Bundesnetzagentur
Ausschluss aus der Grundversorgung
Von Leonora Holling
(29. Oktober 2018) Verbraucher, die regelmäßig ihren Energieversorger wechseln, wissen, dass im Fall eines fehlschlagenden Wechselprozesses der Grundversorger einspringen muss. Aus diesem Grund läuft kein Verbraucher Gefahr, bei einem fehlgeschlagenen Wechsel plötzlich ohne Strom oder Gas auskommen zu müssen. Der Gesetzgeber hat mit den Grundversorgungsverordnungen die unterbrechungsfreie Versorgungssicherheit sichergestellt.
Allerdings scheint es Grundversorger zu geben, die diesen staatlichen Auftrag nicht ernst nehmen, wie die 6. Beschlusskammer der Bundesnetzagentur am 26. April 2018 feststellen musste (Az. BK6-16-161). In dem Aufsichtsverfahren hat die Bundesnetzagentur festgestellt, dass ein Grundversorger bei Verbrauchern, mit denen er zuvor Zahlungsschwierigkeiten hatte, diese teilweise beim Netzbetreiber aus der Grundversorgung abgemeldet hat.
Teilweise wurden dabei auch angebliche Wechsel zu Drittanbietern behauptet. Nachdem sich die fiktiven Drittanbieter natürlich im Anschluss nicht beim Netzbetreiber gemeldet hatten, meldete der Grundversorger die Verbraucher als ersatzversorgte Kunden beim Netzbetreiber an. Die Ersatzversorgung ist jedoch auf eine maximale Dauer von drei Monaten begrenzt. Der Grundversorger meldete nach drei Monaten beim Netzbetreiber die Verbraucher schließlich auch aus der Ersatzversorgung ab und weigerte sich zugleich, diese Verbraucher wieder in die Grundversorgung aufzunehmen. Hierbei führte er eine angebliche wirtschaftliche Unzumutbarkeit an.
Zu Unrecht, wie die Bundesnetzagentur festgestellt hat. Der Grundversorger verstoße durch die Abmeldung von Verbrauchern beim Netzbetreiber aus der Ersatzversorgung und einer Weigerung der Neuaufnahme in die Grundversorgung gegen § 4 Abs. 3 Satz 1 Stromnetzverordnung sowie §§ 20 Abs.1, 36 und 38 Energiewirtschaftsgesetz.
Bericht der Bundesnetzagentur zum Zustand der leitungsgebundenen Energieversorgung im Winter 2012/13
Netzagentur blickt auf den Winter
(1. Juli 2013) Im Vergleich zum vorhergegangenen Winter sei die Situation in den Stromübertragungs- und Gasfernleitungsnetzen trotz des langen Winters weit weniger angespannt gewesen, so die Bundesnetzagentur zu ihrem "Bericht zum Zustand der leitungsgebundenen Energieversorgung im Winter 2012/13".
Dennoch sei es an einigen Tagen zu Belastungssituationen im Stromnetz, die die Versorgungssicherheit potenziell gefährdeten und zeigten, dass die getroffenen Vorsorgemaßnahmen richtig und angemessen waren. Man dürfe sich aber nicht in Sicherheit wiegen, so die Agentur.
Ein zügiger Netzausbau sei und bleibe das Gebot der Stunde. Um für die Abschaltung des KKW Grafenrheinfeld im Winter 2015/16 frühzeitig Vorsorge zu treffen, hätten die Übertragungsnetzbetreiber begonnen, die in der am 12. Juni vom Bundeskabinett verabschiedeten Reservekraftwerksverordnung vorgeschriebenen Systemanalysen für den Winter 2015/16 durchzuführen und die dafür zu Grunde gelegten Annahmen und Szenarien mit der Bundesnetzagentur abzustimmen.
Die Bundesnetzagentur erwartet von den Übertragungsnetzbetreibern im Laufe dieses Sommers belastbare Erkenntnisse zum Reservekraftwerksbedarf für die Zeit nach der Abschaltung des KKW Grafenrheinfeld, um Klarheit über die gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen zu erhalten. Den Bericht gibt es unter www.bundesnetzagentur.de.
Die Agentur konstatiert eine Verdopplung der Nettoexporte im Winter 12/13 gegenüber dem vorherigen Winter. Auch sind die nicht erneuerbaren Kraftwerkskapazitäten um fast 1 GW und die erneuerbaren um gut 9 GW angestiegen.
Über die Höchstlast im Netz schweigt sich der Bericht bedauerlicherweise vollständig aus.
Rund 80% des Zuwachses an Erzeugungskapazitäten im Strommarkt basierten 2009 auf dem Zubau von Solar- und Windenergieanlagen.
Wettbewerb nimmt zu
(31. Dezember 2010) Rund 80% des Zuwachses an Erzeugungskapazitäten im Strommarkt basierten 2009 auf dem Zubau von Solar- und Windenergieanlagen, so der "Monitoringbericht 2010" der Bundesnetzagentur.
Das Stromnetz sei stabil, hieß es. 2009 habe es eine durchschnittliche Versorgungsunterbrechung von 14,63 Minuten je Letztverbraucher gegeben. Die Agentur moniert deutliche Verzögerungen beim Netzausbau, bei vielen der 24 EnLAG-Projekte ebenso wie bei weiteren Vorhaben.
Immer noch nutzten rund 45% der Haushaltskunden die Möglichkeit eines Stromtarifwechsels nicht, obwohl sie zwischen durchschnittlich 124 Anbietern je Netzgebiet wählen können, so die Bonner. Auch Haushaltskunden beim Gas sollten die Chancen des Wettbewerbs wahrnehmen.
