ED 02/10

Archiv zum Thema Elektromobil aus 2015 bis 2018

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Reichweitenangst durch Ladechaos

Elektroautofahren macht Spaß und kann gut für die Umwelt sein. Doch beim Gedanken an ein Elektroauto ist die erste Frage unweigerlich: Wie weit komme ich damit? Die Frage müsste jedoch viel eher lauten: Wo kann und wie lange muss ich laden?

Reichweitenangst durch Ladechaos

Elektroautofahren macht Spaß und kann gut für die Umwelt sein. Doch beim Gedanken an ein Elektroauto ist die erste Frage unweigerlich: Wie weit komme ich damit? Die Frage müsste jedoch viel eher lauten: Wo kann und wie lange muss ich laden? Wir sind der Frage nachgegangen.
Von Louis-F. Stahl

(4. April 2018) Hand auf‘s Herz: Wann sind Sie zuletzt mehr als 300 Kilometer ohne Pause am Stück gefahren? Der ADAC warnt davor, dies überhaupt zu tun! Spätestens nach zwei Stunden Fahrt empfehlen Experten eine kurze Pause (bdev.de/fahrtpausen). Hält man sich an diesen Rat, erübrigt sich die oft gehörte Forderung nach 600 oder 800 Kilometer Reichweite für ein Elektroauto. Denn während der Fahrer verschnauft, kann sein Fahrzeug „Schnellladen“. Zumindest in der Theorie. Denn in der Praxis findet sich nicht an jedem Parkplatz eine Schnellladestation, die funktioniert, und sich mit einem gängigen Zahlungsmittel bezahlen lässt. Und nicht jedes Elektroauto hat einen Schnellladeanschluss.

Bedarfsanalyse

Die wichtigste Frage, die es vor der Anschaffung eines Elektroautos zu klären gilt, ist der tägliche Reichweitenbedarf. Wie viele Kilometer fahre ich zur Arbeit, zu Freizeitaktivitäten, zu Familie und Freunden sowie zum Einkaufen – und natürlich zurück nach Hause. Diese Entfernung in Kilometern nehmen Sie mal zwei und erhalten den Wert, den Sie mindestens an „Datenblatt-Reichweite“ für ein E-Fahrzeug voraussetzen sollten. Denn wie bisher bei Spritverbräuchen, tricksen die Fahrzeughersteller auch bei der Reichweite, dass sich die Balken biegen.

Eine Wallbox für Daheim gibt es in stylischen Gehäusen oder auch ganz zweckmäßig. In diesem Beispiel kann der Ladestrom über einen Drehschalter gewählt werden. Möglich ist auch eine automatische Ladestromanpassung gesteuert durch den Ertrag der eigenen PV-Anlage.

Problemfall Langstrecke

Muss das E-Auto neben den täglichen Kurzstrecken auch für weite Fahrten herhalten, so sollte das Fahrzeug einen besonders großen Akku aufweisen und schnellladefähig sein. Diese Kombination ist leider selten und teuer. Die Referenz ist in dieser Hinsicht der Hersteller Tesla, dessen aktuell lieferbare Fahrzeuge zwischen 490 und 630 km Datenblattreichweite aufweisen, sich in ca. 30 Minuten wieder fast ganz aufladen lassen, aber dafür mehr als 69.000 Euro kosten. Von Renault gibt es mit dem bekannten „ZOE R90“ zwar ein ab 29.000 Euro bedeutend günstigeres Fahrzeug mit bis zu 41 kWh Akkukapazität und 400 km Datenblattreichweite, das sich aber unterwegs mit 22 kW nur langsam laden lässt – im Zweifel hängen Sie also gute zwei Stunden am Kabel. Fast 390 km weit kommen, aber mit 50 kW auch schnell laden, kombiniert hingegen der Nissan Leaf ab 32.000 Euro und ist mit dieser Kombination in seinem Preissegment leider (noch) alternativlos. Wer häufig weiter reisen muss und dafür nicht ein zweites Fahrzeug oder die Bahn nehmen kann oder will, für den könnte als Kompromiss auch ein Plug-In-Hybrid wie der Toyota Prius PHV interessant sein.

