Fensterscheiben im Tausch
Viele Hausbesitzer erneuern ihre Fenster, um einen besseren Wärmeschutz zu erzielen und somit Energiekosten zu sparen. Doch statt des ganzen Fensters kann oft auch nur das Glas erneuert werden. Martin Frey hat für die Energiedepesche recherchiert.
(23. März 2016) Hausbesitzer handeln nicht immer logisch: Sind Reparaturen zu erledigen, wird oft nur das Nötigste getan. Steht aber eine energetische Modernisierung ins Haus, wird gerne viel Geld in die Hand genommen. Zu diesem Schluss kommt Markus Hahnefeld, Verkaufsleiter der Firma City Glas in Bad Kreuznach und konstatiert: „Wenn ich meine Kunden frage: ‚Bei einem Glasschaden, was machen Sie da?‘ ist fast immer die Antwort: ‚dann ersetze ich einfach das Glas‘. Es ist noch nicht vorgekommen, dass sie sagen: ‚dann tausche ich das ganze Fenster aus‘.“ Genau diesen Ansatz verfolgen Hausbesitzer aber zumeist, wenn der Dämmwert der Fenster verbessert werden soll.
Dipl.-Geograph Martin Frey | Fachjournalist, Fachagentur Frey, Kommunikation für Erneuerbare Energien, mf@agenturfrey.de / Foto © Carsten Costard
Wachsender Markt
„Der Markt für Umglasungen ist noch recht klein, wächst jedoch stetig“, bestätigt Ralf Vornholt vom Marketing Technik der Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH, einem der großen Glashersteller. Prinzipiell müssten seiner Ansicht nach nur die Glasleisten entfernt und gegebenenfalls angepasst werden. „Das geht schnell, ist eine saubere Sache und auch wesentlich kostengünstiger als der Tausch eines kompletten Fensters, da selbiges nicht aus dem Mauerwerk entfernt werden muss“, so Vornholt. Die einzige Einschränkung ist nach Ansicht der Experten, dass die alten Rahmen nicht dem aktuellen Dämmstandard entsprechen.
Beschränkung auf Zweifachverglasung
Jochen Grönegräs, Geschäftsführer des Bundesverbandes Flachglas e. V. aus Troisdorf, meint zwar: „Häufig ist es zweckmäßiger, das ganze Fenster statt nur das Glas allein auszutauschen. Denn je nach Fenster reicht der Platz nicht immer für eine Dreifachverglasung.“ Grönegräs verweist aber auch darauf, dass in vielen Fällen immerhin vorhandene Einfachverglasungen oder schlechte Zweifachverglasungen durch aktuelle Doppelverglasungen ersetzbar sind. Dazu könne bei Holzfenstern der Falzraum vergrößert oder bei Kunststofffenstern die Halteleisten gegen schmälere ausgetauscht werden: „Ohne Platzprobleme geht es, veraltete Zweischeiben-Isoliergläser gegen modernere beschichtete und mit Edelgas gefüllte in der gleichen Stärke auszutauschen.“ Der U-Wert des Glases verbessere sich dann oftmals immerhin von 3,0 auf 1,1.
Voraussetzungen an das Fenster
Grundsätzlich kann man bei allen Fenstern aus Holz, Kunststoff oder Aluminium die Gläser tauschen, es sei denn, es sind Billigfenster (sogenannte Baumarktware), bei denen alle Komponenten untrennbar miteinander verklebt sind. Die bestehenden Fensterrahmen müssen jedoch vor einem Glastausch ausgiebig überprüft werden: Ist das Holz noch in einem guten Zustand, damit es wie die neuen Gläser weitere Jahrzehnte überstehen kann? Ist der Rahmen nicht verzogen, so dass es Undichtigkeiten beim Schließen gibt? Sind die Beschläge stabil, damit sie ausreichend gegen Einbruchsversuche schützen und auch einen schwereren Glaseinbau tragen können? Wenn all dies geprüft ist, kann man zu einer Umglasung raten. Ist dies aber nicht der Fall, raten Fensterbauer und Glaser zu neuen Fenstern.
Demontage: Die Halteleisten werden innen gelockert, die Demontage der Scheiben kann erfolgen.
Spitzenreiter Dreifachverglasung?
In aller Regel tauschen Glaser alte Zweifachverglasungen durch neue zweifache Glasaufbauten mit speziellen Beschichtungen und Edelgasfüllungen aus. Es ist aber auch eine spezielle Dreifachverglasung erhältlich, die in viele bestehende Holzfensterkonstruktionen passt. Dreifachverglasungen haben aber auch Nachteile: Je mehr Scheiben im Glasverbund sind, desto geringer ist auch der Lichtdurchgang und der Energieeintrag, der es ermöglicht, passive Solargewinne im Gebäude zu erzielen und den Kunstlichtbedarf zu senken. Das Ergebnis ist recht skurril: „Häuser mit Dreifachverglasung müssen im Winter zuerst geheizt werden, da sie die Sonneneinstrahlung weniger nutzen können“, so Hahnefeld.