Der Anbieterwechsel auf dem Strommarkt habe deutlich nachgelassen, so die Bundesnetzagentur in ihrem Monitoring-Bericht. 2009 hätten sich rund 2,4 Mio Kunden für einen neuen Anbieter entschieden und damit 100.000 mehr als 2008, das erkläre sich aber vor allem durch Umzug und die Haushalte, die nach einem früheren Wechsel wieder einen neuen Anbieter suchen.
Die Zahl der Erstwechsler sei dagegen rückläufig. Grund sei neben der Trägheit der Verbraucher die Vermarktungsstrategie der Regionalversorger. Mehr als 90% aller Energieversorger belieferten praktisch keine Kunden in anderen Netzgebieten, so die Netzagentur.
Die früheren Gebietsmonopolisten kämen sich nicht gegenseitig ins Gehege und verteidigten ihre traditionellen Absatzgebiete, indem sie dort Verträge umstellen und Preise senken, um neue Anbieter abzuwehren.
So bleibe auf regionaler Ebene trotz steigender Absatzzahlen eine lokale Dominanz der jeweiligen Grundversorger erhalten. 86% aller Stromkunden würden immer noch von ihrem lokalen Versorger beliefert, so die Agentur.
Die vier Marktführer RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall konkurrierten über Töchter oder Zweitmarken erfolgreich mit konzernunabhängigen Stromdiscountern und zögen knapp die Hälfte der wechselwilligen Kunden an. Aufs gesamte Bundesgebiet bezogen, bliebe es so bei den dominierenden Marktverhältnissen.
Deutsches Stromübertragungsnetz überaltert
Verbraucherorganisation schlägt Alarm
(10. Januar 2008) Die 220 kV-Leitungsmasten sind im bundesweiten Mittelwert am Ende ihrer Nutzungsdauer angelangt, ebenso die Transformatoren. Das zeigt ein Bericht der Bundesnetzagentur, der am Dienstag in Bonn veröffentlicht wurde.
Der Bund der Energieverbraucher ist außerordentlich beunruhigt über die Überalterung des deutschen Stromübertragungsnetzes. Laut Bericht sind 220 kV-Masten im bundesweiten Durchschnitt knapp 50 Jahre alt, die 380 kV Masten und Transformatoren rund 30 Jahre alt. Die betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauern betragen aber für Freileitungen 110 bis 380 kV 40 bis 50 Jahre, die von Trafos und Schaltern 35 bis 45 Jahre laut Anlage 1 zur Stromnetzentgeltverordnung. Der Bericht belegt, so der Bund der Energieverbraucher, dass die Unternehmen zu wenig in die Übertragungsnetze investieren.
Laut dem Bericht kann die Bundesnetzagentur nicht überprüfen, ob die Planungen der Übertragungsnetzbetreiber die Versorgungssicherheit langfristig sichern können. Der Verein hat die Bundesnetzagentur in einem Schreiben aufgefordert, nunmehr schleunigst zu prüfen, ob die Planungen der Unternehmen die Versorgungssicherheit langfristig sichern können.
Der Bund der Energieverbraucher warnt vor der Schlussfolgerung, die Netzentgelte wären zu niedrig für einen sachgerechte Instandhaltung der Netze. Vielmehr sind die Netzentgelte deutlich zu hoch und werden nur zu einem völlig unzureichenden Anteil für Investitionen und Instandhaltung eingesetzt. Die jährlich deutlich steigenden Gewinne der Übertragungsnetzbetreiber liefern ein Indiz für diese Auffassung.
Der Bund der Energieverbraucher ist aufgrund des Berichts und anderer Untersuchungen und Fachveröffentlichungen der Auffassung, dass die Übertragungsnetzbetreiber ihren Verpflichtungen zur Sicherung eines zuverlässigen Übertragungsnetzes nach § 12 Abs. (1) EnWG verletzen. Der Verein hat die Bundesnetzagentur um die Einleitung eines Verfahrens gebeten, um die Übertragungsnetzbetreiber zu gesetzeskonformen Verhalten zu veranlassen.
Die Bundesnetzagentur hat die Ergebnisse des VergleichsverfahrensStrom und Gas im Internet unter www.bundesnetzagentur.deveröffentlicht.
Entgelte unterscheiden sich um das Fünfzehnfache
(29. August 2006) Die Bundesnetzagentur hat die Ergebnisse des Vergleichsverfahrens Strom und Gas im Internet unter www.bundesnetzagentur.de veröffentlicht. Verglichen werden die Kosten der Energieversorger für den Betrieb ihres Leitungsnetzes, differenziert nach der Absatzdichte in so genannten Strukturklassen. Die Kosten sind die ausschlaggebende Größe für die Höhe der Netznutzungsentgelte.
Innerhalb der Vergleichsklassen zeigen sich dabei gravierende Kostenunterschiede, bei den Kosten pro Netzkilometer in der Mittelspannung z.B. im Westen in der Klasse der niedrigeren Absatzdichte Abweichungen um mehr als das siebenfache vom mittleren Wert. Die hohen Unterschiede in den Kosten könnten nicht allein durch strukturelle Besonderheiten der einzelnen Unternehmen erklärt werden, so Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur. Vielmehr lasse diese Bandbreite auf vorhandene Ineffizienzen schließen. Damit bestünden noch Effizienzreserven beim Betrieb der Energieversorgungsnetze, die es zu heben gelte. Schließlich dürften mögliche Ineffizienzen beim Netzbetrieb nicht auf Kosten der Netznutzer gehen.
Die Bundesnetzagentur hat für das Vergleichsverfahren im Oktober 2005 Daten aller Netzbetreiber in Deutschland erhoben. Basis der Datenabfrage war das Geschäftsjahr 2004.