Daheim laden

Gar nicht warten braucht, wer sein E-Fahrzeug einfach dann lädt, wenn es ohnehin parkt. Dies kann sowohl Zuhause als auch auf der Arbeit sein. Besteht kein Zeitdruck, reicht im Prinzip jede einfache Haushaltssteckdose, die in der Regel mit 10 Ampere, daher 2,3 kW belastet werden kann. Haushaltssteckdosen sind jedoch nicht für dauerhaft starke Belastungen ausgelegt. Lädt man an einem Ort regelmäßig, empfiehlt sich daher die Installation einer sogenannten „Wallbox“. Dabei handelt es sich um einen kleinen Kasten mit genormtem Typ-2-Stecker, den auch alle aktuellen E-Fahrzeuge besitzen und der bis zu 44 kW bereitstellen kann. Zusätzlich zur Typ-2-Steckdose sind in die Wallbox Schutzschalter und ein Kommunikationsmodul eingebaut. Darüber wird dem E-Auto mitgeteilt, wie schnell es laden darf. Dies ist beispielsweise sehr praktisch, wenn man eine PV-Anlage besitzt. Eine gute Wallbox kann die Autoladung dann auf Wunsch anhand des aktuellen Sonnenertrages in Echtzeit steuern.

Ärger in Mehrfamilienhäusern

Wer kein eigenes Haus besitzt, der braucht über ein E-Auto meist nicht weiter nachdenken. Denn niemand braucht ein E-Fahrzeug, was er nicht laden kann. Mieter und Bewohner einer Eigentumswohnung haben bisher leider keinen Anspruch auf eine Lademöglichkeit für ihr Fahrzeug. Besonders ärgerlich ist diese Situation für Wohnungseigentümer, die einen eigenen Parkplatz haben. Da es sich bei der Montage und dem Anschluss einer Wallbox um eine bauliche Veränderung handelt, müssten alle Miteigentümer zustimmen. Dieses Hemmnis soll entsprechend dem Koalitionsvertrag und einem bereits vorliegenden Gesetzentwurf alsbald beseitigt werden: Mieter und Wohnungseigentümer mit einem Parkplatz sollen berechtigt werden, auf eigene Kosten einen Stromanschluss und eine Wallbox an ihrem Parkplatz zu installieren.

Steckerkunde

Bis vor rund fünf Jahren mussten die E-Mobilpioniere mit einem Kofferraum voll Adapter, unterschiedlicher Kabel und sogar mobilen Wallboxen umherfahren. Seitdem hat sich viel verändert: E-Fahrzeuge kommen inzwischen immer mit einem Stecker vom „Typ 2“ zum normalen Laden mit bis zu 44 kW Wechsel- und Drehstrom, der neben heimischen Wallboxen auch an öffentlichen Ladesäulen stets als Grundausstattung anzutreffen ist. Wie schnell ein Auto mit diesem Stecker lädt, hängt von der Wallbox, dem verwendeten Kabel und dem E-Fahrzeug ab. Die schwächste Komponente bestimmt automatisch den maximalen Strom und der Anwender kann bei der Bedienung nichts verkehrt machen.

Wichtig ist nur, bei der Fahrzeuganschaffung auf das verbaute Ladegerät zu achten: Oft ist das Ladegerät in der Basisausstattung sehr langsam und ein schnellerer Lader für Typ 2 als Sonderausstattung verfügbar. Auch wenn man plant, nur Daheim zu laden, kann es praktisch sein, wenn das Auto nicht 12 Stunden braucht, sondern auch zwischendurch in 2 bis 3 Stunden geladen werden kann.

Serienmäßig kommen E-Fahrzeuge mit einem Typ-2-Stecker (links). Beim CCS-Stecker wird dieser unten um Gleichstrom-Schnellladekontakte ergänzt (mittig). Eine Sonderrolle nimmt der bei den Fahrzeugen asiatischer Automarken häufig anzutreffende CHAdeMo-Stecker ein, der an deutschen Ladestationen nicht sehr verbreitet ist (rechts).

Schnellladung

Je nach Ausstattung des Fahrzeugs kann optional zusätzlich zum Typ-2-Stecker ein Gleichstrom-Schnellladeanschluss nach europäischer „CCS“-Norm oder bei asiatischen Fahrzeugen vom Typ „CHAdeMo“ verbaut sein. Dieser Anschluss ist im Fahrzeug direkt mit der Batterie verbunden. Das deutlich größere und schwerere Ladegerät befindet sich in der Ladestation und kann den Akku in rund 30 bis 40 Minuten wieder nahezu vollpumpen. Allerdings müssen E-Mobilisten das Glück haben, dass die Ladestation mit CCS oder CHAdeMo den richtigen Stecker für ihr Fahrzeug hat.

Zukunftssicherer dürften Fahrzeuge mit CCS sein, da dieser Standard im Gegensatz zu CHAdeMo nicht nur in der deutschen Ladestationsverordnung vorgegeben wird, sondern sich zudem inzwischen die europäischen Fahrzeug- und Ladestationshersteller auf diesen Standard geeinigt haben.

