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BGH zu Preisklauseln

Klarheit bei Preisanpassungsklauseln in Energielieferverträgen für Sonderkunden.

BGH zu Preisklauseln

(17. Dezember 2015) Ein neues BGH-Urteil bringt Klarheit bei Preisanpassungsklauseln in Energielieferverträgen für Sonderkunden. Im Urteil ZR 360/14 hat der VIII. Zivilsenat eine von einem Versorger verwendete Klausel als einwandfrei beurteilt. Die Formulierungen stellten den Anlass und den Modus der Preisänderungen so transparent dar, dass der Kunde die Änderungen anhand klarer und verständlicher Kriterien vorhersehen kann, so der BGH. Nicht nur der Anlass einer Preisanpassung, auch die zugrunde liegende Kostenentwicklung werde in ausreichender Weise konkretisiert.

Ebenso würden die erforderlichen grundlegenden Infos zur Berechnung künftiger Anpassungen angemessen dargestellt. Nach dem Urteil muss die Preisklausel keine abschließende Aufzählung, Erläuterung und Gewichtung sämtlicher Kostenfaktoren enthalten. Auch muss der Versorger Kunden nicht auf die Möglichkeit hinweisen, die Preisanpassung nach § 315 BGB überprüfen zu lassen. Hintergrund: In den vergangenen Jahren hatte der BGH bestimmte Klauseln für unwirksam erklärt, jedoch keine konkreten Hinweise für eine rechtswirksame Klausel gegeben.

Grundversorgung der Protestkunden gesichert

Etliche Energieversorger kündigen ihren Kunden die Grundversorgung, weil die Kunden nicht den vollen Preis zahlen, sondern die Rechnung wegen vermuteter Unbilligkeit kürzen.

Grundversorgung der Protestkunden gesichert

Etliche Energieversorger kündigen ihren Kunden die Grundversorgung, weil die Kunden nicht den vollen Preis zahlen, sondern die Rechnung wegen vermuteter Unbilligkeit kürzen. Die Versorgung dieser Kunden sei wirtschaftlich nicht zumutbar, argumentieren die Versorger. Schließlich könnten die Verbraucher den Versorger wechseln.

(13. Dezember 2015) Alle Verbraucher haben ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Grundversorgung nach § 36 Abs. 1 EnWG. Das Gesetz schränkt dies allerdings ein: Diese Pflicht besteht nicht, wenn die Versorgung für das Energieversorgungsunternehmen wirtschaftlich unzumutbar ist. Genau auf diesen Passus berufen sich einige Versorger und kündigen Protestkunden die Grundversorgung.

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Unbillige Rechnungen nicht fällig

Zu Unrecht, hat das Landgericht Kiel in einem aktuellen Urteil entschieden (Urteil vom 29. Juli 2015, Az. 4 O 96/15). Das Urteil stützt sich auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. Dezember 2010 (Az. 11 U 132/10 (Kart)). Das Bestreiten der Billigkeit einer Rechnung führt dazu, dass diese nicht fällig wird. Das Urteil des OLG führt dazu aus: „Nach § 315 Abs. 3 BGB sind die Tarife des Energieversorgers nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen. […] Daraus folgt, dass der Kunde nicht darauf beschränkt ist, Einwendungen gegen die Billigkeit der Tarifbestimmungen in einem von ihm anzustrengenden Rückforderungsprozess geltend zu machen. Erst die vom Gericht neu festgesetzten Tarife sind für den Kunden verbindlich und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten“ (BGH, Urteil vom 5. Juli 2005, Az. X ZR 60/04).

Zur Grundversorgung verpflichtet

Daraus folgt für das Eilverfahren, dass vor Abschluss der Billigkeitsprüfung in dem Verfahren 8 O 95/09 nicht festzustellen ist, ob die vom Versorger festgesetzten Entgelte der Billigkeit entsprechen, so dass sie für den Kunden derzeit nicht verbindlich sind und der Kunde nicht in Verzug geraten kann. Dann aber ist dem Versorger die Berufung auf die wirtschaftliche Unzumutbarkeit abgeschnitten und er ist mindestens zur Grundversorgung des Kunden verpflichtet.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der theoretischen – von dem Kunden bestrittenen – Möglichkeit eines Versorgerwechsels. Der Versorger kann sich seiner Verpflichtung als Grundversorger nämlich nicht unter Verweis auf einen theoretischen Wechsel zu einem anderen Versorger entziehen. Im Ergebnis wäre die Billigkeitskon­trolle nach § 315 Abs. 3 BGB darüber hinaus obsolet, wenn jedem Versorger die Möglichkeit eröffnet wäre, sich der Billigkeitskontrolle durch Verweis auf die Möglichkeit eines Versorger­wechsels zu entziehen. Auch im Falle einer Ver­sorgung des Kunden im Rahmen eines Sondervertrages gilt nichts anderes. Soweit sich der Versorger auf die allgemeine Vertragsfreiheit beruft und verschiedene Entscheidungen des Bundesgerichtshofs anführt, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Vielmehr ergibt sich aus diesen Entscheidungen, dass dem Sonderkunden ebenso wie dem Grundversorgungskunden die Möglichkeit einer Überprüfung der einseitigen Preisänderung zusteht (vgl. insb. BGH Az. VIII ZR 225/07)“.

