Fernwärme durch Wärmegenossenschaften
Die Wärmewende in Deutschland sollte nicht nur technisch, sondern auch sozial-ökonomisch innovativ gestaltet werden. Wärmegenossenschaften unterstützen die Gebäudeeigentümer und helfen die beste Heizungsoption zu finden, wenn Fernwärme vor Ort Vorteile bietet.
Von Martin Lohrmann
(14. Oktober 2024) Die Bundesregierung setzt stark auf den Ausbau der Fernwärmeversorgung, um bis 2045 eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung zu erreichen. Diese Pläne werden von etablierten Fernwärmeanbietern unterstützt, die auf hohe öffentliche Förderung und zusätzliches privates Kapital hoffen. Allerdings gibt es Misstrauen seitens der Gebäudeeigentümer und Verbraucher, da die Fernwärme ein lokales Monopol darstellt. Kritisiert werden eine intransparente Preisbildung und hohe Kosten sowie lange Fristen für die Dekarbonisierung.
Martin Lohrmann hat ein Ingenieurbüro in Bad Säckingen. Er hat zur Realisierung von rund 30 Wärmenetzen beigetragen, darunter in elf Genossenschaften und etlichen weiteren Bürgerenergieprojekten. Aktuell liegt sein Arbeitsschwerpunkt auf der Nutzung von Umgebungswärme für den Aufbau von Niedertemperaturwärmenetzen.
Dänisches Modell als Vorbild
In Dänemark ist Fernwärme als Teil der sozialen Daseinsvorsorge organisiert. Soweit Gewinne anfallen, werden sie an die Verbraucher rückvergütet. Die Infrastruktur gehört entweder den Kommunen oder den lokalen Fernwärmegenossenschaften. Damit wird eine Wärmeversorgung zu niedrigsten Kosten erreicht. Durch die Bildung von Wärmegenossenschaften könnte auch in Deutschland die Unterstützung für den Fernwärmeausbau viel stärker ausfallen.
Bürgerenergie in der EU
Über zwei Millionen Bürger engagieren sich EU-weit in Bürgerenergieprojekten (Energy Communities, EC). Europaweit gibt es Austausch- und Unterstützungsprojekte:
Wärmegenossenschaften
Durch Wärmegenossenschaften könnten günstige Fernwärmepreise erreicht werden:
- Selbstwirksamkeit: Das gemeinschaftliche Wirken der Gebäudeeigentümer stärkt das Selbstbewusstsein aller Beteiligten und die gesellschaftliche Zusammenarbeit.
- Hydraulische Optimierung: Vor Inbetriebnahme des Netzes unterstützt die Genossenschaft die Optimierung der Heizkreise in den anzuschließenden Gebäuden, was eine energieeffiziente Wärmegewinnung ermöglicht und Kosten senkt.
- Finanzielle Beiträge: Gebäudeeigentümer sind bereit, in gut geplante Projekte zu investieren, um sich langfristig niedrige Heizkosten zu sichern.
- Hohe Anschlussdichte: Diese senkt die Kapitalkosten pro Hausanschluss.
- Flexible Preisgestaltung: Genossenschaften können Preise flexibel anpassen und unterstützen Maßnahmen zur Wärmeeinsparung.
Herausforderungen und Empfehlungen
Von der Öffentlichkeit werden Wärmegenossenschaften in Deutschland kaum wahrgenommen. Es bedarf bewusster Entscheidungen der kommunalen Entscheidungsträger, solche Projekte gemeinsam mit den Gebäudeeigentümern zu realisieren. Stadtwerke könnten die technische und kaufmännische Betriebsführung anbieten. Das Eigentum an den Wärmenetzen muss bei den Gebäudeeigentümern liegen, um deren Kapital zu mobilisieren und niedrige Heizkosten zu gewährleisten.
Bürger gestalten die Wärmewende
Eine erfolgreiche Wärmewende kann auch hierzulande hohe Unterstützung finden, wenn sie nicht nur technisch und betriebswirtschaftlich, sondern auch sozial-ökonomisch und menschenbezogen geplant wird. Der Blick nach Dänemark zeigt, dass eine sozial ausgerichtete Fernwärmeversorgung dynamisch und erfolgreich sein kann.
Bürger-Energie Ebenweiler
Gelungenes Beispiel für eine Energie- beziehungsweise Wärmegenossenschaft ist die Bürger-Energie Ebenweiler (BEE). Entstanden ist die Genossenschaft aus einer Bürgerinitiative. Sie versorgt in der kleinen Gemeinde im Landkreis Ravensburg schon seit zwölf Jahren ihre Mitglieder mit regenerativer Nahwärme. Damit stärkt sie die lokale Wirtschaft und bietet eine kostengünstige und nachhaltige Wärmeversorgung.