Rechnern das Stromfressen abgewöhnen
Rechnern das Stromfressen abzugewöhnen ist schwieriger, als eine neue Sparlampe einzuschrauben. Aber es rentiert sich fast immer. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen.
Von Aribert Peters
(28. Juni 2008) - Die Computerzeitschrift c't hat in einer Serie von Beiträgen den Stromverbrauch von Computern unter die Lupe genommen (Heft 4/2008). Anders als bei einer Glühbirne hängt der Stromverbrauch eines Rechners vom Nutzer ab: Rechner sind von sich aus weder Sparschweine noch Umweltsäue - höchstens ihre Nutzer.
Ein üppiges Rechner-Netzteil der 1.000-Watt-Klasse würde genug Strom selbst fürs Elektroschweißen liefern. Stattdessen versorgt es gut ausgestattete Spielrechner mit drei oder vier parallel geschalteten Grafikkarten. Die Mehrheit der Tischrechner kommt mit einem Stromspender der 350-Watt-Klasse gut aus. Viele Notebooks begnügen sich dagegen mit 20 Watt im Leerlauf und mit 80 Watt unter Volllast.
Lässt man einen üppig ausgestatteten Rechner mit einem 1.000-Watt-Netzteil ununterbrochen laufen, verbraucht man im Jahr 8.760 Kilowattstunden und bezahlt dafür 1.000 Euro. Für den Strom eines Laptops zahlt man hingegen möglicherweise nur fünf Euro im Jahr!
Die c't-Redaktion hat sich den Stromverbrauch einzelner Bauteile eines Rechners genau angesehen. Ergebnis: Moderne Rechner verbrauchen deutlich weniger Strom als die bisherigen Stromfresser mit Pentium-4- und Pentium-D-Prozessoren, die schon im Leerlauf über 100 Watt schluckten.
Den Stromverbrauch bestimmen folgende Größen:
- der Stromverbrauch der einzelnen Komponenten,
- die Nutzungszeit des Rechners
- die kombinierte Sparintelligenz von Rechner und Nutzer.
Selbst der cleverste Sparmodus nutzt nichts, wenn der Nutzer nicht darauf zurückgreift. Andererseits kann auch der geizigste Benutzer kaum Strom sparen, wenn sich der Rechner oder einzelne Komponenten als Stromfresser entpuppen oder ein intelligentes Management fehlt.
Stand-by für den Rechner
Will man eben nur mal kurz eine Telefonnummer im Netz oder einen Wikipedia-Artikel anschauen, dann dauert das Starten des Rechners quälend lange. Um auf Tastendruck bereit zu stehen, laufen viele Rechner rund um die Uhr. Versetzt man sie dabei in den Stand-by-Modus, kann man mit minimalen Komforteinbußen gehörig Strom sparen.
Hinter dem Begriff Stand-by oder Ruhezustand verbergen sich unterschiedliche Betriebszustände: Ein richtig konfigurierter Windows-XP-Rechner kann durch Anklicken von "Stand-by" beim Ausschalten in den Schlaf geschickt werden. Er hält dann nur noch die fünf Volt Stand-by-Leitung und damit den Arbeitsspeicher unter Strom. Dieser Zustand heißt deshalb "Suspend to RAM" (STR). Ein Tastendruck weckt den Rechner sofort wieder auf. Drückt man beim Herunterfahren die Umschalt-Taste, dann geht der Rechner in den "Ruhezustand" (englisch: Hibernation). Der Inhalt des Arbeitsspeichers wird dabei auf die Festplatte geschrieben ("Suspend to Disk", STD). Zum Aufwachen braucht der Rechner in diesem Fall deutlich länger. Der Stromverbrauch im Stand-by liegt zwischen zwei und 15 Watt. Der Ruhezustand verbraucht kaum weniger Strom als der Stand-by-Betrieb. Allerdings kann man im Ruhezustand den Rechner ganz vom Netz trennen und auf Nulldiät setzen. Das lohnt sich für eine kurze Pause jedoch nicht.
Bei Mac-Rechnern mit OS X 10.5 steht "Ruhezustand" für "Suspend to RAM". Apple-Notebooks und Rechner mit Windows Vista im hybriden Stromsparmodus sichern den Arbeitsspeicher zusätzlich auf Festplatte.
Einfach abschalten
Von den 8.760 Stunden eines Jahres wird ein Bürorechner in 46 Arbeitswochen und wöchentlichen 50 Arbeitsstunden an insgesamt 2.300 Stunden genutzt, also während eines Vierteljahres. Ein 80-Watt-Rechner, der in den Arbeitspausen vom Netz getrennt wird, verbraucht im Jahr für 23 Euro Strom. Ein 80-Watt-Rechner, der in den Pausen im Stand-by schlummert, frisst für 41 Euro Strom.