Keine Unternehmensdaten
Die Bundesnetzagentur verzichtet bei ihren Ergebnissen des Vergleichsverfahrens Strom und Gas auf die Veröffentlichung unternehmensindividueller Kostendaten. Gegen die ursprünglich geplante namentliche Nennung hatten 115 Netzbetreiber Unterlassungsbeschwerden beim OLG Düsseldorf eingereicht mit dem Argument, diese Daten seien Betriebs- und Geschäftsgeheimnise und ihre Veröffentlichung weder vom EnWG noch von den Verordnungen gedeckt. Die Netzbetreiber haben nun einem Vergleich mit dem Regulierer zugestimmt. Die Netzagentur beschränkt sich nun auf einige nach Strukturklassen zusammengefasste Ergebnisse und veröffentlicht einen Medianwert sowie den obersten und untersten Wert der maßgeblichen Kennzahl, ohne die Unternehmensnamen zu nennen. Die Klage vor dem OLG ist damit hinfällig.
Die BNetzA legt einheitliche Geschäftsprozesse und Datenformate fest.
Netzagentur reguliert Wechselprozesse
(28. Juli 2006) In dem unter www.bundesnetzagentur.de veröffentlichten Papier "Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität" (GPKE) legt die Bundesnetzagentur einheitliche Geschäftsprozesse und Datenformate fest. Die Regeln sind für Netzbetreiber und Lieferanten rechtsverbindlich und sollen einen diskriminierungsfreien Zugang aller Netznutzer zu den Stromnetzen garantieren.
Seit der Liberalisierung des Strommarkts 1998 habe sich die mangelnde Verbindlichkeit und die unterschiedliche Ausgestaltung der Lieferantenwechselprozesse und des Informationsaustauschs als Hemmschuh bei der netzgebietsübergreifenden Belieferung von Kunden erwiesen, so die Agentur. Dies sei ein Wettbewerbsnachteil und eine Markteintrittsbarriere für neue Stromlieferanten.
Nun würden standardisierbare Geschäftsprozesse wie der Lieferantenwechsel, Lieferende und -beginn, Ersatzversorgung, Zählerstand- und Zählerwertübermittlung, Stammdatenänderung, Geschäftsdatenanfrage sowie Netznutzungsabrechnung verbindlich. Außerdem werde das bundeseinheitliche Datenformat Edifact zum elektronischen Datenaustausch eingeführt.
Wegen der nötigen Umstellung gebe es eine Umsetzungsfrist bis 1. August 2007. Die elektronische Netznutzungsabrechung müsse bis 1. Oktober 2007 umgesetzt sein. Darüber hinaus können Unternehmen neben den standardisierten Geschäftsprozessen und Datenformaten abweichende Regelungen treffen. Nach einer Übergangsfrist bis Oktober 2009 müssten Sonderlösungen allen Marktbeteiligten angeboten oder auf die Standardprozesse umgestellt werden, so die Agentur.
Der Bund der Energieverbraucher konstatiert ein Scheitern von Wettbewerb und Energiewirtschaftsgesetz.
Wettbewerb gescheitert
(30. August 2006) Der Bund der Energieverbraucher konstatiert ein Scheitern von Wettbewerb und Energiewirtschaftsgesetz. Die Regulierung ist offensichtlich nicht in der Lage, faire gleichberechtigte Wettbewerbschancen für alle Marktteilnehmer herzustellen. Der Verband fordert eine schnelle Korrektur der gesetzlichen Grundlagen. Vorrangig sei eine eigentumsmäßige Trennung des Netzbetriebs vom Energiegeschäft selbst.
Die von der Netzagentur verkündeten Senkungen der Netzentgelte bleiben weit hinter den Erwartungen zurück. Auch nach der Senkung bleiben die Netzentgelte sowie die Strom- und Gaspreise deutlich überhöht.
Die Senkung der Netzentgelte durch die Netzagentur wird für die Verbraucher nicht zu spürbar geringeren Strom- oder Gaspreisen führen. Zu groß sind im Vergleich zu den Senkungen die derzeitigen und angekündigten Strom- und Gaspreissteigerungen.
Die Netzentgelte beim Strom müssten von heute durchschnittlich sieben Cent auf 4,5 Cent je Kilowattstunden für Haushaltskunden sinken, fordert der Verbraucherverband. In Österreich mit schwierigerer Topographie liegt man bei 4,1 Cent, in Frankreich mit seinen weiten Flächen bei 4,8 Cent. Auch in Deutschland gibt es Versorger, die mit Entgelten unter 5 Cent auskommen. Beim Gas müssten die Netzentgelte von derzeit 1,35 Cent auf 0,7 Cent je Kilowattstunde für Haushaltskunden gesenkt werden.
Wenn in Deutschland beim Strom nur eine Absenkung von zehn Prozent möglich ist, dann bleiben die Netzentgelte deutlich überhöht und der Wettbewerb hat weiterhin keine Chance. Nur gut zwei Prozent der deutschen Haushalte haben den Stromanbieter gewechselt. Das liegt auch an den geringen Strompreisunterschieden und den überhöhten Netzentgelten.
Die Hoffnungen auf die Regulierung sind damit enttäuscht worden. Es wird nun klar, dass die Regulierung nicht in der Lage ist, die Netzentgelte auf ein wettbewerbstaugliches Niveau zu senken. Das ist nicht Schuld der Bundesnetzagentur. Die Ursache dafür sind die unzureichenden gesetzlichen Vorgaben. Denn die Energiewirtschaft hat daran tatkräftig und zum eigenen Vorteil mitgewirkt.
Es wird damit offensichtlich, dass weder der Wettbewerb, noch die Regulierungsbehörden die Verbraucher vor überhöhten Strom- und Gaspreisen schützen können.
