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Biologische Wasserstofferzeugung

KIT forscht an Algen

(14. Oktober 2011) In einer Nachhaltigkeitsanalyse untersucht das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) vier Jahre lang Verfahren der Biomasseproduktion aus Algen. Ziel ist es, die effizientesten und aus ökologischer, ökonomischer und sozialer Sicht vorteilhaftesten Prozessketten sowie geeignete Standorte für die Kultivierung zu ermitteln.

Das Projekt ist Teil des mit 14 Mio Euro geförderten EU-Projekts "EnAlgae", bei dem 19 Partner mitmachen. Laut dem KIT können Algen bis zu 5% des Sonnenlichts in chemische Energie umwandeln, Raps und Mais kommen dagegen nur auf rund 1%.

Algen können bei der Umwandlung große Mengen CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen, lassen sich in technischen Systemen kultivieren und treten damit nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, weil sie in Salz- und Brackwasser sowie in nährstoffreichen Abwässern gedeihen.

Grünalge gibt Gas: Energieträger für die Zukunft

(5. September 2005) Steigende Ölpreise, Diskussionen um Feinstaub-Rußpartikel durch die Nutzung fossiler Brennstoffe, ansteigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre und weltweite Umweltkatastrophen werden mit dem Treibhauseffekt in Verbindung gesetzt. Diese Situation lässt alternative CO2-emmissionsfreie Energiegewinnungsmethoden als attraktive Alternative zu den klassischen Energieträgern Erdöl, Kohle und Erdgas erscheinen.

Besonderes Interesse gilt dabei der Umwandlung von Sonnenlichtenergie in den Energieträger Wasserstoff, eine Energieform, bei deren Verbrennung lediglich Wasser entsteht. Unter den verschiedenen Möglichkeiten der Wasserstoffproduktion wird weltweit auch die bio-technologische Gewinnung von Wasserstoff mit Hilfe einzelliger photosynthetisch aktiver Mikroorganismen weiterentwickelt.

Der Arbeitsgruppe des Privatdozenten Dr. Olaf Kruse an der Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld ist es nun in Zusammenarbeit mit dem Kollegen Dr. Ben Hankamer am Institute of Molecular Bioscience der University of Brisbane in Australien gelungen, eine genetisch veränderte Mutante der Grünalge Chlamydomonas reinhardtii mit einer deutlich verbesserten Fähigkeit zur Wasserstoffproduktion herzustellen. Dieses H2-Entwicklungsverfahren, welches kürzlich erfolgreich patentiert wurde (Patent-Nr. W0 2005003024), ermöglicht es, je nach gewählter Bedingung bis zu 13fach höhere Raten an Wasserstoff zu produzieren als dies bisher beschrieben war.

Auf Grund der gesteigerten Wasserstoff-Produktionsraten bietet Stm6 - so der Name der mutierten Grünalge - hervorragende Voraussetzungen, eine zukünftige biotechnologische Nutzung von Bio-Wasserstoff aus Sonnenlicht mit Hilfe von Mikroorganismen zu realisieren. Derzeit werden in den Laboratorien in Brisbane und Bielefeld Anstrengungen unternommen, durch gezielte molekulargenetische Eingriffe die Produktionsraten weiter zu erhöhen. Der Bau erster Prototypen von Bioreaktoren ist in Zusammenarbeit mit Biotechnologen noch in diesem Jahr geplant.

Kontakt: Olaf Kruse, Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld, Tel: 0521-106-5611, E-Mail: olaf.kruse@uni-bielefeld.de

Algen produzieren Wasserstoff

Ein Forschungsteam am Botanischen Institut der Bonner Universität züchtet wasserstoffproduzierende Algen.

Algen produzieren Wasserstoff

Ein Forschungsteam am Botanischen Institut der Bonner Universität unter der Leitung von Dr. Happe züchtet wasserstoffproduzierende Algen. Eine Konkurrenz für Solaranlagen? Wohl noch lange nicht. Anthea Peters berichtet von ihrem Praktikum bei Dr. Happe direkt aus dem Institut.

(24. März 2003) Noch einmal schwenkt Anja Hemschemeier das Reagenzglas über der Gasflamme, um auch die letzte Möglichkeit einer Kontamination auszuschließen, und streicht die grüne Flüssigkeit auf einer Platte aus. Zufrieden betrachtet sie ihr Ergebnis und bringt die Platte, auf der in den nächsten Wochen eine neue Zellkultur wachsen soll, in den Zuchtraum.

Grünalgen erzeugen Wasserstoff

Was wir gerade miterlebt haben, ist nicht die Herstellung einer gentechnisch veränderten Sojabohne. Dieses Experiment hier könnte für die Zukunft weitaus bedeutender sein. Es geht um die Herstellung genveränderter Grünalgen. Der deutsche Pflanzenphysiologe Hans Gaffron hat vor über 60 Jahren herausgefunden, dass verschiedene einzellige Grünalgen die Möglichkeit haben, Wasserstoff zu produzieren und abzubauen. Mit der Untersuchung einiger dieser Grünalgen beschäftigt sich auch ein Forschungsteam am Botanischen Institut der Bonner Universität unter der Leitung von Dr. Happe.
Doch was hat es eigentlich mit den geheimnisvollen Algen auf sich, die einen hochwertigen und gut speicherbaren Energieträger produzieren? Diese Algen besitzen ein bestimmtes Enzym namens Hydrogenase, das aus Protonen und Elektronen Wasserstoffgas herstellen kann.