Am Heim-PC verbringen die meisten Nutzer 15 Stunden in der Woche, also 690 Stunden im Jahr. Die Stromrechnung eines 50-Watt-Heimrechner mit Netztrennung beläuft sich auf ganze sieben Euro jährlich, die eines 80-Watt-Rechners mit Stand-by auf 16 Euro.
Ein Server mit 80 Watt, der das ganze Jahr durchläuft, verbrät für 140 Euro Strom, ein 120-Watt-Server 210 Euro jährlich. Server, die zwei bis vier Jahre alt sind, können durchaus auch über 200 Watt verbrauchen und damit 350 Euro Stromkosten verursachen.
Stärker bei den Stromkosten ins Gewicht fällt die Peripherie: Bildschirm, Drucker, Lautsprecher, Scanner, externe Festplatten. Alle diese Geräte sollte der Nutzer über eine schaltbare Steckerleiste mit dem Rechner ausschalten. Bei Zweibrüder Optoelectronics gibt es eine Steckerleiste, die sich mit einem getrennten Fußschalter bedienen lässt. Die Steckerleiste kann so unter oder hinter den Schränken verschwinden.
Bequemer sind Master-Slave-Steckerleisten. Die Slave-Dosen werden automatisch vom Netz getrennt, sobald die Leistungsaufnahme der Master-Steckdose unter einen einstellbaren Schwellenwert sinkt. Geht also der Rechner an der Master-Dose in den Stand-by, dann trennt die Leiste automatisch die ganze Peripherie vom Netz. Die Masterdose behält Spannung. Die Master-Slave-Leiste verbraucht selbst eine Leistung von durchgehend rund zwei Watt. Auch eine Zeitschaltuhr, zum Beispiel für den Laserdrucker, kann sinnvoll sein. Energiesparer sollten jedoch bedenken, dass auch dieses Gerät ständig 1,5 Watt Leistung benötigt.
Stromverbrauch der Computer-Peripherie
Tintenstrahl-Drucker über die Steckerleiste abzuschalten, lohnt sich nicht: Der Ausschalter schickt den Druckkopf in Parkposition. Man muss bis zur Netztrennung warten, bis die Düsen gegen eine Dichtung gedrückt werden. Die meisten Tintenstrahldrucker interpretieren eine Netztrennung als längeren Stillstand und reinigen den Druckkopf nach dem Wiederanschalten. Das kostet Tinte und Strom. Deshalb sollte man Tintenstrahldrucker höchstens vor dem Urlaub vom Netz trennen.
Ein Laserdrucker schaltet im Sparbetrieb die Fixiereinheit ab und verbraucht daher wesentlich weniger Strom als im Betriebsbereitschaft. Kleinere Schwarzweißlaser kann man problemlos ausschalten, wenn man sie nicht benötigt. Farblaser und größere Schwarzweißlaser führen nach jedem Kaltstart eine laute und energieintensive Kalibrierung durch.
Eine High-End Grafikkarte verheizt schon im Leerlauf 60 Watt.
Stromsparlaufwerk
Eine 3,5"-Festplatte verbraucht dagegen selbst beim Zugriff selten mehr als zwölf Watt. Die Drehzahl und die Zahl der Scheiben erhöhen den Stromverbrauch einer Festplatte. Besonders sparsam im Test sind die Stromsparlaufwerke von Western Digitals mit maximal 3,9 Watt mit einer Kapazität von 1 Terabyte. Das wird allerdings mit niedriger Geschwindigkeit erkauft. Moderne 2,5"-Laufwerke für Laptops sind teurer, jedoch auch sehr sparsam.
Stromfresser Rechenzentrum
Beim weltweit größten Webhoster 1&1 stellen Stromkosten den zweitgrößten Kostenblock im Rechenzentrumsbetrieb dar und machen ein Viertel der Gesamtausgaben aus, gleich nach der Abschreibung für Hardware.
Im Jahre 2005 bezahlten die Rechenzentren in den USA für Strom 2,7 Milliarden US-Dollar. Weltweit kostete der Betrieb von Servern 7,2 Milliarden US-Dollar. Energiesparkonzepte sind bei den Serverbetreibern angesagt. Bis 2010 steht laut Berechnungen von BITKOM eine Verdopplung der Stromkosten für den Betrieb von Servern ins Haus. Wer einen eigenen Webserver zu Hause betreibt, der kann Kosten sparen, indem er den Serverbetrieb einem Webhoster überträgt. Der Webhoster versteht sich aufs Stromsparen und die Datensicherheit erhöht sich ebenfalls.
