Kraftwerksneubau
Strategische Reserve effizienter
(3. Januar 2014) Der von der Energiewirtschaft geforderte Kapazitätsmarkt, bei dem Kraftwerksbetreiber für ihre Betriebsbereitschaft entlohnt werden, sei nicht der effizienteste Weg zur Versorgungssicherheit auf dem Strommarkt, so das Analysehaus Energy Brainpool. Es kommt in einer Untersuchung im Auftrag des Bundesumweltministeriums zum Ergebnis, dass die Versorgungssicherheit am besten durch eine strategische Reserve gesichert werden kann. Die Studie ist unter www.energybrainpool.com einsehbar. Das Modell der strategische Reserve sei die beste Alternative im Hinblick auf Kosten und Versorgungssicherheit.
Die Studie untersucht die Folgen von vier vorgeschlagenen Modellen zum künftigen Strommarktdesign: dem nachfragebasierten Leistungsmarkt, einen zentralen Kapazitätsmarkt in umfassender und selektiver Ausgestaltung sowie eine strategische Reserve. Die vier Modelle wurden anhand folgender Kriterien bewertet: Effektivität, Effizienz, Transformationsbeitrag, Transaktionskosten, Verteilungseffekte, institutionelle Passfähigkeit in Deutschland und Europa sowie Anfälligkeit für unvorhergesehene Änderungen der zugrunde liegenden Annahmen und Rahmenbedingungen.
Die strategische Reserve erhält für sechs der sieben Kriterien die höchste Punktzahl und damit die beste Gesamtbewertung. Das integrierte Energiemarktdesign, auch nachfragebasierter Leistungsmarkt genannt, erreicht die zweitbeste Gesamtpunktzahl. Der fokussierte Kapazitätsmarkt kam auf den dritten Platz noch vor dem Modell des umfassendenKapazitätsmarktes.
Neue Braunkohlekraftwerke nicht sinnvoll
(15. Dezember 2012) In Zeiten, in denen der Anteil der Stromerzeugung aus Sonnen-, Wind- und anderen regenerativen Energien immer weiter wächst, wirkt die Braunkohleverstromung wie eine Technologie aus ferner Vergangenheit. Dennoch werden derzeit Neubauprojekte von Braunkohlekraftwerken sowie der Aufschluss neuer Tagebaue in den deutschen Revieren diskutiert, um den Atomausstieg zu kompensieren und den Energiehunger vor allem der deutschen Industrie zu stillen.
Neue Braunkohlekraftwerke und Tagebaue sind jedoch nicht sinnvoll – weder aus betriebswirtschaftlicher Sicht, noch aus standortspezifischer und umweltpolitischer Sicht. Das zeigen Christian von Hirschhausen, Jonas Egerer, Clemens Gerbaulet und Pao-Yu Oei in einer Studie, die im aktuellen Wochenbericht des DIW Berlin erschienen ist. Demnach ließen sich neue Kraftwerke nur bei dauerhaft niedrigen Preisen für CO2-Zertifikate profitabel betreiben. Hinzu kommt, dass die Lage der Braunkohlereviere vor dem Hintergrund bereits bestehender Engpässe bei den Übertragungsnetzen und der künftig erwarteten räumlichen Verteilung der Stromnachfrage denkbar ungünstig ist. Nicht zuletzt steht der hohe CO2-Ausstoß umweltpolitischen Zielen entgegen.
Zusätzliche Tagebaue sind auch deshalb nicht nötig, weil die bestehenden Kraftwerke noch ungefähr bis zum Jahr 2045 problemlos beliefert werden können. Doch was kommt danach? Um vorbereitet zu sein, empfehlen die Forscher, die betroffenen Regionen während des Strukturwandels zu unterstützen. Bestenfalls bleiben die Gebiete Energieregionen. Dann allerdings mit einer Ausrichtung auf Zukunftstechnologien.
