Verbraucherzentrale einigt sich mit Primaholding-Gruppe
Von Michael Herte
(20. Februar 2025) In einem bedeutsamen außergerichtlichen Vergleich hat sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mit der Primaholding-Gruppe, zu der Primastrom, Voxenergie und Nowenergy gehören, geeinigt. Diese Einigung bietet Energieverbrauchern nun die Chance, ohne ein eigenes Gerichtsverfahren gegen überlange Vertragslaufzeiten, irreführende Preissenkungen und abgelehnte Widerrufserklärungen vorzugehen.
Dem Vergleich ging ein Gerichtsverfahren gegen die genannten Unternehmen voraus, das durch die Einigung nun beendet wurde. Ein weiteres Abwarten auf ein Urteil zugunsten des VZBV ist damit nicht mehr notwendig.
Wer profitiert von der Einigung?
- Verträge mit abgelehntem Widerruf: Verbraucher, die ihren Energieliefervertrag im Jahr 2022 widerrufen haben, deren Widerruf jedoch abgelehnt wurde, können bis zum 31. Dezember 2024 die Rückabwicklung des Vertrags fordern. Der VZBV hält die damals verwendete Widerrufsbelehrung für fehlerhaft.
- Verlängerte Widerrufsfrist: Bis September 2023 nutzten die betroffenen Unternehmen nach Ansicht des VZBV eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Für Verträge, die bis Mitte September 2023 geschlossen wurden, gilt daher eine verlängerte Widerrufsfrist. Verträge, die nicht älter als 12 Monate und 14 Tage sind, können bis Ende 2024 widerrufen werden.
- Unrechtmäßige Kündigungsfristen und Vertragslaufzeiten: Primastrom, Voxenergie und Nowenergy haben mit den Verbrauchern zu lange Vertragslaufzeiten vereinbart. Gemäß § 309 Nr. 9 BGB darf die Laufzeit von Energielieferverträgen maximal zwei Jahre betragen. Der Vergleich sieht vor, dass Verbraucher, die bereits gekündigt haben, spätestens zwei Jahre nach Vertragsbeginn aus ihren Verträgen entlassen werden. Außerdem können sie von günstigeren Preisen profitieren, die ab dem Zeitpunkt der Kündigung gelten.
- Teure Preise trotz Preissenkung: Bei Verträgen, die im Rahmen von Preissenkungen im Dezember 2023 und Februar 2024 geschlossen wurden, waren die vereinbarten Konditionen zwar günstiger als zuvor, aber immer noch teurer als marktüblich. Der Vergleich setzt nun Preisgrenzen: maximal 40 Cent pro kWh für Strom und 12 Cent pro kWh für Gas.
Was sollten Verbraucher jetzt tun?
Um von der Einigung zu profitieren, sollten sich Verbraucher direkt an die Tochtergesellschaften der Primaholding GmbH wenden und ihren Anspruch klar formulieren. Der VZBV bietet dafür einen „Vergleichs-Check“ an, der überprüft, ob man von der Einigung profitiert. Zudem stellt der Verband einen individualisierten Text für eine E-Mail an die Unternehmen zur Verfügung.
Bereits im März 2024 erzielte der VZBV eine ähnliche Einigung mit Primastrom und Voxenergie, der eine Musterfeststellungsklage vorausgegangen war. Verbraucher, die sich nicht in das Klageregister eingetragen hatten, sollten das betreffende Unternehmen schriftlich zur Rückzahlung wegen unrechtmäßiger Preiserhöhungen auffordern.
Ausblick auf andere Fälle
In der ED-Ausgabe 01/2024 wurde über eine Sammelklage gegen Extraenergie, einem weiteren auffälligen Discountanbieter mit den Marken ExtraEnergie, Extragrün, HitEnergie und Prioenergie, berichtet. Ob hier ebenfalls eine Einigung zustande kommt, bleibt abzuwarten.
Sammelklagen: Machen Sie mit!
Der VZBV hat gegen etliche Versorger Sammelklagen angestrengt. Betroffen sind die Firmen Extraenergie, Eon, Hansewerk, Gasag, Primastrom, Voxenergie, Stromio, Avacon und die Stadtwerke Neubrandenburg.
Prüfen Sie auf der Webseite der Verbraucherzentrale, ob Sie sich eventuell an einer dieser Sammelklagen beteiligen können: www.sammelklagen.de/themen/energie