Ladestationssuche

Für die Ladestationssuche gibt es leider kein einheitliches Verzeichnis und die Navigationsgeräte in den Fahrzeugen kennen meist nur die Partnerstationen des jeweiligen Fahrzeugherstellers. Eine Übersicht der Ladestationsverzeichnisse finden Sie unter bdev.de/ladeverzeichnisse. Das aktuell wohl bekannteste Verzeichnis stammt von der Webseite „GoingElectric“ und verfügt über einen Routenplaner unter Berücksichtigung des Fahrzeugtyps, dessen Reichweite und Schnelllade-Steckertyp. Viele Nutzer der Webseite berichten dort zudem über den Status von Ladestationen, posten Bilder und Preise sowie Abrechnungsmodalitäten.

Abrechnung

Das noch immer größte Problem beim Laden unterwegs ist die Abrechnung. Einige Ladestationen rechnen nach Zeit ab, andere nach Kilowattstunden und den Preis erfahren Kunden bestenfalls vorab im Internet oder unterwegs in einer App. An der Station selbst gibt es fast nie eine Preisinformation. Auch die Bezahlung an den Stationen ist kompliziert.

Während jeder Tankautomat EC- oder Kreditkarten akzeptiert und abbucht, was getankt wurde, braucht man für E-Ladestationen eine „Ladekarte“ vom Betreiber der Station oder einem seiner Roamingpartner. Die bekanntesten Roamingnetze sind „NewMotion“, „Plugsurfing“ und „Innogy eRoaming“. Die Fahrzeughersteller kochen daneben mit „ChargeNow“ (BMW) sowie „Charge&Fuel“ (VW) noch ein eigenes Süppchen. Wie beim Handy auch, ist Roaming aber meist teurer als der Tarif des örtlichen Anbieters.

Fazit

E-Fahrzeuge eignen sich aktuell sehr gut als Fahrzeug für die täglichen Fahrten, wenn man Daheim oder an der Arbeitsstelle laden kann. Hat man keine eigene Wallbox oder unternimmt Fernfahrten außerhalb der „Homezone“, wird es schnell abenteuerlich, kompliziert und nicht selten teuer. Sowohl die Anbieter von Ladestationen als auch von Fahrzeugen versuchen sich gegenseitig Steine in den Weg zu legen und blockieren damit letztendlich die E-Mobilität im Ganzen. Einfach haben es auf Reisen lediglich Tesla-Fahrer: Das Netz ist flächendeckend ausgebaut, die „Supercharger“ sind im Navigationssystem hinterlegt und der Strom ist kostenfrei oder wird von Tesla zum einheitlichen Festpreis abgerechnet.

E-Mobilität

Strom für Elektroautos

Strom für Elektroautos

(27. März 2018) Woher soll der Strom für die Elektroautos kommen? Der heutige Kraftstoffverbrauch für die Mobilität ist genauso hoch wie der gesamte Stromverbrauch des Landes: Rund 600 TWh jährlich. Der Energiedenker Johannes Lackmann hat gute Botschaften für uns: Die höhere Effizienz von Elektrofahrzeugen verringert den Strombedarf auf ein Viertel des jetzigen Energiebedarfs.

Die hypothetisch mögliche Stromausbeute über vorhandenen Straßen und Parkflächen ist um ein Vielfaches größer, als der Strombedarf des darunter stattfindenden Verkehrs: Für 150 TWh werden 1.600 km2 PV-Fläche benötigt. Die gesamten Verkehrsflächen belaufen sich auf 10.000 km2. Theoretisch ließen sich auf dieser Fläche 780 TWh erzeugen. Ein anderer Vergleich ist jedoch auch aufschlussreich: Mit einem Liter Benzin für 1,40 Euro kommt man bei einem Verbrauch von etwa 8 Liter pro 100 km rund 12 km weit. Kauft man jedoch für 1,40 Euro PV-Strom direkt vom Erzeuger, dann kommt man für diesen Geldbetrag mit einem Elektroauto mit rund 35 km beinahe dreimal so weit.

E-Mobilität

Elektroautos im Aufwind

Elektroautos im Aufwind

(19. März 2018) Im Jahr 2017 hat sich die Zahl der Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Die Elektromobilität beginnt damit langsam in den Massenmarkt vorzudringen.