Kapazitätsmärkte unnötig
(24. Juli 2012) Der derzeitige "Energy-Only"-Strommarkt, bei dem Kraftwerksbetreibern die bereitgestellte Strommenge vergütet wird, bilde einen geeigneten Rahmen für die Energiewende und gewährleiste eine sichere Stromversorgung, so eine neue ECOFYS-Studie "Notwendigkeit und Ausgestaltungsmöglichkeiten eines Kapazitätsmechanismus für Deutschland" fürs Umweltbundesamt (UBA).
Es sei derzeit nicht notwendig, Kapazitätsmärkte einzuführen. Diese würden ein großes Risiko für Ineffizienzen bergen, u. a. weil sie zu wenig Anreize fürs Lastmanagement setzten. Auf einem Kapazitätsmarkt erhalten Kraftwerksbetreiber zusätzlich zum Strommarkt Erlöse für die Bereitstellung einer gesicherten Leistung.
Die Kosten dafür werden an alle Verbraucher durchgereicht. Damit der Strommarkt langfristig zuverlässig funktioniere und um Wind- und Solarstrom effizient zu nutzen, sei es wichtig, das Lastmanagement auszuweiten, meint das UBA.
Einerseits sollten mehr Stromverbraucher als bisher auf das schwankende Angebot flexibler reagieren und durch Preissignale bei Stromknappheit ihren Verbrauch senken können. Zurzeit können dies z. B. Unternehmen der Alu-, Stahl- und Zementproduktion oder Kühlhäuser.
Der Umbau der Energieversorgung könne zudem durch eine "Strategische Reserve" abgesichert werden, so das Amt. Diese könne in Extremsituationen, wenn z. B. viele Kraftwerke bei extremer Kälte zugleich ausfallen, sinnvoll sein und lasse sich bei Bedarf mit einigen neuen Gasturbinenkraftwerken oder mit dem weiteren Betrieb einiger zur Stilllegung vorgesehener Gas- und Kohlenkraftwerke schnell aufbauen.
Bei einer strategischen Reserveleistung von z. B. 4 GW lägen die Gesamtkosten fürs Bereithalten der Kraftwerksleistung zwischen 140 und 240 Mio Euro jährlich. Auf die Endverbraucher kämen sehr moderate Kosten von unter 0,1 Cent pro kWh zu, so das UBA.
Das Umweltbundesamt sieht auch nach dem Atomausstieg keinen Bedarf für neue Kohlenkraftwerke
UBA beruhigt bei Kraftwerken
(13. Juni 2012) Das Umweltbundesamt (UBA), Dessau, sieht auch nach dem Atomausstieg keinen Bedarf für neue Kohlenkraftwerke: Es seien keine Stromausfälle als Folge der Energiewende zu erwarten, der Zuwachs erneuerbarer Energien, mehr Stromeinsparungen sowie die bereits im Bau befindlichen fossilen Kraftwerke könnten die wegfallenden Kapazitäten auffangen.
Zwar würden in den kommenden drei Jahren 6,6 GW an fossilen Kraftwerke stillgelegt, im gleichen Zeitraum würden aber Kraftwerke mit 12,5 GW, die bereits im Bau seien, in Betrieb gehen. Ein Bedarf an neuen fossilen Kraftwerken bestehe erst gegen Ende des Jahrzehnts. Bis 2022 ergebe sich bis zur Stilllegung aller KKW ein weiterer Bedarf von rund 8 GW.
Um die letzten KKW rechtzeitig ersetzen zu können, sollten diese Kraftwerke bis Ende 2020 fertig sein, so das UBA. Neue fossile Kapazitäten sollten als Gaskraftwerke realisiert werden. Um bis zu 3 GW gesenkt werden könne der Bedarf, falls es eine intelligente Abstimmung auf die Produktion von Wind- und Solarstrom gebe.
Verringern lasse sich der Bedarf zudem, wenn der Stromverbrauch, wie von der Regierung angestrebt, um 10% sinke. Für zusätzliche Sicherheit sei der Aufbau einer strategischen Reserve sinnvoll.
Trotz gigantischer Zubauzahlen erneuerbarer Energien fragt sich mancher, woher der Strom in einer kalten Winternacht kommen soll
Die Angst vor der Stromflaute
Trotz gigantischer Zubauzahlen erneuerbarer Energien fragt sich mancher, woher der Strom in einer kalten Winternacht kommen soll, wenn gleichzeitig Windstille herrscht und zahlreiche Stromverbraucher wie Heizöfen, Lampen und Herde laufen.
