Erdgas forever?
Warnung vor Gasmangel
(25. August 2015) Nach Schätzungen des russischen Staatskonzerns Gazprom könnte es in bereits zehn Jahren zu Gasengpässen in Europa kommen. Dann könnten jährlich 30 Milliarden Kubikmeter Gas fehlen, so Gazprom-Vizechef Alexander Medwedew.
Gazprom-Vize Alexander Medwedew. Foto: Gazprom
Weil sich die Erdgasfelder in Europa langsam erschöpfen, steigt der Bedarf auf 80 Milliarden Kubikmeter an – eine Menge, die fast dem Jahresverbrauch Deutschlands entspricht. Gazprom ist der größte Einzelimporteur für Erdgas nach Deutschland und deckt rund ein Drittel des hiesigen Bedarfs. Pläne, die EU mit gefracktem und verflüssigtem Gas aus den USA zu versorgen, bezeichnete er als „Träume aus Washington“. Deswegen hoffe er trotz der derzeitigen frostigen Stimmung auf Gesprächsbereitschaft bei den europäischen Kunden.
Norwegen vor Russland
(25. August 2015) Norwegen löst Russland als wichtigsten Gaslieferanten für Westeuropa und damit auch Deutschland deutlich ab. Norwegen lieferte im letzten Quartal des Jahres 2014 und im ersten Quartal 2015 je 29 Milliarden Kubikmeter Gas nach Westeuropa.
Anlandepunkt für norwegisches Gas in Deutschland. Der Untergrundspeicher Etzel in Norddeutschland. Foto: Harald Pettersen/Statoil
Die Russen lieferten je nur 20 Milliarden. Damit kommt die EU einen kleinen Schritt auf ihrem Weg voran, unabhängiger von russischem Erdgas zu werden, auch wenn Norwegen in diesen Plänen ursprünglich keine Rolle spielte.
Warum der Gaspreis stabil ist und bleibt
Deutschlands Energiekonsumenten haben es derzeit nicht leicht: Strompreise, Pellets und Heizöl werden ständig teurer. Im allgemeinen Teuerungswahn macht nur Erdgas eine Ausnahme. Das ist nicht erst seit Jahresbeginn relativ stabil und wurde in diesem Jahr nicht mal um ein Prozent teurer. Warum das so ist und wie die Zukunft aussehen könnte, erläutert der Energieexperte Frank Urbansky.
Frank Urbansky | Journalist mit den Spezialgebieten Energiemärkte, Energiepolitik und Energietechnik. Er beobachtet seit 15 Jahren den weltweiten Gasmarkt und arbeitet derzeit für das Branchenmagazin Brennstoffspiegel.
(07. Dezember 2013) Auch über die letzten vier Jahre blieb der Gaspreis weitgehend stabil. Der Preisanstieg betrug gerade mal 13,2 Prozent und lag damit nur knapp über der Inflation. Zum Vergleich: Heizöl legte im gleichen Zeitraum um 32,3 Prozent zu, Pellets um 24,2 Prozent und Wärmestrom sogar um 46,0 Prozent.
Doch warum ist dieser Energieträger so erstaunlich preisstabil? Und wird er das bleiben? Prognosen sind einem bekannten Bonmot nach besonders dann schwer, wenn sie die Zukunft betreffen. Wir wollen dennoch einen Versuch wagen.
Der Heizölpreis in Deutschland richtet sich nach zukünftigen Erwartungen und nach dem Wechselkurs des Euro zum Dollar. Für den Gaspreis jedoch spielen neben dem Wechselkurs viele weitere Faktoren eine Rolle.
Preisfaktor Verfügbarkeit
An erster Stelle zu nennen ist die Verfügbarkeit. Deutschland, bisher fünftgrößter Gasverbraucher der Welt, bezieht sein Gas aus Russland, Großbritannien und den Niederlanden (siehe Tabelle). Importiert wird dieses Gas auf der Grundlage so genannter Langfristverträge durch die Ferngasgesellschaften, allen voran E.on (früher Ruhrgas), RWE, VNG und Wintershall. Diese betreiben zum Teil konzernzugehörige Netze mit eigenem Endkundengeschäft (RWE, E.on) oder geben das Gas an die Versorger vor Ort, meist Stadtwerke, oder industrielle Großkunden ab. Daneben existiert eine nicht unbedeutende deutsche Förderung, die immerhin zwölf Prozent zur hiesigen Versorgung beiträgt.
