ED 01/13 Die 1.000-Watt Lösung von Köln (S.17)
ED 04/13 Zählertausch: Großbritannien wird smart (S.23)

Verordnungen zur Energieversorgung

Stromgrundversorgungsverordnung

Gasgrundversorgungverordnung

Verordnung in Kraft getreten

Anschlussverordnungen - Preisänderungen - Zutrittsrecht zur Wohnung - Versorgungsunterbrechung - Zahlungsverpflichtung - Baukostenzuschüsse - Netzanschluss - Grundstückbenutzung - Haftung - Kündigungsristen - Ablesung - Schwachpunkte

Verordnung in Kraft getreten

Nach jahrelangen Diskussionen sind nun endlich vier neue Verordnungen in Kraft getreten. Sie regeln die Versorgung von Haushaltskunden mit Strom und Gas. Verbraucher dürfen unbillige Rechnungen kürzen, ohne dass der Versorger den Strom oder das Gas abstellen darf. Viele Regelungen verbessern die Rechte der Kunden und sind somit ein wichtiger Sieg für die Verbraucherlobby.

(12. Januar 2007) - Es war ein jahrelanges, zähes Ringen: Die Vertreter der Verbraucher bemühten sich um eine angemessene Berücksichtigung der Kundeninteressen. Als der Bundestag die Verordnungen verabschiedet hatte, versuchten zahlreiche Bürger, über den Bundesrat Änderungen in ihrem Sinne durchzusetzen. Mit Erfolg, denn die neuen Verordnungen sind in vieler Hinsicht besser als die stark kritisierte Vorgängerverordnung. Dennoch sind nicht alle notwendigen Verbesserung erfolgt.

Aus zwei mach vier

Vor der Einführung des Wettbewerbs im Strom- und Gasnetz war der Betreiber der Strom und Gasnetze zugleich auch der Lieferant. Weil es sich nur um ein einziges Vertragsverhältnis handelte, reichte es, den Anschluss an das Netz und die Lieferung von Energie in einer Verordnung zu regeln. Seit der Liberalisierung der Märkte kann der Netzbetreiber allerdings vom Lieferanten abweichen.

Deshalb gibt es nun mehrere Verordnungen: eine zum Anschluss an das Strom- oder Gasnetz, die Netzanschlussverordnung Strom (NAV) und die Niederdruckanschlussverordnung (NDAV). Die zweite Verordnung regelt die Lieferung von Strom oder Gas, die Stromgrundversorgungsverordnung (GVV) und die Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV). Die Fernwärmeverordnung blieb unverändert, weil das neue Energiewirtschaftsgesetz die Fernwärme nicht einbezog.

Die Regelungen für den Strom und Gasbezug sind fast gleichlautend. Die Verordnungen gelten automatisch für alle Kunden, der Grundversorgung (früher Tarifkunden), die also vom Strom- oder Gasnetzbetreiber auch die Energie beziehen. Für alle anderen Kunden, zum Beispiel Stromkunden, die den Anbieter gewechselt haben, gelten die Regelungen nur, wenn dies ausdrücklich vereinbart worden ist.

Anschlussverordnungen

Die Anschlussverordnungen regeln den Anschluss der Kundenanlage an das Strom- beziehungsweise Gasnetz. Sie beinhalten auch die Nutzung des Anschlusses, nicht jedoch die Lieferung von Energie. Netzbetreiber und Eigentümer der Kundenanlage müssen schriftlich einen Netzanschlussvertrag schließen.

Menschen stimmen ab

Preisänderungen

Preisänderungen können nur jeweils zum Monatsbeginn erfolgen und müssen sechs Wochen zuvor öffentlich und im Internet bekannt gegeben werden. Zeitgleich mit der Bekanntgabe müssen die Änderungen allen Kunden schriftlich mitgeteilt werden. Der Kunde kann anlässlich einer Preisänderung den Anbieter sofort wechseln und muss nicht erst die Restlaufzeit des Vertrages abwarten.

Zutrittsrecht zur Wohnung

Eine geplante Zählerablesung muss dem Kunden wenigstens eine Woche vor dem Ablesetermin mitgeteilt werden, wobei auch ein Aushang im Haus zulässig ist. Dabei muss auch ein Ersatztermin genannt werden (§ 21 GVV).

Versorgungsunterbrechung

Wer einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Versorger nicht nachkommt, dem kann der Versorger vier Wochen nach Ankündigung Strom oder Gas abstellen (§ 19 GVV). Bisher galt eine Frist von zwei Wochen. Der Beginn der Unterbrechung muss drei Werktage im Voraus angekündigt werden. Der Strom darf aber nur abgestellt werden, wenn

  • ein Zahlungsrückstand von mindestens 100 Euro besteht und
  • die Folgen der Sperre nicht außer Verhältnis zum Zahlungsrückstand stehen und
  • keine hinreichende Aussicht auf Begleichung der Rückstände besteht.
Zahlungsverpflichtung

Wer eine Rechnung vom Versorger erhält, muss diese auch bezahlen, so die Verordnung, und zwar zwei Wochen nach Erhalt. Es gibt jedoch von dieser Regel auch Ausnahmen:

  • Es besteht die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Rechnungsfehlers.
  • Der Verbrauch ist ohne ersichtlichen Grund mehr als doppelt so hoch wie im vorhergehenden Vergleichszeitraum und der Verbraucher verlangt eine Nachprüfung des Zählers.
  • Der Verbraucher beruft sich auf die Unbilligkeit der Rechnung nach § 315 BGB.
  • Für diese Fälle besteht keine Zahlungsverpflichtung (§ 17 GVV). Auch eine Versorgungsunterbrechung ist dann ausgeschlossen.
Baukostenzuschüsse

Wer einen neuen Anschluss beantragt, der muss über Baukostenzuschüsse die durch ihn verursachten Netzausbaukosten tragen. Die Höhe dieser Zuschüsse wird auf höchstens 50 Prozent der Kosten des Niederspannungsnetzes begrenzt (bisher 70 Prozent). Das Mittelspannungsnetz ist anders als bisher von dieser Regelung ausgenommen. Bei Strom dürfen nur die Leistungen berücksichtigt werden, die über 30 Kilowatt hinausgehen (NAV § 11). Für typische Einfamilienhäuser fallen damit künftig keine Zuschusszahlungen mehr an. Für Gas gibt es keinen vergleichbaren Sockel.

Netzanschluss

Der Anschlussteilnehmer trägt die Kosten für den Netzanschluss. Der Netzbetreiber muss dabei die Interessen des Anschlussnehmers an einer kostengünstigen Errichtung berücksichtigen. Auf Wunsch müssen verschiedene Medien in einer Trasse verlegt werden. Der Anschlussnehmer hat das Recht, die notwendigen Erdarbeiten selbst durchzuführen beziehungsweise vornehmen zu lassen. Die Kosten dürfen pauschal berechnet werden, müssen jedoch einfach nachvollziehbar sein (§9 NAV). Der Anschluss bleibt wie bisher Eigentum des Netzbetreibers, der dadurch auch für Wartung und Reparaturen aufzukommen hat.

Grundstücksbenutzung

Die Duldungspflicht für Leitungen auf dem eigenen Grundstück wurde eingeschränkt. Anlagen zur Versorgung anderer Grundstücke müssen nicht hingenommen werden, wenn sie auch auf anderen Grundstücken verlegt werden können. Nach Beendigung der Anschlussnutzung müssen die Leitungen noch drei Jahre geduldet werden (bisher fünf Jahre).

Haftung

Der Netzbetreiber haftet künftig auch für Schäden durch leichte Fahrlässigkeit (bisher nur grobe Fahrlässigkeit) mit höchstens 5.000 Euro je Einzelfall, auch wenn der Schaden durch Erfüllungsgehilfen verursacht wurde. Die globalen Haftungshöchstgrenzen je Schadensfall wurden zum Teil vervierfacht. Für Vermögensschäden haftet der Versorger wie bisher nur bei grober Fahrlässigkeit (§ 18 NAV).

Kündigungsfristen

Der Grundversorgungsvertrag kann vom Kunden mit einer Frist von einem Monat jeweils zum Monatsende gekündigt werden. Die bisherige zwölfmonatige Vertragsdauer für Erstverträge entfällt.

Ablesung

Der Versorger kann vom Kunden verlangen, dass dieser den Zähler selbst abliest (§11 GVV). Der Kunde darf das nur verweigern, wenn ihm das Ablesen unzumutbar ist.

Schwachpunkte

Die neuen Verordnungen enthalten noch zahlreiche Nachteile für Verbraucher. So ist zum Beispiel keine Aufschlüsselung der Abschlagszahlungen vorgeschrieben. Weiterhin dürfen nur Elektroinstallateure am Stromnetz arbeiten, die vom Stromversorger zugelassen werden. Versorger dürfen Vertragsstrafen verhängen. Sie haften nicht unbeschränkt für verursachte Schäden.