Der Wettbewerb muss scheitern, solange die Strom- und Gasnetze im Besitz der Energiekonzerne bleiben. Man stelle sich vor, Volkswagen wäre Eigentümer der Autobahnen und könnte auch noch die Maut bestimmen.
Die europäischen Regulierungsbehörden fordern deshalb alle eine eigentumsmäßige Entflechtung von Netz, Erzeugung und Vertrieb. Als einziges Land der EU hat nur Deutschland dieser Forderung nicht zugestimmt.
Die österreichische Regulierungsbehörde widmet der Entflechtung einen eigenen Bericht mit 40 Seiten Umfang. Der gerade vorgelegte 128 Seiten starke erste Monitoringbericht der deutschen Bundesnetzagentur enthält gerade eine Seite zum Thema Entflechtung und eine einzige Seite über Verbraucheraspekte.
Deutschlands Verbraucher fordern einen funktionierenden Wettbewerb. Dies ist nur durch eigentumsmäßige Trennung der Netze vom Energiegeschäft möglich. Der Bundestag muss diese Aufgabe im Interesse von Verbrauchern und Wirtschaft sofort angehen.
Die Bundesnetzagentur hat die Netztarife von Vattenfall um elf Prozent gekürzt.
Netzagentur entscheidet erstmals über Netzentgelte: Verbraucher erwarten mehr
(8. Juni 2006 aktualisiert 12. Juni) Die Bundesnetzagentur hat die Netztarife von Vattenfall um elf Prozent gekürzt. Das liegen damit um 18 Prozent unter dem von Vattenfall beantragten Wert. Dabei geht es nur um die Tarife für die Höchstspannungsleitungen, die ohnehin nur rund zehn Prozent der gesamten Netzkosten ausmachen. Für alle Stromkunden in den neuen Ländern kann sich damit der Strombezug um etwa drei Euro jährlich verbilligen. Die Genehmigungen für 80 weitere Unternehmen treten demnächst in Kraft. Insgesamt stehen 257 Netzentgelte für Strom zur Genehmigung an.
Der Stromanbieter Lichtblick kritisierte, Vattenfall habe zu Beginn des Jahres 2005 genau diese Entgelte um 28% erhöht. Mit seiner Entscheidung kürze der Regulierer gerade einmal ein Drittel dessen, was Vattenfall bereits seit Anfang 2005 zusätzlich vereinnahme. Entgegen dem offiziell geäußerten Katastrophengejammer aus dem Hause Vattenfall, hätten intern eher die Champagnerkorken geknallt, so LichtBlick.
Der Bund der Energieverbraucher hat die Senkung der Netzentgelte begrüßt. Die Senkung müssten jetzt von den Verteilunternehmen an die Kunden weitergegeben werden. Der Vorsitzende des Verbandes, Dr. Aribert Peters erwartet aber noch deutlich höhere Absenkungen. Im Gesetzgebungsverfahren habe die Stromwirtschaft ihre Interessen weitgehend durchsetzen können. Deshalb müssten jetzt die Verfahren im Interesse der Kunden und des Wettbewerbs mit aller Konsequenz durchgeführt werden.
Peters hält eine Senkung der Netzentgelte um zwanzig bis dreißig Prozent für notwendig. Die Netzbetreiber kassierten jährlich 18 Milliarden Euro für die Netznutzung, investierten aber nur zwei Milliarden Euro. Auch sollten die Genehmigungsverfahren für die übrigen Netzbetreiber beschleunigt werden.
Blackouts in den Griff bekommen - Energieverbraucher wollen höhere Versorgungsqualität
(30. Mai 2006) Der Bund der Energieverbraucher hat heute in Bonn die geplante Anreizregulierung für Strom und Gas begrüßt. In einem Schreiben an den Chef der Regulierungsbehörde Matthias Kurth fordert der Vereinsvorsitzende Aribert Peters jedoch strengere Qualitätsstandards.
Die Investitionen in die Netze seien in den vergangenen Jahren auf die Hälfte zurückgegangen. Die Netzqualität sei deshalb schlecht, weil die Firmen die Netzentgelte als Gewinne verbuchten, statt in die Netze zu investieren. Strafzahlungen bei Stromausfällen seien zwar zu begrüßen. Jedoch brauche man stärkere Anreize, damit die Netzqualität wieder besser werde.
Erforderlich seien unabhängige staatliche Prüfungen der Netzqualität.
Darüber hinaus sollten Vereinbarungen zwischen Regulierungsbehörde und Netzbetreiber geschlossen werden, die bei hoher Versorgungsqualität zusätzliche Gewinne ermöglichen.
Auch sollten dezentrale Einspeisungen belohnt werden, weil sie die Versorgungssicherheit stärken und den Wettbewerb beleben.
Die vollständige Stellungnahme:
Stellungnahme zum Anreizregulierungsbericht Bund der Energieverbraucher 30.Mai 2006
Anreizregulierung im Entwurf fertig - Verbraucher begrüssen den Entwurf
(2. Mai 2006) Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, legte heute den Entwurf eines Berichts zur Einführung der Anreizregulierung in den Energiemärkten vor und startete damit die öffentliche Konsultation zwei Monate vor dem vom Gesetzgeber festgelegten Abgabedatum, dem 1. Juli 2006.
Mit der Anreizregulierung wird versucht, Wettbewerb zu simulieren. Dies geschieht, indem für einen bestimmten Zeitraum (eine Regulierungsperiode) die Kosten von den Erlösen entkoppelt werden. Für diese Periode werden Vorgaben gemacht, wie sich die Erlöse in diesem Zeitraum maximal entwickeln dürfen. Alle Gewinne, die durch Senkung der Kosten unter den vorgegebenen Erlöspfad entstehen, können vom regulierten Unternehmen einbehalten werden.