Genormtes Sparen
Der Rechner steuert die Leistungsaufnahme der Rechnerkomponenten. Diese Normung der Energiesparlaune eines Rechners trägt die Bezeichnung ACPI (Advanced Configuration and Power Management). Die Norm unterscheidet zwischen Betriebszuständen des gesamten Systems (S), des Rechnerkerns (CPU) und von sonstigen Komponenten (Devices). Eine angehängte Ziffer kodiert die Sparwirkung. Je größer die Zahl, umso sparsamer ist der Betriebsmodus und umso länger dauert das Aufwachen.
"S0" steht für einen normal laufenden Rechner. Sobald der Prozessor etwas zu tun bekommt, schaltet er in den "C0"-Zustand. Das kann mehrmals pro Sekunde geschehen. Auch andere Komponenten, etwa die Festplatte, können bei laufendem System im D3-Zustand vor sich hindösen. Im "S0"-Zustand brauchen typische Desktop-Rechner 40 bis 200 Watt, bei S3 nur zwei bis 15 Watt.
SPEC für Mäuse
Energieeffizienz des eigentlichen Rechners lässt sich mit der Zahl der Rechenoperationen je Watt vergleichen. Dazu gibt es einen allgemein anerkannten Maßstab, die SPECpower_ssj2008 der Standard Performance Evaluation Corporation (SPEC). Man kann auf einem Rechner das Programm SPECpowersuite installieren, das die Rechenoperationen zählt. Als Bezugsgröße muss der Stromverbrauch des Rechners mit einem genauen Messgerät erfasst werden. All das ist den Spezialisten vorbehalten (Internet: www.spec.org/power_ssj2008/). Vergleichsergebnisse für übliche Rechner liegen nicht vor.
Ein Stern für Energiesparer
Das Kennzeichen "Energy Star" liefert zurzeit den einzigen leicht verständlichen Hinweis auf den Energiebedarf eines Rechners. Seit Juli 2007 begrenzen die neuen Spezifikationen des "Energy Star 4.0" den Stromverbrauch der Rechner im Leerlauf auf 50 Watt. Die zuvor geltenden Regeln begrenzten nur den Stand-by Verbrauch und lieferten für den gewöhnlichen Betrieb keine sinnvollen Aussagen. Die Grenzwerte des neuen "Energy Star" gelten für einen angeschalteten Rechner ohne Rechenaufgabe (On/Idle).
Verwirrend sind jedoch die verschiedenen Geräteklassen. Der 50-Watt Grenzwert gilt nur für Geräteklasse A, also Einzelkernprozessoren mit integriertem Grafikprozessor ohne eigenen Speicher. Dieser Wert ist leicht zu erreichen, einige Geräte kommen bereits unter 40 Watt. Ein Dual-Core-Prozessor mit mindestens ein Gigabyte RAM darf laut "Energy Star" bereits 65 Watt verbrauchen. Kommt noch eine Grafikkarte mit 128 Megabyte Speicher hinzu, sind sogar 95 Watt erlaubt. Damit liegt diese Konstruktion an der Spitze der Stromfresser, selbst ältere Geräte benötigen so viel Energie.
Der "Energy Star" fordert ferner, dass der Rechner mit freigeschalteten Stromsparfunktionen ausgeliefert werden muss. Die entsprechenden Treiber müssen also vom Hersteller installiert sein. Der Monitor soll sich nach 15 Minuten Nichtbenutzung abschalten, der gesamte Rechner nach 30 Minuten in den Schlafmodus umschalten. Das Netzteil muss die sogenannte 80-Plus-Spezifikationen erfüllen, also bei einer Belastung ab 20 Prozent der Nennleistung mindestens 80 Prozent Wirkungsgrad erreichen. Im Soft-Off-Zustand erlaubt der "Energy Star" höchstens zwei Watt, für Notebooks ein Watt.
Notebooks dürfen nach dem "Energy Star" im Leerlauf höchstens 14 Watt verbrauchen. Enthalten sie einen separaten Grafikchip, sind es 22 Watt.
Eine eindeutige Kennzeichnung der Energieeffizienz von Computern analog zu Waschmaschinen und Kühlschränken fehlt leider noch. Das Problem einer Verbrauchskennzeichnung ist die sehr unterschiedliche Leistung und Ausstattung von Rechnern. Doch ohne Bezug auf die Rechnerleistung sind Effizienzangaben nicht möglich. Eine nachvollziehbare Definition der Rechnerleistung ist schwerer, als man zunächst annimmt. Weil Rechner überall auf der Welt hergestellt und verkauft werden, ist ein länderübergreifendes Label notwendig.