Neue Verordnungen zur Energieversorgung in Kraft getreten

Verbrauchererfolg: Versorgungspflicht auch gegenüber Zahlungskürzern

Neue Verordnungen zur Energieversorgung in Kraft getreten

(8. November 2006) Als den größten Erfolg der Vereinsgeschichte bezeichnete Dr. Aribert Peters, der Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher die heute in kraft tretenden Verordnungen. Sie regeln die Strom- und Gasversorgung von Haushaltskunden. Für die zahlreichen Verbesserungen habe die Verbraucherlobby seit Jahrzehnten gekämpft.

Verbraucher, die ihre Strom- oder Gasrechnung angekündigt wegen zu hoher Preise kürzen, brauchen künftig keine Angst mehr vor Strom- oder Gassperren zu haben. Der Bund der Energieverbraucher rät allen Verbrauchern, die überhöhten Strom- und Gaspreise um ein Viertel zu kürzen und nicht die geforderten überhöhten Preise zu zahlen. Informationen dazu auf www.energiepreise-runter.de.

Nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt treten die Verordnungen (Stromgrundversorgungsverordnung StromGVV und Gasgrundversorgungsverordnung GasGVV sowie Niederspannungsanschlussverordnung NAV und Niederdruckanschlussverordnung NDAV) sind am 28. Oktober 2006 in Kraft getreten.

Stromgrundversorgungsverordnung StromGVV, Gesamttext als PDF, einzelnen Paragrafen
Gasgrundversorgungsverordnung GasGVV, Gesamttext als PDF, einzelne Paragrafen
Niederspannungsanschlussverordnung NAV, Gesamttext als PDF, einzelne Paragrafen
Niederdruckanschlussverordnung NDAV, Gesamttext als PDF, einzelne Paragrafen.

Nach den neuen Verordnungen müssen Preisänderungen allen Kunden vorab schriftlich mitgeteilt werden. Strom- und Gassperren müssen künftig vier Wochen vorher statt bisher zwei Wochen vorher angekündigt werden. Streitigkeiten über die Höhe und die Angemessenheit der Preise rechtfertigen künftig keine Versorgungsunterbrechung. Baukostenzuschüsse werden auf höchstens 50 % statt bisher 70 % begrenzt. Die Haftung der Versorger bei Versorgungsstörungen wird durch die Verordnungen ausgeweitet. Bei Sachschäden haftet der Versorger künftig auch für leichte Fahrlässigkeit (bisher nur grobe Fahrlässigkeit) mit höchstens 5.000 Euro je Einzelfall. Die bisherige Kündigungsfrist von einem Jahr verkürzt sich künftig auf einen Monat.

Bundesrat besiegelt Verbraucherrecht auf billige Strom- und Gaspreise

Bundesrat hat neue Verordnungen für die Versorgung von Haushaltskunden beschlossen

Bundesrat und Regierung besiegeln Verbraucherrecht auf billige Strom- und Gaspreise

(22. September 2006, geändert 25. Oktober) Der Bundesrat hat in seiner 825. Sitzung am 22. September 2006 neue Verordnungen für die Versorgung von Haushaltskunden beschlossen. Diesen Änderungen hat die Bundesregierung am 18. Oktober zugestimmt. Die Verordnungen treten in den kommenden Tagen nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Die neuen Verordnungen schreiben die Versorgungspflicht auch gegenüber Verbrauchern vor, die ihre Rechnung wegen vermuteter Unbilligkeit nicht vollständig begleichen. Damit schreibt der Bundesrat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes fest: Versorgungseinstellungen gegenüber Protestkunden, die fehlende Billigkeit bemängeln, sind unzulässig. Aufgrund massiver und flächendeckender Verbraucherproteste hat der Bundesrat diese Regelung nun völlig unmissverständlich klargestellt. Auch an weiteren Stellen hat der Bundesrat verbraucherfreundlichere Regelungen beschlossen, als sie von der Bundesregierung gewollt waren. So müssen Preisänderungen allen Kunden vorher schriftlich mitgeteilt werden.

Der Bund der Energieverbraucher hat den Bundesratsbeschluss begrüsst. "Das ist ein historischer Moment. Verbraucher haben das Recht auf Zahlungsverweigerung aufgrund nicht nachvollziehbarer Billigkeit, ohne dass sie künftig eine Versorgungseinstellung befürchten müssen. Wir raten allen Verbrauchern, von diesem neuen nunmehr verbrieften Recht Gebrauch zu machen, um die überhöhten Strom- und Gasrechnungen zu mindern" kommentierte der Vereinsvorsitzende Dr. Aribert Peters.

Ganz zufrieden sind die Verbraucherschützer dennoch nicht: "Die nun beschlossene Verordnung verstößt zum Nachteil der Verbraucher gegen geltendes EU-Recht: Haftungsbeschränkung und Aufrechnungsverbot sind unzulässig nach EU-Richtlinie 93/13/EWG. Verpasst wurde auch die Chance, monatliche Abrechnungen vorzuschreiben wie beim Telefon. Das hätte gewaltige Anstöße zum Energiesparen gegeben" bemängelt Peters.

Im Detail:

Grundversorgungsverordnungen: In Drucksache 306/1/06 sind die Bundesratsbeschlüsse aufgeführt.

Netzanschlussverordnungen: In Drucksache 367/1/06 sind die Bundesratsbeschlüsse aufgeführt.

Bundesrat verschiebt Behandlung der neuen Verordnungen

Änderungsvorschläge aus Bundesländern - daher dieserPunkt aus Zeitknappheit nicht behandelt

Bundesrat verschiebt Behandlung der neuen Verordnungen

(23. Juni 2006) Am 22. Juni standen die neuen Verordnungen zur Versorgung von Haushaltskunden auf der Tagesordnung der Wirtschaftsministerkonferenz des Bundesrats. Die Verordnungen hatten bei Verbrauchern einen Sturm der Entrüstung ausgelöst, nachdem bekannt geworden war, dass der Unbilligkeitseinwand durch die Verordnungen abgeschnitten werden sollte. Das zumindest ergab sich aus einer Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums Nordrhein-Westfalen.

Aus zahlreichen Bundesländern gab es deshalb zu diesem Punkt Änderungsvorschläge. Am Ende wurde dieser Punkt jedoch aus Zeitknappheit überhaupt nicht behandelt. Das Thema steht auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung am 31. August 2006. Möglicherweise wird es dann erst einmal an einen Unterausschuss delegiert.

Energieverbraucher protestieren gegen Entrechtung durchVerordnungen

Verordnungstexte

Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.

Energieverbraucher protestieren gegen Entrechtung durch Verordnungen

(12. Juni 2006) Die von der Bundesregierung beschlossenen Verordnungen zur Versorgung von Strom- und Gaskunden schwächen die Verbraucherrechte. Denn der Unbilligkeiteinwand soll den Verbrauchern abgeschnitten werden. Er soll künftig nicht mehr zum Zahlungsaufschub berechtigen. Damit hat sich die Bundesregierung entgegen anderslautender Beteuerungen zum Handlanger der Versorgungswirtschaft gemacht.

Nur durch den Bundesrat kann die Verordnung noch gestoppt werden. Der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates wird bereits am 22. Juni 2006 über die Verordnung beraten.

Der Bund der Energieverbraucher ruft deshalb alle Verbraucher dringend zum massiven Protest auf. Verbraucher sollten sich an ihre Abgeordneten wenden, um Einfluss auf die Landesregierung zu nehmen. Alle politischen Kräfte und Parteien werden aufgerufen, sich einzumischen und nach Kräften Einfluss zu nehmen.

Es geht um elementare Bürgerechte: Das Recht, unangemessen hohe und einseitig festgesetzte Preise nicht zu bezahlen.

Die in der Verordnung (StromGVV § 12) enthaltene Formulierung ist missverständlich. Das Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen bestätigt aber die geplante Schwächung der Verbraucherrechte durch die Verordnung, "die hinzunehmen sei", so die persönliche Referentin der Wirtschaftsministerin des Landes Download Wimin NRW S. 1 Download Wimin NRW S. 2. Es handelt sich also nicht um eine unglückliche Formulierung, sondern um eine gezielte und geplante Entrechtung der Verbraucher.

"Dies werden sich die Verbraucher keinesfalls gefallen lassen", kündigte der Vereinsvorsitzende Dr. Aribert Peters in Bonn kämpferisch an. Auch in einer Reihe weiterer Punkte sind die Verordnung inakzeptabel und bedürfen der Korrektur. Im Internet gibt es die Möglichkeit, per Email zu protestieren.

