Bürgerbeteiligung an erneuerbaren Energien
Es gibt vielfältige Anlageformen, die es Bürgerinnen und Bürgern erlauben, an der Energiewende mitzuwirken. Der Beitrag vergleicht Kommanditbeteiligungen und Nachrangdarlehen, die sich in gesellschaftsrechtlichen und schuldrechtlichen Aspekten sowie in Chancen und Risiken unterscheiden.
Von Kai Großjohann
(25. Juli 2024) Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) um die Jahrtausendwende begann die bürgergetragene Energiewende. Kleinanleger spielten eine zentrale Rolle bei der Finanzierung, jedoch waren sie auch Risiken wie Übervorteilung ausgesetzt. Gezielte Manipulationen durch Emissionshäuser wie geschönte Prospekte oder unnötige gesellschaftliche Verschachtelungen reduzierten die erwartete Rendite oder vernichteten das eingesetzte Kapital. Fälle wie die Insolvenz von Prokon und die Probleme bei UDI und Leonidas zeigen, dass auch das Kleinanlegerschutzgesetz von 2015 nicht ausreichend schützt, da es den dynamischen Finanzmarktbedingungen nicht gerecht wird. Im Laufe der Zeit hat sich die Finanzierung von Kommanditkapital zu Nachrangprodukten verschoben, was die Kontrollmöglichkeiten und das finanzielle Risiko für die Anleger verändert hat.
Kai Großjohann ist Geschäftsleiter beim Anlegerschutzverein WindEnergie AWE e.V. Der Verein will faire, transparente und demokratische Verhältnisse in Windparks und anderen Anlagen zur Umwandlung regenerativer Energie herstellen und geschädigten Anlegern helfen.
Bürgerbeteiligung als Kommanditbeteiligung
Die Kommanditbeteiligung ist eine Form der Unternehmensbeteiligung, die theoretisch viele Vorteile bietet wie zum Beispiel präventive und reaktive Kontrollmöglichkeiten in Krisenzeiten. Anleger können durch Akteneinsicht, Kündigung oder Verkauf ihr Investment überwachen. In der Praxis jedoch finden sich Kommanditisten oft in einer reaktiven Position wieder, da präventive Maßnahmen durch die Geschäftsführung häufig blockiert werden.
Bürgerbeteiligung als Nachrangdarlehen
Nachrangdarlehen sind ein populäres Finanzinstrument insbesondere im Kontext des Repowerings alter Windparks. Diese Finanzierungsform schränkt die Kontroll- und Mitspracherechte der Anleger stark ein und verlagert den Schwerpunkt von tatsächlichen Vermögenswerten hin zu komplexen schuldrechtlichen Vereinbarungen. Das Risiko eines Totalverlustes besteht ebenso wie bei der Kommanditbeteiligung, jedoch sind die Renditechancen meist nur marginal höher als bei einer Festgeldanlage. Dabei besteht ein deutliches Missverhältnis zwischen den eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten der Anleger und den hohen Risiken, die sie tragen. Die Verzinsung ist oft nicht risikoadäquat festgelegt, was die unfaire Risikoverteilung zusätzlich verschärft.
Akzeptanz der Energiewende durch Bürgerbeteiligung
Bürgerbeteiligung könnte die demokratische Teilhabe und Akzeptanz der Energiewende fördern. Leider wird sie oft von Projektierern zur Übervorteilung von Privatanlegern missbraucht. Regulatorische Rahmenbedingungen müssen daher den Anlegerschutz stärken, ohne die partizipative Einbindung in die Energiewende zu behindern. Nur durch eine solide Bürgerbeteiligung kann die Energiewende breit akzeptiert werden und erfolgreich sein.
Die Herausforderung besteht darin, faire und transparente Anlageprodukte zu schaffen, die sowohl ökologisch sinnvoll als auch ökonomisch vertretbar sind. Ein Verständnis der unterschiedlichen Beteiligungsformen und ihrer Implikationen ist essenziell für jeden, der in erneuerbare Energien investieren möchte. Der Missbrauch des Begriffs „Bürgerbeteiligung“ durch kriminelle Aktivitäten schadet nicht nur individuellen Anlegern, sondern gefährdet auch den gesamtgesellschaftlichen Wohlstand und die Akzeptanz der Energiewende.