Der Sonne entgegen
Die Pfuhlschnepfe hält den Weltrekord im Langstreckenflug: Sie kann nonstop in neun Tagen fast 12.000 Kilometer zurücklegen. Menschen sind für eine Reise über den Wolken auf technische Hilfsmittel angewiesen. Solarenergie erlaubt Fliegen auch noch im postfossilen Zeitalter.
(4. Dezember 2008) - Mit Sonnenenergie Auto fahren - das geht. Fliegen mit Solarkraft ist schon anspruchsvoller. Werden Sonnenflugzeuge irgendwann die konventionellen Linienflugzeuge ersetzen? Bisher erlaubt die Technologie von Solarflugzeugen nur den Transport von einer Person auf Flügen von 24 Stunden Dauer. Die Flügelspannweite beträgt dabei 60 bis 80 Meter. Doch als die Brüder Wright im Jahre 1903 mit ihrem ersten Flugzeug 200 Meter weit flogen, konnte sich niemand vorstellen, dass 66 Jahre später zwei Menschen auf dem Mond landen würden.
Heutige Solarpioniere wollen hoch hinaus
Schon 2011 will der Schweizer Psychiater Bertrand Piccard gemeinsam mit Andre Borschberg in einem solaren Segelflugzeug in mehreren Etappen die Welt umrunden. Piccard, Sohn des berühmten Tiefseetauchers, gelang 1999 die erste Nonstop-Weltumrundung in einem Ballon. Ziel ihres Unternehmens "Solar Impulse" ist es, ein Flugzeug zu bauen, das aus eigener Kraft abheben und mehrere Tage lang ohne Treibstoff fliegen kann. Als einzige Energiequelle dienen Solarzellen auf den Tragflügeln.
Technisch ergibt sich dabei die zusätzliche Schwierigkeit, dass die während des Tages eingefangene Energie das Flugzeug antreiben und gleichzeitig die Batterien für den Nachtflug aufladen muss. Die größte Herausforderung vor der Weltumrundung wird also der erste Flug in der Nacht sein. Das Projekt hat ein Budget von 60 Millionen Euro.
Nach vier Jahren Forschungsarbeiten, Studien, Berechnungen und Simulationen nimmt das Projekt "Solar Impulse" nun konkrete Formen an: Seit über einem Jahr konstruieren Ingenieure den ersten Prototyp "HB-SIA", der nun fertig gestellt wurde. Er soll demnächst mit 61 Metern Spannweite und 1500 Kilogramm Gewicht an den Start gehen. Das Flugzeug kombiniert damit die Spannweite des "Airbus A340" mit der Flächenbelastung von Gleitschirmen und Deltaseglern. Bei gleicher Größe muss es achtmal weniger Gewicht auf die Waage bringen als das beste derzeitige Segelflugzeug. Der Prototyp dient zunächst dazu, die Technologie und die Konstruktionsverfahren zu überprüfen. Überzeugen die Ergebnisse, kann "HB-SIA" schon im kommenden Jahr seinen ersten 36-stündigen Flug ohne Treibstoff absolvieren. Das entspricht einem vollständigen Tag-Nacht-Tag-Zyklus.
Solare Weltumrundung
Rund um die Welt in Etappen zu jeweils 3000 Kilometern - das ist das Ziel der Konstrukteure eines neuartigen Solar-Wasserstoffflugzeugs namens "Hy bird". Für das Tempo von 150 Stundenkilometern benötigt die Maschine eine Leistung von 15 Kilowatt. Die Kombination aus einer 19-Kilowatt-Brennstoffzelle und Solarzellen mit einer Leistung von zwei bis drei Kilowatt sollen diese Energie bereitstellen. Für den Start und den Steilflug benötigt das Flugzeug 45 Kilowatt, die aus Lithium-Akkus stammen. Solarzellen laden die Akkus während des Flugs nach.
"Hy bird" stammt von der Firma Lisa Airplanes in den französischen Alpen. Das Projektbudget liegt bei vergleichsweise bescheidenen vier Millionen Euro. "Hy bird" hat eine Spannweite von 18 Metern. Die Motorleistung beträgt 40 Kilowatt, die Maschine wiegt 850 Kilogramm und kann daher nur einen Piloten befördern. Planmäßig soll die Brennstoffzelle im Frühjahr 2009 zur Verfügung stehen. Schon vier Monate später könnte der Einsitzer erstmals abheben. Für 2010 steht die erste Weltumrundung auf dem Plan: "Hy bird" soll den Planeten in 30 Etappen umrunden. In der Serienversion soll die Reichweite des Modells 3.000 Kilometern betragen. Größere Modelle könnten bis zu sechs Passagiere befördern.
Die Geschichte des Solarflugs
Die ersten bemannten Solarflugzeuge starteten in den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts. Dem Gossamer "Penguin" gelang es 1981, den Ärmelkanal zu überqueren. Ihre Motorleistung betrug 2,5 Kilowatt. Gleichzeitig flog Günter Rochelt mit seinem "Solair 1" und einer Maschinenleistung von 2,2 Kilowatt. 1990 überquerte Eric Raymond mit dem "Sunseeker" die USA innerhalb von zwei Monaten. Er benötigte mt seiner 89 Kilogramm leichten Maschine 21 Etappen, die längste davon betrug 400 Kilometer. Die Gleitzahl seines Segelflugzeugs betrug dabei 30. Dies bedeutet, dass das Flugzeug auf einer Strecke von 30 Metern einem Höhenverlust von einem Meter benötigt.
1996 gewann ein Team der Universität Stuttgart den Berblinger Wettbewerb der Stadt Ulm. Das Siegermodell "Icare 2" brachte 290 Kilo Startgewicht auf die Waage. Die Flügelspannweite betrug 25 Meter Spannweite, die Motorleistung 12 Kilowatt. "Icare 2" konnte aus selbst erzeugten, in Batterien gespeicherten Strom starten und aufsteigen. Dabei schaffte die Maschine 450 Meter Höhe und 350 Kilometer Geradeausflug.
Im Auftrag der NASA wurde das unbemannte Solarflugzeug "Helios" gebaut. Mit 14 Motoren à 1,5 Kilowatt Leistung erflog die Maschine 2001 einen Höhenrekord von 30.000 Metern. Das Flugzeug wog 580 Kilo und hatte eine Spannweite von 75 Metern - das sind elf Meter mehr als eine Boeing 747. 2005 gelang Alan Cocconi ein 48-stündiger unbemannter Non-Stop-Flug mit einem solarbetriebenen Solarflugzeug von fünf Metern Spannweite. Es war das erste Mal, dass ein Solarflugzeug die ganze Nacht durchfliegen konnte.