Dennoch liegt der Anteil elektrisch angetriebener Fahrzeuge mit 54.492 Neuzulassungen gemessen an der Gesamtzahl der Neuzulassungen nur bei 1,6 Prozent. Weltweiter Spitzenreiter in Sachen Elektromobilität ist Norwegen. Dort wurden 2017 mehr Fahrzeuge mit Elektro- und Plug-In-Hybridantrieb verkauft, als solche mit Verbrennungsmotor.

Elektrisierende Automobile

Bis zum Jahr 2020 sollen auf deutschen Straßen eine Million Elektroautos lautlos rollen. Von diesem Ziel der Bundesregierung sind wir noch weit entfernt, aber das Angebot an Fahrzeugen wächst – genau wie deren Reichweiten und mittlerweile auch die Verkaufszahlen.

Elektrisierende Automobile

Bis zum Jahr 2020 sollen auf deutschen Straßen eine Million Elektroautos lautlos rollen. Von diesem Ziel der Bundesregierung sind wir noch weit entfernt, aber das Angebot an Fahrzeugen wächst – genau wie deren Reichweiten und mittlerweile auch die Verkaufszahlen.
Von Louis-F. Stahl

(12. Januar 2018) An was denken Sie eigentlich beim Begriff „Elektroauto“? Etwa an die lustigen dreirädrigen Kabinenroller aus den 1990er Jahren? Inzwischen hat sich die Welt der Elektromobile grundlegend gewandelt. Vermutlich haben Sie in den letzten Tagen bereits mehrere Elektroautos gesehen – und es ist Ihnen nicht aufgefallen. Moderne Elektroautos sind von verbrennungsmotorbetriebenen Autos äußerlich meist nicht mehr zu unterscheiden.

Vom Kompaktklasse-Golf über Kleinstwagen wie den Peugeot iON bis zu Oberklasse-Limousinen wie dem Model S von Tesla ist inzwischen das gesamte PKW-Spektrum auch mit einem elektrischen Antrieb erhältlich. Das breite Angebot spiegelt sich auch in den Verkaufszahlen wieder: Fuhren am 1. Januar 2017 nur knapp 34.022 batteriebetriebene Elektroautos auf deutschen Straßen, sind laut Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes im laufenden Jahr bisher 18.613 neue E-Fahrzeuge hinzugekommen und die monatlichen Statistiken der Behörde weisen Steigerungsraten von bis zu 193 Prozent auf.

Jüngste Entwicklung

Ursache des E-Mobilitätstrends auf dem Automobilmarkt dürften vier zusammenwirkende Faktoren sein:

  • Bis zum Jahr 2010 waren keine serienmäßig produzierten und frei erhältlichen E-Autos namhafter Autohersteller verfügbar. Der von Mitsubishi Ende des Jahres 2010 in Deutschland eingeführte Kleinstwagen i-MiEV bot erstmals den Komfort eines „normalen“ Autos, erreichte Käuferschichten abseits der bis dahin bekannten E-Kabinenroller und erzielte messbare Absatzzahlen. Seitdem hat sich die Modellvielfalt in allen Fahrzeugklassen rasant entwickelt und einige Fahrzeuge sind bereits in einer jeweils deutlich ausgereifteren zweiten Generation erhältlich (siehe Infobox Elektroauto-Modellübersicht).
  • Die Reichweite der Fahrzeuge konnte durch immer bessere Akkumulatoren enorm gesteigert werden. Die rund 20 in den 1970er Jahren gebauten Volkswagen Golf CitySTROMer mit Bleibatterien hatten eine Reichweite von maximal 50 Kilometern. Der BMW i3 von 2013 schaffte mit Li-Ion-Akkumulatoren eine Reichweite von 190 km und das nahezu baugleiche Fahrzeug des aktuellen Modelljahres mit verbessertem Akku bereits 290 km. Doch die Entwicklung schreitet weiter voran: Tesla bietet inzwischen verschiedene Fahrzeugmodelle der Mittel- und Oberklasse mit über 600 km Reichweite an.
  • Die Preise für Elektroautos fallen im Gleichschritt mit der Steigerung der Reichweite. So kosteten der Mitsubishi i-MiEV sowie die baugleichen Geschwister Citroën C-Zero und Peugeot iOn mit 150 km Reichweite zur Markteinführung vor sieben Jahren circa 35.000 Euro. Rund fünf Jahre später kosteten die nahezu unveränderten Fahrzeuge mit etwa 17.500 Euro nur noch gut die Hälfte.
  • Gleichzeitig mit dem Boom der Elektroautos selbst, setzte auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur ein. Im Jahr 2008 gab es nur rund 100 private Lademöglichkeiten von E-Autobesitzern für E-Autobesitzer im sogenannten „Drehstromnetz“. Nachdem RWE im Jahr 2009 mit dem deutschlandweiten Ausbau von „Autostrom“-Ladesäulen begann, zogen die anderen großen Stromkonzerne schnell nach und inzwischen bauen selbst kleinste Stadtwerke, aber auch Hotels und Lebensmitteldiscounter wie Aldi Ladesäulen für ihre Kunden. Laut dem Stromtankstellenverzeichnis GoingElectric gibt es im November 2017 bereits 29.100 Ladepunkte für E-Mobilisten.
Verbrauchermarkt

