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Feuchteschäden durch die EnEV?

Fachgerecht ausgeführte Dämmung saniert Feuchteschäden und verursacht sie keineswegs.
Von Johannes Zink

(Text erstveröffentlicht in ED 02/2002)

"Verbesserte Dämmung lässt Schimmelfälle in Wohnungen drastisch ansteigen."
"Wärmebrücken führen künftig vermehrt zu Feuchteschäden im Wohnungsbau."
"Die Gebäude werden nun so dicht, dass zwangsweise Lüftungsanlagen einzubauen sind."
Dies sind Schlagzeilen, die heute und in Zukunft die Diskussion um energieeffizientes Bauen beherrschen. Die Tatsachen sehen anders aus.

Erhöhter Wärmeschutz

Die Anforderung an den Wärmeschutz wird im Wohnungsbau nicht wesentlich erhöht, im Gegenteil. Das alte Mindestniveau wird fortgeschrieben. Ähnliches kann für die Erneuerung im Bestand festgestellt werden. Dort konnte sich der Gesetzgeber nur zu geringfügigen Verbesserungen bereit finden. Am Wärmeschutz wird es also nicht liegen, wenn künftig vermehrt Schimmelschäden befürchtet werden.

637 Schneehöhle

Wie sieht"s hier aus mit der Wärmedämmung?

Abgesehen davon ist nach bauphysikalischem Kenntnis- und Erfahrungsstand zusätzlicher Wärmeschutz ein Faktor für erheblich verringertes Schimmel-Risiko.

Denn durch besseren Wärmeschutz erhöht sich die Temperatur der Innenoberflächen. Das senkt das Kondensationsrisiko. Das Gegenteil der landläufig auch in Baukreisen verbreiteten Wirkungskette ist also Realität: Dämmung (fachgerecht ausgeführt) saniert Feuchteschäden und verursacht sie keineswegs.

637 verfallene Häuser

Hier wird die EnEV bestimmt nicht eingehalten.

Wärmebrücken

Die Wärmebrücken erhalten in der EnEV zu Recht endlich mehr Gewicht im rechnerischen Nachweisverfahren. Doch werden sie allein dadurch kritischer im Hinblick auf die Vermeidung von Oberflächenkondensat?

Schon bisher musste zwingend so konstruiert werden, dass bei bestimmungsgemäßer Wohnnutzung keine Tauwasserbildung eintritt. Zu oft wird noch "gesündigt" in Form achtloser Architektur-Details in Planung und Ausführung.

So bilden Wärmebrücken als Schadensursache weiterhin eine Gefahrenquelle, die jedoch infolge Sensibilisierung durch die Publikation und Information im Umfeld der EnEV-Einführung an Bedeutung verliert.
Insbesondere die Bonus-Gewährung bei konsequenter Vermeidungsstrategie soll zu besseren Baustandards verhelfen. Die Schimmel-Gefahr infolge unzulässiger Wärmebrückenbildung wird somit gewiss sinken und nicht ansteigen.

637 Schema Innenraum

Gefährdete Stellen für Feuchtigkeitsschäden, falls unzureichende Dämmung oder Wärmebrücken mit zu feuchter Raumluft zusammentreffen.

Dichtheit

"Die neue Dichtheit durch Dämmung und Energieeinsparung wird zu stickigen, feuchten Gebäuden führen und Allergieerkrankungen fördern" - so schallt es aus vielen Richtungen.
Guter Wärmeschutz bewirkt keine "Dichtheit": Im Gegenteil, die Feuchtegefahr ist nicht selten gerade nur durch Dämmung in den Griff zu bekommen (s. o.). Es geht einzig um die Fugendichtheit.

Und auch diese wird überhaupt nicht neu eingeführt mit der EnEV 2002. Sie ist schon seit 1981 als Regel der Technik Bestandteil in DIN 4108 "Wärmeschutz im Hochbau" und war bereits seit 1982 in jeder Wärmeschutzverordnung verankert:
Fugen in der Gebäudehülle "müssen dauerhaft und entsprechend dem Stand der Technik luftundurchlässig abgedichtet sein".
Und so erfolgt mit der EnEV also auch in diesem Punkt keine grundlegende Verschärfung der Wohnsituation gegenüber der Zeit vor 2002.

Neu ist lediglich die freiwillige Möglichkeit, bei messtechnisch nachgewiesener Dichtheit des Gebäudes mit durchaus moderaten Grenzwerten (sogen. n50-Werte) einen Bonus im Energiebilanzverfahren der EnEV zu erhalten. Damit soll ohne Zweifel in der Tendenz eine luftdichtere Bauausführung erreicht werden.

Durch Fugen im Dachausbau konnte jedoch auch bisher noch nie ein hygienisch ausreichender Luftwechsel sichergestellt werden. In puncto Dichtheit braucht auch kaum unterschieden werden zwischen Neu- und Altbau. Entscheidend ändert sich die Luftwechsel-Situation stets durch Einbau dicht schließender Fenster und Türen, was aus Energiespargründen immerhin schon zum Standard wurde und nicht mehr unterbleiben darf.

Dann aber sind auch Altbauten wesentlich "dichter" als zuvor und erfordern wie Neubauten eine geregelte Lüftung. So wird noch viel geschrieben und erklärt werden müssen zur ausreichenden Beheizung und Stoßlüftung in Wohnungen, die von ihren Bewohnern zudem weitaus größeren Feuchtebelastungen ausgesetzt werden als früher.
Bequeme Abhilfe schaffen Anlagen zur automatischen Wohnungslüftung, die in Altbauten mit geringem Wärmeschutz noch dringlicher wären als in modernen Energiesparhäusern.

637 Schimmelecke / Foto: Johannes Zink

Die Schimmel-Gefahr sinkt durch gute Dämmung.

Auch deren Einsatz wird mit Erleichterungen im EnEV-Anforderungsniveau belohnt. Aufgabe ist in erster Linie die Sicherstellung eines dauerhaft angenehmen Wohnklimas in der Heizperiode, wie es selbst in ?undichten? Wohnungen nie anzutreffen war.

Voraussetzung für den Erfolg automatischer Wohnungslüftung ist allerdings eine sehr detaillierte Planung und Ausführung, wofür noch viel Erfahrung gesammelt werden muss.

Fazit

Die EnEV 2002 bietet dank eines sehr umfangreichen Rechenansatzes eine Vielzahl von Anreizen, Gebäude energieeffizienter auszurüsten. Das Anforderungsniveau insgesamt geht nicht entscheidend über die bisherige Praxis hinaus (z. B. Brennwertkessel, Lüftungs- und Solaranlagen wurden auch früher schon eingebaut).

Alle o. a. bauphysikalischen Nachweisgrößen der EnEV sind dazu geeignet, das Risiko von Schimmelbefall in Wohnräumen weiter zu vermindern. Für die Bekämpfung der vielfach auftretenden Schädigungen in Alt- und Neubauten sind gezielt zum Thema Lüftung Strategieen zu entwickeln sowohl bezogen auf die Nutzeraufklärung als auch hinsichtlich hochwertiger Planung und Ausführung von Lüftungsanlagen.

letzte Änderung: 27.02.2017