Der Altbau wird zum Niedrigenergiehaus
Der Dämmwert modernster Fenster hat sich um den Faktor vier verbessert gegenüber einer bis vor sechs Jahren üblichen Isolierverglasung. Viele alte Fenster sind zudem undicht. Aus den Wärme- und Windlöchern von früher sind high-tech-Komponenten geworden, die Licht und Wärme in das Haus holen. Da neunzig Prozent aller Häuser vor 1990 gebaut wurden, sind die Einsparmöglichkeiten durch neue Fenster enorm.
Von Aribert Peters
(17. August 2002) Fenster stellen das sensibelste Element energetischer Gebäudesanierung dar. Auf der einen Seite bestimmen sie das äußere und innere Erscheinungsbild eines Gebäudes entscheidend mit und müssen auf der anderen Seite als Teil der Außenwand oder des Daches den winterlichen und sommerlichen Wärme-, Schall- und Witterungsschutz gewährleisten, aber auch Sicherheit vor Einbruch bieten.
Erneuerung der Fenster
Zusätzlich belichten und belüften die Fenster die Innenräume und stellen den visuellen Kontakt zur Außenwelt her: Man kann heraus- aber ebenso hineinsehen. Ein hoher Tageslichtanteil trägt wesenlich zum Wohlbefinden der Bewohner bei und reduziert gleichzeitig den Verbrauch elektrischer Energie.
Wird die Dauer der künstlichen Beleuchtung um eine Stunde täglich verringert, so kann der Stromverbrauch im Einfamilienhaus um bis zu 200 kWh jährlich gesenkt werden. Fenster lassen sich sogar zur aktiven Nutzung der Sonnenenergie - zur Stromerzeugung und/ oder zur direkten Erwärmung des Hauses - nutzen.
Die rasante Entwicklung der Verglasungstechnologie hat dazu geführt, dass sich die Fenster vom Schwachpunkt zum wichtigsten und vielseitigsten Bauteil der Gebäudehülle entwickeln konnten.
Ein modernes durchschnittliches Einfamilienhaus aus dem Jahr 1990 hatte folgende Flächen- und Dämmwerte:
Bauteil | Fläche (qm) | k-Wert |
Dach | 120 | 0,3 |
Wand | 136 | 0,5 |
Boden | 100 | 0,6 |
Fenster (Isolier-verglasung) | 23 | 2,6 |
Fenster sind trotz kleiner Flächen wichtig
Die Fenster sind zwar im Schnitt nur ein Fünftel so groß wie alle Wandflächen eines Hauses. Dafür waren sie früher etwa viermal schlechter gedämmt als heute. Man erkennt, daß die Fenster trotz vergleichsweise kleiner Flächen deshalb so wichtig sind, weil sie bis vor kurzem sehr schlechte Dämmwerte hatten. Die jeweiligen Wärmeverluste errechnen sich durch die Multiplikation von Fläche mit dem k-Wert. Der Verlust ist also unverändert, wenn sich für eine doppelt so große Fläche der Dämmwert halbiert. Erst seit 1994 sind Fenster mit k-Werten unter 0,8 bis zu 0,6 W/qmK am Markt erhältlich. Schließlich sind alte Fenster oft nicht mehr dicht - es zieht an den Fugen herein. Auch dadurch werden Fenster zum Sanierungsfall.
Das Fenster als Sonnenkollektor
Hinzu kommt der solare Wärmegewinn, der bei modernen Fenstern auch höher ist. Etwa 25% der Verluste eines Niedrigenergiehauses entfallen auf die Fenster. Dafür werden 35% der Energie durch die Sonne geliefert. Früher konnten sehr gute Dämmwerte nur durch Kastenfenster erreicht werden, die auch weniger Sonnenlicht ins Haus liessen. Moderne Fenster können gleichzeitig sehr gut dämmen und viel Sonne ins Haus lassen. Die Gewinne an Sonnenenergie sind - vereinfacht dargestellt - gleich dem Produkt aus Fensterfläche, g-Wert (zwischen 0,5 und 0,8 nach Herstellerangabe), dem Nutzungsgrad (0,5) und der Solarstrahlung (400 kWh/qm für Südfenster, 275 kWh/qm für Ost- und Westfenster, 160 kWh/qm für Nordfenster). Ein 1 qm großes südorientiertes Fenster mit einem g-Wert von 0,65 bringt einen Solargewinn von 130 kWh pro Jahr.
