Eigenes Kraftwerk ist Goldes Wert
Wenn man am Stromverkauf so gutes Geld verdienen kann, warum werden Sie dann nicht selbst zum Stromhersteller und Stromverkäufer?
(06. März 2003) Das erste Blockheizkraftwerk (BHKW) in einem Mietshaus stellten wir unseren Lesern bereits 1988 vor. Blockheizkraftwerke erzeugen neben Strom auch Wärme und können deshalb den Heizkessel ersetzen. Ein Blockheizkraftwerk ist also eine Heizung, die gleichzeitig Strom erzeugt.
Seit 1988 ist durch die sogenannte Liberalisierung die Situation eines privaten Stromerzeugers schwieriger geworden. An der Strombörse EEX kann man Strom schon mal für 1,7 Euro/kWh verkaufen, so z.B. am 6. Januar 2003. Normalerweise bekommt man für selbsthergestellten Strom vom Netzbetreiber aber nur 1,1 Cent/kWh bezahlt und 5,5 Cent zusätzlich nach dem KWK-Gesetz als Umlage vergütet. Der Netzbetreiber verkauft dann den von Ihnen erworbenen Strom im nächsten Haus für 16 Cent/kWh. Auch wenn er davon noch 7 Cent abgeben muss, bleibt noch ein respektabler Gewinn.
Zwei BHKWs am Markt
Warum auf die Brennstoffzelle warten, wenn man das eigene Kraftwerk im Keller bereits heute kaufen kann? Es gibt derzeit zwei Mini-Blockheizkraftwerke auf dem deutschen Markt, den "Dachs" von Senertec und das "Ecopower" der Firma Valentien. Beide erbringen eine elektrische Leistung von ca. fünf Kilowatt und kosten ca. 15.000 bis 18.000 Euro einschließlich Einbau. Die Firma Honda hat mit der Endphase der Entwicklung und Erprobung eines viel kleineren BHKW mit einer Leistung von 1 kW elektr. begonnen. Man kann ein BHKW mit Erdgas, Heizöl oder Pflanzenöl betreiben.
Jährlich die Leistung von drei Atomkraftwerken
Jährlich werden in Deutschland ca. 700.000 Heizungskessel gekauft. Wären dies alles Blockheizkraftwerke, dann entstünde jährlich eine Kraftwerksleistung von 3.500 MW. Das entspricht der Erzeugungskapazität von drei Kernkraftwerken. Wenn in einem Jahr nur zehn Prozent der Heizungskessel als Blockheizkraftwerke gekauft würden, dann würde sich der derzeitige Bestand von 7.000 Blockheizkraftwerken in diesem Jahr verzehnfachen. In vier Jahren würde soviel Strom erzeugt, wie alle Windkraftanlagen in einem Jahr erzeugen.
Blockheizkraftwerk für ein Einfamilienhaus wirtschaftlich?
Das BHKW-Angebot im Leistungsbereich unter zehn kWel hat sich in den letzten Monaten deutlich verbessert. In der Zwischenzeit werden auch leistungsmodulierende Anlagen (Ecopower) eingesetzt, welche die abgegebene Leistung an den bestehenden Bedarf anpassen können. Dadurch kann bei einem Neubau bzw. einer notwendigen Heizungssanierung auf einen zusätzlichen Heizungskessel verzichtet werden.
Bei einer guten Planung und einem relativ großen Wärmebedarf des Hauses kann sich eine BHKW-Anlage in 12-15 Jahren und damit innerhalb der Anlagen-Lebensdauer (18-22 Jahre) amortisieren. Ansonsten erscheint dies - aufgrund der geringen Nutzungsdauer der BHKW-Anlage insbesondere im Sommer und den neuen Wärmedämmstandards - eher schwierig.
Eine KWK-Anlage kann überall dort ideal eingesetzt werden, wo ein ausreichender Wärmebedarf über das ganze Jahr gewährleistet und ein weitgehend gleichzeitiger Strombedarf vorhanden ist. Ein ausschließliche Beheizung mit einem Klein-BHKW ist in einem kleinen Haus nur dann kostenmäßig sinnvoll, wenn sowieso eine neue Heizung ansteht. Dann spart man die Anschaffung eines neuen Heizkessels und die Wirtschaftlichkeit verbessert sich deutlich. Über die Wirtschaftlichkeit einer Anlage entscheidet immer der persönliche Eindruck des Betreibers. Der eine empfindet eine Amortisationszeit von fünf Jahren als schon zu lange und der andere ist mit 12-15 Jahren völlig zufrieden.
Nutzer berichten
"Die Idee mit einem Mini-BHKW ist Klasse, nur sollte man sich über die Wirtschaftlichkeit im klaren sein." "Die Berechnungen, die die Wirtschaftlichkeit der Dachs-Anlage im Ein- und Zweifamilienhaus darstellen und von Amortisationszeiten von drei oder vier Jahren ausgehen sind, gelinde gesagt, Bauernfängerei. Realistisch sind ca. 15-20 Jahre.
Das ist auch ok., weil ein ganz normaler Kessel sich nie amortisiert, da er nun mal keinen Strom produziert." "Nachgedacht werden sollte in jedem Fall über die Alternative Ecopower, da diese Anlagen leistungsmodulierend betrieben werden, sich also dem tatsächlichen Wärmebedarf des Gebäudes anpassen.
Die Gerüchte, dass der Dachsmotor besser als der von Ecopower ist, sind ein bisschen komisch, da ein Freund von mir bereits seinen zweiten Dachsmotor nach 6.500 Betriebsstunden einbauen lassen musste. Das war ein ziemlich teures Vergnügen." Also in jedem Fall von beiden Firmen Austauschmotorpreise in Preislisten und Wartungs- und Instandhaltungskosten schriftlich geben lassen.