(26. März 2012) Stellen wir uns vor, es gibt genügend Wind- und Sonnenkraftanlagen in Deutschland gibt, um den jährlichen Strombedarf zu decken. Dann gilt es noch, zwei Probleme zu lösen.
Erstens müssen die über Stunden und wenige Tage schwankenden Leistungen (und Energiemengen) durch ein sogenanntes Lastmanagement und kurzfristige Speicher wie Pumpspeicher, Lastausgleich mit Nachbarregionen und Nachbarländern und neuen Speichern ausgeglichen werden.
Zweitens müssen ausreichend Speicher oder Ersatzkraftwerke zur Verfügung stehen, um eine längere Sonnen- und Windflaute zu überbrücken. Es muss damit gerechnet werden, dass Erneuerbare beispielsweise im Winterhalbjahr über einen Zeitraum von ein bis zwei Wochen so gut wie keine Leistung zur Verfügung stellen. Energielieferungen aus dem Ausland können in diesem Fall nicht helfen, denn möglicherweise sind auch die Nachbarländer von der Energieflaute betroffen.
Lastmanagement mit Speichern
Für jede einzelne Sekunde im Jahr muss die Kapazität der Kraftwerke im Stromnetz genauso groß sein wie der aktuelle Bedarf aller Verbraucher. Man redet von der „Last“ und meint damit die zur Verfügung stehende Kraftwerksleistung. Sie wird gemessen in Gigawatt (ein Gigawatt = 1.000 Megawatt = 1.000.000 Kilowatt). Ein Atomkraftwerk hat etwa die Leistung von 1.300 Megawatt, eine einzelne große Windkraftanlage leistet fünf Megawatt.
Spitzenlast und Kraftwerkskapazitäten müssen aber nicht nur für das gesamte Land übereinstimmen, sondern auch für jede einzelne Region. Gibt es ein regionales Ungleichgewicht, weil in der einen Region mehr Kraftwerke produzieren, während in einer anderen mehr Strom verbraucht wird, dann müssen genügend Leitungen für den Stromtransport von Region zu Region zur Verfügung stehen.
Täglich verbraucht Deutschland etwa zwei Terawattstunden Strom (zwei Milliarden Kilowattstunden). Die Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland können nur 0,038 Terawattstunden Strom speichern. Sie haben eine Leistung von sieben Gigawatt – genug, um den Stromverbrauch Deutschlands für ganze 30 Minuten zu decken. Ganz Europa verfügt über Pumpspeicherkraftwerke mit einem Speichervermögen von 0,3 Terawattstunden. Es wird klar, dass neue kostengünstige, möglichst verlustfrei arbeitende Speicher benötigt werden.
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat zwei Lösungen für dieses Problem vorgeschlagen:
- Bau von Druckluftspeicherkraftwerken mit einer Kapazität von 32 Gigawatt und einem Speichervolumen von 3,5 Terawattstunden.
- Import von Strom aus Skandinavien oder Nordafrika.
Höchstlast mit Sicherheitspuffer
Derzeit werden laufend neue Wind- und Sonnenkraftwerke gebaut, allein im Jahr 2011 mit einer Leistung von neun Gigawatt, während die konventionelle, gesicherte Stromerzeugung in den kommenden Jahren ständig zurückgehen wird. Wie sehen also die tatsächlichen Lastverhältnisse und Speicherkapazitäten heute und in den kommenden Jahren aus? Dazu hat das Arrhenius-Institut für Energie- und Klimapolitik in Hamburg eine Studie erarbeitet.
Im Jahr 2010 lag die Jahreshöchstlast in Deutschland bei 77 Gigawatt. Die gesicherte Leistung im Januar 2011 lag bei 93 Gigawatt. Mit Erneuerbaren betrug die gesamte Leistung 160 Gigawatt. Die europäischen Netzbetreiber wollen aus Sicherheitsgründen, dass die verfügbare gesicherte Kraftwerksleistung elf Prozent über der zu erwartenden maximalen Last liegt – also 85 Gigawatt.