Die wichtigsten Erdgas-Lieferländer für Deutschland
Gesamtimporte (Januar bis Juli 2013) | 2.134.038 Terajoule |
Russische Föderation | 807.471 Terajoule |
Norwegen | 637.447 Terajoule |
Niederlande | 559.319 Terajoule |
Angaben: BAFA
Darüber hinaus gibt es noch weitere Importeure, die sich vorrangig auf der Grundlage von Termingeschäften an den internationalen Märkten sowie der Leipziger Energiebörse EEX eindecken und das Gas wiederum an industrielle oder kommunale Abnehmer weitergeben. Auch immer mehr industrielle Abnehmer und größere Stadtwerke beziehen inzwischen so einen Teil ihres Gasbedarfs. An der EEX werden Überkapazitäten vermarktet, die als verflüssigtes Erdgas (LNG) aus Algerien und zum Teil Katar, sowie Mengen, die seitens Statoil, Shell, BP (Nordsee-Felder) Gazprom, via Rotterdam oder via Pipelines in eines der drei genannten Marktgebiete kommen. Die Gasanbieter versprechen sich an der EEX einen profitablen Preis, teilweise handelt es sich um Gas aus Take-or-pay-Verträgen.
Logistik preisbestimmend
Zweiter preisbestimmender Faktor ist die Logistik. In Deutschland wird der Preis für frei gehandeltes Gas an der EEX für drei Marktgebiete abgebildet: NetConnect Germany (NCG, das im Großen und Ganzen Süd- und Westdeutschland abdeckt), Gaspool (Ost- und Norddeutschland) sowie das niederländische TTF. Diese an sich virtuellen Märkte bestehen aus Leitungen und Einspeisepunkten, die miteinander verbunden sind. Jedes Marktgebiet hat einheitliche Preise sowohl für das Erdgas (eben jener an der EEX ermittelten) als auch für die Netzgebühren (siehe Tabelle „Zusammensetzung des Gaspreises“). Die Preise bilden sich aufgrund von Verfügbarkeit und Nachfrage.
Zusammensetzung des Gaspreises (Bestandteile in %)
Steuern und Abgaben | 33 |
darunter | |
- Mehrwertsteuer | 19 |
- Erdgassteuer | 9 |
- Förderabgabe (beim Bezug inländischen Erdgases) | 3 |
- Konzessionsabgabe, in der Regel an Kommunen | 2 |
Import oder Produktion, Logistik inkl. Speicherung | 48 |
Netzentgelte | 19 |
Angaben: BDEW, Eon
Niederländisches Gas
TTF, eine Tochter der niederländischen Gasunie bezieht Gas aus der Nordsee und verflüssigtes Erdgas (LNG), das über Rotterdam insbesondere aus Katar und Algerien in den europäischen Markt kommt. Dieses Gas wird nur deshalb in Größenordnungen hier vermarktet, weil der bisherige Hauptabnehmer USA aufgrund der eigenen neuen, meist durch Fracking geförderten Gasvorräte von diesen Einfuhren unabhängig wird.
Fracking in den USA
Die USA rüsten derzeit sogar große Teile ihres veralteten Kohlekraftwerkparks auf Erdgas um. Ganz nebenbei erfüllen sie so, obwohl niemals von ihnen ratifiziert, die ökologischen Vorgaben des Kyoto-Protokolls.
Der Frackingboom hat in den USA dazu geführt, dass der dortige Gaspreis binnen fünf Jahren auf 30 Prozent (!) fiel. Ähnlich wie in Europa wird der US-Gaspreis an Einspeisepunkten definiert. Für Nordamerika ist der Henry Hub der wichtigste Einspeisepunkt, ein Pipelineknotenpunkt in Erath (Louisiana). Zum Vergleich: Am 10. Oktober 2013 kostete dort die Megawattstunde Erdgas rund 11,17 US-Dollar, an der Leipziger EEX für das Marktgebiet NCG 36,58 Dollar, also mehr als dreimal so viel.