Alle wichtigen Faktoren wie Angebotsvielfalt, Preisentwicklung, Reichweiten aber auch Infrastruktur entwickeln sich seit dem Jahr 2010 sehr positiv für Verbraucher. Dabei nimmt Deutschland im internationalen Vergleich nicht mal eine Führungsrolle ein: In Norwegen wurden im Juni 2017 bereits mehr Autos mit Elektroantrieb als mit Verbrennungsmotor zugelassen. In China gibt es Zulassungsbeschränkungen in Großstädten für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und der Absatz elektrischer Fahrzeuge lag 2016 bei rund 500.000 Stück.

Der CityEL war eines der typischen Leichtbau-Elektroautos in den 1990er Jahren in Deutschland. Mit zunächst 50 km und später 100 km Reichweite sowie 300 Liter Kofferraumvolumen bot es auch Platz für Einkäufe.

Interessanterweise findet sich dort unter den Top 20 im Herstellerranking kein deutscher Hersteller, dafür aber viele innovative Fahrzeuge mit Leichtbaukarossen aus Kunststoff. Leichtere Fahrzeuge brauchen bei gleicher Fahrleistung kleinere und leichtere Batterien. Deutsche Hersteller haben den Trend zu leichten und günstigen Fahrzeugen verschlafen.

Blick in die Vergangenheit

Elektroautos sind nun keineswegs eine Erfindung der vergangenen Jahre. Tatsächlich fuhren erste Elektromobile ab 1881 noch vor der großen Fernfahrt von Bertha Benz mit dem Benz Patent-Motorwagen von 1888. Mit Reichweiten um 30 km, wie sie beispielsweise das ab 1882 angebotene „Ayrton & Perry Electric Tricycle“ boten, konnte das damalige Mobilitätsbedürfnis befriedigt werden. Schon kurz darauf schaffte der rund 300-mal verkaufte Lohner-Porsche ab 1900 mit 50 km/h rund 50 km.

Mit 50 km Reichweite bot bereits der Lohner-Porsche von 1900 einen unerwartet hohen Aktionsradius und freute sich laut historischen Aufzeichnungen in Berlin als Taxi großer Beliebtheit.

In den USA waren zu dieser Zeit mit circa 34.000 Elektrofahrzeugen doppelt so viele Batteriefahrzeuge wie Verbrennungsmotoren auf den Straßen unterwegs. Erst der Drang nach höheren Reichweiten bei gleichzeitig geringeren Preisen sorgte ab 1908 mit dem Ford Modell T für die bis heute anhaltende Dominanz des Verbrennungsmotors.

Batterieentwicklung

Doch noch vor der aktuellen E-Auto-Welle brachte die PSA-Gruppe (Peugeot und Citroën) in Frankreich zwischen 1995 und 2005 etwa 10.000 elektrisch angetriebene Saxo, Berlingo, 106 und Partner mit Nickel-Cadmium-Akkus auf die Straße. Diese Technologie war bereits besser und bot eine höhere Energiedichte, als die bis dahin verbreiteten Blei-Akkus. Doch erst die Li-Ion-Akkus, die seit etwa 2005 in Fahrzeugen zum Einsatz kommen, stellten den für höhere Reichweiten notwendigen technologischen Quantensprung dar. Plötzlich konnte bei gleichem Gewicht die fünf- bis achtfache Energie gespeichert und damit die Reichweite um den gleichen Faktor vergrößert werden. Zwar wurde auch die Energiedichte der Li-Ion-Akkus in den letzten Jahren weiter deutlich verbessert.

Der Mitsubishi i-MiEV hat nicht nur ab 2009 die aktuelle E-Auto-Welle ausgelöst, sondern erfreut sich auch 2017 nicht nur bei privaten Nutzern großer Beliebtheit. Gebraucht werden gut erhaltene Fahrzeuge mit niedrigen Laufleistungen und fitten Akkus ab rund 9.500 Euro gehandelt und bieten damit einen günstigen Einstieg in die E-Mobilität.