Blockheizkraftwerk für ein Mietshaus?
Drei Erfahrungsberichte: "Wir betreiben zwei Dachse im privaten Bereich. Wir liefern den erzeugten Strom an uns privat, an zwei Mieter und an eine GmbH. Die Stromzwischenzähler sind von uns privat installiert. Wir verrechnen den ortsüblichen Strompreis, da es unseren Mietern egal ist, woher der Strom kommt, wenn die Kosten die gleichen sind. Für den Zähler verlangen wir keine Miete".
"Wir haben für unser 12 kWel BHKW 1991 Verträge mit unseren 20 Mietern gemacht: Sie verzichten auf die Direktbelieferung vom EVU, Abrechnungsverfahren für Wärme, Strompreis und Zählergebühr wie bei Direktbelieferung, Umlage der Wartungskosten und Mehrkosten für BHKW".
"Die privaten Stromabnehmer erhalten die gleichen Konditionen wie beim Strombezug durch den Netzbetreiber. Damit waren alle einverstanden. Verträge unterschrieben, eigene Zähler gekauft und ab sofort gibt es nur noch einen Strombezugszähler für den Reststrom nach außen. Die Versorgung des Grundstücks mit Wärme und Strom wurde als Gewerbe angemeldet".
Der Deutsche Mieterbund schreibt:
Wir halten den Stromverkauf vom Vermieter an den Mieter für zulässig, sofern der übliche Strompreis verlangt wird. Es besteht Vertragsfreiheit. Es kann auch vereinbart werden, dass der Mieter keinen eigenen Stromliefervertrag mit einem anderen Stromlieferanten abschließt. Der Mieter gibt seine Dispositionsfreiheit freiwillig auf. Es ist den Mietparteien möglich, zusätzliche Leistungen vertraglich zu vereinbaren, wie das im Bereich des "betreuten Wohnens" auch üblich ist.
Stromverkauf in die Nachbarschaft?
Wenn man mit BHKW-Überschussstrom einen Freund versorgt, der über die Straße wohnt und dabei fünf Meter durchs öffentliche Stromnetz geht, dann werden dafür sofort Netznutzungsgebühren von ca. 9 Cent/kWh fällig. Das sieht die sog. Verbändevereinbarung vor, die zwar eine gewisse Verbindlichkeit besitzt, aber weder ein Gesetz noch eine Verordnung darstellt.
Netznutzungsgebühren in dieser Größenordnung sind in diesem Fall nicht kostengerecht und damit offensichtlich missbräuchlich überhöht und somit rechtswidrig. Jedoch seltsam genug: Offenbar hat noch niemand versucht, sein Recht vor Gericht zu erstreiten.
Johannes von Bergen, Präsident des Bundesverbandes Kraft-Wärme-Kopplung meint dazu: "Um eine Minidurchleitung zu realisieren, sollten Sie daran denken, eine Direktleitung zu bauen und auf die Durchleitung zu verzichten. Der Wettbewerb über Direktleitung ist gerade das Instrument um den Durchleitungsfall zu vermeiden. Sie sollten berücksichtigen, dass eine Durchleitung regelmäßig auch mit einem erheblichen Messaufwand verbunden ist, z.B. durch Lastprofilspeicher-Zähler. Bei einer Direktleitung investieren sie einmal und brauchen keine Durchleitungsentgelte zu entrichten. Eine Durchleitung über 500 km kostet das gleiche wie über 5 km. Dies entspricht im Grunde auch den physikalischen Verhältnissen im Netz, weil Strom nie und insbesondere im Niederspannungsbereich über 500 km transportiert wird."
Adi Golbach, Geschäftsführer des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung schreibt dazu: "Prinzipiell widerspricht jedes Element der Entfernungsabhängigkeit der Philosophie der Verbändevereinbarung, weil bei dieser vom Modell eines Zugangs zu "Kupferplatten" für die verschiedenen Spannungsebenen ausgeht. Bei dieser "Briefmarke" werden natürlich sehr kurze Durchleitungsentfernungen benachteiligt, wie das ja auch beim Versand einer Postkarte zum Nachbarn der Fall wäre. Dezentrale Nachbarschaftskooperationen werden also in der Tat erschwert, dafür werden andererseits Poolgemeinschaften von BHKW-Betreibern über weitere Entfernungen begünstigt. Problematisch ist, dass mit diesem Modell tendenziell auch der Betrieb und die Neuerrichtung von zentralen Kraftwerken (z.B. in Küstennähe auf Basis von Importkohle) begünstigt wird. Auch Offshore-Kraftwerksparks profitieren davon."
Verbändevereinbarung verhindert BHKW
Eine Änderung erfordert eine fundamentale Neuorientierung: Machtverlagerung zurück von der Verbändeebene hin zur Politik. Hier konkret: Netzzugangsverordnung (NZV) statt verhandeltem Netzzugang.
"Die gehört zu unseren Forderungen bei der Novellierung des EnWG. In einer NZV könnte man dann als ein Element auch den Fall von Nachbarschaftskooperationen angemessen regeln. Allerdings sind wir mit unserem Vorschlag einer NZV, die ja auch von anderen Verbänden erhoben wird, bisher nicht durchgedrungen. Das deutsche Paradigma, möglichst viel auf Verbändeebene zu regeln, ist noch zu mächtig. Ich meine, es wird langsam Zeit, diesen in seinen Konsequenzen verheerenden Unfug entschieden in Frage zu stellen".
Download Mustervertrag zum Stromverkauf von BHKW im Mietshaus (Stand 06.03.2003)