Stellungnahme zu den Anschlussverordnungen Download Stellungnahme NAV

Brief an Wirtschaftsminister Download Brief Wirtschaftsminister

Beim Bundesrat: Netzanschlußverordnungen

Netzanschlussverordnungen liegen dem Bundesrat zur Zustimmung vor

Auch Netzanschlussverordnungen liegen beim Bundesrat

(8. Juni 2006) Nun liegen auch die Netzanschlussverordnungen dem Bundesrat zur Zustimmung vor.

download BR Drs 367/06

 Stellungnahme des Bundes der Energieverbraucher zu den Anschlussverordnungen

Download Stellungnahme NAV

Neuer Verordnungsentwurf liegt beim Bundesrat

Überarbeiteter Verordnungsentwurf von Bundesregierung beschlossen - Bundesrat muss noch zustimmen

Neuer Verordnungsentwurf liegt beim Bundesrat

(18. Mai 2006) Am 4. Mai 2006 war es endlich soweit: Ein überarbeiteter Verordnungsentwurf war von der Bundesregierung beschlossen worden und wurde als Bundesratsdrucksache 306/06 Download Strom u GasGVV BR Drs. 306 06 öffentlich bekannt. Denn der Bundesrat muss diesen Verordnungen noch zustimmen. Die beiden Verordnungen zum Netzanschluss Strom und Gas sind wegen der strittigen Haftungsregelungen offenbar zurückgestellt worden.

Die vorliegenden Verordnungsentwürfe (Stromgrundversorgungs- und Gasgrundversorgungsverordnung (StromGVV, GasGVV)) sind zwar in etlichen Punkten im Sinne der Verbraucher geändert worden:

  • Bei der Abrechnung ist auf Anregung des Bundes der Energieverbraucher eine neue Regelung aufgenommen worden: "Macht der Kunde glaubhaft, dass sein Verbrauch erheblich geringer (als vom Versorger berechnet) ist, so ist dies angemessen zu berücksichtigen" (§ 13 Abs. 1 StromGVV),
  • Vordrucke für Rechnungen müssen einfach verständlich sein (§ 16 Abs. 1). Neu ist das Wort "einfach".
  • Die Versorgung säumiger Verbraucher darf nach Mahnung erst vier Wochen nach Androhung eingestellt werden (§ 19 Abs. 2). Bisher waren es zwei Wochen. Und auch dann nur, wenn die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist.

Andere wichtige Punkte wurden bedauerlicherweise nicht geändert:

  • Strom- und Gassperren für säumige Zahler sind nach wie vor zulässig (§ 19). Die vorgesehene Regelung stellt eine gravierende Benachteiligung von Verbrauchern dar, die der durch die Verordnungsermächtigung § 39 Abs. (2) EnWG vorgeschriebenen angemessene Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen widerspricht. Es gibt keinen Grund, warum Stromversorger gegenüber anderen Gläubigern durch die Möglichkeit der Versorgungseinstellung gemäß Art. 3 GG ein Privileg bei der Durchsetzung offenstehender Forderungen beanspruchen dürfen. Insbesondere darf die Versorgungseinstellung nicht als Druckmittel verwendet werden, um Forderungen aus strittigen oder gar falschen Abrechnungen einzutreiben. Mindestens zwei Prozent aller Rechnungen sind schlichtweg falsch, ohne das dies auf den ersten Blick erkennbar ist. Das Versorgungsunternehmen ist selbst dafür verantwortlich, dass keine allzu hohen Zahlungsrückstände entstehen. Es ist dazu auch ohne Weiteres in der Lage. Durch Münzzähler lässt sich erreichen, dass selbst zahlungsschwache Verbraucher weiter Strom und Gas beziehen können und dafür auch bezahlen.
  • Zustimmungsfiktion: Das Umlegen eines Lichtschalters wird als Zustimmung zu Preisen und Vertragsbedingungen gewertet, die der Verbraucher gar nicht kennt (§ 2 Abs. 1). Für den vertragslosen Zustand wurde eigens die Rechtskonstruktion der Ersatzversorgung geschaffen. Die Zustimmungsfiktion ist also in keinster Weise erforderlich und muss ersatzlos gestrichen werden.
  • Preise dürfen ohne persönliche Mitteilung an die betroffenen Verbraucher erhöht werden und müssen nur öffentlich und im Internet mit einer sechswöchigen Frist bekannt gegeben werden (§ 5 Abs. 2). Dies ist ein Relikt aus alten Tagen. Angesichts der Flut vierfarbiger Hochglanzbroschüren, mit denen die Kunden überflutet werden, überzeugt auch das Kostenargument nicht.
  • Der Versorger darf bei unrichtigen Angaben und bei Strom- oder Gasdiebstahl Vertragsstrafen gegen die Verbraucher verhängen (§10). Die Verhängung von Strafen muss Gerichten vorbehalten bleiben. Eine Vertragsstrafe erscheint unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt. Der Entzug elektrischer Energie ist seit dem Beginn des letzten Jahrhunderts mit einer eigenen Vorschrift im Strafgesetzbuch unter Strafe gestellt, § 248 c StGB. Dies muss genügen. Besser gestellt wird auch sonst kein Unternehmer. Schäden durch Diebstähle gehören zu den gewöhnlichen unternehmerischen Risiken, gegen welche man Versicherungen abschließen kann. In der letzten Zeit häufen sich Fälle von Buntmetalldiebstählen. Der Dieb hat auch nicht den Schaden zu ersetzen und darüber hinaus nochmals eine entsprechende Kupferleitung vom Eigentümer zu einem festen Preis zu kaufen.
  • Verbraucher sind dazu verpflichtet, ihre Zähler selbst abzulesen und dem Versorger den Zählerstand mitzuteilen. Der Kunde darf dies nur bei Unzumutbarkeit ablehnen (§ 11 Abs. 2). Es erscheint grotesk, dass man im Computerzeitalter keine Automatisierung der Messung vorschreibt, die durchaus im Interesse von Verbrauchern und Versorgern läge, sondern bei der Handablesung bleibt. Offensichtlich will die Regierung den Versorgern auch das Mess- und Zählmonopol nicht wegnehmen, sonst müsste die Verordnung an dieser Stelle anders aussehen.
  • Eine Abrechnungsperiode von zwölf Monaten bleibt zulässig (§12 Abs. 1), obwohl dies deutlich zu lang ist und dem Einsparziel und der Effizienzerhöhung und auch der neuen EU-Richtlinie zuwider läuft. Energieeffizienz ist sogar ein übergeordnetes Gesetzesziel (EnWG § 1). Die seit 17. Mai 2006 geltende EU-Richtlinie Energieeffizienz 2006/32/EG schreibt in Art.13 Abs 2 vor, dass die Abrechnung auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs so häufig durchgeführt wird, dass die Kunden in der Lage sind, ihren eigenen Energieverbrauch zu steuern. Dem wird die Verordnung nicht gerecht.
  • Unbilligkeitseinwand: Bei der Berücksichtigung des Billigkeitseinwands wollte die Bundesregierung offensichtlich die Verbraucherwünsche berücksichtigen. Die gewählte Formulierung (§ 17 Abs. 1) ist jedoch missverständlich und könnte bei verbraucherfeindlicher Auslegung genau das Gegenteil bewirken. Eine entsprechende klarstellende Änderung durch den Bundesrat ist deshalb unausweichlich und fände auch die Zustimmung der Bundesregierung. Es sollte darauf hingewiesen werden, dass in der Begründung der BR-Drs. mit Rücksicht auf die eindeutige BGH- Rechtsprechung lediglich klarstellend darauf hingewiesen wird, dass Kunden bis zu einer gerichtlichen Klärung des "billigen Preises" Abschläge und Rechnungsbeträge kürzen dürfen. Die lediglich deklaratorische Klarstellung bedeutet zugleich, dass dies bisher schon geltendes Recht ist, so wie es sich auch in der langjährigen BGH- Rechtsprechung widerspiegelt. Es bedarf allein noch einer unmissverständlichen Formulierung im Verordnungstext. Die Terminologie sollte einheitlich beim Unbilligkeitseinwand verbleiben.
Anschriften der Wirtschaftsminister
Bundesland Name Straße PLZ Ort
Baden-Württemberg Ernst Pfister Theodor-Heuss-Straße 4 70174 Stuttgart
Bayern Erwin Huber Prinzregentenstraße 28 80538 München
Berlin Harald Wolf* Martin-Luther-Straße 105 10825 Berlin
Brandenburg Ulrich Junghanns Heinrich-Mann-Allee 107 14473 Potsdam
Bremen Jörg Kastendiek* Zweite Schlachtpforte 3 28195 Bremen
Hamburg Gunnar Uldall* Alter Steinweg 4/Wexstraße 7 20459 Hamburg
Hessen Dr. Alois Rhiel Kaiser-Friedrich-Ring 75 65185 Wiesbaden
Mecklenburg-Vorpommern Dr. Otto Ebnet Johannes-Stelling-Straße 14 19053 Schwerin
Niedersachsen Walter Hirche Friedrichswall 1 30159 Hannover
Nordrhein-Westfalen Christa Thoben Haroldstraße 4 40213 Düsseldorf
Rheinland-Pfalz Hendrik Hering Stiftsstraße 9 55116 Mainz
Saarland Dr. Hanspeter Georgi Franz-Josef-Röder-Straße 17 66119 Saarbrücken
Sachsen Thomas Jurk Wilhelm-Buck-Straße 2 01097 Dresden
Sachsen-Anhalt Dr. Reiner Haseloff Hasselbachstraße 4 39104 Magdeburg
Schleswig-Holstein Dietrich Austermann Düsterbrooker Weg 94 24105 Kiel
Thüringen Jürgen Reinholz Max-Reger-Straße 4-8 99096 Erfurt

* Wirtschaftssenator

An den Wirtschaftsminister des Landes

Name

Ort

Straße

Sehr geehrter Herr Minister/ geehrte Frau Minister

die Bundesregierung will meine Bürgerrechte beschneiden. Die mögliche Sperre der Strom- und Gasversorgung, die Verhängung von Vertragsstrafen durch den Energieversorger, Preiserhöhungen ohne persönliche Mitteilung und die Verpflichtung zur Zählerablesung verletzen meine Rechte als Bürger und Verbraucher. Ferner muss auch der Ausschluss des Unbilligkeitseinwands unmissverständlich formuliert werden. Auch sollten zur Erhöhung der Effizienz die Zähler automatisiert und die Abrechnungsperioden verkürzt werden.
Die heute von den Verbrauchern verlangten Zählergebühren erlauben die Anschaffung neuer automatischer Zähler.