Kein Preisverfall wie in den USA
Ist nun hierzulande ein ähnlicher Preisverfall für Erdgas zu erwarten? Mit Sicherheit nicht. Die Übermengen der USA können nicht nach Europa fließen, weil dazu die Verflüssigungs- und Transportkapazitäten fehlen. Die USA wollen ihr Gas auch nicht exportieren, sondern arbeiten eher an der eigenen Energieunabhängigkeit.
Die bereits beschriebenen Mehrkapazitäten aus Katar und Algerien strömen nicht ausschließlich nach Europa, sondern zum Großteil nach Asien. Dort erzielen die Hersteller derzeit höhere Preise. Deswegen wird Deutschland auch mittelfristig weiter an seinen bisher größten Gasimporteur gebunden sein. Und das ist Russland (siehe Kasten).
Viel Ärger mit Russland
Bereits seit 2011 streiten die großen Versorger E.on Ruhrgas (die inzwischen nicht mehr existiert), RWE, VNG und Wintershall (und das trotz 50-prozentiger russischer Beteiligung) mit dem russischen Gasriesen Gazprom um Nachlässe. Das Dilemma wird schnell klar: Während nämlich an der Leipziger EEX sehr moderate Preise gehandelt werden, liegen die Gazprom-Preise aus den Langfristverträgen deutlich darüber. Der Konzern selbst rechnet für 2013 mit 46,28 Dollar je MWh – das sind 21 Prozent mehr als an der EEX!
Verflüssigtes Erdgas (LNG) wird grundsätzlich mit Schiffen transportiert und auch in Europa immer mehr nachgefragt.
Ölpreisbindung in Altverträgen
Diese Spanne ist, wie man so schön sagt, historisch gewachsen. Sie kommt aus Langfristverträgen, die wiederum eine Bindung an die wechselhaften Ölpreise als Formel benutzten. Ursprünglich waren sie dafür gedacht, die Investitionen der Russen in unwirtlichen Gegenden abzusichern, dabei gleichzeitig einen konkurrenzfähigen Preis zum in den 70er Jahren vorherrschenden Heizöl zu schaffen und natürlich letztlich für Versorgungssicherheit in Westdeutschland zu sorgen. Außerdem gab es damals kaum Alternativen zu russischem Erdgas. Nur die Nordsee lieferte auskömmliche Mengen. Statoil, der norwegische Staatsmulti, hält im Übrigen für seine Gasverträge auch an der Ölpreisbindung fest, ist aber flexibler und kombiniert dies mit Spotmarktpreisen. Dadurch sind die Preise etwas günstiger, für den Konzern aber auch nicht so gewinnbringend.
Bis etwa 2008 funktionierte dieses Modell, zumal damals die Gaspreise an den Börsen teils deutlich über denen der Langfristverträge lagen.
Das Ende des Preisfriedens
Doch danach fielen die Börsenpreise. Aus den Langfristverträgen ist für die vier größten deutschen Importeure längst ein existenzbedrohender Mühlstein um den Hals geworden:
- E.on ist des Gasgeschäftes überdrüssig geworden, löste die Ruhrgas, einst Leuchtturm der deutschen Gaswirtschaft, auf und gliederte sie in einen allgemeinen Commodity-Bereich ein. Dieser Tage sucht der größte Energiekonzern Europas sein Heil in LNG. Mit Katar, das auf den weltweit drittgrößten Erdgasreserven sitzt, wurden langfristige Produktions- und Lieferungsverträge geschlossen. So will man das Erdgasgeschäft noch halbwegs rentabel gestalten.
- VNG verbuchte 2011 wegen zu teuer eingekauften russischen Gases -einen Rekordverlust, verhandelte eifrig nach und konnte 2012 wieder in die schwarzen Zahlen fahren. Inzwischen kauft der Konzern rund 60 Prozent seines Gases an der Börse ein – ein Anteil, den früher allein die russischen Lieferungen ausmachten. Die schrumpfen aktuell auf 20 Prozent.