"Ein großer Vorteil der Anreizregulierung liegt in der Planungssicherheit für die Unternehmen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Regulierung nicht in die Details der Unternehmensführung eingreift, sondern die Kreativität und das Know-how des Managements nutzt, um Kosten- und Effizienzfortschritte zu mobilisieren", sagte Matthias Kurth.
Die zügige Einführung der Anreizregulierung ist laut Kurth möglich und für alle Beteiligten vorteilhaft: "Wenn eine schnelle Umsetzung in eine Verordnung gelingt, können wir die Anreizregulierung bereits zum 1. Januar 2008 starten. Wir sind gut darauf vorbereitet. Damit könnte sich auch eine zweite Entgeltgenehmigungsrunde mit aufwändigen Einzelprüfungen erübrigen. Das bringt Vorteile für Netzbetreiber und Netznutzer", betonte der Präsident.
Die wesentlichen Elemente des Anreizregulierungsmodells der Bundesnetzagentur sind:
- Start zum 1. Januar 2008 Das Inkrafttreten der Rechtsverordnung sollte möglichst noch in diesem Jahr erfolgen, die Datenerhebungen und Auswertungen der Bundesnetzagentur im Jahr 2007 und der Start der Anreizregulierung anstelle der kostenorientierten Entgeltgenehmigungen ab 1. Januar 2008.
- Anreize für Netzbetreiber und Vorteile für Netznutzer Steigern die Unternehmen in einer Regulierungsperiode ihre Effizienz stärker als vorgegeben, können sie diese Effizienzgewinne behalten. Die Netznutzer kommen durch die vorgegebenen Effizienzsteigerungen in den Genuss von Kostensenkungen in Form sinkender Netzentgelte. Von Beginn an soll für alle Unternehmen eine generelle Effizienzsteigerungsrate gelten, die um die zwei Prozent liegen könnte.
- Zwei Perioden von je drei bis fünf Jahren mit Revenue-Cap Durch verlässliche Erlösobergrenzen und zeitlich gestreckte Effizienzvorgaben sollen die derzeitig großen Effizienzunterschiede abgebaut werden.
- Yardstick-Competition Ab der dritten Regulierungsperiode ist eine Yardstick-Regulierung vorgesehen. Die Erlösobergrenzen werden dabei alle zwei Jahre ausschließlich nach Vergleichsmaßstäben festgelegt. Das System der Yardstick-Competition erlaubt, Wettbewerb in der bestmöglichen Weise darzustellen.
- Effizienzvergleich durch komplementäres Benchmarking Hierbei werden wissenschaftlich fundierte und international erprobte Benchmarking-Verfahren optimal kombiniert. Die Vergleichsmöglichkeiten hierfür sind in Deutschland besser als in jedem anderen Land.
- Methodenregulierung statt Mikromanagement Die Bundesnetzagentur will Einzelfallprüfungen auf ein Minimum beschränken und möglichst viel Spielraum für unternehmerische Entscheidungsfreiheit lassen.
- Qualitätsregulierung In der ersten Regulierungsperiode sollen Qualitätsunterschiede bei Versorgungssicherheit und Kundenservice durch ein Bonus/Malus-System honoriert werden. Zeitgleich werden weitere Untersuchungen angestellt, damit ab der zweiten Periode Qualität und Kosteneffizienz in bester internationaler Praxis integriert bewertet und gesamtwirtschaftlich optimiert werden.
"Die nächsten beiden Monate geben nun allen Seiten die gesetzlich vorgeschriebene Möglichkeit, sich mit dem in Gänze vorliegenden Konzept ausführlich auseinanderzusetzen und Anregungen einzubringen. Am 1. Juli 2006 werden wir der Bundesregierung ein Modell unterbreiten, das - nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung aller Anregungen und Bedenken - ein qualifiziertes, auf die deutschen Verhältnisse abgestimmtes Konzept enthält", sagte der Präsident der Bundesnetzagentur.
"Großen Wert legen wir auf die Berücksichtigung von Qualität und Sicherheit in den Netzen. Dabei sind Effizienz und Kostenkontrolle kein Widerspruch zur Qualität der Netze. Beide Ziele lassen sich gleichzeitig optimieren. Wir werden daher von Anfang an in der Anreizregulierung diejenigen belohnen, die dem Kunden besondere Qualität bereitstellen", sagte Kurth.
Der Bund der Energieverbraucher hat das Konzept einer Anreizregulierung begrüsst. "Bisher haben von den Effizienzgewinnen nur die Versorger profitiert. Das neue Konzept bringt auch den Verbrauchern nachvollziehbare Preisvorteile" sagte der Vereinsvorsitzende Aribert Peters.
Nachdem rund 70 Stadtwerke Eilanträge beim OLG Düsseldorf gestellt haben, um zu verhindern, dass die Bundesnetzagentur im Vergleichsverfahren Unternehmensdaten am 26. April im Amtsblatt veröffentlicht, ruderte die Agentur zurück.
Vergleichsdaten werden vorerst nicht veröffentlicht
(27. April 2006) Nachdem rund 70 Stadtwerke Eilanträge beim OLG Düsseldorf gestellt haben, um zu verhindern, dass die Bundesnetzagentur im Vergleichsverfahren Unternehmensdaten am 26. April im Amtsblatt veröffentlicht, ruderte die Agentur zurück. Sie hat die Veröffentlichung auf einen noch unbekannten Zeitpunkt verschoben und muss zunächst bis zum 2. Mai auf die Schriftsätze der Unternehmen antworten. Danach können die Unternehmen noch einmal reagieren.
