ED 04/21 Dauerbrenner Flüssiggas (S.10-13)

Das Geheimnis des Flüssiggaspreises

Rund eine halbe Million Haushalte heizen mit Flüssiggas. Die Preise hängen bei diesem Energieträger besonders vom Geschick des Verbrauchers ab. Im dritten Teil unserer Serie beleuchtet Frank Urbansky die Preisbildung von Flüssiggas.

(30. Juni 2014, Diagramm aktualisiert 13. Februar 2019) Während die Heizölpreise sich täglich ändern, bewegen sich die Flüssiggaspreise für Endverbraucher gemächlicher im Wochen- oder gar Monatsrhythmus. Denn ein Großteil des Brennstoffes wird auch im Großhandel in Wochen- oder Monatskontrakten gehandelt. Die Preise dafür sind für die Dauer des Vertrages fest. Doch auch die Flüssiggaspreise stiegen zwischen 2000 und 2014 auf mehr als das Doppelte, laut Statistischem Bundesamt jährlich im Durchschnitt um sechs Prozent. Der Bund der Energieverbraucher ermittelt seit dem Jahr 2005 wöchentlich die Flüssiggaspreise besonders günstiger Anbieter auf dem freien Flüssiggasmarkt für elf Regionen mit jeweils zwei Abnahmemengen und veröffentlicht diese auf seiner Internetseite. Diese Preise werden mittlerweile branchenweit als aktuelle Bezugsgröße angesehen und oft auch in Verträgen als Referenz genutzt.

93 981 988 1116 Diagramm Brennstoffpreisentwicklung in Deutschland 2003 - 2019

Nicht an Mineralöl gekoppelt

Flüssiggas, im Wärmemarkt auch Heizgas genannt, ist ein Gas, dass sowohl bei der Förderung von Erdöl als auch bei dessen Raffinierung anfällt. Zwei Drittel des in Deutschland verbrauchten Propans stammen aus Raffinerien, auch aus denen des ARA-Raums (Antwerpen-Rotter-dam-Amsterdam), von dem noch zu sprechen sein wird.

Verwendung findet Propan auch in der chemischen Industrie sowie als Koch- und Heizgas im Campinggeschäft. Zu einem erheblichen Teil (500.000 Tonnen jährlich) wird es als Autogas gehandelt. Den Großteil jedoch verbraucht der Wärmemarkt. Hier ist Flüssiggas mit jährlich 1,6 Millionen Tonnen allerdings nur der fünftwichtigste Energieträger (nach Erdgas, Heizöl, Fernwärme und Strom). Rund 430.000 Endabnehmer, davon der Großteil private Haushalte, setzen auf Flüssiggas.

Im Frühjahr günstiger

In der Heizperiode (September bis April) steigt die Nachfrage nach Flüssiggas. Entsprechend steigt der Preis. Im Frühjahr ist Heizgas hingegen meist günstiger. „In den letzten zwei Jahren war Flüssiggas am günstigsten im April und Mai, während es im Dezember am teuersten war“, bestätigt auch Ronald Lehmer vom Flüssiggas-Einkaufsring Taunus.

Regionale Unterschiede

Die Nähe nach Belgien und den Niederlanden machen auch einen großen regionalen Preisunterschied aus. „Im Raum West 1 der Flüssiggasbörse des Bundes der Energieverbraucher sind die Preise durchweg am günstigsten. Hier spielt offensichtlich die Möglichkeit des Direktbezugs aus dem ARA-Raum eine entscheidende Rolle“, so Lehmer. Der Trend reiche in abgeschwächter Form auch bis in das Rhein-Main-Gebiet. Die Nähe zu einer Raffinerie spielt seiner Meinung nach jedoch keine Rolle.

Zusammensetzung des Flüssiggaspreises aus deutscher Raffinerie
Schritt Eurocent je Liter LPG
Bezugskosten des Vorlieferanten einschließlich Transport 7,00
Marge des Vorlieferanten 10,00
Verarbeitung in der Raffinerie einschließlich Marge 17,00
Logistik (Transport, Lagerung) 4,00
Marge Händler 6,00
Energiesteuer
(Propan als Heizgas, 60,60 Euro/t)
3,08
Gesamt netto 47,08
Mehrwertsteuer 19% 8,95
Gesamt brutto 56,03

Quellen: MWV, Statistisches Bundesamt, HWWI, div. Unternehmen. Alle Angaben gemittelt, da abgesehen von Steuern schwankend.

Die Spaltung des Marktes

Ein weiterer Kostenfaktor ist der Tank. Denn nur die glücklichen Besitzer eines eigenen Tanks können dort Flüssiggas beziehen, wo es am günstigsten ist. Ein großer Teil der Flüssiggaskunden ist durch einen Tankmietvertrag meist auch vertraglich an einen bestimmten Lieferanten gebunden. Wenn ein anderer Lieferant in einen solchen Tank liefert, drohen ihm hohe Strafzahlungen. Der Markt zerfällt deshalb in zwei Teile: den freien Markt mit Verbrauchern, die über einen eigenen Tank verfügen und bei freien Lieferanten ihrer Wahl tanken können, sowie einen geschlossenen Marktteil mit Miettanks und festen vertraglichen Bindungen ohne Wahlfreiheit des Kunden.

