Eich- und Fehlergrenzen von Stromzählern
Ferraris-Zähler
Auch ein Stromzähler kann irren. Immer wieder tauchen Zähler auf, die nicht korrekt messen. Wenn Ihr Zähler es besonders eilig hat, fühlen Sie ihm ruhig mal auf den Zahn. Nikolaus Huhn erklärt Ihnen, wie das geht.
(17. März 2014) Wer – warum auch immer – in der Drogerie sieben Kilo Watte kauft, hat die Möglichkeit, der Kassiererin beim Abzählen der Päckchen zuzusehen und in Gedanken mitzuzählen. Etwas anders verhält es sich, wenn Sie beim Stromversorger ein paar Kilowattstunden kaufen wollen. Hier haben Käufer und Verkäufer das Zählen, der Einfachheit halber, an einen mechanischen oder elektronischen Zähler delegiert. Verständlich: Ist doch eine Kilowattstunde noch abstrakter und noch schwerer zu fassen als ein Kilo Watte. Aber Verkäuferinnen können sich irren und – hier kommt die Botschaft – Stromzähler sind auch nur Menschen.
Sie haben also den Eindruck, dass Ihr Zähler mehr anzeigt als Sie verbrauchen. Im gruppendynamischen Spannungsfeld von Mietshäusern kommt dann gern der Verdacht auf, dass irgendein Nachbar, wahrscheinlich sogar der Krause von nebenan, heimlich bei Ihnen Strom abzapft. Das bestätigt sich jedoch nur sehr selten.
Nikolaus Huhn | Gebäudeenergieberater und Geschäftsführer der Firma „Energie gewinnt“ in Jena.
Schon eher kann es sein, dass im Rahmen der Sanierung von großen Wohnblocks zum Beispiel aus zwei Dreizimmerwohnungen eine Zwei- und eine Vierzimmerwohnung geschaffen werden und dann das verschobene Zimmer weiter über den Zähler des Nachbarn läuft. Oder aber, dass in kleineren Mietshäusern früher der Besitzer selbst in Ihrer jetzigen Wohnung lebte und das Treppen-, Keller- oder Hoflicht sowie die Heizungspumpe über seinen Zähler liefen. Und jetzt haben Sie diese Geräte an der Backe. All diese mehr oder weniger begründeten Befürchtungen lassen sich leicht klären, indem Sie einfach alle Sicherungen Ihrer Wohnung ausschalten und dann drei Wochen in Urlaub fahren.
Der Verdacht auf Stromdiebstahl bestätigt sich nur selten
Sollten Sie irgendwelche elektrischen Schwarzfahrer auf Ihrem Zähler haben, wird deren Interesse an einer Klärung des Problems nach Ihrer Heimkehr erheblich sein.
Nehmen wir an, dieser Test sei zu Gunsten Ihrer Nachbarn ausgegangen. Trotzdem bleibt Ihnen ein Restgefühl, dass Ihr Zähler ein bisschen schummelt. Dann gehen Sie doch mal im Internet auf die Seite STROM.check und geben Sie die elektrischen Verbraucher Ihres Haushaltes nach bestem Wissen und Gewissen ein. Dieser Rechner ermittelt ziemlich gut Ihren Stromverbrauch im Jahr.
Strombedarf und Verbrauch laut Zähler vergleichen
Wenn dieser Strombedarf plus/minus zehn Prozent mit Ihrem Verbrauch laut Jahresabrechnung übereinstimmt, können Sie die folgenden Tipps zur Zählerprüfung ruhig überblättern. Weichen diese beiden Werte stärker voneinander ab, besorgen Sie sich erstmal einen Energiemonitor, mit dem man die Leistung und den Stromverbrauch eines Gerätes messen kann. Diesen Energiemonitor bekommen Sie leihweise beim Bund der Energieverbraucher, häufig auch bei Ihrem Stromanbieter, oder aber Sie kaufen sich so ein Gerät für 15 bis 40 Euro im Baumarkt oder Elektronikfachhandel.