Im aktuellen Fall hatten die Stadtwerke Kaltenkirchen einem Verbraucher die Grundversorgung gekündigt. Das Landgericht Kiel führt in seinem Urteil aus, der Verbraucher sei nicht mit einem erheblichen Betrag im Rückstand. Der Versorger hätte den Zahlungsrückstand selbst mit verschuldet, weil er jahrelang eine gerichtliche ­Klärung seiner Vergütungsansprüche versäumt habe. Das Urteil ist rechtskräftig.

Bund der Energieverbraucher schaltet Bundesverfassungsgericht ein

Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V. vom 08. Dezember 2015

Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.

Bund der Energieverbraucher schaltet Bundesverfassungsgericht ein

(8. Dezember 2015) Mit seinem Urteil vom 28.10.2015 (VIII ZR 13/12) hat der Bundesgerichthof (BGH) in letzter Instanz entschieden, dass Preiserhöhungen von Gas- und Stromversorgern bei Tarifkunden in der Vergangenheit zulässig gewesen seien.

Dieses Urteil des achten Zivilsenats unter dem Vorsitz von Karin Milger hat bei vielen Juristen und Verbrauchern  Unverständnis, Erstaunen und sogar auch Empörung ausgelöst, während alle Erwartungen von Energieversorgern erfüllt wurden.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte nämlich noch ein Jahr zuvor ausdrücklich die Unvereinbarkeit der nationalen Rechtsgrundlagen für derartige Preiserhöhungen mit europäischem Verbraucherschutzrecht festgestellt. Angefragt hatte diese Prüfung zur Vereinbarkeit mit Europarecht der BGH beim EuGH selbst. Die höchsten deutschen Richter zogen jedoch aus der Antwort des EuGH nicht die Konsequenz, nunmehr ihrerseits die Entgeltforderungen der Energieversorger zurück zuweisen. Stattdessen meinten sie, eine „Regelungslücke“ in den Versorgungsverträgen erkennen zu müssen, die durch eine „ergänzende Vertragsauslegung“ zu schließen sei. Im Ergebnis wurde den Versorgern ein praktisch unbegrenztes Preiserhöhungsrecht zugebilligt.

In Abstimmung mit dem betroffenen Endverbraucher hat der Bund der Energieverbraucher daraufhin den Verfassungsrechtler Prof. Dr. Holger Zuck, Herausgeber eines Kommentars zum Bundesverfassungsgerichtsgesetz, eingeschaltet. Prof. Zuck hat eine Verfassungsbeschwerde gegen das BGH-Urteil eingelegt und auch ausführlich begründet (Aktenzeichen 1 BVR 2971-15). Nach der sog. „Ausschöpfung des ordentlichen Rechtsweges“, kann nämlich nur noch über das Verfassungsrecht die Entscheidung des BGH angegriffen werden.

Die Beschwerde bemängelt, dass der BGH auch in seiner eigenen Rechtsauffassung die europarechtlichen Verbraucherschutzrichtlinien zu beachten hat. Auch an eine „ergänzende Vertragsauslegung“ sind die gleichen Maßstäbe anzulegen, wie an die inzwischen gekippten nationalen Rechtsgrundlagen. Hieran aber gerade mangelt es im Urteil des BGH. Im Zweifelsfall hätte der BGH seine beabsichtigte „Lösung“ erneut dem EuGH zur Prüfung vorlegen müssen, denn in den bisherigen Vorlagen hat der BGH nicht zu erkennen gegeben, dass er eine „ergänzende Vertragsauslegung“ beabsichtigte. Entsprechend konnte sich der EuGH zu dieser Frage auch nicht äußern.

„Im Ergebnis konstruiert der BGH einen nationalen Freiraum, der ihm nach dem unionsrechtlichen Treuegebot nicht zusteht. Damit verstößt der BGH in offenkundiger und entscheidungserheblicher Weise gegen seine Vorlagepflicht nach Art 267 III AEUV, verweigert dem Verbraucher seinen ihm zustehenden Richter und verletzt damit Artikel 101 I 2 des Grundgesetzes“, schreibt Prof. Zuck in der Verfassungsbeschwerde.

Wann das Bundesverfassungsgericht sich dazu äußern wird, ist derzeit nicht absehbar. Auch wirkt ein Richterspruch des Verfassungsgerichtes erst einmal nur für den Beschwerde führenden Verbraucher. Sollte das Verfassungsgericht jedoch die Entscheidung des BGH für unzutreffend erachten, wird dies auch bei den anderen Gerichten zur Beachtung führen.

