Heizungsoptimierung konkret
Heizungsoptimierung konkret
Die meisten Heizanlagen sind völlig falsch oder gar nicht eingestellt und verbrauchen deshalb unnötig viel Energie. Eine Optimierung spart zwischen zehn und 20 Prozent Brennstoffkosten. Wie wird eine Heizungsanlage optimiert? Konkrete Schritte aus dem Optimus-Projektes.
(7. September 2005)
Heizungsanlagen optimieren
Eine Heizungsanlage optimiert man, in dem man alle Bauteile genau aufeinander und auf den Gebäudebedarf abstimmt. Konkret begrenzt man beispielsweise den Durchfluss von Heizwasser durch die Heizkörper sowie die Förderhöhe der Pumpe auf ein ausreichendes Maß und erniedrigt die Temperaturen in den Heizungsleitungen um überflüssige Wärmeverluste zu vermeiden.
Die Optimierung erfolgt in mehreren Schritten:
- Vorbereitung der Optimierung mit Gebäudebegehung und Aufnahme wichtiger vorhandener Komponenten
- Berechnung der notwendigen Einstellwerte durch den Handwerker im Büro
- Optimierung vor Ort mit Einstellung der berechneten Werte.
Voreinstellbares Thermostatventil: Nur wenn der Engpass richtig eingestellt ist, können interne Wärmequellen (Sonne etc.) optimal genutzt werden.
Durch die Optimierung werden alle Teile der Heizungsanlage aufeinander hydraulisch abgestimmt.
- Die Heizkörperventile müssen dafür voreinstellbar sein. Sind die vorhandenen Ventile nicht voreinstellbar, müssen sie ausgetauscht werden (den Kasten am Ende des Artikels).
- Die Regelung der Heizung muss genau eingestellt werden.
- Als Letztes erfolgt die Einstellung der Pumpe. Die Förderhöhe wird auf den zuvor mit dem Optimierungs-Programm berechneten Wert eingestellt. Meist ist auch der Einbau einer neuen, sparsameren Heizungspumpe empfehlenswert und rentabel.
Hydraulischer Abgleich
Wasser verhält sich wie elektrischer Strom: Es fließt immer den Weg des geringsten Widerstands, auch in der Heizung. Durch lange und dünne Leitungen mit vielen Umlenkungen fließt weniger als durch kurze, große und gerade Rohre. Ein hydraulischer Abgleich stellt sicher, dass alle Heizkörper genau mit dem Wärmestrom versorgt werden, der zum Erreichen der benötigten Heizleistung gebraucht wird. Dazu baut man gezielt Leitungsengpässe ein.
Die benötigte Wassermenge hängt auch von der Wassertemperatur ab: Eine bestimmte Wärmemenge kann durch eine geringe Menge heißeren Wassers oder durch eine größere Menge weniger warmer Flüssigkeit transportiert werden.
Fehlt der hydraulische Abgleich, werden manche Heizkörper zu warm, andere bleiben kühl. Weniger als zehn Prozent aller Heizungsanlagen sind hydraulisch richtig abgeglichen.
Schlechte Behelfslösungen
In der Praxis werden häufig "Behelfslösungen" anstelle eines richtigen hydraulischen Abgleichs vorgenommen. Diese Eingriffe in die Anlagentechnik führen in der Regel zu einer Verbesserung der Wärmeversorgung des Gebäudes. Es kommen weniger Klagen über zu kalte Räume. Jedoch wird mehr Energie verbraucht oder die Geräusche nehmen zu.
Beschweren sich die Benutzer über zu kalte Räume, erhöht man häufig entweder die Pumpenleistung und/ oder hebt die Heizkurve an. Das Ergebnis ist zwar eine mollig warme Wohnung. Aber wie kommt das zustande?
Stellt man die Pumpe auf die höchste Drehzahlstufe ein, fördert diese dank der höheren elektrischen Leistung mehr Wasser beziehungsweise erhöht den Wasserdruck. Das führt dazu, dass das Heizwasser auch die Heizkörper erreicht, die vorher zu wenig Wasser erhielten. Allerdings werden alle anderen Heizkörper, die sowieso schon zu viel Heizwasser bekamen, jetzt noch stärker versorgt.
Das Anheben der Heizkurve bedeutet, die Vorlauftemperatur zu erhöhen. Das Heizwasser gelangt mit einer größeren Temperatur zu den Heizkörpern. Diese können jetzt mehr Wärme abgeben. Auch dies gilt wieder für alle Heizkörper, und nicht nur für die vorher schlecht versorgten.