Den Verbrauch eines Gerätes mit dem Energiemonitor und mit dem Stromzähler ermitteln
Schalten Sie alle Sicherungen im Haushalt aus. Nun sollte Ihre Zählerscheibe oder Ihr elektronisches Zählwerk völlig still stehen. Nun schalten Sie eine Steckdosensicherung wieder ein, am besten die – meist separat abgesicherte – Steckdose der Waschmaschine. Stecken Sie statt der Waschmaschine einen Energiemonitor hinein und in diesen einen anderen Verbraucher mit konstanter Leistungsaufnahme zwischen 500 und 2000 Watt. Einen Fön, einen Staubsauger, eine Bohrmaschine oder Ähnliches. Prüfen Sie auf dem Energiemonitor, ob die Leistung in Watt oder Kilowatt konstant ist und notieren Sie den Wert.
Dann messen Sie an Ihrem Stromzähler, wie viele Sekunden er für eine Umdrehung, erkennbar an der roten Markierung, braucht. Dann sollten Sie auf dem Zähler noch eine Angabe finden, wie viele Umdrehungen eine Kilowattstunde bedeuten (zum Beispiel 75 oder 375 U/kWh).
Jetzt ein Beispiel:
Ein Beispiel: Der Zähler macht 375 Umdrehungen pro kWh, er braucht bei einem Fön mit 1,75 kW Leistung 4 Sekunden pro Umdrehung, also:
Die Abweichung zwischen der Zählermessung (2,4 kW) und der Messung mit dem Energiemonitor (1,75 kW) sind somit 37 Prozent:
Diese Rechnerei ist Ihnen zu kompliziert? Dann geben Sie diese Werte einfach in ein Tool ein, das Sie hier herunterladen können:
Liegt Ihr ermittelter Messwert um mehr als 15 Prozent über dem Messwert des Zählers, dann kann es sich lohnen, mal ein ernstes Wort mit Ihrem Stromversorger zu wechseln. Genau genommen nicht dem Stromversorger, sondern dem Messstellenbetrieb des örtlichen Verteilnetzbetreibers, der für den Stromzähler verantwortlich und somit auch Ihr Ansprechpartner ist.
Ab 15 Prozent Abweichung den Netzbetreiber ansprechen
Beachten Sie bitte, dass die frei erhältlichen Energiemonitore keine Präzisionswerkzeuge sind und deshalb bestenfalls einen Anfangsverdacht begründen können. Zwei Prozent positive oder negative Messungenauigkeit muss man als Kunde bei Zählern der MID Klasse B entsprechend den technischen Regelwerken DIN EN 50470-1:2006 und VDE 0418-0-1:2007-05 hinnehmen. Wenn der Kunde eine Überprüfung des Zählers verlangt, wird er vom Messdienst des Netzbetreibers ausgebaut und zur Prüfung in eine staatlich anerkannte Prüfstelle geschickt. Bestätigt sich der Verdacht auf eine unzulässige Ungenauigkeit nicht, so muss der Stromkunde die rund ein- bis zweihundert Euro für den Zählertausch und die Überprüfung zahlen.
Ist der Zähler nicht defekt, zahlt der Verbraucher die Prüfung durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle
Ab zwanzig Prozent Abweichung sollten Sie unbedingt auf eine Überprüfung des Zählers und in Folge auf eine entsprechende rückwirkende Erstattung zu viel gezahlter Stromkosten drängen. In meiner Beratungspraxis hatte ich eine Familie, die nach unserer Messung vierzig Prozent zu viel zahlte und nach der Prüfung durch das Eichamt sogar ein um fünfzig Prozent zu hoher Verbrauch berechnet wurde! Sie bekamen für die vergangenen Jahre seit ihrem Einzug in die Wohnung 1.600 Euro zurückerstattet.
Der Zähler zählte 50 Prozent zu viel. Die Kunden bekamen 1.600 Euro zurück
Auch, wenn die mechanischen Zähler sportlich Ferrari(s)-Zähler heißen und manche sich aufführen wie ein Rennwagen: Im öffentlichen Stromverkehr sollten auch sie sich möglichst an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten.
Hinweise zu gravierenden Geschwindigkeitsüberschreitungen nimmt der Bund der Energieverbraucher gern entgegen. Der schnellste Raser bekommt wahlweise einen hochwertigen Energiemonitor, ein Infrarotthermometer oder einen Wattcher.
Bei Problemen besteht immer die Möglichkeit, sich an die örtlich zuständigen Eichämter zu wenden, um dort Hilfe und Unterstützung zu erlangen: www.eichamt.de
Frage: Ist Ihnen bekannt, wie hoch die Fehlmessungen der Stromzähler sind?