Ich bitte Sie, im Bundesrat der Stromgrundversorgungsverordnung StromGVV und Gasgrundversorgungsverordnung GasGVV nicht ohne obige Änderungen zuzustimmen.

Retten Sie wichtige Verbraucherrechte!

Vielen Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen

Erster Verbrauchererfolg: Pfister pro Verbraucher

Baden-Württembergs Wirtschaftsminister hat Bundesregierung aufgefordert, die Stellung der Verbraucher gegenüber den EVU zu stärken

Erster Verbrauchererfolg: Pfister pro Verbraucher

(27. Februar 2006) Die vom Bund der Energieverbraucher gestartete bundesweite Aktion für mehr Verbraucherrechte verzeichnet einen ersten wichtigen Erfolg: Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Ernst Pfister hat die Bundesregierung mitten im Landtagswahlkampf aufgefordert, im Zuge der Novellierung der Verordnungen für Strom und Gas die Stellung der Verbraucher gegenüber den EVU zu stärken.

Das rechtliche Verhältnis zwischen EVU und Kunden sei zu einseitig von den Interessen der Versorger geprägt, so Pfister. Es könne nicht sein, dass die Unternehmen ihre Preise ohne persönliche Mitteilung an den Kunden erhöhen könnten. Außerdem sollten die Verbraucherrechte gegenüber den Energieversorgern gestärkt werden.

Verbraucherrechte in Gefahr

Rechte der 40 Mill Strom- und Gaskunden sollen gravierend beschnitten werden

Verbraucherrechte in Gefahr

Die Rechte der 40 Millionen Strom- und Gaskunden sollen von einer Verordnung des Bundeswirtschaftsministeriums gravierend beschnitten werden. Der Verordnungsentwurf des Ministeriums nimmt sehr einseitig zugunsten der Energieversorger Partei und ist mit dem gesetzlichen Gebot einer verbraucherfreundlichen Energieversorgung unvereinbar. Jeder einzelne Verbraucher ist aufgerufen, den Erlass dieser Verordnung zu verhindern.

(22. Februar 2006) Die Gas- und Stromlieferung an Haushalte wird durch Verordnungen geregelt, die AVBEltV beziehungsweise AVBGasV. Diese Verordnungen werden derzeit vom Bundeswirtschaftsministerium novelliert. Alle 40 Millionen Haushalte sind davon unmittelbar betroffen. Keine andere Verordnung greift derartig gravierend in das Leben einer so hohen Zahl von Verbrauchern so unmittelbar ein.

Kalte Schauer

Die vorliegenden Verordnungsentwürfe können jedem Verbraucher kalte Schauer über den Rücken jagen. Denn sie berauben ihn einiger seiner sicher geglaubten Rechte. Die Verordnungen sind eindeutig parteilich zugunsten der wirtschaftlich ungleich stärkeren Versorgungsunternehmen. Der Verbraucherschutz bleibt hinter den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurück. Die geplanten Verordnungen widersprechen geltendem EU-Recht, insbesondere der Richtlinie 93/13 EWG. Besonders kritisch sind folgende Regelungen der neuen Verordnung:

  • Eine Einstellung der Versorgung mit Strom und Gas soll zulässig sein, auch wenn dies unverhältnismäßig ist.
  • Der Versorger haftet für Schäden durch eine Versorgungsunterbrechung nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit und damit praktisch nie.
  • Das Anschalten eines Lichtschalters darf als Zustimmung zu einer ganzen Reihe von Vertragsbedingungen gewertet werden, die der Verbraucher nicht kennt.
  • Durch Pauschalierung können Versorger willkürlich Kosten festlegen, die sich jeglicher Kontrolle und Nachprüfung entziehen.
  • Verbraucher müssen ihre Grundstücke für Leitungsmasten und Transformatoren unentgeltlich zur Verfügung stellen.
  • Durch Baukostenzuschüsse können sich Versorger über die Tarife hinaus 50 Prozent der Kosten ihrer Leitungsnetze von den Kunden finanzieren lassen.
  • Die Versorgungsunternehmen erhalten Zutrittsrecht zu den Verbraucherwohnungen.
  • Kundenanlagen können vom Versorger willkürlich geprüft und bei Mängeln stillgelegt werden.

Das neue Energiewirtschaftsgesetz macht für die Verordnungen die Vorgaben, dass die beiderseitigen Rechte von Verbrauchern und Versorgern angemessen zu berücksichtigen sind. Davon kann in den Verordnungsentwürfen nicht die Rede sein.

Einseitige Begünstigungen

Der Bund der Energieverbraucher kritisiert, dass die Verordnungsentwürfe einseitig die Interessen der Versorger schützen. Dagegen liefern sie Verbraucher schutzlos den Versorgern aus. Die Versorger bekommen Sonderrechte eingeräumt, die der übrigen Rechts- und Wirtschaftsordnung fremd sind und die als unangemessen gelten. Der Bund der Energieverbraucher lehnt die Verordnung insgesamt ab, weil die Verbraucherrechte durch die allgemeinen Regelungen zum Beispiel des Bürgerlichen Gesetzbuches besser geschützt sind. Auch in anderen Bereichen mit Massengeschäft, zum Beispiel Banken und Versicherungen, kommt man ohne spezielle Rechtsvorschriften aus. Aus der Fülle der Kritikpunkte sollen hier nur die Regelungen zur Versorgungseinstellung und zur Haftung dargestellt werden.

Versorgungseinstellung

Eine Versorgungseinstellung bedeutet stets eine besondere Härte für die von ihr Betroffenen. "Die Stromversorgung ist nach heutigem Verständnis eine grundlegende Voraussetzung der Teilhabe am Leben der Gesellschaft und notwendig für ein menschenwürdiges Wohnen im Sinnen von Art. 33 GG iVm §§ 1,70 SGB XII" (Urteil des Landessozialgerichts NRW L 1 B 7/05 SO ER vom 15. Juli 2005). Selbst wenn die Folgen der Unterbrechung außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen, soll laut Regierungsentwurf (StromGVV § 21, Abs. 2, Satz 2) künftig wie auch bisher eine Versorgungseinstellung zulässig sein, sofern keine hinreichende Aussicht auf Zahlung besteht. Diese Regelung legitimiert die Selbstjustiz der Monopolisten. Sie würde das Prinzip der Verhältnismäßigkeit außer Kraft setzen. Das steht in Widerspruch zum Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Darüber hinaus ergibt sich ein Widerspruch zu den Binnenmarktrichtlinien der EU. Die EU-Richtlinien 2003/54 und 2003/55 schreiben den Mitgliedsstaaten ausdrücklich besondere Maßnahmen zum Schutz von Verbrauchern vor, um einen Ausschluss von der Versorgung zu vermeiden. Die vorgesehene Regelung stellt eine gravierende Benachteiligung von Verbrauchern dar, die der durch die Verordnungsermächtigung § 39 Abs. (2) EnWG vorgeschriebenen angemessene Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen widerspricht. Sie erlaubt den Versorgern die Durchsetzung auch strittiger oder unberechtigter Forderungen. Auch hierdurch entstünde eine durch nichts zur rechtfertigende faktische Bevorzugung gegenüber allen anderen Teilnehmern am Wirtschaftsleben. Alle Verbraucher haben ein elementares Recht darauf, mit Wärme, Strom und Licht versorgt zu werden. Kein Faustrecht Es gibt keinen Grund, warum Stromversorger gegenüber anderen Gläubigern durch die Möglichkeit der Versorgungseinstellung gemäß Art. 3 GG ein Privileg bei der Durchsetzung offenstehender Forderungen beanspruchen dürfen. Insbesondere darf die Versorgungseinstellung nicht als Druckmittel verwendet werden, um Entgelte aus der Vergangenheit ohne den sonst üblichen Weg einzutreiben. Das Versorgungsunternehmen ist selbst dafür verantwortlich, dass keine allzu hohen Zahlungsrückstände entstehen. Es ist dazu auch ohne Weiteres in der Lage.