- RWE zerrte (wie zuvor auch die Ruhrgas) Gazprom vor ein Schiedsgericht und bekam im Juni 2013 Recht.
- Wingas hingegen, aufgrund der russischen Beteiligung mit besten Beziehungen ins Putin-Reich gesegnet, klärte alles hinter verschlossenen Türen. Von Verlusten war nichts zu hören. Dagegen schreitet die Verschmelzung mit Gazprom voran. Vor einem Jahr wurde vereinbart, dass die über die Wingas gemeinsam betriebenen Handels- und Speichergeschäfte vollständig auf Gazprom übergehen. Im Gegenzug erhält die Wingas-Mutter Wintershall Beteiligungen an russischen Gaslagerstätten.
Gazprom selbst bekommt nicht nur Druck von europäischen Ferngasgesellschaften, sondern auch aus Russland selbst. Putin machte 2012 kurzerhand den zweitgrößten und privaten russischen Gasförderer Novatek ebenfalls zum Exporteur und beendete damit das Gazprom-Monopol. Novatek ließ sich das nicht zweimal sagen und knüpfte schnell Kontakte zur baden-württembergischen EnBW, die bisher nur ein kümmerliches Gasgeschäft ihr Eigen nennen durfte. Zehn Milliarden Kubikmeter Gas sollen so bis 2022 ins Ländle fließen.
Auch diese Konkurrenzsituation wird zumindest dafür sorgen, dass russisches Erdgas nicht noch teurer wird. Und: Die Langfristverträge betragen nach Branchenschätzungen auch nur noch 56 Prozent aller Gasbezüge in Europa. Tendenz: weiter schwindend.
Stabil bis günstiger
Wie wird sich der Preis fürs Gas weiterentwickeln? Das Überangebot aus Nordafrika und dem Nahen Osten wird die schwindende Förderung aus der Nordsee mehr als ausgleichen und kostensenkend wirken (siehe Kasten „Wesentliche, aktuelle Preisfaktoren für Erdgas“). Die Internationalisierung des Gasgeschäftes treibt zudem eine weltweite Nivellierung der Preise voran, die aufgrund verschiedener regionaler Verfügbarkeiten allerdings nie so stark wie beim Öl ausfallen kann.
Dennoch: Ein Blick zur Leipziger EEX hilft auch hier. Denn der durchschnittliche Preis für Futures, also eine Art Versicherung, um sich gegen schwankende Gaspreise abzusichern, liegt im Jahresmittel für 2014 derzeit bei 26,37 Euro je MWh und damit 0,7 Prozent unter dem derzeitigen Niveau. 2015 wären nur noch 25,74 Euro fällig und 2016 nur 25,28 Euro. Händler, und die sollten es wissen, gehen von – wenn auch nur leicht – sinkenden Preisen aus.
Zwischen diesen stabilen bis leicht sinkenden und den zu hohen russischen Preisen können sich Deutschlands Gasverbraucher über stabile Kosten fürs warme Heim freuen. Und ein Blick in die Verbraucherportale lohnt immer (siehe unseren Tipp). In jeder Region Deutschlands sind heute bis zu 60 verschiedene Anbieter zu finden. Die günstigsten von ihnen sind meist frei vom Ballast der Langfristverträge, kaufen ausschließlich das billigere Gas an den Börsen und geben dies an ihre Kunden weiter.
Die derzeit moderaten Gaspreise sollten genutzt werden, um sich von fossilen Energien, die mittel- und langfristig knapper und damit teurer werden, zu verabschieden.
Wesentliche, aktuelle Preisfaktoren für Erdgas
Preissteigernde Faktoren
Ölpreisbindung: Der Gaspreis folgt etwa sechs Monate versetzt dem Ölpreis. Die Ölpreisbindung wurde vor gut 50 Jahren gemeinsam mit dem Erdgas eingeführt und gilt bis heute für Langfristverträge.