Fehlergrenzen von Strom- und Gaszählern
(18. Juli 2007)
Frage:
Ist Ihnen bekannt, wie hoch die Fehlmessungen der Stromzähler sind?
Ich komme beim Ablesen meines Zählers auf einen Verbrauch von etwa zehn Kilowattstunden täglich. Durch Messen der einzelnen Verbraucher, großzügiger Schätzung des Verbrauchs für Beleuchtung und den Elektroherd komme ich aber nur auf einen Verbrauch von höchsten fünf Kilowattstunden täglich. Ich weiss nicht, wie das zusammen passt.
Ich werde jetzt einen eigenen geeichten Zähler einbauen nach dem Zähler des Versorgers. Bei Mehrzählungen durch den Versorger gibt es Krach.
Dr. Wilhelm Lingens, Griesheim
Antwort:
Die Verkehrfehlergrenzen für Gas- und Elektrizitätszähler betragen das Doppelte der Eichfehlergrenzen. Die Fehlergrenzen sind die zulässigen Höchstwerte für positive oder negative Abweichungen vom richtigen Wert.
Für Gas- und Elektrizitätszähler, die den bis zum 12. Februar 2007 geltenden Vorschriften entsprechen (Zähler mit Bauartzulassung und Eichung), betragen die Verkehrsfehlergrenzen
- für Gaszähler zur Messung des Gasverbrauchs in Haushalten in Abhängigkeit vom Durchfluss 4% und 6%
- für Elektrizitätszähler zur Messung des Wirkverbrauchs in Haushalten in Abhängigkeit von der Stromstärke und dem Leistungsfaktor (Kosinus der Phasenverschiebung) 6% bis 10%.
Die Verkehrsfehlergrenzen für Gas- und Elektrizitätszähler, die den EG-Anforderungen entsprechen (Messgeräte die der MID entsprechen und einem Konformitätsbewertungsverfahren unterzogen wurden; Geräte konnten frühestens ab dem 30. Oktober 2006 in Verkehr gebracht werden) decken sich in etwa mit den vorgenannten Verkehrsfehlergrenzen der zugelassenen und geeichten Zähler.
Die Verkehrsfehlergrenzen betragen für (MID-) Gaszähler der Klasse 1,5 zur Messung des Gasverbrauchs in Haushalten in Abhängigkeit vom Durchfluss 3% und 6%.
Für (MID-) Elektrizitätszähler zur Messung des Wirkverbrauchs gibt es drei Genauigkeitsklassen (A, B und C). Die Eichfehlergrenzen dieser Zähler sind neben der Genauigkeitsklasse auch von den 4 zulässigen Betriebstemperaturbereichen und von der Stromstärke abhängig. Die Eichfehlergrenzen liegen zwischen 1% und 9 % bzw. die Verkehrsfehlergrenzen zwischen 2% und 18 % in Abhängigkeit von der Klasse und dem zulässigen Betriebstemperaturbereich des Zählers sowie der Stromstärke.
Für einen Zähler mit dem Betriebstemperaturbereich -10 °C bis + 40 °C liegen die Verkehrsfehlergrenzen in Abhängigkeit vom Strom
- für einen Zähler der Klasse A zwischen 9% und 10%.
- für einen Zähler der Klasse B zwischen 5% und 6%.
- für einen Zähler der Klasse C zwischen 2% und 2,6%.
Ein Zähler der Klasse C wird aber sicherlich nicht im Haushaltsbereich eingesetzt.
Je größer bzw. kleiner der Betriebstemperaturbereich der Zähler ist desto kleiner bzw. größer sind die zulässigen Verkehrsfehlergrenzen.
Franz-Josef Jünger, Landesbetrieb Mess- und Eichwesen Nordrhein-Westfalen
Die Regeln, nach denen diese Stichprobenprüfung zu erfolgen hat, wurden im Jahr 2003 verschärft.
Verschärfte Eichregeln seit 2003: Erschreckende Ausfallraten
(11. März 2004) Neue Stromzähler sind für 16 Jahre geeicht ("Eichgültigkeitsdauer"). Danach kann die Eichdauer um fünf Jahre verlängert werden, wenn vom Versorgungsunternehmen eine Stichprobe von Zählern dieses Typs geprüft wurde und der Messwert nicht mehr als 3 bis 4% vom richtigen Wertabweicht.