Kein Gratisstrom

Das bedeutet nicht, dass Versorger künftig verpflichtet sein sollen, für den Notfall bedürftiger Kunden zu sorgen. Der Versorger kann jedoch durch geeignete Maßnahmen sicher stellen, dass bei künftigen Lieferungen die Bezahlung sofort erfolgt, zum Beispiel durch kürzere Abrechnungszeiträume oder Einbau eines Münz- oder elektronischen Kartenzählers. Bei Vorinkassozählern fließen dem Energieversorger die Entgelte vor dem tatsächlichen Verbrauch zu. Dieser wirtschaftliche Vorteil dürfte auf die Dauer die höheren Kosten des Vorinkassozählers ausgleichen. In Großbritannien sind bereits über ein Million solcher Münzzähler im Einsatz. Künftige Preissteigerungen treffen Behinderte, Alte und Kranke am härtesten, weil sie in der Regel keinen finanzielle Spielraum haben und die Energiekosten einen Anteil von über zwölf Prozent an den Gesamtausgaben ausmachen. Dem von der Gesellschaft eingeräumten Privileg, ein sicheres Geschäft mit einer großen Zahl von Verbrauchern zu machen, steht für die Versorger auch eine Verpflichtung der Gesellschaft und den Verbrauchern gegenüber. Die im Privatrecht üblichen Maßstäbe müssen an diese Situation angepasst werden.

Mieter als Geisel

Ist der Vermieter der Vertragspartner des Versorgers, so ist nach derzeitiger Rechtssprechung eine Versorgungseinstellung bei Zahlungsrückständen rechtens, obwohl der Mieter für die Energie bezahlt hat. Die Mieter könnten ja die Energiezahlungen mit ihrer Miete verrechnen. Da in der Regel die Insolvenz des Vermieters bevorsteht, geht diese Regelung faktisch ins Leere. Die Versorgungseinstellung bringt die Mieter in eine Zwangslage. Wollen sie nicht im Dunklen sitzen, müssen sie die Schulden des Vermieters beim Versorger begleichen. Deshalb ist eine Regelung aufzunehmen, nach der die Versorgungseinstellung unzulässig ist, wenn der Betroffene nicht selbst der Kunde ist. Fehlt eine solche Regelung, so wird das Risiko der Vermieterinsolvenz vom Energieversorger auf den Mieter verlagert.

14-Tagesfrist zu kurz

Die Einstellung der Versorgung 14 Tage nach der Ankündigung (Strom GVV § 21, Abs. 2, Satz 1) ist angesichts von üblichen sechs Wochen Jahresurlaub nicht mehr zeitgemäß und im Hinblick auf die Bedeutung der Stromversorgung auch nicht mehr angemessen. Eine Frist von vier Wochen ist stattdessen vorzusehen.

Haftung bei Stromausfall

Versorgungsunterbrechungen und Versorgungsstörungen beeinträchtigen Verbraucher. Sie haben kein Licht, keine Wärme, keine Möglichkeit der Kommunikation. Darüber hinaus können infolge von Versorgungsstörungen Schäden und zusätzliche Kosten entstehen, etwa durch Frost, Wärme, Wasser, notwendige Transporte, Notstromaggregate. Da die Verbraucher an der Versorgungsunterbrechung kein Verschulden trifft, sind sie für die erlittene Unbill zu entschädigen. Entstandene Schäden und Aufwendungen sind zu ersetzen. Schadensersatzpflichtig ist der Verursacher, also der Versorger. Die Verpflichtung zum Schadensersatz ist die zwangsläufige Entsprechung zur Möglichkeit der Gewinnerzielung im Monopolbereich. Es ist im höchsten Maße unmoralisch, dass die Versorger das geschäftsübliche Risiko nicht selbst tragen, sondern auf die Kunden abwälzen wollen.

Verursacherprinzip: Schädiger haftet voll

Soweit keine höhere Gewalt vorliegt, trifft den Versorger ein Verschulden an jeder Versorgungsunterbrechung. Menschliches und technisches Versagen ist nirgends auszuschließen. Aber es ist im Geschäftsleben grundsätzlich so, dass ein Schaden vom Schadensverursacher zu ersetzen ist. Das ist mit gutem Grund so. Denn nur so hat der Versorger auch ein materielles und ernsthaftes Interesse daran, jede Schädigung und jede Versorgungsunterbrechung zu verhindern und für jeden denkbaren Fall Vorkehrungen zu treffen. Ohne eine Haftung unterlässt der Verursacher verständlicherweise notwendige Investitionen, Überprüfungen oder Ähnliches (vgl. Seite 14). Es gibt keinen Grund, vom Prinzip der Verschuldenshaftung bei der Energieversorgung abzuweichen. Im Gegenteil gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass die in der Vergangenheit gesetzlich sanktionierte Haftungsfreistellung äußerst nachteilige Folgen für die Versorgungssicherheit gehabt hat. Dieser Ansicht war auch das Bundeswirtschaftsministerium. Im Verordnungsentwurf des BMWA vom 30. April 2002 war die Haftungsbeschränkung weitgehend aufgehoben worden. Lediglich die Höchstschadenssumme je Schadensereignis war noch begrenzt und ein Selbstbehalt von 200 Euro war eingeführt worden. Umso bedauerlicher ist es, dass der aktuelle Verordnungsentwurf zu Ungunsten der Verbraucher die Haftung der Stromversorger wieder weitestgehend abschafft. Offensichtlich hat sich die Lobby der Versorger hier wieder durchsetzen können. Eine Fortschreibung der Haftungsfreistellung würde das wirtschaftliche Risiko von Versorgungsstörungen vom Verursacher auf den Geschädigten verlagern. Der Verbraucher zahlt mit seinem Energiekosten auch für die Vorsorge vor Versorgungsstörungen.

Praktisch kaum Schäden

Es ist dabei durchaus denkbar, dass Obergrenzen für die Schadenshaftung eingeführt werden. Eine besondere wirtschaftliche Belastung der Stromversorger ist durch Abschaffung der Haftungsfreistellung nicht zu erwarten. Vielmehr sind die Schäden durch Stromausfälle von einer im Verhältnis zu Umsätzen und selbst Gewinnen zu vernachlässigenden Größenordnung. Konkrete Zahlen dazu hat weder die Stromwirtschaft, noch das Bundeswirtschaftsministerium trotz Nachfrage auf der öffentlichen Anhörung am 5. Juni 2002 machen können. Wenn jeder Autobesitzer für die Folgen seiner Handlungen ohne Beschränkung haftet, kann die bestverdienende Branche der Republik davon keine Befreiung erwarten. Bei der Genehmigung der Netzentgelte dürfen die gezahlten Entschädigungen künftig keine Berücksichtigung finden. Andernfalls werden die Entschädigungen lediglich auf die Allgemeinheit der Energiekunden verlagert. Das ist zwar immer noch besser, als wenn die Geschädigten auch noch ihre eigenen Schäden zahlen müssen. Jedoch fehlt dann jeder Anreiz für die Verbesserung der Versorgungssicherheit.

Postkartenaktion: Retten Sie Ihre Bürgerrechte!

Schreiben Sie an Ihren Ministerpräsidenten
Die Verordnungen zur Versorgung mit Strom- und Gas werden derzeit innerhalb der Bundesregierung und der Bundesländer verhandelt. Mischen Sie sich ein und protestieren Sie gegen die geplante Entrechtung.

Ausschneiden und an den Regierungschef Ihres Bundeslandes schicken! (Adressen siehe unten)

Bitte ausreichend frankieren

An den Ministerpräsidenten / Bürgermeister des Landes

Name

Straße

Ort

 

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

die Bundesregierung will meine Bürgerrechte beschneiden. Eine geplante Verordnung soll selbst unverhältnismäßige Versorgungssperren erlauben, die Versorger aus der Verursacherhaftung entlassen und ihnen ein Wohnungsbetretungsrecht einräumen. Wir wollen Strom- und Gas nicht umsonst beziehen. Jedoch dürfen die Versorgen kein Faustrecht praktizieren.