Die Grafik oben stellt dar, wie sich die Leistung konventioneller Kraftwerke in Deutschland bis 2030 entwickelt. Dabei sind auch schon im Bau befindliche neue Kraftwerke berücksichtigt, die bis 2014 ans Netz gehen. Bis 2030 werden lediglich noch 60 Gigawatt gesicherter Kraftwerksleistung zur Verfügung stehen.
Von Winterflaute keine Spur
Selbst im Rekordwinter 2012 produzieren Deutschlands Kraftwerke mehr Strom als benötigt: Derzeit beträgt der Überschuss 4.000 bis 5.000 Megawatt. Das entspricht der Leistung von drei bis vier Atomkraftwerken. Deutschland liefert diese überschüssige Kapazität derzeit ins Atomkraftland Frankreich, wo aufgrund zahlreicher Stromheizungen ein hoher Bedarf herrscht. Schuld am winterlichen Überschuss ist die Photovoltaik: Die „tageszeitung“ berichtete am 3. Februar 2012 über die sonnigen und extrem kalten Tage: Zu den Stunden der höchsten Last in der Mittagszeit trug die Sonne zwischen 6.000 und 8.000 Megawatt zur Stromerzeugung bei, so viel wie fünf bis sechs Atomkraftwerke.
Zu einem kleineren Anteil können auch erneuerbare Energien zur sicher verfügbaren Leistung gezählt werden. Aus Erfahrungen der Vergangenheit ist bekannt, dass irgendwo in der Bundesrepublik immer Wind weht. Deshalb können fünf Prozent der Windkraftanlagen (Off-Shore: sieben Prozent) als gesichert gelten sowie alle Laufwasserkraftwerke und die Speicherkraftwerke. Auch die Leistung der Bioenergie sollten künftig so ausgelegt sein, dass sie Brennstoff für Spitzenlaststromerzeugung speichern können. So könnten künftig 50 Prozent der Bioenergie zur gesicherten Leistung zählen.
Bis 2030 fehlen demnach elf Gigawatt gesicherte Leistung. Diese Lücke ist durch Neubau von zehn bis 20 neuen Gaskraftwerken zu decken. Das entspricht Investitionen von drei bis sechs Milliarden Euro. Speichermöglichkeiten spielen bei dieser Betrachtung keine Rolle. Wenn jedoch Speicher vorhanden sind, dann reduzieren sie den Bedarf an Spitzenleistung.
100 Prozent Erneuerbare
Denkt man über das Jahr 2030 hinaus, dann sollen Erneuerbare Kohle- und Gaskraftwerke ganz ersetzen. Dazu müssten wesentlich größere und dezentrale Speichermöglichkeiten erschlossen werden.
In Deutschland gibt es bereits viele Tausend dezentrale Kleinst- und Kleinkraftwerke. Obwohl jedes einzelne Kraftwerk nur eine geringe Leistung hat, können sie in der Summe eine nennenswerte Größe ausmachen – sogenannte „Schwarmkraftwerke“.
Denkbar ist auch eine Umwandlung überflüssigen Stroms in Wasserstoff oder Methan. Künstlich erzeugtes „Erd“-Gas könnte in den bereits vorhandenen Gasleitungen oder Gasspeichern lagern und als Puffer für größere Energiemengen dienen.
Darüber hinaus gibt es unkonventionelle Speicherideen, etwa das Hubkraftwerk von Eduard Heindl. Dieses Konzept erhielt kürzlich den Erfinderpreis. Schon allein zwei solcher Anlagen könnten den Tagestrombedarf von Deutschland liefern und damit wesentlich zum Abbau von Jahreshöchstlasten beitragen: Der Lageenergiespeicher ist eine große Felsmasse, die mit konventionellen Methoden aus dem umgebenden Gestein gesägt wird. Danach wird der Felszylinder abgedichtet. Pumpt man Wasser unter den Felszylinder, wird dieser angehoben und speichert Strom. Benötigt man Strom, wenn etwa die Sonne nicht scheint, wird das Wasser über eine Turbine geleitet und erzeugt Strom. Ungewöhnlich ist, dass die Speicherkapazität mit der vierten Potenz des Zylinderradius wächst, die Baukosten aber nur mit der zweiten Potenz. Damit können, laut Heindl, praktisch beliebig günstige Speicher gebaut werden.
