Grundlagen des Renovierens
Entzauberte U-Werte genauer betrachtet
Wenn es draußen kalt ist, macht es die Heizung drinnen warm. Logischerweise muss die Heizung umso stärker heizen, je kälter die Wände von innen sind. Und die Innentemperatur hängt weitgehend von der Wärmedämmung der Wand ab. Für diesen Zusammenhang gibt es eine Formel die wir im vorigen Heft erklärt haben. Ein genauerer Blick auf diese Formel lohnt sich.
(18. September 2016) Von zwei Professoren gab es per Leserbrief Nachhilfe für die Redaktion der Energiedepesche: Die im vorigen Heft genannte Formel lässt sich exakt bauphysikalisch ableiten und ist Fachleuten wohlbekannt. Es ist nun auch aufgeklärt, woher der Faktor 0,13 in der Formel kommt: Es handelt sich um den „inneren Wärmeübergangswiderstand für den horizontalen Wärmetransport durch Wandflächen, Innen- und Außenfenster an den Innenseiten geschlossener Räume bei natürlicher Luftbewegung gemäß DIN ISO 6946“. Es handelt sich jedoch um einen Durchschnittswert im zeitlichen und örtlichen Mittel mit entsprechend sehr großen lokalen Abweichungen. Die Redaktion dankt Prof. Dr. Dietrich Rabenstein von der HCU Hamburg sowie Prof. Dr. Wolfgang Irrek von der Hochschule Ruhr West in Bottrop.
Es gibt für die Anwendung der Formel eine Reihe von Einschränkungen, die zu beachten sind:
- Die Formel gilt nur für einen stationären Zustand. Solche Bedingungen liegen aufgrund der Speicherfähigkeit der Gebäude, der Temperaturunterschiede im Tagesablauf sowie Sonnenstrahlung immer nur näherungsweise vor.
- Die Formel gilt nur für senkrechte Bauteile.
- Je größer die Temperaturdifferenz zwischen innen und außen ist, umso genauer ist die Messung. Es sollte mindestens ein Temperaturunterschied von 15 Grad vorliegen.
- Die Bauteiltemperatur von Wänden ist in 1,50 m Höhe und an mehreren Stellen zu messen.
- Die Luftinnentemperatur sollte mindestens 30 cm vom Bauteil entfernt gemessen werden.
- Verdunstungskälte auf der Außenseite zum Beispiel nach Regen oder aber auch Sonneneinstrahlung verfälschen das Ergebnis.
Formel für den U-Wert:
U = (Ti – Tb) / (0,13 * (Ti – Ta))
Ti = Innentemperatur
Ta = Außentemperatur
Tb = Temperatur des Bauteils
Achtung: Abweichungen von über 20 Prozent
Bei leichten und schlecht gedämmten Wänden ergibt die Formel zufriedenstellende Werte, insbesondere an bewölkten Tagen bei genügend hohen Temperaturdifferenzen. Bei massiven und gut gedämmten Wänden kann die Formel sogar um mehr als 20 Prozent von den exakten Werten abweichen. Prof. Rabenstein bringt es auf den Punkt: „Wegen der Einschränkungen lässt sich aus dieser Formel leider messtechnisch so gut wie nichts machen“.
Didaktischer Wert
Die Formel hat aber einen hohen didaktischen Wert. Denn sie macht deutlich, welche Wirkung eine gute und eine schlechte Dämmung auf die Innentemperaturen hat. Das wird klarer, wenn man die Formel umstellt und folgendermaßen schreibt:
Ti – Tb = U * 0,13 (Ti – Ta)
Die ganz rechts stehende Klammer (Ti - Ta) steht für die Temperaturdifferenz zwischen drinnen und draußen. Nehmen wir an, die Differenz beträgt 20 Grad, also im Wohnzimmer haben die Heizkörper die Raumluft auf 20 Grad erwärmt und draußen herrschen Nullpunkt-Temperaturen.
Beispiel
Wie kalt dann die Innenwände sind, hängt vom U-Wert, also von der Wärmedämmung ab. Ist die Wand extrem gut gedämmt (U = 0,1), dann ist die Wand nur 0,3 Grad kälter als der Raum. Handelt es sich um eine einfache dünne Fensterscheibe (U = 5), dann ist dieses Bauteil um fast acht Grad kälter als der Innenraum. Die Fensterscheibe hat also innen eine Temperatur von nur 12 Grad. Eine schlecht gedämmte Wand aus den fünfziger Jahren (U = 1,5) wäre immerhin noch vier Grad kälter als der Innenraum. Man kann sich leicht vorstellen, wie das Wasser in diesem Fall förmlich von den Wänden und von den Fensterscheiben tropft.