Russisches Erdgas: Dank North-Stream (Pipeline von der russischen Ostseeküste nach Greifswald) und in Zukunft auch durch South-Stream (Pipeline von der russischen Schwarzmeerküste über den Balkan nach Österreich) größere Versorgungssicherheit, aber auch größere Abhängigkeit von russischem Gas. Gazprom ist zu Nachlässen bereit, dennoch Festhalten an Ölpreisbindung.
Witterung/Speicher: Lange und kalte Winter können bei nicht ganz gefüllten Gasspeichern zu Engpässen und damit Preissteigerungen führen.
Preisstabilisierende Faktoren
Interconnector: Die Gasleitung zwischen Kontinental-Europa und England, überschüssige Gasmengen fließen entweder von England auf den Kontinent oder umgekehrt. Je nach Fließrichtung preissenkend oder –steigernd.
Nordsee-Gas: Versorgungslage stabil, tendenziell jedoch abnehmend. Statoil hält an der Ölpreisbindung fest, allerdings im Mix mit Spotpreisen, dadurch entsteht mehr Flexibilität und im Bezug auf russisches Erdgas ein günstigerer Preis.
Wechselkurs US-Dollar/Britisches Pfund: Banken und Rohstoffhändler verkaufen Gas an verschiedenen Punkten. Je nachdem, wie sich die Wechselkurse zueinander stellen, machen sie plus oder minus. Der Wechselkurs ist ein ausgleichendes Element.
Preissenkende Faktoren
Algerisches Erdgas: Hauptlieferant für Südwesteuropa, sowohl Pipeline als auch LNG, sorgt für Entspannung der Versorgungslage in ganz Europa.
Henry Hub: Pipelineknotenpunkt in Louisiana, USA. Für diesen wird ein Future-Preis gehandelt, der ähnlich wie die Ölsorte West Texas Intermediate (WTI) bei Rohöl prägend für den nordamerikanischen Gasmarkt ist. Derzeit ist der Henry Hub etwa 66 Prozent günstiger als börsengehandeltes Gas in Europa.
LNG: Verflüssigtes Erdgas. Preis in den USA durch dortiges Überangebot seit 2008 um 70 Prozent gefallen. Wirkt auf europäischen Markt, da ein Spread (Auseinandertreiben) von 100 Prozent bei einem Rohstoff keinen Bestand haben wird. Durch Arbitrage (Ausnutzen von Preisunterschieden) werden sich beide Preise annähern.
Makroökonomie: Die Nachfrage nach Gas sinkt seit 2013.
Shale Gas: Unkonventionelle Erdgasvorkommen, die mittels Fracking aus Gesteinsschichten erschlossen werden. In Deutschland für neue Erschließungsgebiete politisch nicht durchsetzbar, obwohl Fracking schon seit mehreren Jahrzehnten in vorhandenen Bohrfeldern eingesetzt wird. Auch in Frankreich aktuell verboten. Tragen dennoch zusätzlich zur Versorgung Europas bei.
Strommärkte: Wegen geringer Börsenstrompreise fällt die Stromerzeugung als zusätzliche Gasnachfrage aus.
Es ist gelungen. brennbares Methan aus unterseeischem Methanhydrat zu gewinnen.
Brennstoff aus dem Meer
(7. April 2013) Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" ist es erstmals gelungen, brennbares Methan aus unterseeischem Methanhydrat zu gewinnen. Das japanische Forschungs-Bohrschiff Chikyu senkte bei Probe-Schürfungen im Nankai-Graben vor der Küste der Präfektur Aichi einen Bagger-Roboter auf 1000 m Tiefe.
Das Gerät brach das poröse Gestein auf. In einer Unterdruckkammer verflüssigte sich das enthaltene Wasser und trennte sich vom Gas, das aufgefangen und nach oben gepumpt wurde, wo es an Bord eine Flamme speist. In den Meeren liege so viel Methan-Eis, dass Japan ein Jahrhundert lang seinen Gasbedarf decken könne, so das Handels- und Industrieministerium.
Der Brennstoff werde ab 2018 kommerziell abgebaut. Bisher gebe es aber keine Methode zur industriellen Ausbeutung von Methan-Eis, eine grau-weiße Masse, die 500 bis 1000 m tief in Sand- und Schluffstein vorkommt.
