Kernfusion – Ein unrealistischer, teurer, strahlender Traum

Alle Jahre wieder kommt die Sensationsmeldung: „Endlich ist ein Durchbruch bei der Kernfusion erzielt!“ Die vermeintlichen Erfolge sind klein – eingesetztes Geld und Ressourcen jedoch riesig. Der Diplom-Physiker Dr. Werner Neumann klärt die Mythen der Kernfusion auf.
Von Werner Neumann

(26. September 2024) Trotz 60 Jahren Forschung konnten aufgrund der riesigen technischen Hürden bisher keine signifikanten Erfolge erzielt werden. Allein das internationale Projekt ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) in Frankreich hat bereits jetzt mehr als 6 Milliarden Euro verschlungen. Bis 2027 soll noch einmal die gleiche Summe investiert werden, wobei ITER auch 20 bis 60 Milliarden Euro kosten könnte. Und der Versuchsreaktor soll ohnehin nie Strom produzieren.

In den USA wurde im Dezember 2022 in einem Fusionsreaktor vermeintlich mehr Energie erzeugt, als „reingesteckt“ wurde. In der Gesamtbilanz betrug die Energie eines Laserstrahlimpulses 140 kWh. Letztlich trafen dann 0,5 kWh auf das Ziel und 0,7 kWh wurden freigesetzt. Und vom Energieaufwand für die gesamte Anlage war noch gar nicht die Rede.

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Dr. Werner Neumann │ Sprecher des Arbeitskreises Energie des BUND und früherer Leiter des Energiereferats der Stadt Frankfurt

Kernfusion teuer

Die Kernfusion ist eine teure, unrealistische und radioaktive Energieoption. Die Landesverbände Hessen des BUND und des Bundesverbands Windenergie (BWE) gehen davon aus, dass Strom aus Kernfusion mindestens 15 bis 20 ct/kWh kosten wird, das Drei- bis Fünffache von Strom aus Wind- und Sonnenenergie. 

Kernfusion nicht „sauber“

Kernfusion ist keinesfalls eine „saubere“ Technik, sondern mit dem Einsatz radioaktiven Tritiums verbunden, das bei Störfällen freigesetzt und darüber hinaus zur Produktion von Atomwaffen verwendet werden kann. Kernfusionsanlagen erzeugen durch die Aktivierung der Reaktormaterialien deutlich mehr atomare Abfälle als Kernspaltungsreaktoren. Ein Endlager für diese Abfälle für mehrere 1.000 Jahre ist nicht in Sicht.

Kernfusion wird in 50 Jahren kommerziell verfügbar sein: ein Spruch von Physikern seit über 50 Jahren. Die Klimaziele müssen aber bis zum Jahr 2035 erreicht sein – Kernfusion kommt deutlich zu spät.

CO2-Bilanz der Kernfusion

Kernfusion wird auch nicht CO2-frei sein. Allein die Herstellung von Beton und Stahl verursacht erhebliche Mengen an CO2-Emission in Form von grauer Energie. Will man dies durch Wasserstoff oder Carbon-Capture-Technik vermeiden, wird die Herstellung noch teurer, ineffizienter und ruft weitere Umweltgefahren hervor.

Die Kernfusion ist keine „saubere, verlässliche, bezahlbare, rückstandsfreie“ Stromerzeugung. Trotzdem hat sich beispielsweise die Hessische Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag für die Förderung und Erforschung der laserbasierten Kernfusion ausgesprochen. Und auch die Bundesregierung will sie mit 1 Milliarde Euro fördern. 

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Fernfusion auf der Sonne statt Kernfusion auf der Erde!

Der BUND Hessen und der BWE Hessen sprechen sich in einem Aufruf dafür aus, dass das Land Hessen und die Bundesregierung keinen Euro für die Förderung der Kernfusion ausgeben! Dieses Geld nutzt weder dem Klimaschutz, noch trägt es zu einer sicheren, preisgünstigen und umweltfreundlichen Energieversorgung bei. Die „Fernfusion“, wie sie auf der Sonne stattfindet, versorgt uns auch in Europa und Deutschland mit weit mehr Energie, als wir benötigen. Wir fordern stattdessen die intensive Förderung der Energieeinsparung, der effizienten Nutzung erneuerbarer Energie und deren dezentrale Erzeugung in der Hand der Bürgerinnen und Bürger!

•    www.bdev.de/fusion

letzte Änderung: 07.02.2017