Dr. Happe, Leiter des Forschungsteams in Bonn

Schwefeldiät für Algen

Um eine Grünalge zur Wasserstoffproduktion zu bringen, kann man sie auf Schwefeldiät setzen. Das bedeutet, dass dem Medium, in dem die Alge wächst, der Schwefel entzogen wird. Schwefel ist ein wichtiger Bestandteil der Nahrung von Algen, und wenn sie ohne ihn auskommen müssen, finden zahlreiche Veränderungen in ihrem Stoffwechsel statt, was unter anderem die Aktivierung der Hydrogenase zur Folge hat. Die Alge produziert dann über einen Zeitraum von sechs Tagen Wasserstoff. Die Alge braucht zur Produktion des Wasserstoffs nur das Licht der Sonne und Wasser. Wie fast alle Pflanzen gewinnen Grünalgen ihre Energie aus der Photosynthese: Sie wandelt die Strahlungsenergie der Sonne in chemische Energie um, mit der sie ihren Stoffwechsel aufrechterhält.

Sauerstoffempfindlichkeit ist das Hauptproblem

Wo liegen die Probleme, die einer kommerziellen Nutzung noch im Weg stehen? "Das größte Problem, mit dem wir zu kämpfen haben, ist die hohe Sauerstoffempfindlichkeit der Hydrogenasen. Schon geringe Mengen von Sauerstoff führen zu der vollständigen Hemmung der Hydrogenasen; deswegen müssen wir die Kulturen gasdicht verschließen", sagt Dr. Happe. Daher versuchen die Bonner Forscher, das Enzym gegen Sauerstoff unempfindlich zu machen. Der erste Schritt in diesem Prozess ist dabei zunächst die genau Entschlüsselung der Enzymstruktur. Einige Gene von Hydrogenasen aus unterschiedlichen Algen konnten schon analysiert und bestimmt werden. Nun versuchen die Wissenschaftler den Mechanismus, mit dem der Sauerstoff das Enzym hemmt, zu verstehen, um diesen Effekt dann gezielt ausschalten zu können.

Arbeit mit dem Wasserstoff-Gen

Doch die Sauerstoffempfindlichkeit des Enzyms macht dem Team noch auf ganz andere Art zu schaffen: "Diese Eigenschaft des Enzyms erschwert auch unsere Arbeit, da z.B. bei allen Reinigungen unter anaeroben Bedingungen gearbeitet werden muss", so Frau Hemschemeier. Ein wenig später kann ich sie dann auch bei Arbeiten am durchsichtigen Anaerobzelt beobachten.
Bei dieser Apparatur befindet sich eine vollständige Arbeitsfläche in einem sauerstofffreien Zelt. In diesem Zelt besteht die Luft nur aus Stickstoff und ein wenig Wasserstoff. Die Arbeiten werden durchgeführt, indem man mit Handschuhen in das Zelt hinein greift.
Das Forschungsteam beschäftigt sich außerdem noch mit einem anderen Problem der Wasserstofferzeugung von Algen. "Derzeit sind die Wasserstoffmengen, die wir von den Algen erhalten, noch sehr gering. Daher arbeiten wir unter anderem daran, die Wasserstoffproduktion zu steigern." Um das zu erreichen, erzeugen die Wissenschaftler Mutanten, in die sie das Hydrogenasegen mehrfach eingebracht haben. Dadurch ist das Gen, das das Hydrogenaseenzym codiert öfter vorhanden, wird also auch öfter ausgelesen. So wird dann die Anzahl der in der Zelle vorhandenen Enzyme gesteigert und damit auch der Wasserstoff, der von ihnen produziert wird. Soweit die Theorie. In der Praxis ist der ganze Vorgang natürlich weitaus komplizierter, aber gut ein halbes Jahr nach dem ersten Versuch gelang es dem Team unter der Leitung von Dr. Happe, eine mutierte Alge mit einer drei-fachen Wasserstoffproduktion herzustellen.
Ein großer Erfolg auf einem langen Weg. Doch wie groß ist die Wasserstoffproduktion nun tatsächlich?

Wieviel Wasserstoff bilden die Algen?

Nun wird gerechnet: Die Energiedichte des Wasserstoffs (H2) beträgt 33.3 kWh/kg. Sein spezifisches Gewicht ist 0,0899 g/l. 200 Liter Algenkultur erzeugen 50 Liter Wasserstoff am Tag, das sind 4,49 g. Da ein Kilogramm einen Brennwert von 33,3 kWh besitzt, hat ein Gramm 33,3 Wh. Diese Zahl mal den 4,49 Gramm, die von den 200 l Algenkultur erzeugt werden, ergibt dann also 149 Wattstunden pro Tag. Ein Kubikmeter Algenkultur (1.000 l) wären dann 5 mal so viel - ergäben also Wasserstoff mit Energiegehalt 0,745 kWh pro Tag.
Bei einem Wirkungsgrad von thermisch/elektrisch von 40% könnten Brennstoffzellen daraus täglich jeweils 0,29 kWh Strom und Wärme erzeugen. Bei 300 Betriebstagen pro Jahr (60 zur "Regeneration" der Algen) wären das 87 kWh.

Von der Natur lernen

Als ich Dr. Happe nach seinen Einschätzungen für die Zukunft der Wasserstoffforschung gefragt habe, warf er noch einen ganz anderen Aspekt auf: "Es war in der Vergangenheit so, dass die Menschen Systeme erforschten, die in der Natur vorkamen, und dann in der Lage waren, die Systeme zu rekonstruieren. Ich denke, es könnte möglich sein, dass wir das Prinzip der Wasserstofferzeugung, wenn wir es einmal verstanden haben, rekonstruieren." Sollte dies gelingen, würden alle Energieprobleme der Vergangenheit angehören. Doch bis es soweit ist, werden die Wissenschaftler in Bonn und auf der ganzen Welt noch viele, viele weitere Platten mit Algen ausstreichen müssen.

Genveränderte Algenkulturen

letzte Änderung: 14.10.2011