Das Methanhydrat ist nur unter hohem Druck bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt stabil. Die Kristalle setzen sich aus Wasser (H2O) und Methan (CH4) zusammen. Aus 1 m3 Methan-Eis sind rund 160 m3 Methan bei Normaldruck zu gewinnen.
Jeder Mitgliedstaat muss die Gasversorgung von Privathaushalten und Krankenhäusern für mindestens 30 Tage garantieren.
EU will Lieferausfälle abpuffern
(7. Juli 2010) In Brüssel haben sich die die EU-Staaten und das EU-Parlament darauf geeinigt, dass jeder Mitgliedstaat die Gasversorgung von Privathaushalten und Krankenhäusern für mindestens 30 Tage garantieren muss.
Jeder Staat muss die Versorgung auch dann aufrechterhalten können, wenn die größte Pipeline oder Produktionsanlage ausfällt. Er muss Notfallpläne erarbeiten und eine Behörde benennen, die für die Versorgungssicherheit zuständig ist.
Die EU-Kommission übernimmt in Krisen eine zentrale Rolle, um die Versorgung der Mitgliedstaaten zu koordinieren. Grund sind die Auseinandersetzungen zwischen Russland und den Transitstaaten. Die EU importiert 40% des Gases aus Russland.
Gazprom umzingelt Europa
(23. Juli 2008) Nach einem Bericht der "Financial Times
Deutschland" unter dem Titel "Gazprom umzingelt
Europa" kauft Gazprom weltweit die Gasvorräte der
großen Produzenten auf. Die Europäer hätten im
Kampf um Lieferanten kaum noch eine Chance, heißt es.
So wolle Gazprom Libyens gesamte Erdgas- und Erdölexporte zu
aktuellen Marktpreisen aufkaufen. In Algerien, dem drittwichtigsten
Gaslieferanten der EU, wo Europäer und Nordafrikaner seit
Jahren zwei neue Großpipelines planen, habe Gazprom mit der
algerischen Sonatrach vereinbart, Unternehmensbeteiligungen zu
tauschen, gemeinsam Felder zu erschließen und Pipelines zu
bauen.
In Nigeria, das eine Pipeline quer durch die Sahara Richtung Europa
bauen will, hätten die Russen angeboten, mit bis zu 10 Mrd
Dollar alle Offerten potenzieller Wettbewerber um eine Beteiligung
zu überbieten. Im Iran wolle Gazprom ein Kooperationsabkommen
mit der staatlichen NIOC abschließen.
Am deutlichsten werde das Versagen der Europäer bei der
"Nabucco"-Pipeline, die Gas aus Zentralasien fördern
und Russland umgehen soll, so der Bericht. Dort fehle das Gas.
Russland habe mit Kasachstan und Turkmenistan einen Vertrag zum Bau
einer Gaspipeline nach Südrussland geschlossen und die
Turkmenen hätten ihr Gas größtenteils schon
verkauft. Aktuell umwerbe Russland Aserbaidschan, die letzte
große Hoffnung der "Nabucco"-Betreiber.
Außerdem gehe der russische Plan der Konkurrenzpipeline
"South Stream", die ebenfalls im österreichischen
Baumgarten enden soll, voran: Griechenland, Bulgarien, Ungarn,
Slowenien liefen zum Gazprom-Projekt über, Österreich
mache mit und die italienische Eni sei Projektpartner.
Energieexperte Alan Riley weist auf eine bevorstehende Gasverknappung in Russland hin
Russlands Gaslieferungen unsicher
(14. Januar 2007) - Der britische Energieexperte Alan Riley hat in einer Studie für das Zentrum für Europäische Politik in London auf eine bevorstehende Gasverknappung in Russland hingewiesen.