Den größten Schub dürfte jedoch der Preisverfall in der Akkubranche über die letzten Jahre gebracht haben. Dieser erlaubt es den Fahrzeugherstellern, immer mehr Akkuzellen in die Fahrzeuge einzubauen, ohne die Preise deutlich anziehen zu müssen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Nissan Leaf, der zum Modelljahreswechsel 2017/2018 aufgrund eines deutlich größeren Akkus eine Reichweitensteigerung von 89 Prozent bei nur 9 Prozent Preisunterschied erzielt.

E-Auto und langstreckentauglicher Benzin-Sparfuchs in einer Karosse: Der Toyota Prius PHV kann mit einer Akkuladung zwar nur 50 km elektrisch fahren. Auf längeren Reisen verbraucht der zusätzlich zur E-Auto-Technik verbaute Verbrennungsmotor aber nur 3 Liter Super auf 100 km.

Preise und Prämien

Batterieelektrisch betriebene Neuwagen sind aktuell zu Preisen ab 20.000 Euro erhältlich und bieten zu diesem Preis bereits Reichweiten ab 150 km. Für gut 10.000 Euro mehr wird aus einem Kleinstwagen bereits ein Kompaktwagen und die Reichweite verdoppelt sich in etwa (siehe Infobox Elektroauto-Modellübersicht). Je nach Komfort- und Designansprüchen sind den Preisen jedoch – wie bei „normalen“ Autos auch – keine Grenzen gesetzt und auch beim Wertverfall gibt es keine großen Unterschiede zum „Auto 1.0“.

Nachdem kein deutscher Autobauer sich im Stande sah, der Post ein elektrisches Leichtbau-Zustellfahrzeug mit Kunststoff-Karosserie zu bauen, hat die Post kurzerhand selbst eine Fahrzeugproduktion auf die Beine gestellt und bisher rund 5.000 „Streetscooter Work“ gebaut. Ab 2018 sollen pro Jahr bis zu 15.000 der robusten Nutzfahrzeuge vom Band rollen.

Staatliche Förderungen gibt es auf zwei Wegen: Zum einen erhalten Elektroautos mit dem E-Kennzeichen Vorteile, die örtlich unterschiedlich von kostenfreiem Parken bis zur Benutzung von Busspuren reichen. Beim Kauf wird zudem vom Bund eine „E-Auto-Prämie“ in Form eines Zuschusses in Höhe von 2.000 Euro gewährt – sofern der Händler diese Summe ebenfalls nachlässt. Faktisch ersetzt diese Förderung von 4.000 Euro vielfach Herstellerrabatte, die vor Einführung dieser Prämie üblich waren und erweist sich somit eher als Industrieförderung.

Umweltaspekte

Ein steter Streitpunkt, auch bei der Argumentation für oder gegen eine effektivere Förderung der E-Mobilität, ist deren Umweltbilanz. Die Diskussion dieser Thematik erfolgt häufig recht isoliert bezogen auf den CO2-Rucksack der Fertigung oder die Belastungen durch Öko- beziehungsweise Kohlestrom. Details zu diesen Fragen lesen Sie in der ENERGIEDEPESCHE 04/17 zwei Artikeln (Umsteigen auf einen elektrischen Klimakiller? und Die Mär vom schmutzigen Elektroauto). Nicht unerwähnt bleiben sollte dennoch kurz eine erst Ende Oktober veröffentlichte Studie der „Vrije Universiteit“ Brüssel und des unter anderem von der EU-Kommission finanzierten Think Tanks „Transport & Environment“. Diese Studie untersuchte den gesamten Lebenszyklus von E-Autos unter Berücksichtigung des Strommixes verschiedener Staaten. Selbst im Kohlestromland Polen sollen E-Fahrzeuge unterm Strich 25 Prozent weniger CO2-Belastung verursachen als Dieselfahrzeuge. Spitzenreiter sei Norwegen mit einer um 85 Prozent besseren Umweltbilanz von E-Fahrzeugen gegenüber Diesel-PKW. bdev.de/eautostudie

Elektromobilität zum Schnäppchenpreis auf Basis der Clio-Karosserie verspricht Renault mit der „Zoe“. Die günstigen Preise enthalten keinen Akku. Der muss zusätzlich zum Karosserie-Kaufpreis gemietet werden. Doch selbst mit dem optional möglichen Batteriekauf ist das aktuell 400 km Reichweite bietende Modell vergleichsweise günstig.

