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Welche Einflussfaktoren kurzfristig den Heizölpreis bestimmen.

Wer den Heizölpreis macht

1988 kostete Heizöl noch 37 Pfennig je Liter. Die Preise werden auch künftig kräftig steigen, weil die Nachfrage global steigt und die Reserven endlich sind. Welche Einflussfaktoren kurzfristig den Heizölpreis bestimmen, das erklärt Energieexperte Frank Urbansky.

(25. März 2014) Will man wissen, wie der Heizölpreis in Deutschland entsteht, sollte man nicht in den Himmel, sondern nordwestlich Richtung Nordsee schauen. Denn dort findet man die größte Raffineriedichte auf dem europäischen Kontinent. Im Raum Antwerpen-Rotterdam-Amsterdam, kurz ARA genannt, werden auch die Preise für das deutsche Heizöl gemacht.

330 1261 Frank Urbansky

Frank Urbansky | Journalist mit den Spezialgebieten Energiemärkte, Energiepolitik und Energietechnik. Er beobachtet seit 15 Jahren den weltweiten Öl- und Gasmarkt.

Machtvoller ARA-Raum

In den großen Seehäfen, allen voran Rotterdam, werden riesige Mengen Rohöl angelandet. Das Öl kommt von verschiedenen Feldern in der Nordsee, aus Nordafrika und anderen überseeischen Fördergebieten. Zum einen wird dieses Rohöl an Raffinerien außerhalb des ARA-Raumes weitergeleitet. Zum anderen wird es dort – auch für den deutschen Markt – direkt zu Benzin, Diesel oder Heizöl verarbeitet. Diese Produkte kommen dann per Pipeline oder Schiff über den Rhein nach Deutschland.

125 330 Heizöl-Tanken / Foto: Frank Urbansky

Bevor Heizöl in deutschen Kellern landet, hat es einen weiten Weg zurückgelegt. Foto: Frank Urbansky

Preisbestimmend sind die Ölpreise an den Rohstoffbörsen, die sich aus Angebot und Nachfrage bestimmen. Dort werden die Preise für kurzfristige Lieferungen (Spots) und langfristig in der Zukunft zu liefernde Menge (Termin) ausgehandelt. Deren Preise wiederum richten sich nach Erwartungen, die Käufer und Verkäufer für die künftige Preisentwicklung von Heizöl haben (siehe Fakten, die den Heizölpreis prägen).

Auch die Lagerhaltung beeinflußt den Preis. 30 Millionen Kubikmeter Tankraum sowohl für Rohöl als auch für Produkte wie Heizöl hat der ARA-Raum. Das würde reichen, um Deutschland vier Monate mit Rohöl zu versorgen. Diese Lager gehören überwiegend Rohstoff-Handelshäusern oder sogar Banken. Sie speichern zu günstigen Preisen ein, verknappen dadurch das Angebot und treiben damit den Preis nach oben. Sind die Tanks randvoll, dann wird zu den hohen Preisen verkauft und Kasse gemacht. Das Überangebot lässt die Preise fallen und das Spiel kann von vorn beginnen. Nur Monopoly ist schöner.

Der Marktmacht der niederländisch-belgischen Raffinerielandschaft und der dortigen Lagerbetreiber haben die deutschen Rohöl-Raffinerien wenig entgegenzusetzen. Zum Vergleich: Allein am Standort Antwerpen können von den dortigen vier Raffinerien gut 42 Millionen Tonnen Rohöl pro Jahr verarbeitet werden. Das ist die Hälfte dessen, was alle elf deutschen Raffinerien zusammen leisten können. Hinzu kommt noch der Preisdruck, den Raffinerien in Russland oder Indien ausüben, die deutlich günstiger produzieren.

Deutsche Raffinerien in der Zwickmühle

Was der ARA-Raum an Produktpreisen vorgibt, kann von deutschen Marktteilnehmern kaum über-, geschweige denn unterboten werden. Deswegen klagen die Raffineriebetreiber hierzulande schon seit Jahren über schwindende Margen. Grund sind der starke Konkurrenzkampf der von den Ölmultis betriebenen Raffinerien untereinander und die im Laufe der Zeit deswegen aufgebauten Überkapazitäten. Einige Raffinerien schlossen bereits (Wilhelmshaven und Bayernoil Ingolstadt) oder wurden nach Insolvenz von potenten ausländischen Investoren aufgekauft (so die RuhrOel GmbH Gelsenkirchen zur Hälfte an Rosneft und Petronord-Raffinerie Ingolstadt von dem russisch geprägten Ölhändler Gunvor).