Das russische Gas wird definitiv knapp werden, sagt Riley. "Bis zum Jahr 2010 wächst die Differenz zwischen dem westeuropäischen und dem russischen Inlandsbedarf auf der einen und den Liefermöglichkeiten von Gazprom auf der anderen Seite auf rund 130 Milliarden Kubikmeter. Das ist fast so viel wie die derzeitigen jährlichen Gazprom-Lieferungen nach Westeuropa und mehr als der Gasverbrauch der Bundesrepublik. Das sind - wohlgemerkt - russische Berechnungen". Der Grund dafür seien nicht politisch motivierte Kürzungen, an denen Russland gar kein strategisches Interesse haben könne, sondern eine völlig verfehlte Investitionsstrategie von Gazprom. Deutschland bezieht derzeit 35 Prozent seines Gases aus Russland, EU 25 etwa 25 Prozent.
Riley wird durch eine Analyse bestätigt, die laut der Moskauer Zeitung "Wedomosti" eine Kommission für den Präsidenten Wladimir Putin erstellt hat. Danach hat es bereits im Juni 2006 Engpässe in den Lieferungen an den russischen Stromerzeuger EES gegeben. 2007 werden allein für den innerrussischen Bedarf 4,2 Milliarden Kubikmeter Gas fehlen. Der Bedarf an diesem Brennstoff steige angesichts des Wirtschaftswachstums jährlich um fünf bis sechs Prozent, die Förderung jedoch stagniere. "Russland wird all seinen Lieferverpflichtungen nachkommen", verspricht zwar Putin. Der Kreml könnte aber bald vor der Wahl stehen, ob er seine eigene oder die westliche Wirtschaft mit Erdgas befeuert.
Nach übereinstimmenden Berechnungen russischer und westlicher Experten müssten in den nächsten vier Jahren rund 550 Milliarden Euro in die Erschließung neuer Lagerstätten und die Transport-Infrastruktur investiert werden, um die erwartete Lücke zu schließen. Auf dem russischen Kapitalmarkt sind die erforderlichen Summen nicht aufzutreiben. Die Ostseepipeline sei dagegen kein Beitrag zur Energiesicherheit. "Das war eine strategische Fehlentscheidung," ist Riley überzeugt. Erstens löse sie nicht das akute Problem, denn sie stehe frühestens Mitte des nächsten Jahrzehnts zur Verfügung. "Zweitens kann nicht mehr Gas befördert werden, wenn nicht mehr gefördert wird."
Die Erdgasnachfrage in Europa (EU 25 und Türkei) dürfte getrieben vom Mehrbedarf für Kraftwerke drastisch ansteigen.
Gasversorgung: 2010 Lücke von zehn Prozent
(2. Januar 2006) - "Die Erdgasnachfrage in Europa (EU 25 und Türkei) dürfte getrieben vom Mehrbedarf für Kraftwerke drastisch ansteigen. Zur Deckung des wachsenden Bedarfs müssen noch erhebliche Mengen beschafft werden", so die Bildunterschrift der Branchenzeitschrift ZfK. Zumindest in Europa zeichnet sich in den großen Feldern Großbritanniens, Norwegens und Russlands ein Rückgang der Produktion ab. Europa wird abhängiger von Importen.
Erdgas forever?
Die Ansichten über die Endlichkeit fossiler Energiequellen gehen weit auseinander.
(6. März 2004) - Staatssekretär Georg-Wilhelm Adamowitsch sagte am 10. Dezember 2003 auf einer Tagung in Berlin: "Ein Ende des Ölzeitalters ist nicht abzusehen. Die statischen Reichweiten liegen bei Einbeziehung nur von konventionellen Erdölreserven und -ressourcen bei 67 Jahren".
Am 9. Januar 2004 nahm der zweitgrößte Ölkonzern der Welt, die Royal Dutch/Shell-Gruppe, eine Neubewertung seiner Ölreserven vor. Der Konzern verfügt über 20 Prozent weniger Öl als bisher angenommen und demnach über sicher gewinnbare Reserven in Höhe von 13,3 Jahresförderungen.
Noch 149 Jahre Erdgas?
"Beim Erdgas reichen allein die konventionellen Reserven circa 64 Jahre, bezieht man die Ressourcen ein, sind es 149 Jahre." sagte Adamowitsch. Professor Christian Beckervordersandforth von Ruhrgas AG verglich auf derselben Tagung die statistischen Reichweiten der Welterdgasreserven.