Die "Task Group 2" der Vereinigung europäischer Computerhersteller arbeitet an einem Effizienzlabel und will bis 2009 Ergebnisse vorlegen. Die technische Entwicklung von Computern geht wesentlich rascher voran als die Normung der Energieeffizienz.
Fazit: Für Käufer gibt der "Energy Star" nur eine ungenügende Orientierung. Doch das altbekannte Label "Blauer Engel" schneidet noch schlechter ab, denn es stützt sich noch auf die alten Regeln des "Energy Star". Verträge auf der Basis dieser Regeln können noch bis Dezember 2008 laufen. Ob und wann die Regeln des neuen "Blauen Engel" den "Energy Star 4.0" berücksichtigen, bleibt abzuwarten.
Weitere Informationen zur Anschaffung stromsparender Desktop-PC erhalten sie auch hier: http://itk-beschaffung.de/uploads/media/Lf_Desktop_de_01.pdf
Messgeräte mit Schwächen
Die Redaktion des Computerjournals c't notiert mit Erstaunen, dass billige Energiemessgeräte (etwa "Peaktech 9024" für 15 Euro) eine Leistungsaufnahme eines Rechners von 1,4 Watt überhaupt nicht registrierten und für eine Energiesparlampe das Doppelte des realen Verbrauchs anzeigen. "EnergyCheck 3000", für 25 Euro bei Conrad zu haben, lieferte deutlich bessere Ergebnisse.
Sparsame Rechnertechnik: Die TEO-Story
Ein kleines norddeutsches Unternehmen macht der Branche jetzt das Stromsparen vor. Christmann Informationstechnik stellt den wohl energieeffizientesten Server Deutschlands her: den TEO-Server. Er ist Teil des "Thin Economic Office" (TEO), eines auf Effizienz ausgerichteten intelligenten Gesamtkonzeptes. Der Mini-Server kann - verglichen mit älteren Systemen - bis zu 90 Prozent des Stromverbrauchs sparen. Gegenüber aktuellen Vergleichsmodellen sind es etwa 50 Prozent. Er verwendet dafür die stromsparende Notebook-Technologie.
Der TEO-Server ist etwa so groß wie ein DIN-A4-Blatt, sechs Zentimeter dick und benötigt nur 30 bis 50 Watt Energie, also etwa zehn bis 20 Prozent eines herkömmlichen Terminalservers, der 150 bis 300 Watt verbraucht. Der TEO-Server kommt daher auch ohne Kühlung aus und macht so manche Klimaanlage überflüssig.
Mit Innovations-Fördermitteln der Bundesregierung entwickeln Experten zurzeit das TEO-Rack. Trotz erhöhter Anforderungen für die Lüftung und zusätzlicher Ausfallsicherheit (RAID-System mit zweiter Festplatte) verbraucht das aktuelle System unter 40 Watt bei geringer Last und maximal 60 Watt bei voller Belastung. Die möglichen Einsparpotenziale sind insbesondere für Rechenzentren riesig: Ein Rechenzentrum mit 1.000 Servern könnte pro Jahr etwa 600.000 Kilowattstunden sparen, das sind rund 100.000 Euro. Hinzu kommt noch die Reduzierung der benötigten Kühlleistung: Denn es gilt die Faustformel, dass man rund 50 bis 100 Prozent der Leistung, die die Server aufnehmen, benötigt um die entstehende Wärme wieder abzuführen.
Auch für den Arbeitsplatz-PC hat die Firma Christmann Alternativen zu den üblichen Stromfressern: Ein Thin-Client (ein ausgedünnter Netzwerkcomputer), der mit dem TEO-Server kombiniert werden kann, kommt mit sieben bis acht Watt aus, ein üblicher PC benötigt 80 bis 250 Watt. Stellt man zum Beispiel ein Netzwerk mit 50 PCs und drei Servern auf das TEO-Konzept um, lassen sich etwa 20.000 Kilowattstunden pro Jahr sparen.
Ergänzt wird das TEO-Konzept durch den TEO-Mini - einen eigenständigen Mini-PC ohne Festplatte und CD-Laufwerk, der mit 25 Watt ebenfalls deutlich weniger verbraucht, als ein herkömmlicher PC und der auch unabhängig von TEO-Server für Office, Internet, Bildbearbeitung und Multimedia eingesetzt werden kann. Ganz neu ist der TEO-X, der die Einstiegsschwelle für stromsparende PCs deutlich senkt. Schon ab 299 EUR gibt es ein System, das für Office und Internet ausreichend Leistung bietet und nur etwa 30 Watt verbraucht.