Reichweitenangst

Ein durchaus stichhaltiges Argument bei der Bewertung der individuellen Praxistauglichkeit aktueller E-Fahrzeuge ist deren Reichweite, aber auch wie schnell das Auto wiederaufladbar ist. Besondere Beachtung bedarf hierbei die von Herstellern angegebene Reichweite nach dem „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ (NEFZ). Wie auch bei den „Normverbräuchen“ von Verbrennungsmotoren hat diese Angabe mit der Praxis nichts zu tun. Je nach gefahrener Geschwindigkeit und Zusatzverbrauch durch Heizung oder Klimaanlage sind realistisch 50 bis 70 Prozent der NEFZ-Reichweiten zu erwarten.

Öffentliche Ladeinfrastruktur

Die „Reichweitenangst“ ist zusammen mit dem „Steckerchaos“ und dem „Ladekartenchaos“ das wohl größte Hemmnis für die Verbreitung von Elektroautos.

Am schnellsten lässt sich das Steckerchaos lichten: Inzwischen unterstützen neue Fahrzeuge in der Regel den Standard „Typ 2“ zum normalen Laden mit typischerweise 11 bis 22 kW, den auch öffentliche Ladesäulen als Grundausstattung bieten.

Je nach Ausstattung des Fahrzeugs kommt ein Schnelladeanschluss mit typischerweise 50 kW nach europäischer Norm „CCS“ oder bei asiatischen Fahrzeugen vom Typ „CHAdeMo“ hinzu. Schnellladeanschluss bieten häufig alle drei Stecker an.

Für die Ladestationssuche haben sich mit LemNET und GoingElectric zwei Verzeichnisse etabliert, wobei GoingElectric sogar einen Routenplaner unter Berücksichtigung des Fahrzeugtyps, dessen Reichweite, Steckertyp und Ladezeit bietet.

Bei der Bezahlung an den Stationen haben sich leider nicht EC- und Kreditkarten etabliert, sondern sogenannte „Ladekarten“. Brauchte es bis vor kurzem von jedem Ladestationsbetreiber eine eigene Karte, haben sich mit „The New Motion“, „Plugsurfing“ und „Innogy eRoaming“ von RWE inzwischen Netzwerke mit Roamingmöglichkeit etabliert. Der Preis für den Strom kann sich aber an einer Säule je nach Ladekarte und Roaminganbieter stark unterscheiden. Einfach haben es auf Reisen nur Tesla-Fahrer: Das Netz ist flächendeckend ausgebaut, die „Supercharger“ sind im Navigationssystem hinterlegt, der Strom ist in der Regel kostenfrei oder wird von Tesla zum einheitlichen Festpreis abgerechnet und die Schnellladung erfolgt mit bis zu 145 kW deutlich schneller als bei allen anderen Fahrzeugen.

Ein für die Kurzstrecke zur Arbeit und zurück angeschafftes und gutes Elektroauto kann daher schon bei einer etwas weiteren Fahrt ins Straucheln geraten. Wer häufig weite Strecken fahren muss und dafür keine Alternativen wie die Bahn oder ein zweites Auto in der Familie nutzen kann oder will, für den gibt es neben den teuren Fahrzeugen von Tesla kaum ein geeignetes E-Auto.

Neben der reinen Reichweite ist auch die maximale Ladegeschwindigkeit von Relevanz. Viele Fahrzeuge laden in der Basisausführung nur sehr langsam über 5 bis 10 Stunden – unabhängig davon, ob das Fahrzeug in der Haushaltssteckdose steckt oder an einer speziellen Wallbox. Die genauen Ladezeiten und Zusatzoptionen für schnelleres Laden sind je nach Fahrzeug höchst unterschiedlich und sollten daher vor einer Anschaffung genau sondiert werden – sofern das Fahrzeug nicht ausschließlich als Pendlerfahrzeug mit Ladung über Nacht daheim genutzt werden soll.

Brückentechnologie

Eine spannende Alternative insbesondere für Haushalte mit viel Kurzstreckenverkehr, aber auch Langstreckentauglichkeit als Kaufkriterium, können sogenannte „Plug-In-Hybride“ darstellen. Diese Fahrzeuge haben eine geringe elektrische Batteriereichweite von zumeist 20 bis 50 km, können aber danach mit einem Verbrennungsmotor weiterfahren. Dieses Konzept ist jedoch immer ein Kompromiss, denn es müssen zwei Antriebe untergebracht werden. Mit Akkuverschleiß und regelmäßiger Motorwartung (Ölwechsel usw.) addieren sich daher auch die Nachteile beider Fahrzeugtypen. Zudem sind diese Fahrzeuge häufig sehr ineffizient und brauchen im Verbrennungsbetrieb teilweise weit mehr als das vergleichbare Verbrenner-Serienfahrzeug. Einzig Toyota schafft es mit einem intelligenten stufenlosen Getriebe beide Antriebe optimal zu verbinden, so dass der Prius Plug-In mit 3,0 Liter Benzin pro 100 Kilometer auskommt.