1970 reichte das Erdgas noch bis zum Jahr 2010, wenn man die damals bekannten Welterdgasreserven durch die Jahresförderung dividiert. Im Jahr 2000 reicht das Gas nach dieser Rechnung noch bis 2064. Wer denkt, das Gas reiche noch für 64 Jahre und dann hätte man sicher noch viel mehr Gas gefunden, der irrt sich gewaltig.
Das Verbrauchswachstum
Betrachten wir die Entwicklung des Weltgasverbrauchs. Er stieg von 36 Tcf (Trillion Cubic Feet) im Jahr 1970 auf 87 Tcf im Jahr 2000. Ein weiteres Wachstum des Gasverbrauchs auf 176 Tcf bis 2025 wird prognostiziert. Gegenüber dem Jahr 1970 wird sich der Verbrauch dann verfünffacht haben. Die Reichweite der heute bekannten Vorräte verringert sich durch diesen Verbrauchszuwachs auf etwa die Hälfte.
Der Anstieg der Reserven
Das US-Energieministerium hat eine Grafik über den Zuwachs der weltweiten Reserven zusammengestellt (rechts). Zwischen 1976 und 1993 nahmen die Reserven weltweit um 67 Jahresverbräuche zu. Nach 1993 flachte das Wachstum weiter ab, während die Verbräuche rasch weiter wuchsen.
In den zehn Jahren zwischen 1993 und 2003 sind die Reserven nur noch um ganze fünf Jahresverbräuche gewachsen. Die statische Reichweite sinkt also erstmals in der Geschichte, weil in zehn Jahren nur der Verbrauch für fünf weitere Jahre neu entdeckt wurde.
Gashydrate als Ausweg?
Einen Ausweg sollen angeblich Gashydrate bieten: Es gibt davon laut Ruhrgas doppelt soviel wie fossiles methan, also erdgas. Methanhydrat ist ein Methan/Wasser-Gemisch. Es lagert am Meeresboden und in Permafrostgebieten. Bei tiefen Temperaturen und hohem Druck hat dieses Gemisch einen festen eisähnlichen Aggregatzustand. Ändern sich Temperatur oder Druck, löst es sich wieder in Methan und Wasser auf, wobei das Gas nach oben entweicht.
Diese physikalischen Eigenschaften, machen eine Förderung sehr schwierig, denn die Methanhydratschichten sind nicht sehr dick, dafür aber über große Flächen verteilt. Es müsste also in sehr großem Maßstab der Meeresboden praktisch "umgegraben" werden. Ein hoher Energieaufwand und zusätzlich riskant, falls dabei Methan entweicht. Methan in der Atmosphäre ist ein weit schädlicheres Klimagas als Kohlendioxid.
In mehr als 20 Jahren wurde bis heute noch kein einziges abbauwürdiges Methanhydratfeld gefunden. In über 2.000 Probebohrungen wurden nur dreimal größere Hydratproben gewonnen. Die größte Probe wies eine Hydratdicke von etwas mehr als einem Meter auf.
Die Ludwig-Bölkow-Stiftung kommt zu der Bewertung: "Die theoretischen Abschätzungen scheinen wenig mit der Realität zu tun zu haben. Aus heutiger Sicht muss man daher davon ausgehen, dass dieses Methan nicht in großem Stile als Energiereserve verfügbar wird. Unseres Erachtens dient die große Betonung der Hydratreserven, ohne dass sich die Industrie ernsthaft um eine Erschließung oder genauere Erkundung bemüht, vor allem dazu, den Eindruck eines auf lange Sicht gesicherten Energiepfades Erdgas zu erwecken".
Regionale Verfügbarkeit fraglich
Auch regional ist die Verfügbarkeit von Erdgas nicht gesichert. Sie basiert in der Hauptsache auf den russischen Erdgasvorkommen und deren Erschließbarkeit. Dazu gibt es eine Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (Roland Götz: "Russlands Erdgas und die Energiesicherheit der EU"). Der Bundesarbeitskreis Ressourcen der Grünen hat die Widersprüche verfügbarer Statistiken zusammengetragen und politisch bewertet.
Download Beschluss Bundesarbeitskreis Grüne zur Ressourcenverknappung 12.2003