ED 04/12 Eine Welt ohne Öl (S.30-31)
In Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt Kiel hält sich die autofreundliche Verwaltung für besonders pfiffig.

Luftfilter gegen Feinstaub

Von Louis-F. Stahl

(26. März 2021) In Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt Kiel hält sich die autofreundliche Verwaltung für besonders pfiffig: Weil die Feinstaubmessstation an einer Hauptverkehrsstraße über Jahre Grenzwertüberschreitung nach Grenzwertüberschreitung registrierte und die Stadt gezwungen war zu handeln, wurden kurzerhand Rad- und Fußweg vor der Messstation gesperrt und Luftfilter aufgebaut, die die Messstation mit sauberer Luft versorgen. Die sechs Filter mit einem Listenpreis von rund 85.000 Euro pro Stück pusten mit einer Lautstärke von 54 bis 68 dB(A) seither ein bisschen saubere Luft an die Messstation und die Anwohner beschweren sich wegen des Lärms der Filteranlagen. Gegen diesen Schildbürgerstreich und den gesamten Luftreinhalteplan der Stadt Kiel klagte die Deutsche Umwelthilfe vor dem Oberverwaltungsgericht in Schleswig – mit Erfolg (Az. 5 KN 1/19). Die Stadt Kiel gibt sich indes nicht geschlagen, der Streit ist inzwischen beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk kommentierte Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) das Urteil lapidar: „Weder ein Gericht noch sonst jemand“ könne in naher Zukunft in Kiel Fahrverbote verfügen.

1235 Luftfilter / Foto: Thilo Pfennig (CC BY-SA 3.0 DE)

Im Zuge des Prozesses in Schleswig wurde die Effektivität der Luftfilter bekannt. In einem Abstand von ein bis zwei Meter könne laut einem Gutachten eine Reinigungsleistung von 70 Prozent erreicht werden. Genau zwischen zwei der lärmenden Luftfilter sinke die Reinigungsleistung aber bereits auf 0 bis 10 Prozent. Das Gutachten selbst ist leider nicht öffentlich, da es Geschäftsgeheimnisse der Filterhersteller enthalte – bekannt sind nur die in der Verhandlung behandelten Auszüge aus dem Gutachten.

Ähnliche Filteranlagen zur Messwertoptimierung eines anderen Herstellers werden aktuell in Stuttgart und Heilbronn eingesetzt. Der Hersteller dieser Anlagen bezifferte den Wirkradius seiner Geräte gegenüber dem Magazin Technology Review mit „10 bis 15 Meter“ (Heft 9/2020, S. 36). Für eine wirksame Luftverbesserung müsste man folglich mehr Luftfilter als Straßenlaternen aufstellen. Der Energiebedarf jedes einzelnen Filters beträgt übrigens 1,5 bis 6 kW – je nach Baugröße.

letzte Änderung: 12.08.2024