az: 5 S 218/09
Erdgas Euskirchen
Trotz einer rechtskräftigen Entscheidung des Bundesgerichtshofes 17.12.2008, VIII ZR 274/06 , nach der die Preiserhöhungen der Regionalgas Euskirchen nichtig sind, verweigert die Gasversorgung ihren Kunden die Rückzahlung zuviel verlangter Preise.
Den betroffenen Verbrauchern bleibt nur die Klage gegen die Regionalgas.
Das Amtsgericht Euskirchen hat entschieden, dass den Kunden die Rückzahlung des grundlos überhöhten Preises zusteht:
Siehe hier.
Kartellbeschwerde von Prof. Markert, ehem. Abteilungsleiter beim Bundeskartellamt:
Prof. Dr. Kurt Markert Berlin, den 3. März 2009
Direktor beim Bundeskartellamt a. D.
Ilmenauer Str. 2 a
14193 Berlin
Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie
Ref. 421
40190 Düsseldorf
Anzeige wegen Verstoßes gegen Verbote des GWB
Anl. 1
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erstatte ich gegen die Regionalgas Euskirchen GmbH &Co. KG, Euskirchen, Anzeige wegen Verstoßes gegen die Verbote des § 19 Abs. 1 und § 20 Abs. 1 GWB. Begründung: Regionalgas Euskirchen (im folg. RGEu) hat seit 2005 ihre Gaspreise für Sondervertragskunden mehrmals erhöht, ohne hierfür eine vertragsrechtlich wirksame Ermächtigung zu haben. Dies hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem rechtskräftigen Urteil vom 17.12.2008, VIII ZR 274/06 (im Internet über Website Bundesgerichtshof abrufbar) entschieden. Die fehlende Ermächtigung ergibt sich nach diesem Urteil daraus, dass die in den Lieferverträgen enthaltene Preisanpassungsklausel wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist.
Wie sich aus der als Anlage beigefügten Kopie eines Schreibens an einen Kunden ergibt, weigert sich RGEu, die rechtswidrig erlangten Erhöhungsbeträge an die Kunden zurückzuerstatten. Ob dies generell der Fall ist oder nur gegenüber den Kunden, die der Erhöhung nicht widersprochen haben, ist mir nicht bekannt.
RGEu ist nach der Entscheidung des Kartellsenats des BGH vom 10.12.2008, KVR 2/08 – Stadtwerke Uelzen, auf dem hier relevanten Gaskleinkundenmarkt marktbeherrschend und unterliegt damit den Verboten des § 19 Abs. 1 und § 20 Abs. 1 GWB. Die generelle Rückerstattungsverweigerung von RGEu verstößt gegen das erstgenannte Verbot. Im Falle einer Rückerstattung nur an die Kläger oder alle Widerspruchskunden, verstößt RGEu gegen beide Verbote.
1. Das Fordern und Durchsetzen von Entgelten durch einen marktbeherrschenden Lieferanten, auf die kein zivilrechtlich wirksamer Anspruch besteht, verstößt gegen die Generalklausel des § 19 Abs. 1 GWB. Der Ausbeutungsmissbrauch ist in diesem Fall noch eindeutiger als im Falle des Abs. 4 Nr. 2, in dem die Entgeltforderung erheblich über dem wettbewerbsanalogen Preis liegt. Beides kann nur ein marktbeherrschendes Unternehmen wegen seiner nicht durch einen wirksamen Wettbewerb kontrollierten Marktmacht durchsetzen
2. Im Falle einer unterschiedlichen Behandlung von Kunden bei der Erstattung der unrechtmäßig erlangten Erhöhungsbeträge verstößt RGEu auch gegen das Verbot des § 20 Abs. 1 GWB. Denn es kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass jedenfalls ein Teil der von der unwirksamen Preisanpassungsklausel betroffenen Sondervertragskunden Gas auch für gewerbliche Zwecke beziehen und damit Unternehmen i. S. dieser Vorschrift sind. Durch die ihnen abverlangten unrechtmäßig höheren Gaspreise werden sie auch unbillig behindert. Soweit einzelnen unternehmerischen Kunden die Rückerstattung gewährt wird, anderen jedoch nicht, liegt auch eine nach § 20 Abs. 1 GWB verbotene Diskriminierung vor. Gegenüber nicht gewerblichen Kunden ist die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung ein Marktbeherrschungsmissbrauch nach § 19 Abs. 1 GWB.