Hintergrund: Nach dem EnWG darf der Regulierer in regelmäßigen Abständen einen Vergleich der Entgelte für den Netzzugang sowie der tatsächlich bei den Betreibern anfallenden Kosten durchführen. Unternehmen, deren Kosten, Erlöse oder Entgelte den Durchschnitt überschreiten, wird unterstellt, dass sie ineffizient wirtschaften. Die im Rahmen dieses Vergleichs erhobenen Daten müssen laut Gesetz veröffentlicht werden. Umstritten ist, ob dies unter Nennung des Namens und mit detaillierten Angaben geschehen soll. Der Verband kommunaler Unternehmen und der VDEW lehnen das vehement ab.
Nachdem rund 70 Stadtwerke Eilanträge beim OLG Düsseldorf gestellt haben, um zu verhindern, dass die Bundesnetzagentur im Vergleichsverfahren Unternehmensdaten am 26. April im Amtsblatt veröffentlicht, ruderte die Agentur zurück.
Ferngasgesellschaft müssen Daten offenlegen
(3. April 2006) Nachdem rund 70 Stadtwerke Eilanträge beim OLG Düsseldorf gestellt haben, um zu verhindern, dass die Bundesnetzagentur im Vergleichsverfahren Unternehmensdaten am 26. April im Amtsblatt veröffentlicht, ruderte die Agentur zurück.
Die Agentur hatte von allen Betreibern von Gasversorgungsnetzen und von allen Gasfernleitungsbetreibern Informationen mit einer Verfügung verlangt. Dagegen legten die Unternehmen Beschwerde ein und stellten zugleich einen Antrag auf aufschiebende Wirkung. Das OLG Düsseldorf entschied nun, das die Begründung nicht ausreicht, um die Verfügung auszusetzen. Am Auskunftsverlangen sei nichts zu beanstanden. Die Entscheidung zu den Beschwerden in der Hauptsache steht noch aus.
Unbundling - Alle Netzentgelte auf dem Prüfstand - Nettosubstanzerhaltung - Vergleichsverfahren - Anreizregulierung - Regelungen des neuen Energiewirtschaftsgesetzes - Kommentar: Worauf dürfen Verbraucher hoffen?
Bundesnetzagentur startet Regulierung
(26. Juli 2005) "Transparenz statt nicht nachvollziehbarer Preissteigerungen" fordert der Präsident der Bundesnetzagentur Matthias Kurth bei der ersten öffentlichen Vorstellung seiner Behörde am 20. Juli 2005 in Bonn. Die Vertrauenskrise bei den privaten Verbrauchern zeige die Wichtigkeit eines unabhängigen und neutralen Regulierers. Es gebe die einmalige Chance, durch Optimierung der Netzstrukturen die Netzkosten auf ein europäisches Niveau abzusenken. Kurth nannte als Beispiel Schweden und England -Wales, wo die Netztarife nur etwa halb so hoch wie in Deutschland liegen. Die Netzkosten für Strom- und Gasnetze werden ab sofort von der Bundesnetzagentur kontrolliert, nach dem sich die "freiwillige Selbstkontrolle" durch die Energieversorger als Irrweg herausgestellt hat. Grundlage ist das neue Energiewirtschaftsgesetz, das am 13. Juli 2005 in Kraft getreten ist.
Strom- und Gasnetze müssen allen Marktteilnehmern zu gleichen Konditionen zur Verfügung stehen. Dadurch wird es mehr Wettbewerb und letztlich auch niedrigere Preise sowohl bei der Stromerzeugung als auch beim Vertrieb geben.
Präsident Matthias Kurth, Vizepräsidentin Iris Henseler-Unger und Vizepräsident für Energiefragen Martin Cronenberg.
Unbundling
Die Energieversorgungsunternehmen betreiben derzeit oft gleichzeitig Produktion, Netzgeschäft und Vertrieb. Das kann dazu führen, dass der eigene Vertrieb gegenüber Dritten bevorzugt wird. Um das künftig zu verhindern, schreibt das neue Energiewirtschaftsgesetz eine Trennung des Netzgeschäfts von Produktion und Vertrieb vor, das sogenannte Unbundling - unter Kontrolle der Bundesnetzagentur.
Die Bundesnetzagentur ist aus der früheren Regulierungsbehörde für Post und Telekom hervorgegangen. Sie wird sich künftig auch um Energienetze und die Bahnnetze kümmern. Die Behörde hat sich durch die erfolgreiche Senkung der Telefontarife bereits einen guten Namen bei Verbrauchern gemacht.
Die Bundesnetzagentur hat eine Web-Seite (www.bundesnetzagentur.de) und eine Hotline für Verbraucher eingerichtet, erreichbar zwischen 9 und 15 Uhr: 030 22 48 0500 oder 01805 10 1000. Verbraucher können sich mit Fragen und Problemen an die Hotline wenden. Die Verbraucherbeschwerden werden von der Bundesnetzagentur kostenlos bearbeitet, soweit nichts anderes von der Bundesnetzagentur mitgeteilt wird.
Alle Netzentgelte auf dem Prüfstand
Alle derzeitigen Durchleitungsentgelte kommen nun auf den Prüfstand der Regulierungsbehörde. Die Behörde wird die Kalkulation der Netzbetreiber nicht nur bei Entgelterhöhungen prüfen, sondern generell alle Netztarife und damit auch die dabei angesetzten Kosten kontrollieren. Die von der Union über den Bundesrat durchgesetzte Einführung der Vorabgenehmigung (Ex-ante-Regulierung) der Entgelte der Strom- und Gasdurchleitung ist der Kern des neuen Energiewirtschaftsgesetzes. Bis zu letzt haben Bundesregierung und die grossen Netzbetreiber versucht, diesen Mechanismus zu umgehen.
