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Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V. vom 21. Dezember 2017
Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.

Energieversorger kneifen vor dem EuGH

(21. Dezember 2017) Die Stadtwerke Delmenhorst verklagten einen Verbraucher auf Zahlung von 5.300 Euro. Um diesen Betrag hatte der Verbraucher seine Rechnung in den Jahren von 2005 bis 2012 gekürzt, weil die Preiserhöhungen nicht den Anforderungen des europäischen Verbraucherschutzes entsprachen. Rund 100 andere Verbraucher, die ebenfalls die Gasrechnung jahrelang gekürzt hatten, einigten sich außergerichtlich mit dem Versorger.

Vor dem Landgericht Bremen wurde die Klage der Stadtwerke Delmenhorst zunächst vollumfänglich abgewiesen, weil die Stadtwerke ihrer „Darlegungslast hinsichtlich sämtlicher Preiserhöhungen nicht im Ansatz nachgekommen ist“. (Urteil vom 2.9.2016 Az. 3 O 1712/11, bdev.de/lgbremen). Die Stadtwerke legten dagegen Berufung ein. Das Oberlandesgericht Bremen fragte daraufhin den europäischen Gerichtshof (EuGH), ob die europäischen Verbraucherschutzrichtlinien direkte Gültigkeit in Deutschland entfalten (Beschluss vom 19.5.2017, Az. 2 U 115/16; EuGH Az. C-309/17). Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) wären die Preiserhöhungen zulässig gewesen. Der BGH hatte sich zuvor mit seiner versorgerfreundlichen Rechtsprechung über ein Urteil des EuGH vom 23.10.2014 hinweggesetzt. Deshalb hat der Fall erhebliche rechtliche Brisanz (siehe bdev.de/eugh).

Nun haben die Stadtwerke Delmenhorst die Berufung überraschend zurückgezogen. Damit erlangt das erstinstanzliche Urteil Rechtskraft. Der Versorger hat also keinen Anspruch auf die Zahlung der gekürzten Rechnungsbeträge. Die Versorger haben offenbar so viel Angst vor dem Urteil des EuGH, dass sie lieber einen Streit verloren geben, als das Risiko eines Urteils des EuGH einzugehen. Es geht darum, ob die Preiserhöhungen dem Verbraucher brieflich mitgeteilt und ausreichend begründet worden ist mit Hinweis auf das Kündigungsrecht des Verbrauchers.

Der betroffene Verbraucher kann sich freuen. Die anderen Verbraucher, die sich auf einen Vergleich eingelassen hatten, profitieren davon nicht mehr. Auch hatte das Amtsgericht Delmenhorst in vielen ähnlichen Fällen dem Versorger Recht gegeben und die Verbraucher mussten die gekürzten Beträge nachzahlen. Auch diese Urteile, in denen wegen eines Streitwertes unter 600 Euro keine Berufung möglich war, behalten Gültigkeit.

Offenbar scheuen die Versorger ein Urteil des EuGH in dieser Sache. Betroffene Verbraucher sollten sich diesen Umstand zunutze machen und auf die direkte Wirkung des europäischen Rechts zu ihren Gunsten hinweisen.

letzte Änderung: 12.12.2011