Wenn die Temperaturdifferenz zwischen drinnen und draußen nur zehn Grad beträgt, dann sind die Bauteile auf der Innenseite zwar immer noch kühler je nach U-Wert, aber die Differenz ist geringer. Die Formel zeigt also deutlich, in welchem Umfang eine bessere Dämmung die Innenwandtemperaturen erhöht.
Die folgenden drei Diagramme zeigen die Temperaturverhältnisse bei einer durchschnittlichen, einer guten und einer schlechten Dämmung, jeweils bei einer Innentemperatur von 20 Grad und einer Außentemperatur von null Grad. Ein viertes Diagramm zeigt die Verhältnisse, wenn die Temperaturdifferenz zwischen innen und außen nur zehn Grad beträgt.
Hier wird ein einfaches Verfahren vorgestellt mit dem man den U-Wert selbst messen kann.
U-Werte entzaubert
Hier wird ein einfaches Verfahren vorgestellt mit dem man den U-Wert selbst messen kann. Der U-Wert gibt an, wie gut die Wärmedämmung einer Mauer oder eines Fensters ist.
(25. Juli 2016) Mit dem U-Wert kann man ausrechnen, wie viel Heizenergie verbraucht wird. Der U-Wert gibt an, wie viel Heizenergie pro Sekunde durch einen Quadratmeter Bauhülle entweicht, wenn es draußen ein Grad kälter ist als drinnen.
Erstaunlich genaue U-Werte aller Gebäudeteile enthält die Gebäudetypologie des IWU. Es gibt dort Daten für alle Haustypen.
Einige U-Werte aus der IWU-Gebäudetypologie |
|||
Bauteil | EFH 1950 | MFH 1960 | EFH 1990 |
Vor Sanierung | |||
Dach | 1,4 | 0,6 | 0,4 |
Außenwand | 1,4 | 1,2 | 0,5 |
Kellerdecke | 1,0 | 1,6 | 0,6 |
Fenster | 2,8 | 3,0 | 3,2 |
Endenergieverbrauch (kWh/qm) | 268 | 206 | 214 |
Nach zukunftsweisender Sanierung | |||
Dach | 0,14 | 0,1 | 0,14 |
Außenwand | 0,13 | 0,13 | 0,11 |
Fenster | 0,8 | 0,8 | 0,8 |
Kellerwand | 0,23 | 0,25 | 0,2 |
Endenergieverbrauch (kWh/qm) | 58 | 44 | 53 |
U-Wert selbst messen
Man kann den U-Wert näherungsweise auch selbst bestimmen. Das Verfahren wurde uns von einem Vereinsmitglied übermittelt, die Quelle ist leider nicht bekannt. Man braucht dazu die Innentemperatur Ti, die Außentemperatur Ta und die Temperatur auf der Innenseite des Bauteils, Tb. Man kann das Thermometer auf die Wandinnenseite kleben oder noch besser eine Wärmebildkamera vom Bund der Energieverbraucher ausleihen. Nun wartet man solange, bis sich die drei Temperaturen nicht mehr ändern, also sich ein Gleichgewicht eingestellt hat.
Eine sehr gut gedämmte Wand hat einen U-Wert von 0,2, eine moderne Verglasung einen Wert von 1,1. Wenn Ta = 0 und Ti = 20 ist, dann ist nach der Formel die Innentemperatur des Fensters 17,2 Grad und der Wand 19,5 Grad. Das sind durchaus plausible Werte.
Formel für den U-Wert:
U = (Ti – Tb) / (0,13 * (Ti – Ta))
Ti = Innentemperatur
Ta = Außentemperatur
Tb = Temperatur des Bauteils
Probieren Sie es bitte aus und berichten uns dann!
Wofür verbraucht ein Gebäude Energie? Wo kommt die Energie für das Gebäude her? Wieviel Energie verbraucht ein Gebäude?
Energiefluss in Gebäuden
(02. Januar 2003)
Wofür verbraucht ein Gebäude Energie?
Wärme geht dem Gebäude durch Außenwände, Fenster und Dach (Transmissionsverluste) und durch die Lüftung verloren. Auch für die Erwärmung von Wasser für Duschen, Waschen, Baden muß Energie eingesetzt werden. Ein Teil der eingesetzten Energie geht außerdem ungenutzt als Abgasverlust durch den Schornstein verloren.
Wo kommt die Energie für das Gebäude her?
Sobald die Außentemperatur unter der gewünschten Innentemperatur liegt, muß dieser Verlust durch neue Wärmezufuhr ersetzt werden: durch Heizung, durch Sonnenstrahlung, durch Wärmeabgabe von Bewohnern.
Wieviel Energie verbraucht ein Gebäude?