Alle rund 900 Stromnetzbetreiber müssen nun innerhalb der kommenden drei Monate Anträge auf Genehmigung ihre Netztarife stellen. Die Bundesnetzagentur muss sechs Monate nach Antragseingang entscheiden. Somit wird es ab Mai 2006 nur noch genehmigte Stromnetztarife geben. Die etwa 700 Gasnetzbetreiber müssen innerhalb der nächsten sechs Monaten entsprechende Anträge stellen.
Nettosubstanzerhaltung
Die Kalkulationsmethode für die Netztarife war und ist Gegenstand heftiger Kontroversen. Insgesamt zahlen die Stromkunden jährlich für die Netznutzung etwa 18 bis 20 Millarden Euro. Die Kapitalkosten der Netze werden von den Versorgern mit etwa acht bis zehn Milliarden Euro beziffert. Dabei handelt es sich aber nicht um tatsächlich entstehende und nachweisbare Kosten, sondern um fiktiv angesetzte Kosten, wenn das Netz auf dem neusten Stand erhalten würde. Diese Methode der sogenannten "Nettosubstanzerhaltung" setzt sogar die Steuern als Kosten an, die auf diese Zusatzgewinne entfallen. Die Bundesnetzagentur genehmigt die Netztarife auf der Grundlage einer Netzentgeltverordnungen Strom bzw. Gas. In diesen Verordnungen wurden größtenteils die vom Selbstbedienungsgedanken geleiteten Prinzipien der früheren Verbändevereinbarung festgeschrieben.
Vergleichsverfahren
Parallel zur Kostenprüfung wird ein Vergleichsverfahren durchgeführt. Die Netzbetreiber werden in sechs Strukturklassen eingeteilt und die Netzentgelte innerhalb der Strukturklasse verglichen. Derzeit gibt es erhebliche Unterschiede der Netztarife um bis zu fast 100 Prozent und auch erhebliche Unterschiede innerhalb der Strukturklassen. Neben der Absatzdichte (hoch, mittel, niedrig) wird zwischen alten und neuen Ländern unterschieden. Diese "Klassengesellschaft" wird vom Bund der Energieverbraucher kritisiert, weil sie ohne nachvollziehbare Begründung die überhöhten Netztarife in den neuen Ländern in die Zukunft fortschreibt. Die derzeitig hohen Stromkosten in strukturschwachen Gebieten werden zementiert und auf Dauer dem Wettbewerb entzogen.
Anreizregulierung
Ab 2007 werden die Netzentgelte voraussichtlich von der Nettosubstanzerhaltung auf eine Anreizregulierung umgestellt. Dadurch werden Netzbetreiber zur Weitergabe von Kostensenkungen an die Netznutzer angehalten. Die Bundesnetzagentur wird dazu einen Vorschlag erarbeiten, der dann politisch diskutiert und beschlossen wird.
Die Regelungen des neuen Energiewirtschaftsgesetzes
Mit dem neuen Energiewirtschaftsgesetz und den jüngsten BGH-Entscheidungen zur Regulierung hat sich für Matthias Kurth ein "Paradigmenwechsel" der materiellen rechtlichen Regelungen vollzogen.
Die Durchleitung von Gas durch fremde Netze wird erleichtert. Dadurch wird der Wettbewerb auf dem Gasmarkt erleichtert, so dass Haushaltskunden auch den Gasanbieter wechseln können.
Die bisherige Genehmigung der Stromtarife für Haushalte durch die Länderwirtschaftsminister entfällt ab 1. Juli 2007 ersatzlos. Danach wird es nur noch eine Kontrolle der Netztarife geben, die heute etwa ein Drittel der Preis ausmachen. Die Stromtarife in ihrer Gesamthöhe unterliegen dann keiner Genehmigung mehr.
Die bisher geltenden "Allgemeinen Versorgungsbedingungen für Strom- und Gaskunden", kurz AVBElt und AVBGas sind durch das neue Gesetz nicht außer Kraft gesetzt worden. Das neue Gesetz (EnWG § 39 und 41) sieht jedoch den Erlaß neuer Verordnungen vor. Sie sind vom Wirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Verbraucherschutzministerium mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen. Zwar wird mit Hochdruck an den Verordnungen gearbeitet. Aufgrund des politisch turbulenten Herbstes 2005 könnte noch einige Zeit vergehen, bis neue Verordnungen in Kraft gesetzt werden.
Ab 15. Dezember 2005 müssen die Stromrechnungen für Letztverbraucher das Netzentgelt gesondert ausweisen. Auf der Rechnung muss dann auch der Anteil der einzelnen Energieträger am Gesamtmix des Lieferanten angegeben werden (EnWG § 42).
Das neue EnWG legt in § 102 fest, dass für alle Streitigkeiten, die sich aus dem Gesetz ergeben, die Landgerichte zuständig sind, unabhängig vom Streitwert. Nachteilig ist der damit verbundene Anwaltszwang sowie die höheren Gerichts- und Anwaltskosten.
Fazit:
- Die Aufsicht der Länder über die Strompreise von Tarifkunden wird am 1. Juli 2007 abgeschafft.
- Gaspreisgenehmigungen wird es auch künftig nicht geben.
- Die bisherigen Allgemeinen Versorgungsbedingungen für Strom und Gas bleiben bis zum Erlass der neuen Verordnung in Kraft.
- Ab 15. Dezember 2005 muss auf der Stromrechnung der Anteil von Atomkraft, Kohle und Wasser an der Stromerzeugung und die Höhe der Durchleitungsentgelte angegeben werden.