Neues Rechenprogramm
Für die Optimierung von Heizanlagen wurde im Rahmen des Optimus-Projektes ein neues Rechenprogramm entwickelt. Es steht als Excel-Tabellenkalkulation zur
- Optimierung von Heizungsanlagen
- kostenlos im Internet zur Verfügung. Halbtägige Schulungen führen in das Programm ein. Welche Daten benötigt man für die Optimierung?
- Die Fenster- und Außenflächen für die Ermittlung der Raumheizlast (= Wärmebedarf des Raumes) sowie deren U-Werte.
- Typ und Maße der vorhandenen Heizflächen für die Ermittlung der Normheizleistung (= Angebot der Anlagentechnik).
- Typ, Größe und Voreinstellbarkeit der Thermostatventile bzw. Rücklaufverschraubungen für den hydraulischen Abgleich.
Die Optimierung beginnt mit der Datenaufnahme vor Ort. Dann werden die festgehaltenen Daten in das Softwareprogramm eingegeben.
Damit rechnet das Programm wie unten beschrieben Temperaturen und Drücke aus. Auf einem Übersichtsblatt zum Ausdrucken listet der Computer alle Einstellwerte der Anlagenkomponenten auf. Mit dieser Übersicht kommt der Anlagenfachmann ins Haus und nimmt alle Einstellungen vor Ort vor.
Für Raum 1 werden statt bisher 1,2 kW nur 0,8 kW an Heizleistung benötigt. Für Raum 2 reichen statt 2,4 kW lediglich 1,2 kW aus, um den Raum zu heizen. Raum 1 hat eine geringere Überdimensionierung. Mindert man die Heiztemperatur so weit ab, dass Raum 1 noch ausreichend beheizt wird, dann ergibt sich für Raum 2 immer noch eine Überversorgung. Die Wärmezufuhr für Raum 2 muss also durch eine Voreinstellung des Thermostatventils vermindert werden. Um die notwendige Heizleistung für jeden Raum zu bestimmen, benötigt man die Größe der Außenwandflächen und deren U-Werte.
Temperaturbestimmung
Das Programm vergleicht für jeden Raum das Verhältnis von Angebot (Normheizleistung des Heizkörpers) zu Bedarf (Raumheizlast). Der Raum, bei dem dieses Verhältnis am kleinsten ist, wo also Angebot und Bedarf fast gleich sind, bestimmt die Optimierung. Es ist der Raum beziehungsweise der Heizkörper mit der geringsten Überdimensionierung. Wenn dieser Raum warm wird, werden es alle anderen auch. Dieser Heizkörper bestimmt daher das neue Temperaturniveau.
Weil dieses aber immer aus zwei Temperaturen (Mittelwert zwischen Vor- und Rücklauftemperatur) bestimmt wird, gibt es viele mögliche Paare aus Vor- und Rücklauftemperatur (z.B. die Paare 70 °C und 40 °C oder 60 °C und 50 °C, die beide zu einer mittleren Temperatur von 55 °C führen). Das Programm wählt aus allen möglichen Paaren von Vor- und Rücklauftemperatur die optimale für die Anlage aus. Diese Vorlauftemperatur legt einen Einstellwert für die Heizkurve fest, den der Anlagenfachmann später an der Regelung einstellt.
Druckverluste bestimmen Pumpenleistung
Erst wenn die Vorlauftemperatur für alle Heizkörper festliegt und die fließenden Heizwassermengen bestimmt sind, folgt die Ermittlung der Druckverluste. Sie hängen von der Länge und vom Durchmesser der Leitungen ab. Weil man die Rohre im zu optimierenden Gebäude nicht genau kennt und auch die Kosten für die Ermittlung viel zu groß wären, wird der Druckverlust in den Rohren näherungsweise anhand typischer Kennwerte ermittelt. Für das ganze Netz ergibt sich ein Gesamtdruckverlust. Er bestimmt die erforderliche Förderhöhe der Pumpe. Die Pumpe wird so gewählt oder eingestellt, dass die Förderhöhe genau ausreicht, um das Heizwasser durch das vorhandene Rohrnetz mit allen seinen Verengungen zu pumpen und dabei auch den letzten Heizkörper im Netz noch bedarfsgerecht zu versorgen.
Druckverminderung
Dieser Druck ist für die pumpennahen Heizkörper eigentlich zu groß. Weil man aber an der Pumpe nur einen Wert für die Förderhöhe einstellen kann, der für das ganze Netz gilt, müssen für die Heizkörper in der Nähe der Pumpe besondere Vorkehrungen getroffen werden. Sonst würden diese möglicherweise überversorgt. Um dies zu vermeiden, wird der Durchfluss an den pumpennahen Heizkörpern begrenzt.