Die Regeln, nach denen diese Stichprobenprüfung zu erfolgen hat, wurden im Jahr 2003 verschärft. Sie wurden vom Arbeitsausschuss Elektrizität der Physikalisch Technischen Bundesanstalt festgelegt unter Mitwirkung der Eichämter der Länder, der Hersteller und der Anwender - ohne Verbrauchervertreter.
Die Firma Enseco hat die 2001überprüften 200.000 Zähler nun einmal nach den alten und einmal nach den neuen Regeln bewertet. Das Ergebnis ist erschreckend. Nach dem bisherigen Verfahren hätten alle Zähler die Prüfung bestanden. Nach den verschärften Regeln würden 25% der Zähler die Prüfung nicht bestehen.
Nicht selten bleiben Zähler 30 Jahre im Netz. Ein Zähler kostet ca. 50 €, die Stromversorger verlangen an Messkostenim Schnitt 30 € jährlich. In der Bundesrepublik sind etwa 10 Mio. Zähler in Haushalten in Betrieb. Möglicherweise läuft ein Zähler zu langsam an, zählt keinen Strom obwohl Strom bezogen wird, oder zählt Strom, obwohl keiner bezogen wird.
Kommentar dazu von Alf Haenle, Verbraucherzentrale Baden-Württemberg:
(11. März 2004) - Der heute abgefragte Preis für einen Wechselstromzähler einfach im Baumarkt beträgt tatsächlich, EUR 9,95 der für den Drehstromzähler EUR 29,95 für eine Eichung sind immer je ca EUR 5 dazuzuschlagen. Mehr nicht!
Dass EVU's dreist jedes Jahr 50.- oder mehr Euro verlangen können schreit nach Entmonopolisierung.
Dass jetzt die Eichregeln verschärft wurden soll nur dazu dienen diesem Missbrauch den Wind aus den Segeln zu nehmen. An der Position und an der Praxis der EVU's ändert das gar nichts.
Zähler die 40 und mehr Jahre ohne Nachprüfung laufen ( und (!) sogar meist richtig laufen ) sind keine Seltenheit und begründen keinen Anspruch des Verbrauchers auf Zählerwechsel.
Das Stichprobensystem verbietet geradezu das Auswechseln eines bestimmten Zählers auf Wunsch außerhalb des Regelverfahrens, es sei denn eine Einzelzählerprüfung aus wichtigem Grund wurde vom EVU angeordnet und ergibt einen Zählerfehler. Ansonsten muss der Kunden dann auch noch bitter blechen.
Ergebnis: In aller Regel kein Befund, alter Zähler bleibt drin. Wenn jetzt 25 % der Stichproben die Norm nicht mehr schaffen, ändert sich an allen den Zählern die nicht in der Stichprobe waren immer noch nichts, die mögen falsch gehen wie eh und je.
Eine leicht höhere Austauschquote wird der Fall sein mit der Folge, dass die insgesamt auf den Stromkunden umgelegten Kosten noch höher werden. Im Einzelfall also kein Gewinn für den Verbraucher und im Ganzen noch mehr Geld in den Taschen der EVU!
Die wirklich relevanten Fälle von Zählerfalschmessungen mit verheerenden Folgen für den jeweiligen Verbraucher (die EVU' kommen immer leichter zu ihrem Recht/Geld) sind mit Messgeräten im Eigentum des Stromlieferanten nicht zu erfassen und das wissen die EVU's und Zählerfachleute ganz genau.
Forderung kann aber nicht einfach eine Privatisierung des Eich- und Messwesens sein, da zu erwartende Qualitätseinbußen immer zu Lasten der Verbraucher gehen werden. Andererseits gibt es keinen sachlichen Grund, der den EVU's ein alleiniges Recht auf Messung gibt. Die Tatsache, dass Mess- und Steuereinrichtigen der Elektoinstallation regelmässig im Haus des Verbrauchers angesiedelt sind, begründet immerhin, dass er ein Unternehmen seines Vertrauens mit der kostenträchtigen Erfassung seines tatsächlichen Verbrauchs beauftragen kann. Wenn das EVU seine eigene Messung dagegenhalten will, warum nicht? Solange unser Gesetzgeber aber alle Bälle immer nur den alten Monopolisten zuwirft wird sich am Zähler(un)wesen nichts ändern.