Nehmen Sie uns Verbraucher vor der Willkür der Energieversorger in Schutz und verweigern Sie im Bundesrat Ihre Zustimmung zu den Verordnungsentwürfen des Bundeswirtschaftsministeriums. Sorgen Sie dafür, dass elementare Bürgerrechte auch beim Energiebezug erhalten bleiben. Handeln Sie jetzt! Retten Sie die Bürgerrechte! Vielen Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen

 

Anschriften der Ministerpräsidenten
  • Günther H. Oettinger Richard-Wagner-Str. 15 70184 Stuttgart
  • Dr. Edmund Stoiber Franz-Josef-Strauß-Ring 1 80539 München
  • Klaus Wowereit Senatskanzlei 10871 Berlin
  • Matthias Platzeck Heinrich-Mann-Allee 197 14473 Potsdam
  • Jens Böhrnsen Senatskanzlei 28069 Bremen
  • Ole von Beust Senatskanzlei 20038 Hamburg
  • Christian Wulff Planckstr. 2 30169 Hannover
  • Dr. Jürgen Rüttgers Stadttor 1 40219 Düsseldorf
  • Kurt Beck Peter-Altmeier-Allee 1 55116 Mainz
  • Roland Koch, Schlossplatz 1-3 65183 Wiesbaden
  • Peter Müller Am Ludwigsplatz 14 66117 Saarbrücken
  • Professor Dr. Georg Millbradt Archivstr. 1 01097 Dresden
  • Professor Dr. Wolfgang Böhmer Domplatz 4 39104 Magdeburg
  • Peter-Harry Carstensen Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
  • Dieter Althaus Regierungsstr. 73 99084 Erfurt
  • Dr. Harald Ringstorff Schlossstr. 2-4 19053 Schwerin
Unakzeptable Verordnungsentwürfe vom Bundeswirtschaftsministerium

Stellungnahmen des Bundes der Energieverbraucher - des Deutschen Mieterbundes - de VZBV - Grundsatzart. von Prof. V. Emmerich zu den AVB

Unakzeptable Verordnungsentwürfe vom Bundeswirtschaftsministerium

(29. Dezember 2005)

* Die ausführliche Stellungnahme des Bundes der Energieverbraucher:

Download Stellungnahme avb-nov bde dez 05

* Stellungnahme des Deutschen Mieterbundes zur den Verordnungsentwürfen:

 Download avb novelle dmb dez 05 

* Stellungnahme des VZBV:

 Download stellungnahme avb vzbv dez 05 

* Grundsatzartikel von Prof. Volker Emmerich zu den AVB:

 Download Artikel Emmerich 1981 (1,59 MB)

 

Verordnungsentwürfe fertiggestellt

Neue Verordnungsentwürfe fertiggestellt: regeln denAnschluß von Verbrauchern an die Netze von Strom- undGasversorgern.

Verordnungsentwürfe fertiggestellt

(13. Dezember 2005) - Das Bundeswirtschaftsministerium hat neue Verordnungsentwürfe fertiggestellt. Sie regeln den Anschluß von Verbrauchern an die Netze von Strom- und Gasversorgern. Die Entwürfe müssen noch zwischen den beteiligten Bundesministerien abgestimmt und vom Bundesrat genehmigt werden.

Download Verordnungsentwurf Grundversorgung von Haushaltskunden im Energiebereich

Download Verordnungsentwurf Netzanschluss von Letztverbrauchern in Niederspannung und Niederdruck

Rechtsgutachten warnt vor Aushöhlung der Verbraucherrechte

Im BGB ist festgelegt, was im Kleingedruckten unzulässig ist

Rechtsgutachten warnt vor Aushöhlung der Verbraucherrechte

(12. September 2005) - Vor Kleingedrucktem fürchten sich Verbraucher oft zu Recht. Denn dort werden die Rechte und Pflichten meist einseitig zu Gunsten der Lieferfirma festgeschrieben.

Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist deshalb festgelegt (§ 305 ff. BGB), was im Kleingedrucktem schlichtweg deshalb unzulässig ist, weil Verbraucherrechte dadurch zu stark beschnitten würden. Zahlreiche Preisgleitklauseln in Flüssiggasverträgen sind zum Beispiel ungültig und nichtig, weil sie diesen Festlegungen nicht entsprechen. Das hat der Bund der Energieverbraucher in zahlreichen Prozessen klären lassen.

Für die Lieferung von Strom-, Gas- und Fernwärme gelten die so genannten Allgemeinen Versorgungsbedingungen, kurz AVBs für Strom, Gas und Fernwärme. Diese Verordnungen werden vom Wirtschaftsministerium erlassen. Die derzeit gültigen AVBs gelten seit 1979. Im Wirtschaftsministerium arbeitet man derzeit an einer Aktualisierung.

Fraglich ist, ob die Rechte der Energieverbraucher gegenüber den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches die Verbraucherrechte stärken oder schwächen. Zu diesem Thema hat die Verbraucherzentrale Bundesverband ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das nunmehr als Buch vorliegt.

Das Gutachten kommt zu dem eindeutigen Schluss, dass die derzeit gültigen AVBs die Rechte der Energieverbraucher gegenüber dem allgemeinen Grundsätzen bürgerlichen Rechts deutlich einschränken. Danach wären zahlreiche Bestimmungen der AVBs unzulässig, so zum Beispiel der Haftungsausschluss, die Haftungsbeschränkungen bis hin zu Zutrittsrechten zur grundgesetzlich geschützten Wohnung. In anderen Massenmärkten wie zum Beispiel im Bankbereich und im Versicherungswesen gibt es keine gesetzlich normierten Vertragsbedingungen.

Deshalb sollten sich Verbraucher und ihnen nahestehende Gruppierung dafür einsetzen, dass die Rechte der Energieverbraucher nicht durch eine Sonderverordnung ausgehöhlt werden. Da eine solche Verordnung die Zustimmung des Bundesrates bedarf, könnten die Landesregierungen klarstellen, dass sie einer Schmälerung der Verbraucherrechte nicht zustimmen werden.

Cover Allgemeine Bedingungen für Netzanschluss und Stromversorgung vs. AGB-Recht

Clemens Arzt und Stefan Schröder: Allgemeine Bedingungen für Netzanschluss und Stromversorgung versus AGB-Recht - Rechtsgutachten, Schriftenreihe des Verbraucherzentrale Bundesverbandes zur Verbraucherpolitik Band 6, Berliner Wissenschafts-Verlag, ISBN 3-8305-1067-5

Haftungsprivileg bestätigt

Energieversorger von der Haftung für Schäden durchSpannungsschwankungen im Stromnetz weitgehend befreit

Haftungsprivileg bestätigt

(28. Mai 2004) - Energieversorger sind von der Haftung für Schäden durch Spanungsschwankungen im Stromnetz weitgehend befreit - selbst dann, wenn ein Mitarbeiter einen groben Fehler macht, so ein Urteil des Karlsruher Bundesgerichtshofs.

Geklagt hatte ein Ingenieurbüro, bei dem ein Mitarbeiter der Stadtwerke Chemnitz nach einem Stromausfall das Büro ans 400V- statt ans 220V-Netz angeschlossen hatte. Die Stadtwerke Chemnitz wollten die Haftung laut Geschäftsbedingungen auf 2500 Euro beschränken, das Ingenieurbüro verlangte 23 500 Euro. Die Klage wurde abgewiesen.

Die Begründung: Zweck der Haftungsprivilegierung nach § 6 AVBEltV sei es, die Haftung der EVUs für die typischen Risiken der netzgebundenen Stromversorgung im Interesse möglichst kostengünstiger Strompreise angemessen zu begrenzen. Sie greife ohne Rücksicht auf die Störungsursache immer dann, wenn Stromkunden Sach- oder Vermögensschäden erleiden, weil sich eines der beiden in § 6 Abs.1 AVBEltV genannten typischen Risiken wie Unterbrechung der Versorgung oder die Belieferung in einer nicht vertragsgemäßen Spannung oder Frequenz verwirklicht.

Im vorliegenden Fall sei es um die Lieferung irregulären Stroms auf regulärem Weg gegangen, so der BGH, der Privilegierungstatbestand der Unregelmäßigkeit in der Strombelieferung sei damit erfüllt.

AVBElt: Verordnungsentwurf 2003 für Verbraucher nicht akzeptabel

Die allgemeinen Versorgungsbedingungen (AVBElt) legen die rechtlichen Bedingungen für Versorgung mit Strom fest.

AVBElt: Verordnungsentwurf für Verbraucher nicht akzeptabel

(16. Oktober 2003) Die allgemeinen Versorgungsbedingungen (AVBElt) legen die rechtlichen Bedingungen für Versorgung mit Strom fest. Sie gelten nur für Tarifkunden, also Kunden, die Strom zu festgelegten genehmigten Preisen vom Netzbetreiber kaufen. Bisher war der Stromversorger, an dessen Netz man angeschlossen war, auch automatisch der Stromlieferant. Nun kann man den Strom auch von einem anderen Lieferanten beziehen. In diesem Fall gilt die bisherige AVBElt nicht mehr. Zwei Regelungen sind zu treffen:

  • Eine Regelung der rechlichen Beziehung zwischen dem Besitzer des Hausanschlusses - das ist der Hausbesitzer und nicht der Mieter - und dem örtlichen Stromnetzbetreiber zu Fragen, wer den Hausanschluss bezahlt, wer ihn wartet, ob der Versorger die Wohnung betreten darf usw. Man nennt das einen Netzanschlussvertrag. Er regelt nur den Anschluss ans Stromnetz, nicht aber die Stromlieferung, also die Nutzung des Netzes.
  • Eine rechtliche Regelung für Stromlieferung zwischen Stromkunde und Stromlieferant, einen Stromlieferungsvertrag zur Regelung von Preisen, Haftung, Zahlungsbedingungen usw. Wenn der Stromnetzbetreiber den Strom liefert, das ist in 97 % der Fall, dann ist es vorteilhaft, für die Stromlieferung Standardvertragsbedingungen festzulegen.