Auf der anderen Seite lässt sich auch die Nachfrage zum Teil variieren: Die Stromtarife könnten so gestaltet sein, dass ein geringer Verbrauch belohnt wird (siehe Bye-bye Grundpreis). Kalifornien und Italien konnten mit solchen Maßnahmen die Lastspitze deutlich senken.
Fazit: Trotz rasch steigender Anteile von erneuerbaren Energien bleiben konventionelle Kraftwerke in den kommenden 20 Jahren unverzichtbar, um Spitzenlasten zu bestimmten Zeiten abzudecken. Sie stehen aber auch in genügender Zahl zur Verfügung. Bis 2030 fehlen lediglich fünf bis zehn Gigawatt an Kraftwerksleistung.
Neue, unflexible Kohlenkraftwerke auch nach dem Atomausstieg nicht für Versorgungssicherheit notwendig
Gasgeben zur Energiewende
(18. Oktober 2011) Neue, unflexible Kohlenkraftwerke, wie sie RWE und die Mibrag derzeit planten, seien auch nach dem Atomausstieg nicht zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit notwendig, der Bedarf an Backup-Kraftwerken für den Übergang ins regenerative Zeitalter könne voll durch neue Gaskraftwerke gedeckt werden, so das Ergebnis einer vom Umweltbündnis klima-allianz deutschland beim arrhenius Institut für Energie- und Klimapolitik in Auftrag gegebenen Studie.
In den nächsten zehn Jahren würden 3 GW zusätzlicher Kapazität benötigt, um die Abdeckung der maximalen Last jederzeit sicherzustellen. In den darauffolgenden fünf Jahren müssen dann 5 bis 10 GW zugebaut werden, je nachdem, wie hoch der Anteil des gesicherten Ökostromimports ausfällt.
Mittelfristig bis 2030 bestehe ein Bedarf von knapp 7 GW zusätzlicher Leistung, ohne Import steige er auf mehr als 11 GW. Gaskraftwerke seien die beste und kostengünstigste Option, um den Backup auf dem Weg zu 100% Ökostrom sicherzustellen, wobei sie eine Ergänzung der erneuerbaren Energien bilden sollten und nicht umgekehrt, so die Studie.
Sie sollten also immer dann betrieben werden, wenn Strom aus Windkraft und Photovoltaik nicht zur Verfügung stehe.
Kraftwerkspark ungeeignet
(11. November 2009) Auch ohne KKW-Laufzeitverlängerung gebe es keine Versorgungslücke, so die Studie "Entwicklungsperspektiven des deutschen Strommarktes" des Energieexperten Prof. Dieter Schmitt im Auftrag der HEAG Südhessische Energie AG (HSE), Darmstadt.
Der deutsche Kraftwerkspark sei nicht dafürgerüstet, die geplanten Klimaschutzziele zu erreichen. Deutschland brauche mehr flexible Mittel- und Spitzenlastkraftwerke statt unflexibler Grundlastkraftwerke wie Kohle- und Kernkraftwerke, die nicht flexibel auf stark schwankende Einspeisung aus Windkraft- oder PV-Anlagen reagieren könnten.
Die regenerative Stromerzeugung werde sich aber bis 2030 mehr als verdoppeln. Der Anteil von typischen Mittel- und Spitzenlastkraftwerken müsse zulasten von Grundlastkraftwerken deutlich erhöht werden.
Es müsse viel mehr Reserve- und Regelenergieleistung vorgehalten, die Möglichkeiten zur Stromspeicherung sowie zum Lastmanagement zügig ausgebaut und die Flexibilität des Kraftwerksparks erheblich gesteigert werden.
Der Stromverbrauch stagniere wegen verbesserter Energieeffizienz in den nächsten beiden Jahrzehnten oder gehe sogar um bis zu 15% zurück, falls sich stromintensive Industriezweige aus Deutschland zurückzögen, so Prof. Schmitt.