Geläufige Kennwerte für Fenster:
k-Wert = der Wärmedurchgangskoeffizient,
beschreibt den Wärmeverlust in W/(qm K) von innen nach außen, unterschiedlich für Bauteile und deren Komponenten, z.B. kV für Verglasung, kR für Rahmen, kF für Fenster. Zu unterscheiden sind die Werte nach DIN (Labormessung) und nach Bundesanzeiger (mit Aufschlägen). Maßgeblich sind die Werte nach Bundesanzeiger.p>
g-Wert = Gesamtdurchlässigkeit,
beschreibt den Wärmegewinn in % aus der Sonnenstrahlung durch die Verglasung in den Raum.
a-Wert = die Fugendurchlässigkeit,
beschreibt den Luftwechsel von außen nach innen in cm/(h*m*daPa 2/3)
Rw-Wert = das bewertete Schalldämm-Maß,
beschreibt die Schalldämmung des Bauteils in dB.
Rahmenklasse
Je höher die Nummer der Gruppe, desto schlechter wärmedämmend sind die Rahmen. Bei neuen Fenstern ist Rahmengruppe 1 zu empfehlen, bei Passivhäusern sogar noch bessere Rahmen.
Temporärer Wärmeschutz
Bei den guten zweifach- und dreifach-Wärmeschutzfenstern spielt der nächtliche Wärmeschutz durch Rolläden etc. kaum noch eine Rolle. Im Gegenteil:
Übliche Rolladenkästen stellen infolge ihrer Undichtheiten und oft schlechten Dämmung die größeren Schwachstellen im Fensterbereich dar. Daher ist bei Einbau neuer Wärmeschutzfenster unbedingt auch der Rolladenkasten - soweit vorhanden - auf Dichtheit und Dämmung zu sanieren. Rolläden und Schiebeläden bieten erst dann wieder eine nennenswerte Verbesserung, wenn sie winddicht schliessen und gut gedämmt sind. Dies ist jedoch schwer zu realisieren und mit hohen Kosten verbunden.
K-Werte oder U-Werte?
Mit der Energieeinsparverordnung 2002 werden die k-Werte durch europäische U-Werte ersetzt, erkennbar am kleingeschriebenen Index mit Bezug zu den englischen Begriffen UW(indow), Uf(rame), Ug(las). Die UW-Werte liegen wegen anderer Meßvorschriften für die gleichen Komponenten durchweg höher als die kF-Werte. Lediglich die Werte für das Glas sind identisch: Ug = kV.
Austausch oder Sanierung?
Im üblichen Sanierungsfall werden Fenster und Rahmen ersetzt. Der Einbau neuer Fensterrahmen beschädigt sowohl die Innen- als auch die Außenwand und erfordert eine entsprechend aufwendige Nachbesserung sowohl der Innenwand als auch der Fassade. Ist die Substanz der vorhandenen Rahmen noch gut, kann sich eine Sanierung des Fensters lohnen. Dafür gibt es vier Möglichkeiten: Vorsatzscheibe, Wärmeschutzverglasung in bestehenden Rahmen, Einbau eines Zusatzfensters und Fensterisolierfolien.
Vorsatzscheibe
Der Einbau von einfachverglasten Vorsatzflügeln auf den Innenseite von Holzrahmenfenstern verbessert den k-Wert von einfachverglasten Fenstern bis zu 40%. Die Kosten liegen bei ca. 140 - 180 DM pro qm. Die vorhandene Einfachverglasung wird durch ein Wärmeschutzglas ausgetauscht. Die Wärmeverluste über die Scheibe gehen um 70% zurück. Vorher ist zu prüfen, ob Flügel und Beschläge das zusätzliche Gewicht aufnehmen können. Die Kosten liegen mit ca. 280 - 350 DM pro qm etwa 30% niedriger als der Einbau neuer Fenster.