In die Zuleitungen der pumpennahen Heizkörper werden dazu definierte Engpässe in die Leitung eingebaut (Bild Seite 14). Vorstellbar sind diese als in die Rohrleitungen eingebaute Hähne. Sind sie fast zugedreht, lassen sie nur kleine Wassermengen durch. Diese Bauteile werden als Voreinstellung (dann sitzen sie in der Zuleitung zum Heizkörper direkt im Thermostatventilinneren) oder Rücklaufverschraubung (dann sind sie hinter dem Heizkörper als separates Bauteil angeordnet) bezeichnet.
Das Computerprogramm gibt für jeden Heizkörper einen Wert aus, mit dessen Hilfe der Anlagenfachmann einfach ermitteln kann, auf welchen Wert die Voreinstellung des Thermostatventils oder die Rücklaufverschraubung einzustellen ist.
Je weiter ein Heizkörper von der Pumpe (schwarzes Dreieck im blauen Kreis) entfernt ist, desto mehr Druckverluste aufgrund von Reibung ergeben sich in den Zuleitungen. Die Thermostatventile müssen hier weniger Druck abbauen.
Differenzdruckregler
Die meisten Heizungspumpen sind um das Dreifache größer als die nach dem Rechenprogramm benötigte Pumpe. Eigentlich müsste man die Pumpe dann austauschen. Dies wird aber oft nicht gemacht, weil die vorhandene Pumpe noch funktioniert, oder weil sie aus technischen Gründen nicht gegen eine kleinere getauscht werden kann, weil sie zum Beispiel in Kessel oder Therme fest eingebaut sind.
Dann schlägt das Programm den Einbau eines so genannten Differenzdruckreglers vor. Dieses Bauteil wird in der Heizzentrale eingebaut. Es kann die viel zu hohe Druckenergie der Pumpe vermindern, den Versorgungsdruck für die Heizungsanlage konstant auf niedrigem Niveau halten und ermöglicht damit eine gleichmäßige Heizwasser- und Wärmeversorgung.
Eines darf man aber nicht vergessen: diese manchmal nicht zu vermeidende Variante bei der Optimierung einer Heizungsanlage führt nicht zu einer Stromersparnis, weil die große Pumpe ja trotzdem mit einer großen Leistung läuft. Der Differenzdruckregler hilft aber oft gegen Geräusche in der Anlage.
Stichwort: Thermostatventil
Ein Thermostatventil kann ohne Eingriff des Nutzers die Raumtemperatur nahezu konstant halten, indem es den Heizwasserdurchfluss durch den Heizkörper beeinflusst. Die eigentliche Funktion der Thermostatventile besteht darin, vorhandene innere und solare Gewinne nutzbar zu machen. Wenn sich die Raumtemperatur aufgrund von Wärmegewinnen erhöht, drosselt das Thermostatventil den Volumenstrom, der durch den Heizkörper fließt, und vermindert so dessen Leistung. Die Raumtemperatur bleibt konstant.
Einstellbar und nicht einstellbar
Man unterscheidet zwischen
- voreinstellbaren und
- nicht voreinstellbaren Thermostatventilen.
Bei nicht voreinstellbaren Ventilen regelt allein der Thermostatkopf die durchströmende Wassermenge. Voreinstellbare Thermostatventile weisen zusätzlich eine Drosselmöglichkeit auf. Diese so genannte Voreinstellung kann man sich als eine Art Absperrhahn vorstellen (vgl. die Abbildung ganz oben): Ist sie ganz zugedreht, fließt kein Wasser mehr in den Heizkörper. Eine Voreinstellung kann aber auch dosiert zugedreht werden, so dass nur noch ganz kleine Mengen an Heizwasser in den Heizkörper fließen können. Damit ermöglichen die Voreinstellungen die Einregulierung des Zuflusses von Wasser und damit Wärme in den Heizkörper. Die Wärmeleistung des Heizkörpers kann so genau an den Raum und seine Nutzung angepasst werden.
Voraussetzung für die Funktion des Thermostatventils ist die richtige Einstellung von Heizkurve (Vorlauftemperatur) und Pumpenleistung. Wenn die Heizkurve zu hoch eingestellt ist, müssen die Thermostatventile zusätzlich zu den anfallenden Gewinnen auch das Überangebot an Leistung kompensieren, das aus der erhöhten Vorlauftemperatur resultiert. Infolgedessen verschlechtert sich das Regelverhalten. Ist die Pumpenförderhöhe zu groß eingestellt, das heißt, wird dem Heizungswasser zu viel Druck mitgegeben, können die Thermostatventile nicht optimal arbeiten. Herrscht an den noch geöffneten Ventilen ein größerer Druck als nötig, schließen sie etwas verspätet.