Sollten die KKW am Netz bleiben, reichten die vorhandenen Kraftwerke und die nun im Bau befindlichen Anlagen, um den Stromverbrauch zu decken. Viele der derzeit geplanten Grundlastkraftwerke würden überflüssig, neue Stromproduzenten verlören damit ihre Planungsgrundlage.
Von der HSE hieß es, die Laufzeitverlängerung sei eine Investitionsbremse, zementiere das Oligopol in der Stromerzeugung und sei kontraproduktiv für den Ausbau von regenerativen Energien und der KWK. Zudem sei die Endlagerung keinesfalls geklärt und im Risiko des Staates.
Download Studie "Entwicklungsperspektiven des deutschen Strommarktes"
Auslaufmodell Großkraftwerk?
(4. Oktober 2009) Nach einer Studie des Fraunhofer Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) im Auftrag des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), Berlin, schrumpft der Bedarf an konventionellen Großkraftwerken, hauptsächlich Kohle- oder Kernkraftwerke, die im Dauerbetrieb mehr als 8000 Stunden pro Jahr Strom produzieren, bis 2020 auf etwa die Hälfte, von heute 43,9 GW auf 24,5 GW.
Der übrige Teil der Grundlast wird dann durch erneuerbare Energien und Pumpspeicher gedeckt. Das IWES hat anhand der Wetterdaten und der Stromverbrauchswerte 2007 für jede Stunde 2020 die Stromnachfrage, die regenerative Stromproduktion und den Bedarf an konventioneller Kraftwerksleistung simuliert.
Nach den Ergebnissen seien alle Investitionen in zusätzliche fossile Kraftwerke, die auf eine dauerhafte Auslastung angewiesen sind, unwirtschaftlich, so die Studie.
Auch die Laufzeitverlängerungen für Kernkraftwerke seien nicht ohne massive Einschnitte bei der Stromproduktion anderer Kraftwerke umsetzbar, ergänzt der BEE. Würde man die KKW weiterlaufen lassen, müsste stattdessen ein Großteil der übrigen konventionellen Kraftwerke abgeschaltet werden.
Praktisch bedeute das eine Einschränkung des Vorrangs erneuerbarer Energien. Wenn die Politik den geltenden Vorrang für erneuerbare Energien im Stromsektor konsequent durchhalte, erledigten sich Pläne für zusätzliche Kohlekraftwerke und Laufzeitverlängerungen fast von alleine.
Hybridkraftwerk in Brandenburg
(09. April 2009) Am 21. April 2009 wird der Grundstein des weltweit ersten industriellen Hybridkraftwerks mit einer Leistung von 500 MW im brandenburgischen Prenzlau gelegt.
Das Wasserstoff-Wind-Biogas-Hybridkraftwerk sei eines der fortschrittlichsten Energieprojekte der Welt, so das uckermärkische Windkraft- und Energieunternehmen Enertrag. Im Frühjahr 2010 soll das 21 Mio Euro teure Kraftwerk fertiggestellt sein.
Es setzt auf die Energieträger Wind und Biomasse und erzeugt neben Strom auch Wasserstoff. Letzterer kann entweder als Energiespeicher genutzt werden, der wieder zu Strom verbrannt wird, oder aber als Kraftstoff in neuartigen Wasserstoffmotoren oder Brennstoffzellen.
Hintergrund der Idee sind die ständigen Energieschwankungen, die bei der Erzeugung von Strom durch Windkraft entstehen. Bläst viel Wind, wird oft mehr Energie erzeugt, als benötigt wird.
Dieser überflüssige Strom wird genutzt, um in einem so genannten Elektrolyseur durch den chemischen Vorgang der Elektrolyse Wasserstoff herzustellen. Bläst zu wenig Wind, kommt die Biomasse ins Spiel.
Indem die Windkraftanlagen mit Biogasanlagen gekoppelt werden, kann ein ständiger Energiefluss gesichert werden. An Tagen, an denen kein Wind weht, kann so trotzdem Strom erzeugt werden.
Link: www.enertrag.com