Der Energieverbrauch schwankt stark mit der Tages- und Jahreszeit. An einem kalten Wintertag geht dreimal mehr Energie verloren als an einem durchschnittlichen Tag in der Heizperiode. Im Sommer wird Energie nur für die Warmwasserbereitung gebraucht. Der winterliche Wärmeverlust hängt ab:
- von der Gebäudegeometrie: Je kompakter ein Gebäude gebaut ist, umso geringer ist der Wärmeverlust. Die Kompaktheit wird gemessen durch das Verhältnis von Oberfläche zum Volumen eines Gebäudes. Man spricht vom A zu V-Verhältnis (A/V). Bei einer Kugel ist dieses Verhältnis minimal. Bei Gebäuden liegt dieses Verhältnis üblicherweise zwischen 1,4 für ein Einfamilienhaus und 0,2 für ein kompakt gebautes Mehrfamilienhaus.
- von der Luftdichtheit des Gebäudes: Normalerweise wird die Raumluft etwa einmal stündlich gegen frische Luft ausgewechselt. Bei Häusern mit mangelhafter Dichtheit geht bei kalten Außentemperaturen sehr viel Wärme unnütz verloren, insbesondere bei Wind. Der Lüftungswärmeverlust lässt sich vermindern, indem die Wärme der Abluft genutzt wird, um die einströmende Frischluft zu erwärmen - das Wärmetauscher-Prinzip.
- von der Wärmedurchlässigkeit von Außenwänden und Hausdach: Maßstab ist der k-Wert - künftig als U-Wert bezeichnet. Er gibt an, wieviel Watt durch ein Bauteil mit einem Quadratmeter Größe verloren gehen je Grad Temperaturdifferenz zwischen Innen und Außen. Bei einem k-Wert von zwei verliert eine Wand mit zehn Quadratmetern bei 20 Grad Temperaturdifferenz 2 x 10 x 20 = 400 Watt, also in zehn Stunden 400 x 10 = 4.000 Wattstunden oder 4 kWh. Hätte die Wand nur einen k-Wert von eins, wären es nur noch 2 kWh. Bis 1977 lag der mittlere k-Wert vonAußenbauteilen noch über 1,2. Nach der Wärmeschutzverordnung von 1994 ist für Außenwände ein maximaler k-Wert von 0,4 vorgeschrieben. Für Niedrigenergiehäuser ist ein k-Wert von 0,3 bis 0,2 angesagt. Für ein Passivhaus liegt er sogar bei 0,1.
- vom Abgasverlust der Heizung: Bei einem Abgasverlust von zehn Prozent gehen von der eingesetzten Energie von z.B. 30.000 Kilowattstunden jährlich 3.000 Kilowattstunden durch den Schornstein verloren.
- vom Energiegewinn durch die Sonne: Sonnenenergie kann aktiv durch Solaranlagen oder passiv durch Fenster oder auch Außenwände hereingeholt werden. Im Winter ist der Solarertrag gering. Dafür aber kann die Sonne in der Übergangszeit einen beträchtlichen Beitrag auch zur Hausheizung leisten.
Energieflüsse im Gebäude
Gebäude können bei sorgfältiger Berücksichtigung all dieser Faktoren so gestaltet werden, daß sie über das Jahr gesehen mit geringen Energiemengen auskommen. Dafür müssen Wärmedämmung, Lüftung, Heizung und Solaranlage aufeinander abgestimmt sein.
Der jährliche Energieverbrauch pro Quadratmeter Wohnfläche bietet einen guten Beurteilungsmaßstab für die energetische Qualität eines Gebäudes. Man nennt diese Zahl den Energiekennwert. Dieser Wert lag vor 20 Jahren noch bei 300 kWh/qm bzw. 30 Liter Heizöl je Quadratmeter Wohnfläche.
In Schweden durften bereits 1980 neue Gebäude maximal 80 bis 100 kWh/qm verbrauchen. Diesen Kennwert kann sich jeder leicht selbst errechnen und damit feststellen, wie groß der wärmetechnische Sanierungsbedarf ist und welche Einsparungen sich erzielen lassen. Allerdings muß der tatsächliche Verbrauch korrigiert werden, je nachdem, ob es sich um einen sehr kalten oder um einen milden Winter gehandelt hat.
Je höher der bisherige Verbrauch, um so rascher lässt sich mit geringem Aufwand der Verbrauch reduzieren. Wenn der Verbrauch schon gering ist, dann muss erheblich mehr in eine weitere Verbrauchsverminderung investiert werden. Die meisten Maßnahmen der energetischen Sanierung sind bereits bei heutigen Energiepreisen wirtschaftlich. Sie rentieren sich insbesondere dann, wenn sie mit ohnehin durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen gekoppelt werden. Wenn also z.B. bei einer Fassadensanierung oder einem Neuanstrich gleich eine Wärmedämmung aufgebracht wird, reduzieren sich die Kosten der Wärmedämmung um die Kosten der Sanierung. Denn die Wärmedämmung schließt ohnehin erforderliche Arbeitsschritte ein.