E-Fuels in Autotanks? 

Energetisch sind E-Fuels aufwendig herzustellen. Ob sie -angesichts ihres gigantischen Strombedarfs am Ende für den Individualverkehr wirklich nachhaltig und wirtschaftlich sind, ist anzuzweifeln.
Von Dierk Jensen

(1. August 2023)  Das Ende ist eingeläutet: Der EU-Ministerrat hat in diesem Frühjahr das Aus von Neuwagen mit einem Diesel- und Benzinmotor beschlossen – und dabei nicht nur für Zustimmung gesorgt angesichts der Komplexität, eine Antwort auf den Klimawandel zu finden. Um es mit den Worten des slowenischen Philosophen Slavoj Žižek auszudrücken: „Es ist nicht so, dass wir zwei Möglichkeiten haben: hier die Katastrophe, dort die Rettung. Diese Formel wäre viel zu einfach.“

 ED 02/2023 E-Fuels in Autotanks? (S. 19) 

Dierk Jensen | Als freier Journalist und Buchautor beschäftigt sich Dierk Jensen seit vielen Jahren mit Themen rund um Energie und Nachhaltigkeit. Lokal wie global.

E-Fuel beimischen und weiter Verbrenner fahren – so die Idee

Das haben sich wohl auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing und seine Partei, die FDP, so gedacht. Deshalb insistieren die Liberalen bei vielen Gelegenheiten auf der sogenannten Technologieoffenheit, insbesondere bei der Fortschreibung der Renewable Energie Directive (RED III) der EU hinsichtlich der Mobilitätswende. Ein Terminus, der Weltoffenheit und ideologiefreie Positionen offenbart, aber in den Verdacht gerät, hinsichtlich der erneuerbaren E-Fuels instrumentalisiert zu werden. Wie bitte, welcher Kraftstoff? Wenn Sie zu denjenigen gehören, die bislang nicht genau wissen, was das eigentlich für Kraftstoffe sind und wie sie hergestellt werden, dann gehören Sie zur großen Mehrheit.

Daher noch mal kurz eine Erklärung: E--Fuels – nicht zu verwechseln mit grünem Methanol, das schon seit Langem in den USA oder Brasilien auf dem Markt ist und in dem viele Beobachter eine günstigere Variante zu Wasserstoff sehen – werden produziert, indem man das Kohlendioxid aus der Luft absondert, dieses Gas dann mit grünem Wasserstoff zusammenbringt und wie in einer klassischen fossilen Raffinerie zu grünem Benzin modelliert. Der Wasserstoff ist zuvor mit Elektrolyse durch Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt worden. Der synthetische, strombasierte und klimaneutrale Kraftstoff E-Fuel kann dem fossilen Pendant problemlos beigemischt oder auch pur im Verbrennerauto verwendet werden.

  ED 02/2023 E-Fuels in Autotanks? (S. 19)  

Genial, aber ineffizient

Das klingt genial und irgendwie auch einfach. Ist es aber bei Weitem nicht. Denn die Energieeffizienz des ganzen Prozesses ist derart schlecht, dass jedes E-Auto am Ende ein besseres Ergebnis abliefert. Mit anderen Worten: Die Reichweite des E-Autos ist energetisch betrachtet um den Faktor fünf höher. Macht es da Sinn, sich mit E-Fuels fortzubewegen? Im Individualverkehr bestimmt nicht, während es in Bereichen des Schwertransports, in der Schifffahrt oder auch in der Luftfahrt jedoch anders aussieht. Aber unabhängig vom irren Energieaufwand für die Produktion liegt der Preis für die E-Fuels nach vorsichtigen Schätzungen derzeit bei mehreren Euro pro Liter!

EU will E-Fuels als Bestandteil der Mobilitätswende etablieren

„Lasst euch nicht verarschen“, warnt denn auch der Physiker, Journalist und Philosoph Harald Lesch. Er erklärt eindrucksvoll, welch verschwenderischer Energieaufwand betrieben werden muss, damit am Ende das E-Fuel in die Tanks europäischer Autos kommt. Das Hauptproblem ist zuallererst die Gewinnung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre (die Luft enthält rund 0,04 % CO2), hinzu kommen Strom- und Wasserbedarf. Dennoch ist Autohersteller Porsche mit einer Produktionsanlage im fernen Chile so weit, dass schon bald jährlich 550 Millionen Liter E-Fuel erzeugt werden können. Zum Vergleich: Das entspricht ungefähr 1,5 Prozent des bundesdeutschen Kraftstoffbedarfs.

Also, wenn Sie in den nächsten Jahren überlegen sollten, sich ein neues Auto zu kaufen und partout nicht auf Strom-, Wasserstoff- oder CNG-Antrieb wechseln möchten, dann könnten Sie wahrscheinlich sogar schon im Jahre 2030 eine Tankstelle finden, an der Sie E-Fuels (beigemischt oder pur) tanken können. Denn bis dahin soll der synthetische Kraftstoff mindestens, so will es die EU mit ihrer RED III, einen Anteil von 1 % an der auf erneuerbaren Energien basierenden Mobilität haben. Eines dürfte beim technologieoffenen Tanken der Zukunft aber klar sein: Der Autofahrer wird dafür teuer blechen müssen und von der Energieeffizienz sind und bleiben E-Fuels für den Individualverkehr eine riesige Mogelpackung. 

letzte Änderung: 27.06.2013