Tipp: Wenn ein anderer Händler den Strom liefert, dann erfolgt die liefervereinbarung zwischen Händler und Kunde. Ein Netznutzungsvertrag zwischen Kunde und Netzbetreiber ist dann nicht notwendig und sollte vom Kunden keinesfalls geschlossen werden. Der Händler vereinbart dann mit dem Stromnetzbetreiber die Netznutzung und der Kunde hat damit nichts zu tun und ist auch nicht in der Haftung gegenüber seinem Netzbetreiber. Novellierung der Verordnung Das Bundeswirtschaftsministerium will nun die bisherige AVBElt, die Netzanschluss und -Nutzung zugleich regelte, in zwei neuen Verordnungen regeln: Einer Netzanschlussverordnung (AVBEltNetz) und einer Stromlieferungsverordnung (AVBEltTarifkunden). Dazu wurde vom BMWi ein erster Entwurf am 2.11.2001 vorgelegt. Er stieß von Verbraucherseite auf Kritik, weil die für Verbraucher nachteiligen unzeitgemäß einseitigen Regelungen der alten Verordnung unverändert übernommen wurden. Das BMWi hat am 30.04.2002 einen neuen Verordnungsentwurf zur Diskussion vorgelegt. Verschlechterungen durch neuen Verordnungsentwurf Auch der neue Verordnungsentwurf stößt auf Kritik von Verbraucherseite. Der Verordnungsentwurf vom 30. 04. 2002 übernimmt in vielen Punkten die für Verbraucher untragbaren und unzeitgemäßen Regelungen der alten ABVElt. Schlimmer noch: Er sieht neue Verschlechterungen vor wie den Selbstbehalt im Schadensfall und geht in einigen Fällen hinter die Positionen des Entwurfs vom 2.11.2001 zurück. Ein Bewerbungsbonbon des Wirtschaftsministers für seine neuen Brötchengeber? AVBEltNetz:

  • Der Versorger haftet nur beschränkt für Schäden, die der Kunde durch Stromunterbrechungen erleidet und der Kunde muss sogar Schäden bis 200 € selbst tragen. Diese anachronistische Regelung war im Entwurf vom 2.11.01 verschwunden und ist im Entwurf vom 30.04.02 enthalten.
  • Die Kosten des Hausanschlusses muss der Kunde tragen ohne dass er Eigentümer des Hausanschlusses wird.
  • Die Errichtung des Hausanschlusses bleibt dem Wettbewerb völlig entzogen.
  • Der Kunde muss eine Transformatoranlage auf seinem Grundstück unentgeltlich dulden.
  • Installateure müssen vom Versorgungsunternehmen zugelassen werden.
  • Der Versorger darf die Kundenanlage auf Sicherheitsmängel prüfen lassen und die Beseitigung von Mängeln verlangen.

AVBEltTarifkunde:

  • Änderungen der Tarife brauchen nur öffentlich bekannt gegeben werden und brauchen dem Kunden nicht persönlich mitgeteilt werden.
  • Der Versorger kann Strafen gegen den Kunden verhängen.
  • Unzumutbare Haftungsregelung wie bei der AVBEltNetz.

Positive Neuregelungen des Entwurfs vom 30.04.02:

  • Duldungspflicht für die Nutzung des Kundengrundstücks durch den Netzbetreiber wurde für Kunden verbessert.
  • Bisherige Kündigungsfrist von einem Jahr nach Vertragsneuabschluss entfällt.
  • Säumigen Zahlern darf der Strom erst nach vier Wochen statt bisher nach zwei Wochen gesperrt werden. Die Verordnungen sind in der vorliegenden Form für Verbraucher, auch für gewerbliche Verbraucher, nicht tragbar. Politischer und öffentlicher Druck ist vonnöten, um Änderungen im Sinn der Verbraucher durchzusetzen.
Verordnung muss Stromverbraucher schützen

Der erste Entwurf vom 2.11.2001 war völlig unzureichend.

Verordnung muss Stromverbraucher schützen

Die Allgemeinen Versorgungsbedingungen (AVBElt) regeln die Rechte und Pflichten von Stromkunden und Stromverbrauchern. Die noch im Frühjahr geplante Novelle muss diese Verordnung entrümpeln. Vor Jahrzehnten zum Schutz der Stromversorger erlassene Bestimmungen müssen schleunigst durch Verbraucherschutzregelungen ersetzt werden. Der erste Entwurf vom 2.11.2001 war völlig unzureichend.

(15. Oktober 2003) Das rechtliche Verhältnis zwischen Stromtarifkunden und seinem Stromversorger wird durch eine Verordnung des Bundeswirtschaftsministeriums geregelt, die sog. Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden, kurz "AVBElt". Die Verordnung muss den freien Wechsel des Stromanbieters erleichtern und Kundenrechte schützen.

Justizia

Dies ist nur durch intensiven politischen und öffentlichen Druck von Verbraucherseite zu erreichen. Die Regelungswut des Bundeswirtschaftsministers, hier bei der AVBElt meist zum Vorteil der Versorgers genutzt, steht in bemerkenswertem Gegensatz zur Verordnungsscheu des Ministeriums, wenn es um die Durchsetzung von Verbraucherrechten bei der freien Wahl des Stromversorgers geht.

Die bisherige AVBElt sowie die analog gestalteten AVBGas und AVBFernwärme boten bereits seit Jahrzehnten Anlass zur Kritik aufgrund ihrer Unausgewogenheit zum Nachteil der Kunden. Dem Erlass einer neuen AVBElt kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil diese Verordnung erstmalig nach der wettbewerblichen Öffnung der Energiemärkte novelliert wird und weil die Regelungen der AVBElt in der Vergangenheit sinngemäß auch für die Regelungen des Gas- und Fernwärmebereichs und für die Versorgung von Sondervertragskunden übernommen worden sind.

Aus dem bisherigen zweiseitigen Verhältnis zwischen Kunde und Stromversorger ist seit der Strommarktöffnung ein dreiseitiges Verhältnis zwischen Kunde, Stromlieferant und Netzbetreiber geworden. Deshalb soll die bisherige AVBElt nach den Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums aufgespalten werden in zwei getrennte Verordnungen: eine AVBNetz zur Regelung der Beziehung zwischen Kunde und Netzbetreiber und eine AVBVertrieb zur Regelung der Beziehung zwischen Kunde und Stromlieferant, sofern der Kunde durch den Netzbetreiber aufgrund der Versorgungspflicht des Netzbetreibers mit Strom beliefert wird.

Kritikpunkte

Das Bundeswirtschaftsministerium plant noch in diesem Frühjahr eine Novelle der Verordnung. Ein erster Diskussionsentwurf zur neuen Verordnung wurde vom Bundeswirtschaftsministerium am 2.11.01 vorgelegt. Dieser Entwurf ist zwar nach Aussage des Ministeriums überholt. Ein neuer Entwurf lag bei Redaktionsschluß nicht vor. Er eignet sich aber zur Diskussion der Problempunkte der Verordnung. Der Entwurf sah folgendes vor:

  • Der Stromversorger kann seine Preise ändern, ohne dies den Kunden etwa durch einen Brief mitteilen zu müssen. Eine öffentliche Bekanntmachung z.B. als Zeitungsnotiz reicht aus wie bei der Bekanntgabe eines Gesetzes.
  • Das Stromversorgungsunternehmen erhält das Recht zum Betreten jeder Kundenwohnung, unabhängig davon, ob der Kunde damit einverstanden ist.
  • Der Stromversorger darf säumigen Zahlern den Strom 14 Tage nach einer Mahnung ohne weiteres abdrehen.
  • Der Stromversorger erhält das Recht, erforderlichenfalls die Grundstücke seiner Kunden zum Bau von Leitungen und Transformatoren unentgeltlich zu nutzen.
  • Der Kunde muss die Kosten für seinen Hausanschluss tragen, ohne dass er damit Eigentümer des Hausanschlusses wird.
  • Der Stromzähler darf vom Stromversorger eingebaut und abgelesen werden, muss aber vom Kunden bezahlt werden. Nur wenn sich Kunde und Versorger darauf einigen, darf ein Messdienstleistungsunternehmen beauftragt werden. Dadurch bleibt auch dieser Bereich vom Wettbewerb weitestgehend ausgenommen.
  • Der Stromversorger darf nach Gutdünken die Hausanlage jedes Kunden technisch prüfen lassen und kann bei Mängeln den Strom abstellen.
  • Alle Installateure müssen vom Stromversorger zugelassen werden und können dadurch zum Abschluss von Vereinbarungen mit dem Stromversorger gezwungen werden, auf die weder Kunden noch Aufsichtsbehörden Einfluss haben.

Einige für Verbraucher nachteilige Regelungen der bisherigen AVBElt sind in dem Entwurf nicht mehr enthalten. So ist die Haftungsbeschränkung entfallen und die Verwendungsbeschränkung für die bezogene Elektrizität. Auch sollen die Baukostenzuschüsse schrittweise abgeschmolzen werden. Die Jahresfrist für die Erstkündigung wurde gestrichen. Die Einschränkungen bei Eigenbedarfsdeckung des Kunden sind entfallen. Neu zugunsten des Kunden ist vorgesehen, dass der Kunde seine Zahlungen an den Versorger mit anderen Forderungen des Versorgers verrechnen darf.