Ablauf der Umglasung
Ist die Entscheidung für eine Umglasung gefallen, gehen die Arbeiten fix voran. Für ein Fenster braucht man oft weniger als eine Stunde Arbeitszeit: Zuerst werden die Halteleisten abgehebelt und nach Bedarf verschmälert. Nach Entfernung der Dichtungen wird die alte Scheibe herausgehoben. Anschließend klebt man neue Vorlegebänder ein, die Scheibe wird nach außen abdichtet und fixiert. Dann können die neuen Isoliergläser eingesetzt und mit Verklotzungen in Position gebracht werden. Die möglicherweise umgearbeiteten Halteleisten werden wieder eingesetzt und festgenagelt. Zu guter Letzt bringt man neue Dichtungen beziehungsweise Silikonfugen an, und fertig ist die Umglasung.
Vorteile der neuen Scheiben
Die Bewohner dürften schnell den Effekt ihrer neuen Gläser am eigenen Leib spüren: Gerade in der kalten Jahreszeit verbessert sich das Wohnraumklima deutlich, es gibt keinen kühlen Luftzug mehr. Neben der damit verbundenen Energieeinsparung dürfte auch der sommerliche Hitzeschutz an Bedeutung gewinnen – umso stärker, je mehr der Klimawandel fortschreitet. Je nach ausgewähltem Fensterglas sind auch andere Nutzen, wie ein verbesserter Lärm- und Einbruchschutz, zu erzielen.
Neues Glas: Eine neue, besser wärmegedämmte, Scheibe wird eingesetzt.
Einsparung mit Augenmaß
Allein der Ersatz einer alten durch eine moderne Zweifachverglasung könne die Wärmeverluste um zwei Drittel reduzieren, heißt es. Der Grad der Einsparung sei abhängig von der Bausubstanz, den klimatischen Bedingungen und dem Wohnverhalten. Von der Industrie wird ein Wert von circa 20 Liter eingespartem Heizöl pro Heizsaison und qm getauschter Isoliervergasung bei einer Verbesserung von Ug = 3.0 auf Ug = 1.1 genannt. Dass der alte Rahmen weiter genutzt wird, sei aus energetischer Sicht zu vernachlässigen, so Hahnefeld: „Bei bestehenden Kunststoff- und Holzrahmen haben wir in der Regel Differenzen zu den möglichen neuen Rahmen von etwa Ug = 0,3 – beim Glas von circa zwei beim Austausch.“ Eine mögliche Verbesserung durch einen neuen Rahmen sei angesichts seiner deutlich geringeren Fläche im Verhältnis zur Glasfläche niemals amortisierbar.
Auch die Tatsache, dass die Fensterindustrie maximal dichte Fenster inzwischen wieder mit optional einstellbarer künstlicher Undichtigkeit ausstattet, damit Sauerstofftransport und Feuchteregulierung stattfinden können, führe die Absurdität der Entwicklung im Rahmenbau vor Augen. Und so könnten alte Fensterrahmen, die bauartbedingt eine geringe Zwangslüftung ermöglichen, in vielen Fällen die sinnvollere Alternative sein – etwa auch, um Schimmel im Gebäude zu vermeiden.
Kosten und Amortisation
Alle Fenster für ein Einfamilienhaus auszutauschen kostet schnell bis zu 12.000 Euro oder mehr. Für eine Umglasung reichen oft schon 3.000 Euro. Dies kann sich schnell rechnen: „Wir gehen davon aus, dass sich der Finanzeinsatz beim Kunststofffenster innerhalb von fünf bis sechs Jahren und beim Holzfenster innerhalb von sieben bis acht Jahren amortisiert“, so Hahnefeld. Gerade in Kombination mit anderen Sanierungsarbeiten am Haus kann es sich zudem lohnen, über eine Kreditfinanzierung nachzudenken: So bietet die KfW Bankengruppe Investitionszuschüsse oder Kredite, die unter Umständen auch mit Leistungen von anderen Organisationen wie örtlichen Klimaschutzstiftungen zu kombinieren sind. Der Bauherr sollte sich hierzu bei der Energieberatung vor Ort kundig machen und dann auch einen Energieberater einschalten.
Fazit
Wer sich für eine Umglasung interessiert, muss den Handwerker mit Bedacht auswählen: Dieser sollte sich in dem Metier bestens auskennen und auch auf eine Vielzahl an Glasprodukten am Markt zugreifen. Begriffe wie die „warme Kante“ (das ist der Abstandshalter zwischen den Gläsern, der gedämmt sein muss), aber auch Lichttransmission sowie g-Wert sollte er beherrschen und bei seinen Planungen berücksichtigen.
Außerdem sollte der Anbieter alle Ersatzteile bei Fenstern, wie verschiedenste Dichtungen, im Sortiment haben und eine Garantie von fünf Jahren anbieten. Bei alledem sollte man stets im Hinterkopf halten: Fensterbauunternehmen haben – wie ihr Name schon sagt – in der Regel kein Interesse am Glastausch. Man hat also sicher mehr Glück bei Glasern oder eben spezialisierten Unternehmen für Umglasungen.
Weitere Informationen
Bundesverband Flachglas e. V.: www.bundesverband-flachglas.de
City Glas, c/o Cosmic GmbH: www.city-glas.com
Der Energiesparrechner: www.proholzfenster.de (linke Navigationsleiste)