- Das Monopol des Netzbetreibers auf die Messung des Strom- und Gasverbrauchs wird aufgehoben (EnWG § 21b). Der Verbraucher kann künftig auch private Firmen mit der Messung beauftragen. Dadurch können Kosten gesenkt werden.
Kommentar:
Worauf dürfen Verbraucher hoffen?
Ganz offensichtlich sind die Strom- und Gaspreise in Deutschland überhöht - gemessen am übrigen Europa und den üppigen Gewinnen der deutschen Versorgungswirtschaft. Auf Brüsseler Druck hat man sich in Deutschland mit großer zeitlicher Verzögerung auf eine Kontrolle der Netztarife einlassen müssen. Ob es aber zum beschworenen Paradigmenwechsel kommen wird, ist derzeit nur schwer absehbar. Zu groß ist und bleibt die Macht der vier Energieriesen. Und zu groß war auch deren Einfluss auf das Gesetzgebungsverfahren über die Bundesregierung, Ministerien und das Parlament. Die Börsenkurse von E.ON und RWE sind nach Inkrafttreten des Gesetzes folgerichtig angestiegen.
Eine Kostensenkung wie durch die Liberalisierung des Telefonmarktes kann man nicht erwarten. Denn die neue Regulierungsbehörde kann nur auf die Höhe der Netzentgelte Einfluss nehmen. Diese machen bei Strom und Gas nur etwa ein Drittel des Gesamtpreises aus.
Selbst eine Senkung der Netztarife von 20 Prozent würde den Strom- oder Gaspreis nur um sieben Prozent reduzieren. Und die neuen Verordnungen legen fest, dass die bisherigen Kalkulationsverfahren der Versorger auch durch die Regulierungsbehörde anzuerkennen sind. Eine zwanzigprozentige Senkung dürfte unter diesen Umständen nur sehr mühsam zu erringen sein.
Während die Regulierung sich auf die Senkung der Netztarife beschränken muss, setzte die Stromwirtschaft ungestört von jeglicher Kontrolle die Kosten der Strombeschaffung. Denn wer über 90 Prozent der Erzeugungskapazität verfügt, wie das bei den vier Stromkonzernen der Fall ist, kann die Höhe des Erzeugungskosten diktieren, sei es über die Börse oder auch außerhalb.
Der Regulierer wird mit dem Absenken der Netztarife gar nicht so schnell sein können, wie die Erzeugungskosten derzeit angehoben werden. Allein im Juni 2005 sind die Preise an der Leipziger Strombörse um über 20 Prozent gestiegen. Unter dem Strich wird also der Verbraucher mehr und nicht weniger für Strom und Gas zu bezahlen haben, Regulierung hin oder her. Und der Verdienst der Energiefirmen wird unter Berufung auf den freien Energiemarkt weiter steigen.
Das neue Energiewirtschaftsgesetz kann also nur der Anfang einer strengeren Regulierung sein, die insbesondere die Versorgungssicherheit, die Verbraucherbelange und die Marktchancen neuer unabhängiger Anbieter im Visier haben muss.
Das Gesetz schützt also Verbraucher künftig leider nicht vor überhöhten Strom- und Gaspreisen. Den Verbrauchern bleibt die Möglichkeit, die Zahlung überhöhter Strom- und Gaspreise zu verweigern, gestützt auf das Bürgerliche Gesetzbuch § 315. Angesichts steigender Strom- und Gaspreise und dem offenkundigen Versagen und der geplanten Abschaffung staatlicher Preiskontrollen gewinnt diese Möglichkeit an Bedeutung und an Attraktivität. Die Gerichte gestehen den Verbrauchern dieses Recht in einer Reihe von aktuellen Urteilen ausdrücklich zu.
Die Regulierungsbehörden der Länder überwachen Strom- und Gasnetzbetreiber mit bis zu 100.000 angeschlossenen Kunden, die in einem einzigen Bundesland liegen.
Regulierung: Zweiklassengesellschaft?
(9. Dezember 2005, geändert 15. Mai 2006) Die Regulierungsbehörden der Länder überwachen Strom- und Gasnetzbetreiber mit bis zu 100.000 angeschlossenen Kunden, die in einem einzigen Bundesland liegen. Werden also mehr als 100.000 Kunden versorgt oder reicht das Versorgungsgebiet über eine Landesgrenze hinaus, dann ist die Bundesnetzagentur zuständig für die Entgeltgenehmigung zuständig. Bei Konzerntöchtern findet dieses Kriterium auf die jeweilige Tochter Anwendung.
Einige Länder haben ihre diesbezüglichen Zuständigkeiten der Bundesnetzagentur übertragen. So haben sich Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklemburg-Vorpommern, Bremen, Schleswig-Holstein und Niedersachen für eine Übertragung der Netzkontrolle auf die Bundesnetzagentur zum 1. Januar 2006 entschieden. In den übrigen Bundesländern wird jeweils eine Landesregulierungsbehörde aufgebaut.
Die Länderbehörden waren bislang nachgiebiger als die Bundesnetzagentur und wollen auf Antrag Fristverlängerung gewähren. Es zeichnet sich damit eine Zweiklassengesellschaft ab: Die großen von der Bundesnetzagentur streng überwachten Netzbetreiber einerseits, und die Mehrzahl der kleinen Netzbetreiber, die mit dem Wohlwollen der Landesbehörden rechnen können.
Es steht zu befürchten, dass die Landesbehörden die Entgeltkontrolle faktisch unterlaufen. Verbraucher und Landespolitiker sollten deshalb kritisch hinterfragen, wie und wann ihre Landesregulierungsbehörde ihren in § 54 EnWG aufgezählten Aufgaben nachkommt.