Verordnung über Strombezug widerspricht dem EU-Recht

Bund der Energieverbraucher schrieb an Budesjustizministerin

Verordnung über Strombezug widerspricht dem EU-Recht

(16. September 2003) Der Bund der Energieverbraucher hat heute in einem Schreiben die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries über die nach Meinung des Vereins unzulässigen Klauseln in der Verordnung zum Strombezug (AVBElt) unterrichtet.

Brigitte Zypries

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries

Die Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist in Deutschland für die Versorgung mit leitungsgebunden Energien nicht umgesetzt worden.

Denn die Verordnung zur Normierung von Versorgungsverträgen (AVB) sieht eine Reihe von Klauseln vor, die nach dieser Richtlinie unzulässig und damit zu untersagen sind:

  • Als Vertragsstrafe kann nach § 23 AVBElt und § 11 AVBEtlTarif der Stromversorger das Doppelte des zu zahlenden Betrags festlegen. Das ist ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag, der nach Richtlinie 93/13/EWG Anhang Punkt e) missbräuchlich ist.
  • Haftungsbeschränkung bei Versorgungsstörungen nach § 6 AVBElt bzw. § 7 AVBEltTarif sind missbräuchlich. Die Richtlinie 93/13/EWG Anhang Punkt a) verbietet eine Einschränkung der gesetzlichen Haftung von Gewerbetreibenden.
  • Das Aufrechnungsverbot nach § 31 AVBElt bzw. § 19 AVBEltTarifkunden verstößt gegen Anhang Punkt b) der Richtlinie 93/13/EWG.

Das Bundeswirtschaftsministerium erlässt die Verordnung. Es hat in den AVBElt die missbräuchliche Klauseln nicht nur erlaubt, sondern sie sogar ihrerseits zur Norm erhoben. Damit verstößt der Verordnungsgeber gegen die genannte EU-Richtlinie.

Der Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher schrieb an die Bundesjustizministerin: "Ich bitte Sie, für die Einhaltung der EU-Richtlinie 93/13/EWG durch die künftige AVBElt zu sorgen".

Neue AVBEItV (nicht) in Arbeit

Mit dem Inkrafttreten des novellierten Energiewirtschaftsgesetzes ist die rechtliche Grundlage für die Novell der AVBELtV geschaffen

Neue AVBEltV (nicht) in Arbeit

(21. Juli 2003) Mit dem Inkrafttreten des novellierten Energiewirtschaftsgesetzes ist die rechtliche Grundlage für die Novelle der Allgemeinen Versorgungsbedingungen für die Stromversorgung (AVBEltV) geschaffen. Die bisherige AVBEltV geht noch von einer festen Zuordnung von Kunden und Stromversorger aus und berücksichtigt einen möglichen Wechsel des Stromversorgers nicht.

Ein Entwurf für eine novellierte Verordnung wurde im vergangenen Jahr bereits zwischen Bundeswirtschaftsministerium und den Verbänden diskutiert. Als Ergebnis liegt ein Entwurf der Verordnung vom 26. August 2002 vor (Download unten).

Mit einem neuen Referentenentwurf zur AVBElt ist erst zu rechnen, wenn die vielen anderen dringlichen Punkte des Energierechts vom Bundeswirtschaftsministerium abgearbeitet worden sind. Vor allem erzwingt die neue EU-Richtlinie eine rasche weitere Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes. Erst im Anschluss daran wird die AVBElt weiter bearbeitet werden.

 AVBElt Entw. 26.8.02 Download 2,583 kB PDF 

Verhängung von Stromsperren gegen säumige Zahler

Das Versorgungsunternehmen darf von säumigen Kunden Vorauszahlungen verlangen

Verhängung von Stromsperren gegen säumige Zahler

(15. August 2002) Das Versorgungsunternehmen darf nach dem Entwurf des BMWi Vorauszahlungen von säumigen Kunden verlangen. Wird nicht gezahlt, darf 14 Tage nach Mahnung die Versorgung eingestellt werden.

Ohne hier einen Bezug herstellen zu wollen, soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Versorgungswirtschaft gestützt auf ihr Leitungsmonopol der Wirtschaftszweig mit den höchsten Gehältern ist.

Das allgemeine Schuld- und Vertragsrecht bietet für diese Problematik ausgewogene Lösungen an, die der hier vorgesehenen einseitigen Benachteiligung vorzuziehen ist. Die Regelung von Kündigungsfristen sollte Bestandteil der Tarife sein. Insbesondere die Einstellung der Versorgung 14 Tage nach deren Ankündigung ist angesichts von üblichen sechs Wochen Jahresurlaub nicht mehr zeitgemäß und angesichts der Bedeutung der Stromversorgung auch nicht mehr angemessen.

Hausanschluss gehört Kunden

Der Stromversorger bekommt die Kosten für den Hausanschluss vom Kunden bezahlt

Hausanschluss gehört Kunden

(15. August 2002) Der Stromversorger bekommt die Kosten für den Hausanschluss lt. Entwurf des BMWi vom Kunden bezahlt. Der Hausanschluss bleibt aber Eigentum des Stromversorgers. Es widerspricht der Logik des Geschäftslebens, dass der Kunde durch Bezahlung des Hausanschlusses nicht zu dessen Eigentümer wird.

Cartoon Stecker in Steckdose

"Mein Anschluss?"

Das Eigentum an den Hausanschlüssen sollte auf die Kunden übergehen, die den Anschluss bezahlt haben. Das hätte den weiteren Vorteil, dass die Errichtung des Anschlusses auch direkt im Auftrag des Kunden durch ein Fachunternehmen erfolgen kann. Das würde die Errichtung von Hausanschlüssen dem Wettbewerb öffnen. Das EnWG schreibt in §11 Abs. 2 vor, dass dem Interesse des Anschlussnehmers an kostengünstigen Lösungen besonderes Gewicht beizumessen ist. Allerdings hätte der Kunde auch die Sorge für die Instandhaltung und ggf. Reparatur zu tragen und die damit verbunden Kosten.

Ausgewogenheit wichtig

Beim Erlass einer neuen AVBELt muss besonders auf die Ausgewogenheit der Versorgungsbedingungen geachtet werden.

Ausgewogenheit wichtig

(15. August 2002) Beim Erlass einer neuen AVBElt muss besonders auf die Ausgewogenheit der Versorgungsbedingungen geachtet werden. Dies hat folgende Hintergründe:

  • Der Kunde ist ungeachtet seiner Wahlfreiheit bezüglich des Versorgers an seinen Netzbetreiber gebunden und hat keinerlei Wahlfreiheit. Diesbezüglich hat der Wettbewerb keine Änderung gebracht.
  • Durch sein Leitungsmonopol hat der Versorgungsnetzbetreiber eine überlegene Stellung gegenüber dem Kunden, die er bei keinem anderen Geschäftsverhältnis hat. Der besonders schutzbedürftige Teil im Verhältnis zwischen Kunde und EVU ist daher eindeutig der Kunde und nicht das EVU. Die AVBElt sollte daher vorrangig zum Ziel haben, den Kunden vor jeglicher Willkür des Leitungsmonopolisten zur Durchsetzung seiner wirtschaftlichen Interessen zu schützen.
  • Der Kunde ist auf die Lieferung von Strom angewiesen. Strom ist ein unverzichtbares Gut.
  • Regelungen zugunsten der Stromversorger wurden in der Vergangenheit mit dem Schutz der Allgemeinheit der Stromkunden begründet, deren Versorgung - so die Erwartung - preisgünstiger wäre, wenn die Stromversorger finanziell entlastet würden. Die Erfahrung hat diese Erwartung widerlegt und im Gegenteil gezeigt, dass selbst bei sehr hohen Gewinnen die Strompreise nicht herabgesetzt werden. Die Verordnung muss verhindern, dass Kosten aus dem Wettbewerbsbereich über das Leitungsmonopol auf die Kunden abgewälzt werden können. Dafür muss der Monopolbereich auf das unerlässliche Minimum reduziert werden, indem z.B. die Hausanschlüsse und die Stromzähler dem Wettbewerbsbereich zugeordnet werden.

Für alle Regelungen der AVBElt gibt es entsprechende Regelungen des BGB, die vom Gesetzgeber beschlossen wurden und auf einem fairen Ausgleich der Interessen von Käufern und Verkäufern basieren. Sofern die AVBElt besondere Regelungen trifft, ist zu fragen, ob diese Regelungen den Käufer gegenüber seinem Stromversorger nicht unangemessen benachteiligen und ob es dafür von der Sache her eine besondere Rechtfertigung gibt. Ferner ist zu fragen, ob sie mit dem geänderten Verständnis vom Strommarkt als einem Wettbewerbsmarkt vereinbar sind und die Einführung von Wettbewerb fördern oder behindern.

letzte Änderung: 28.10.2015