ED 02/17 Die Welt reparieren oder wegwerfen? (S.22-25)
Aha-Effekt in der Wüste
Wenn Wasser verdunstet, sinkt die Temperatur. Dieses Grundprinzip lässt sich nutzen, um Gebäude im Sommer zu kühlen. Dies könnte gegenüber herkömmlichen Klimaanlagen rund 80 Prozent Strom und Anschlussleistung sparen. Doch bislang kennen selbst Energieexperten diese Technik kaum.
Von Dr. Aribert Peters

(17. März 2011) Es war in der flirrenden Hitze der ägyptischen Wüste: Ein einfacher Ventilator kühlte unsere Zuflucht, ein Haus in einer Oase. Das Gerät saugte Luft über ein Geflecht von Holzwolle an, auf das von oben Wasser rieselte.

80 Prozent weniger Stromverbrauch

Dieses simple, aber geniale Kühlgerät war ein Import aus Saudi-Arabien und hatte eine Leistung von 250 Watt. Übliche Klimaanlagen brauchen mindestens 2.000 Watt, also fast das Zehnfache. Ich begann, der Sache nachzugehen, und fand dabei Erstaunliches heraus:

Die Kühlung durch Verdunsten beruht darauf, dass man zum Verdampfen von Wasser Energie benötigt. Diese Energie entzieht das Wasser beim Verdunsten der umgebenden Luft. So kühlt sie ab. Man spricht von „adiabatischer Kühlung", weil das Prinzip nur funktioniert, wenn keine neue Wärme aus der Umgebung nachfließt. Die Natur nutzt dieses Prinzip beim Schwitzen, um im Sommer den Körper zu kühlen: Der Schweiß verdunstet und kühlt die Haut.

Wasserkühlung birgt auch Probleme

Leider lässt sich dieses Prinzip in unseren Breitengraden nicht einfach auf die Kühlung von Gebäuden übertragen. Wenn man in Deutschland die Luft von außen befeuchtet, um mit der Verdunstungskälte den Raum zu klimatisieren, treten zwei Probleme auf: Anders als in der extrem trockenen Wüste wird der Innenraum feucht. Zweitens könnten sich im Wasser Bakterien vermehren und im Raum verbreiten. Dieses hygienische Problem ist durchaus ernst zu nehmen, denn bei der Luftbefeuchtung entstehen feinste Tröpfchen, sogenannte Aerosole. Über die Lunge eingeatmet, können sie direkt in die Blutbahn gelangen. Besonders gefürchtet sind Legionellen, die schwere Lungenentzündungen hervorrufen können. Darüber hinaus trägt die Luftfeuchtigkeit gelöste Salze in den Raum. Deshalb sollte das Wasser aus solchen Verdunstungskühlern vor dem Versprühen durch Osmose, Entsalzung oder durch UV-Bestrahlung gereinigt werden.

Kältetauscher

Findige Ingenieure sind deshalb auf folgende Lösung gekommen: Man saugt die Luft aus dem Innenraum nach außen und lässt in dieser Luft Wasser verdampfen. Die entstehende Kälte fängt man über einen Wärme- oder besser: Kältetauscher auf und kühlt damit die in den Raum nachströmende Luft.

1337 Schema Kühlung durch Verdunsten

Technisch gesehen nutzt man dieselbe Anlage wie bei einer Wärmerückgewinnung. Nur wird in der kalten Jahreszeit der Abluft die Wärme entzogen und damit die Zuluft erwärmt. Eine solche Anlage hat die Kempener Firma SEW im neuen Bundeskanzleramt installiert.

Allerdings ist der Aufwand für solche komplexen Anlagen sehr hoch, weshalb sich der Einsatz dieser Technologien erst bei größeren Systemen lohnt. Für Bürogebäude oder Mehrfamilienhäuser sind wassergekühlte Anlagen übrigens schon am Markt verfügbar. Für kleine Geräte bleibt noch Raum für Erfinder und Tüftler.

letzte Änderung: 30.07.2023