93 333 Flüssiggastank im Garten / Foto: Dr. Fuchs, Flüssiggas

Ein Flüssiggastank wird im Garten eingebracht.

Überteuert und im Visier der Kartellwächter

Die Firmen, die Tanks vermieten, sind im Dachverband Flüssiggas organisiert. Auch die vom Kartellamt mit hohen Bußen belegten Firmen gehören diesem Verband an. Die vertraglichen Bindungen werden vielfach missbraucht, um maßlos überhöhte Flüssiggaspreise zu fordern. Auch der in manchen Mietverträgen enthaltene Passus, dass der Kunde bei fremden Lieferanten bestellen kann, wenn der eigene Versorger den Preis nicht mitgeht, stellt sich in der Regel als leeres Versprechen heraus, da ein freier Anbieter in einen solchen Tank natürlich wegen der Strafandrohung nicht einliefert, solange nicht eine schriftliche Erlaubnis des Tankvermieters vorliegt. Und die wird in der Regel dann nicht erteilt, oder der Kunde wird solange hingehalten, bis er in Notstand gerät und dann doch wieder bei seiner alten Firma den überhöhten, manchmal dann auch leicht reduzierten Preis bezahlt. Da hilft es wenig, wenn Flüssiggasanbieter den Mitgliedern des Bundes der Energieverbraucher Sonderpreise einräumen. Der Bund der Energieverbraucher rät allen Miettankkunden zu harten Preisverhandlungen sowie zur Vertragsbeendigung und Anschaffung eines eigenen Tanks.

250 Millionen Euro Kartellstrafe gegen Vertragshändler

Doch der Missbrauch der Marktstellung geht noch weiter. Elf Flüssiggashändler gerieten 2005 in das Visier der Kartellwächter und Staatsanwälte wegen „Kundenschutzabsprachen“ zwischen 1997 und 2005, bei denen sie sich gegenseitig versicherten, keine Kunden abzuwerben. Sobald wechselwillige Kunden bei einem anderen Unternehmen nachfragten, nannte man ihnen entweder gar keinen Preis oder nur einen überhöhten „Abschreckungspreis“. Das Bundeskartellamt verhängte gegen elf Unternehmen der Flüssiggasbranche sowie deren Geschäftsführer Bußgelder in Höhe von 250 Millionen Euro. Dagegen legten die Betroffenen Berufung ein. Nach drei Jahren Verhandlung verschärfte das Oberlandesgericht Düsseldorf die Kartellstrafen des Bundeskartellamtes mit Bußgeldern gegen fünf Unternehmen in Höhe von 244 Millionen Euro. Das letzte Wort hat jetzt der Bundesgerichtshof.

An den oftmals überhöhten Preisen der Vertragshändler hat sich seither kaum etwas geändert.

In der Hand des Mittelstandes

Die meisten Flüssiggaslieferanten agieren unabhängig von den großen Mineralölgesellschaften. Diese konzentrierten sich lieber auf das Kerngeschäft mit Treibstoffen sowie Heizöl und haben, so Lehmer, in den 80er Jahren möglicherweise den Trend zum Flüssiggas verschlafen. Dennoch gebe es Beteiligungen, so von Total bei Tyczka Totalgas. Der Energieversorger RWE ist seit der Übernahme des Ölförderers DEA an der Rheingas beteiligt. Dennoch gibt es auch hier Unterschiede. Es gibt Flüssiggashändler mit festen Beziehungen zu Produzenten oder Großhändlern und es gibt unabhängige Händler, die ihre Ware frei am Markt einkaufen. Erstere haben in aller Regel durch die festen Lieferantenbeziehungen einen höheren Preis für die Endkunden. Das liegt zum einen an längerfristigen Lieferverträgen, die eine gewisse Preisstabilität für den Zwischenhändler bedeuten, zum anderen an der etwas aufwändigeren Logistik durch den zwischengeschalteten Großhändler.

Webhinweis zu Flüssiggas: http://fluessiggas.energieverbraucher.de

So funktioniert der Flüssiggas-Einkaufsring Taunus

Der von Gert Gätke vor vielen Jahren gegründete und seit 2012 von Ronald Lehmer geführte Einkaufsring Flüssiggas Taunus garantiert seinen Teilnehmern faire Preise.

Etwa sechs Mal pro Jahr wird gemeinsam eingekauft. Per E-Mail fragt Ronald Lehmer bei den registrierten Mitgliedern an, wer mit tanken möchte und sammelt so die Bedarfsmeldungen. Mit der entsprechenden Menge sowie der Lage und Anzahl der Abladestellen wird bei verschiedenen Lieferanten angefragt. Wer den Zuschlag erhält, entscheiden die Punkte Lieferfähigkeit, aktueller Preis und Erfahrungen bei vorangegangenen Belieferungen.

Der Lieferant bekommt die Unterlagen der Mitglieder (Eigentumsnachweis, Einzugsermächtigung, Tankprüfprotokolle) übermittelt und beliefert jedes Mitglied mit separatem Lieferschein und Rechnung. Bezahlung und Unstimmigkeiten klärt jedes Mitglied direkt mit dem Lieferanten.

letzte Änderung: 13.02.2019