Gute Luft im dichten Haus
Die Lüftungsverluste stellen einen großen Anteil an den gesamten Wärmeverlusten eines Hauses dar. Dieser Anteil liegt beim Altbau bei 40% und beim Niedrigenergiehaus bei 60% - er wird also mit besserer Dämmung zwangsläufig höher. Oft wird die Hälfte der Raumheizungsenergie durch falsche Lüftung "hinausgelüftet".
(15. Oktober 2003)
Pettenkofer-Zahl: 0,1% CO2
Als Maßstab für die Luftqualität gilt nach Max Pettenkofer eine CO2-Konzentration von 0,1% CO2 in der Raumluft. Je nach Aktivität bedeutet das einen Frischluftbedarf zwischen 17 m3 (Schlafen) und 130 m3 (Handwerker) je Erwachsenem und Stunde. Ein durchschnittlicher Haushalt gibt täglich zehn Liter Wasser an die Luft ab, den verdampften Inhalt eines Putzeimers voll Wasser. Diese Menge muss hinausgelüftet werden.
Luftwechselrate
Die Luftwechselrate gibt an, wie oft pro Stunde ein kompletter Luftaustausch des Raumes stattfindet. Eine Luftwechselrate von "1" bedeutet, dass die Luft einmal pro Stunde komplett erneuert wird. Wichtiger als die Luftwechselrate ist die Menge zugeführter Frischluft.Wände atmen nicht
Die Aussenwände von Gebäuden sind nur sehr geringfügig für Luft und Wasserdampf durchlässig: Wände atmen nicht. Für eine gesunde Raumluft muss man durch eine vernünftige Lüftung sorgen.
Passivhäuser beruhen im wesentlichen auf drei Konzepten:
- Dämmen
- Dichten und
- Lüften.
Gegenüber durchschnittlichen Verbräuchen im Gebäudebestand erreicht ein gutes Passivhaus eine Energieeinsparung von annähernd 90% (Abb. 1). Damit ist der Passivhaus-Standard ein Beispiel für ein nachhaltiges Konzept, bei dem die Umwelt nur mit einem Zehntel des sonst üblichen belastet wird. Beispielsweise wurde in den 22 Reihenhäusern der ersten Passivhaus-Siedlung in Wiesbaden ein Heizenergieverbrauch von weniger als 14 kWh/(m2a) gemessen.
Nun, die bewohnten Passivhäuser funktionieren. Mithin haben sich die drei konzeptionellen Säulen offensichtlich bewährt.
Umweltpreisträger 2001: Dr. Wolfgang Feist
Richtiges Lüften
Man ist also gut beraten, eine Gebäudehülle sorgfältig abzudichten und für den notwendigen Luftwechsel auf andere Art zu sorgen, als durch den zufällig von Wind und Kälte erzwungenen Luftzug. Als erste Alternative bietet sich hier die bewusste Fensterlüftung durch den Nutzer an. Selbstverständlich bleibt einem Mieter in einer relativ luftdichten Wohnung ohne gesicherte Wohnungslüftung (d.h. ohne zumindest einen Abluftventilator) gar keine andere Wahl, als durch regelmäßiges Fensteröffnen Wasserdampf, Gerüche und Schadstoffe aus der Luft abzuführen. Solange dies so ist, muss die entsprechende Nutzeraufklärung fortgesetzt werden, die da heißt: "Regelmäßig musst Du Dein Fenster öffnen, und zwar ganz. Du sollst es wenigstens 5 Minuten offenhalten, damit der Raumluftinhalt gänzlich ausgetauscht wird. Danach musst Du das Fenster wieder zumachen, denn sonst kühlen die Raumoberflächen unnötig aus - die Raumluft wird aber nicht mehr besser." Jetzt fehlt nur noch die Angabe, wie oft die oben genannte Prozedur durchzuführen wäre. Sicher hat man in der Vergangenheit den notwendigen Luftwechsel in Wohngebäuden eher überschätzt (die Reinraumluftfraktion hat daran hohen Anteil, aber auch mancher Lüftungstechnikhersteller, da man lieber große teure als kleine preiswerte Anlagen verkauft). Dass der notwendige Luftwechsel eher bei 0,4-fach in der Stunde als bei 0,8 liegt, lässt sich durch Messungen aus bewohnten Niedrigenergie- und Passivhäusern wissenschaftlich gesichert belegen:
In Häusern mit Luftwechseln über 0,5-fach je Stunde wurde regelmäßig von den Bewohnern die Innenluft als im Winter zu trocken eingeschätzt. Auch das ist in guter Übereinstimmung mit der Physik, denn kalte Außenluft mit 85% rel. Feuchte von -5°C auf 20° erwärmt hat nur noch eine relative Feuchte von etwa 18%. Kommt die Feuchtigkeit aus der Wohnnutzung hinzu, dann ergibt sich eine Raumluftfeuchtigkeit unter 30%. Beschwerden darüber bleiben nicht aus; in allen Niedrigenergiehäusern, in denen Lüftungsplaner streng nach den damaligen lüftungstechnischen Vorstellungen einen 0,6 bis 0,8 fachen Luftwechsel eingestellt hatten, kam die Rückmeldung "zu trocken" postwendend.
Andererseits liegen umfassende Raumluftqualitätsmessungen aus den Passivhäusern in Darmstadt Kranichstein vor, bei denen der effektive Luftwechsel in den Zulufträumen sogar bei nur etwa 0,3 fach pro Stunde liegt. Dieser Wert konnte hier genau gemessen werden, weil das Haus über eine Lüftungsanlage verfügt und wir wissen, dass die Fenster in den Wohnungen im Dezember und Januar geschlossen bleiben. Die Raumluftqualität bei einem allerdings gleichmäßig gesicherten 0,3-fachen Luftwechsel lässt in den Häusern in Kranichstein nichts zu wünschen übrig.
Superdämmung für das Passivhaus