Gewinne der Ölmultis im 4. Quartal 2013
Firma Tankstellennetz
in Deutschland
Gewinn in Mrd.
US-Dollar im
4. Quartal 2013
Exxon Esso 8,35
Chevron Texaco (in D nur noch
im Schmierstoffbereich)
4,93
Shell Shell 16,4
Conoco-Phillips Jet 2,50
BP Aral 13,4
Total Total 3,4
Mittelständler importieren

Die deutschen Raffinerien der Ölmultis verdienen Geld hauptsächlich durch den Dieselverkauf in ihrem angegliederten Tankstellennetz. Bei BP ist das Aral, bei Exxon Esso, Shell vertreibt ebenso wie Total unter der Konzernmarke und Phillips 66 (seit 2012 abgespalten von Conoco-Phillips) vertreibt unter dem Handelsnamen Jet. Im Branchen-Jargon werden diese Unternehmen auch A-Gesellschaften, Farbengesellschaften oder „die großen Fünf“ genannt. Die Margen für Benzin sind hingegen vergleichsweise gering. Heizöl wird über konzernunabhängige lokale Heizölhändler vertrieben. Die auskömmlichen Margen des Endkundenvertriebs fehlen den Multis und deshalb bringen sie auch nur geringere Heizölmengen auf den Markt.

Diese Marktlücke nutzen mittelständische Importeure wie Mabanaft oder Hoyer Energie. Sie kaufen Heizöl in Rotterdam günstig ein und vertreiben es hier. Je nach Bedarf kommt inzwischen jeder dritte bis vierte Liter Heizöl, der in Deutschland verbraucht wird, von dort. Durch ihre ausgefeilte Logistik und den günstigen Einkauf im ARA-Raum können die Händler immer noch ein auskömmliches Geschäft betreiben und sorgen indirekt dafür, dass die hiesigen Raffinerien beim Heizöl nicht über dieses letztlich vom ARA-Raum vorgegebene Preisniveau klettern können.

Zu den Preisen im ARA-Raum sind dann lediglich noch die Logistikkosten für den Transport nach Deutschland und die hiesigen Steuern mit einzurechnen. Dabei ergibt sich folgende Kostenstruktur von der Förderung bis hin zum Endkunden:

Produktionsschritt Eurocent je Liter Heizöl
Förderung 7,00
Transport 0,50
Margen der Konzerne und Förderstaaten 29,50
Verarbeitung in der Raffinerie einschließlich Marge 18,00
Produktpreis gesamt 55,00
Dazu: 
Logistik (Transport, Lagerung) 9,00
Marge Heizölhändler 4,00
Energiesteuer 6,10
Abgabe Erdölbevorratungsverband 0,30
Abgabe IWO (Marketinginstrument des Ölhandels) 0,04
Gesamt netto 74,44
Mehrwertsteuer 14,14
Gesamt 88,58

Alle Preise beziehen sich auf eine durchschnittliche Liefermenge von 1.500 Litern, Stand Dezember 2013 | Quellen: div. Unternehmen, MWV, HWWI

Das meiste Geld wird also zwischen Förderung und Lieferung an die Raffinerien verdient: derzeit rund 37 Cent Rohöl-Preis je Liter. Gemeinsam mit der Umsatzsteuer kommt man so auf einen Produktanteil von 41,7 Prozent beim Heizöl.

330 Diagramm Rohölpreise 1973-2013

Die Preissprünge beim Heizöl resultieren aus den Schwankungen beim Ausgangsprodukt Rohöl, der Spekulation mit dem Vorprodukt Gasöl sowie dem Wechselkurs Euro zu US-Dollar.

Tipps zum Heizölkauf

Große Mengen Heizöl in größeren Mengen zu kaufen ist immer günstiger als in kleinen Mengen. Dazu eine Tabelle mit einem typischen Durchschnittspreis bei verschiedenen Mengen (in Euro je 100 Liter, Stichtag 21. Januar 2014)

Liefermenge 500 l 1000 l 1500 l 3000 l 5000 l 10000 l
Preis (Euro je 100 Liter) 102,48 90,52 85,83 82,66 80,94 80,00
Ersparnis in Euro ggü. 500 l
(bezogen auf Gesamtmenge)
0 23,92 49,95 118,92 215,40 449,60

Sammelbestellung Von der Idee der geringeren Preise bei größeren Mengen lebt die Sammelbestellung. Hier schließen sich mehrere, nah beieinander wohnende Heizölkäufer zusammen und geben eine gemeinsame Bestellung ab. Die Besteller sollten sich absichern, damit nicht jeder für die Gesamtsumme haftet und für die anderen zur Kasse gebeten werden kann.

Internet-Portale Bewährt sind die Internet-Portale esyoil.com, heizoel24.de und fastenergy.de. Bei ihnen geben Heizölhändler täglich ihre Preise ab. Kunden können sich je nach PLZ-Gebiet und Mengen orientieren, was das Heizöl in ihrer Region kostet. Entweder bestellt man abschlagsfrei direkt über diese Portale oder geht mit dem Preis zu seinem örtlichen Heizölhändler. Der wird diesen in der Regel akzeptieren.

Preisbeobachtung Wer noch etwas Reserven im Tank hat, kann zum Beispiel auf www.energieverbraucher.de täglich die Entwicklung des Heizölpreises beobachten. Sehr fundierte Kommentare erläutern die Entwicklung. Nach einer längeren Periode konstant fallender Preise (wie etwa im Dezember 2013/Januar 2014) kann man davon ausgehen, dass dieser Entwicklung wieder ein Anstieg folgt. Die Kunst liegt also darin, den richtigen Kaufzeitpunkt zu finden. Oder man legt sich einen Preis fest, bei dem man keine Bauchschmerzen hat, und ordert, wenn dieser erreicht ist.

letzte Änderung: 14.10.2024