3. Nach § 32 Abs. 1 GWB kann Ihre im vorliegenden Fall örtlich zuständige Landeskartellbehörde RGEu verpflichten, die unter 1. und 2. dargelegten Zuwiderhandlungen gegen die Verbote der § 19 Abs. 1 und § 20 Abs. 1 GWB abzustellen. Dabei kann die Behörde nach der BGH-Entscheidung vom 10.12.2008 im Fall Stadtwerke Uelzen auch die Rückgewähr missbräuchlich erlangter Erlöse anordnen. Ein Eingreifen Ihrer Behörde im vorliegenden Fall liegt auch angesichts der voraussichtlich sehr großen Zahl betroffener Einzelfälle im öffentlichen Interesse. Die Alternative zu diesem Eingreifen wäre, dass jeder einzelne benachteiligte Sonderkunde den durch rechtsgrundlose Zahlungen unter Verstoß gegen Verbote des GWB erlittenen Schaden im Zivilrechtsweg nach § 33 GWB geltend machen müsste. Dies würde diese Kunden, insbesondere die kleineren Haushaltskunden, mit dem zusätzlichen Nachteil der Prozessführung belasten und viele von ihnen von diesem Weg abschrecken. Aber auch soweit dies nicht der Fall ist, kann eine Inflation einer Vielzahl von Parallelprozessen nicht im öffentlichen Interesse liegen.
Aus den vorgenannten Gründen bitte ich um die Einleitung eines Kartellverwaltungsverfahrens Ihrer Behörde gegen RGEu nach § 32 und ggf. § 34 GWB.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort von Prof. Markert
An:'thomas.osthoff(at)mwme.nrw.de'
Betreff: Regionalgas Euskirchen, Az. 421-77-02E
Sehr geehrter Herr Osthoff,
für Ihr Schreiben vom 17.3.2009 danke ich Ihnen. Mit dessen Inhalt bin ich allerdings aus folgenden Gründen nicht einverstanden.
1. Nach § 19 Abs. 1 GWB verbotener Preismissbrauch eines marktbeherrschenden Unternehmens beschränkt sich nicht auf den besonderen Fall einer erheblich über dem wettbewerbsanalogen Preis liegenden Preisforderung (Abs. 4 Nr. 2), sondern kann nach der Generalklausel des Abs. 1 auch aus anderen Gründen vorliegen (Abs. 4 regelt nur „insbesondere“-Fälle!). Dies ist u. a. in dem Maße der Fall, in dem ein marktbeherrschender Lieferant seinen Abnehmern einen Preis abverlangt, ohne nach dem Liefervertrag dazu berechtigt zu sein. Dies und nicht – wie Sie offenbar unterstellen – ein Preishöhenmissbrauch nach § 19 Abs. 4 Nr. 2 ist Gegenstand meiner Anzeige.
2. Soweit Sie sich für Ihre Weigerung, auf meine Anzeige hin tätig zu werden, auf das nicht rechtkräftige Urteil des LG Dresden v. 11.9.2008 stützen, ist dies schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil dieses Urteil ganz offensichtlich der Rechtsprechung des in letzter Instanz zuständigen VIII. Zivilsenats des BGH widerspricht (Urteile v. 13.6.2007, RdE 2007, 258, und v. 19.11.2008, RdE 2009, 54). Danach ist bei Tarifkunden eine Vereinbarung über einen vom Versorger einseitig erhöhten Preis erst dann anzunehmen, wenn der weiterhin Gas beziehende Tarifkunde nicht innerhalb „angemessener Zeit“ nach der darauf folgenden Jahresabrechnung der Erhöhung widersprochen hat. Dies aber ist mit Sicherheit im Falle Euskirchen für die Gasbezüge des Jahres 2008 noch nicht geschehen. Im Fall Euskirchen handelt es sich auch nicht um Tarifkunden, sondern um Sondervertragskunden, für die die genannten BGH-Urteile von vornherein nicht gelten. Vielmehr sind für diese Kunden bei Preiserhöhungen, die auf eine unwirksame vertragliche Preisanpassungsklausel gestützt wurden, die Grundsätze des Urteils des VIII. BGH-Zivilsenats v. 20.7.2005, VIII ZR 199/04, anzuwenden. Dieses Urteil füge ich für Sie bei.
3. Ihre Behörde hat zwar in Fällen wie dem vorliegenden nach § 32 GWB ein Aufgreifermessen. Stützt sie sich allerdings bei ihrer Ablehnung. auf eine Anzeige hin tätig zu werden, auf rechtfehlerhafte Erwägungen, handelt sie ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Ich bitte Sie deshalb, Ihre Position im Lichte meiner vorstehenden Ausführungen zu überprüfen.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Markert