ED 04/12 Eine Welt ohne Öl (S.30-31)

Holzsparende Öfen oder die Holzsparkunst

(11. November 2004) Das 18. Jh. war die Blütezeit des Experiments. 1742 konstruierte Benjamin Franklin einen holzsparenden Ofen, obwohl in Amerika genug Holz zur Verfügung stand.

Auch der große Göttinger Physiker Lichtenberg besaß einen Sparofen. Er liefert die uns heutigen sympathische Begründung: "Ist es nicht schade, daß man des lieben Gottes Eichen und Buchen niedermetzelt, um ein bißchen Extrackt von Phlogiston zu erhalten, und wie die Maltheser mit den Türken, mit den Wäldern in einem ewigen Krieg lebt? ... O! was wird die Nachwelt über uns lächeln!"

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1675 Ofenheizung feiert Comeback
Sparofen

Auch Johann Wolfgang von Goethe interessierte sich nicht nur fürs Dichten sondern auch sehr für heiztechnische Fragen. Zusammen mit dem in Jena lebenden Hof-Kupfer-Schmiedemeister Christoph Gottlieb Pflug entwarf er nun einen Ballonofen, der 1786 in seinem Arbeitszimmer zur Aufstellung kam.

Die dem Ofen aufsitzende große Kupferkugel erinnert an eine Montgolfiere. Durch sie wird die Wärme nach allen Richtungen abgestrahlt. Goethes Erfindung wurde in Bertuchs Journal der Moden, beschrieben und auf einer Kupfertafel abgebildet.

Im Prinzip konnte sich jeder Bürger beim Thema Holzsparen als Fachmann fühlen, machte doch jeder Erfahrungen am häuslichen Herd. So stammen die Autoren von Sparofenschriften aus allen möglichen Berufsständen.Von den 78 Privilegierungen, die die kaiserliche Regierung zwischen 1530 und 1600 aussprach, galten 26 holzsparenden Erfindungen. 1554 bezahlte der Nürnberger Rat 600 Gulden für den Erwerb eines Holzspar-Patents.

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1763 veröffentlichte Friedrich der Große von Preußen ein amtliches Preisausschreiben über "einen Stubenofen, so am wenigsten Holz verzehret". Als Preisträger ging 1764 Johann Paul Baumer hervor. Sein Buch erschien 1765. Seine später als "Berliner Kachelofen" berühmt gewordene Erfindung sah einen Rost, regulierbare Luftzufuhr und eine regulierbare Rauchgasklappe vor.

Noch um 1800 waren beim Ofenbau mit wenigen einfachen Neuerungen Einsparungen bis 80% zu erreichen. Das große Dilemma war: Genügend Zug - nicht zu viel Abwärme durch den Kamin. Schon früh erkannte man den Vorteil der Erwärmung zugeführter Luft. Ofenbau war vorrangig Sache der Töpfer. Diese waren durch eiserne Roste und komplizierte Rohr- und Abzugsführungen oft überfordert.

Als die wesentlichen Sparpotentiale stellten sich heraus:
  1. Geschlossene, ummauerte Feuerung
  2. Vermeidung einer unnötigen Größe
  3. Gebremster Wärmeabzug
  4. Nutzung der Abwärme
  5. Kontinuierlicher Produktionsprozeß
  6. Größere Produktionseinheiten
  7. Disziplinierung der Arbeiter

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Der theoretische Ertrag der Sparofen-Literatur war allerdings eher gering. Sie machte aber den Geist des Experimentierens populär. Die aufwendig illustrierten Sparofenbücher waren für die Handwerker zu teuer. Es war eher eine "Spielwiese der neugierigen Reichen" (Samuel Jachtmann 1786). Um 1800 kam die Holzspar- und Holzmangel-Literatur langsam aus der Mode, und zwar noch lange bevor die Verbreitung der Steinkohle und die Wirkung der Aufforstung die Situation von Grund auf verändert hätten. Die dilettantischen Sparofenentwürfe verloren ihre Reputation durch den Aufstieg des Ingenieurstandes; die Zuversicht, mit neuen Mitteln der Technik und der Verwaltung die gesamte Wald- und Holzproblematik in den Griff zu bekommen, war deutlich im Wachsen.

letzte Änderung: 09.02.2017