Betroffenen Tarifkunden, die sich derzeit in gerichtlicher Auseinandersetzung mit ihrem Versorger befinden, ist daher zu raten, auf die anhängige Verfassungsbeschwerde bei Gericht deutlich hinzuweisen und die erforderliche Vorlage an den EuGH zu begründen. Darauf hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich in einem vergleichbaren Fall hingewiesen (BVerfGE 129, 78 (93f.)). Jedes Gericht kann und muss insoweit von sich aus die Frage der Zulässigkeit der Anwendung der „BGH-Lösung“ vom EuGH klären lassen.

Der Bund der Energieverbraucher stellt zu diesem Zweck den Text der Verfassungsbeschwerde in anonymisierter Form zur Verfügung.

Grundversorgung darf Protestkunden nicht gekündigt werden, urteilt das LG Kiel

Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V. vom 25. August 2015

Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.

Grundversorgung darf Protestkunden nicht gekündigt werden, urteilt das LG Kiel

(25. August 2015) Etliche Energieversorger kündigen ihren Kunden die Grundversorgung, weil die Kunden nicht den vollen Preis zahlen, sondern die Rechnung wegen vermuteter Unbilligkeit kürzen. Die Versorgung dieser Kunden sei wirtschaftlich nicht zumutbar, argumentieren die Versorger. Schließlich könnten die Verbraucher den Versorger wechseln.

Nun haben alle Verbraucher ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Grundversorgung nach § 36 Abs. 1 EnWG. Das Gesetz schränkt dies allerdings ein: Diese Pflicht besteht nicht, wenn die Versorgung für das Energieversorgungsunternehmen wirtschaftlich unzumutbar ist. Genau auf diesen Passus berufen sich die Versorger.

Zu Unrecht, hat das Landgericht Kiel in einem aktuellen Urteil entschieden (). Das Urteil stützt sich auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. Dezember 2010 (Az 11 U 132/10 (Kart)). Das Bestreiten der Billigkeit einer Rechnung führt dazu, dass diese nicht fällig wird. Das Urteil des OLG führt dazu aus: „Nach § 315 Abs. 3 BGB sind die Tarife des Energieversorgers nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen. Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen mit der Folge, dass erst diese durch das Gericht festgesetzten Tarife für den Kunden verbindlich sind und erst mit Rechtskraft eines solchen Gestaltungsurteils die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig wird, so dass erst ab diesem Zeitpunkt Verzug bei dem Kunden des Energieversorgers eintreten kann.

Daraus folgt, dass der Kunde nicht darauf beschränkt ist, Einwendungen gegen die Billigkeit der Tarifbestimmungen in einem von ihm anzustrengenden Rückforderungsprozess geltend zu machen. Erst die vom Gericht neu festgesetzten Tarife sind für den Kunden verbindlich und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten (BGH, Urteil vom 5.7.2005, X ZR 60/04 - juris - m.w.N.).

Daraus folgt für das Eilverfahren, dass vor Abschluss der Billigkeitsprüfung in dem Verfahren 8 O 95/09 nicht festzustellen ist, ob die von der Beklagten festgesetzten Entgelte der Billigkeit entsprechen, so dass sie für den Kläger derzeit nicht verbindlich sind und der Kläger nicht in Verzug geraten kann. Dann aber ist der Beklagten die Berufung auf die wirtschaftliche Unzumutbarkeit abgeschnitten und sie ist mindestens zur Grundversorgung des Klägers verpflichtet…

Etwas anderes folgt auch nicht aus der theoretischen - von dem Kläger bestrittenen - Möglichkeit eines Versorgerwechsels. Die Beklagte kann sich ihrer Verpflichtung als Grundversorger nämlich nicht unter Verweis auf einen theoretischen Wechsel zu einem anderen Versorger entziehen. Im Ergebnis wäre die Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB darüber hinaus obsolet, wenn jedem Versorger die Möglichkeit eröffnet wäre, sich der Billigkeitskontrolle durch Verweis auf die Möglichkeit eines Versorgerwechsels zu entziehen. Auch im Falle einer Versorgung des Klägers im Rahmen eines Sondervertrages gilt nichts anderes. Soweit sich die Beklagte auf die allgemeine Vertragsfreiheit beruft und verschiedene Entscheidungen des Bundesgerichtshofs anführt, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Vielmehr ergibt sich aus diesen Entscheidungen, dass dem Sonderkunden ebenso wie dem Grundversorgungskunden die Möglichkeit einer Überprüfung der einseitigen Preisänderung zusteht (vgl. insb. BGH VIII ZR 225/07 - juris -)“.

Im aktuellen Fall hatten die Stadtwerke Kaltenkirchen einem Verbraucher die Grundversorgung gekündigt. Das Landgericht Kiel führt in seinem Urteil aus, der Kläger sei nicht mit einem erheblichen Betrag im Rückstand. Der Versorger hätte den Zahlungsrückstand selbst mit verschuldet, weil er jahrelang eine gerichtliche Klärung seiner Vergütungsansprüche versäumt habe.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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letzte Änderung: 19.04.2023