Versorgungsunterbrechung bei Strom und Gas

Von Michael Herte

(5. Oktober 2024) Wer seine Gas- oder Stromrechnung nicht bezahlt, muss mit einer Sperre rechnen. Das gilt innerhalb und außerhalb der Grundversorgung. Auch Wasser- und Fernwärmeanschlüsse können gesperrt werden. 

 ED 03/2024 Versorgungsunterbrechung bei Strom und Gas (S.9) 

Im Jahr 2022 sind 208.506 Strom- und 24.279 Gasanschlüsse gesperrt worden. Und die Zahl der Sperrandrohungen ist noch sehr viel höher: Sie lieg bei Strom in einer Größenordnung von 3,7 Millionen, bei Gas übersteigt sie eine Million. Die betroffenen Familien sitzen nach der Sperrung im Dunklen oder Kalten.

Für Verbraucher in der Grundversorgung regelt der § 19 der Grundversorgungsverordnungen für Strom und Gas: Bei Nichterfüllung von Zahlungsverpflichtungen trotz Mahnung kann der Grundversorger nach Androhung der Sperre die Versorgung unterbrechen lassen. Vor der Sperre muss er allerdings folgende gesetzlichen Vorgaben genau einhalten:

  • Androhung der Sperre vier Wochen im Voraus. Hierin sind bereits die voraussichtlichen Kosten für eine Wiederherstellung der Versorgung im Falle einer zeitweisen Sperrung zu nennen.
  • Ankündigung der Sperre acht Werktage (Montag bis Samstag) im Voraus per Brief.
  • Rückstand von mindestens zwei Monatsabschlägen, Zahlungsrückstand mindestens 100 Euro.
  • Die Sperre muss verhältnismäßig sein und Rücksicht auf Kinder, kranke oder alte Menschen nehmen. Dies muss dem Versorgungsunternehmen aber mitgeteilt werden. 
  • Das Unternehmen muss in Textform darüber informieren, wie eine Unterbrechung zu vermeiden ist.

Der letzte Punkt ist sehr wichtig. Der Grundversorger muss Hinweise zum Beispiel auf mögliche staatliche Unterstützung der sozialen Mindestsicherung, auf Vorauszahlungssysteme und Informationen zur Energieberatung geben. Darüber hinaus setzt eine Sperre voraus, dass dem Kunden eine „Abwendungsvereinbarung“, das heißt eine Ratenzahlung zur Vermeidung der Sperre, angeboten wurde, die er ausgeschlagen hat. Bei Forderungen von über 300 Euro muss die Abwendungsvereinbarung einen Zeitraum von mindestens 12 bis zu 24 Monate haben. Das Gesetz regelt sogar, dass im Zeitraum der Abwendungsvereinbarung eine Aussetzung von drei Monatsraten verlangt werden kann.

Versorgungsunterbrechung im Sondervertrag

Auch außerhalb der Grundversorgung ist eine Versorgungsunterbrechung möglich. Wie in der Grundversorgung sind Haushaltskunden vier Wochen vor der geplanten Versorgungsunterbrechung über Möglichkeiten zur Vermeidung dieser Sperre zu informieren. In der Praxis sind solche Sperren allerdings selten. Marktwirtschaftliche Versorgungsverträge werden eher fristlos wegen Zahlungsverzug gekündigt und Forderungen über ein Inkassobüro oder gerichtlich geltend gemacht. In einem solchen Fall übernimmt automatisch der örtliche Grundversorger die Belieferung mit Strom oder Gas. 

Mehrspartensperrung – grundsätzlich erlaubt

Werden Haushaltskunden über mehrere Sparten vom gleichen Versorgungsunternehmen versorgt (Strom, Gas, Wasser oder Fernwärme) und liegt bei nur einer dieser Sparten ein erheblicher Zahlungsverzug vor, kann der Versorger auch die Lieferung einer anderen Sparte unterbrechen lassen. Er muss dann in der Sperrandrohung deutlich machen, dass eine spartenübergreifende Liefersperre bevorsteht. Während die Sperrandrohung für Gas und Strom vier Wochen vor dem geplanten Sperrtermin bei Ihnen eintreffen muss, beträgt diese Frist bei Wasser oder Fernwärme nur zwei Wochen (§ 33 AVBFernwärmeV/AVBWasserV).

Tipps für Energieverbraucher

  • Die Sperrandrohung zu ignorieren oder dem Versorger beziehungsweise Netzbetreiber den Zugang zum Zähler zu verweigern, zieht meist eine Klage vor Gericht nach sich. 
  • Bei der Berechnung der offenen Forderungen bleiben form- und fristgerecht und schlüssig beanstandete Forderungen außer Betracht (§ 19 Abs. 2 StromGVV/GasGVV). Lassen Sie Ihre Energierechnung von Fachleuten prüfen und besonders im Falle von Fernwärme die Preisgleitklausel.
  • Sind Endabnehmer und Vertragspartner des Energieunternehmens nicht identisch, unbedingt rechtliche Unterstützung einholen, die Rechtslage ist kompliziert. 
  • In vielen Fällen kann die Dokumentationsstelle „Energieunrecht“ des Bundes der Energieverbraucher eine gütliche Lösung herbeiführen:  www.bdev.de/energieunrecht

letzte Änderung: 04.07.2013