Das seit dem Jahr 2013 in Deutschland erhältliche Tesla Model S setzt bis heute die Maßstäbe für Elektroautos: Bei einer Reichweite von über 600 km und kostenfreier Schnellladung auf 80 Prozent binnen 40 Minuten am gut ausgebauten Tesla-Ladenetz ist nur der Preis von mindestens 69.000 Euro für viele Interessenten ein K.-o.-Kriterium.

Ausblick

Aktuell deutet alles darauf hin, dass sich der Trend hin zur E-Mobilität aufgrund günstiger Rahmenbedingungen und dem unaufhaltbaren technischen Fortschritt, unabhängig von Dieselskandalen und staatlichen Fehlimpulsen, fortsetzt und weiter verstärkt. Dort wo Industrie und Politik ohne Grund am Verbrennungsmotor festhalten wollen, schafft sich die Nachfrage neue Lösungen. So musste die Deutsche Post nach einer Abfuhr in Wolfsburg und Stuttgart selbst zum Fahrzeughersteller werden. Mit der Streetscooter-Fertigung in Aachen ist das Unternehmen auf dem besten Weg, zu einem der größten E-Nutzfahrzeughersteller aufzusteigen. Mit dem „e.GO Life“ soll ab 2018 auch ein kleines Stadtauto aus Aachen zu Preisen ab 15.900 Euro auf den Markt kommen. Dieses Fahrzeug soll, wie bereits die Kabinenroller der 1990er Jahre und der Post-Streetscooter, auf eine ultraleichte Kunststoffkarosserie setzen, was der Effizienz einen großen Schub bescheren dürfte. Die E-Mobilitätswende bleibt also spannend.

Weitere Informationen:

Elektroauto-Modellübersicht

Wie auch bei verbrennungsmotorbetriebenen Fahrzeugen gibt es ein inzwischen nur noch schwer zu überschauendes Angebot an Elektroautos. Für eine erste Orientierung haben wir nachfolgend eine Tabelle mit den aktuell wohl bekanntesten Elektroautos zusammengestellt. Die genannten Einstiegspreise beinhalten ein vollständiges Fahrzeug inklusive Batterie in der kleinsten Ausführung. Die angegebenen Reichweiten beziehen sich auf die jeweils kleinste und gegebenenfalls größte gegen Aufpreis erhältliche Batteriekapazität.

Fahrzeug Fahrzeugklasse Reichweite nach NEFZ Einstiegspreis ab
Citroën C-Zero Kleinstwagen 150 km 19.800 Euro
Mitsubishi i-MiEV Kleinstwagen 150 km 19.800 Euro
Peugeot iOn Kleinstwagen 150 km 19.800 Euro
Smart Fortwo Kleinstwagen 160 km 21.940 Euro
VW e-up! Kleinstwagen 160 km 26.900 Euro
BMW i3 Kleinwagen 190-290 km 37.550 Euro
Renault Zoe Kleinwagen 200-400 km 29.690 Euro
Smart Forfour Kleinwagen 155 km 22.600 Euro
Hyundai Ioniq Kompaktklasse 280 km 33.300 Euro
Kia Soul EV Kompaktklasse 212 km 29.490 Euro
Nissan Leaf (2017) Kompaktklasse 199 km 29.265 Euro
Nissan Leaf (2018) Kompaktklasse 378 km 31.950 Euro
Opel Ampera-e Kompaktklasse 520 km 39.330 Euro
VW e-Golf Kompaktklasse 300 km 35.900 Euro
Nissan e-NV200 Kastenwagen 170 km 25.660 Euro
Renault Kangoo Z.E. Kastenwagen 270 km 32.880 Euro
Tesla Model 3 Mittelklasse 444-626 km 31.000 Euro
Tesla Model S Oberklasse 490-613 km 69.019 Euro
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Suchtfaktor Elektromobilität

Viele würden sich auf ein Elektroauto einlassen, wenn ihr Nachbar schon eines hätte, die Kosten überschaubar und die Reichweiten höher wären.

Suchtfaktor Elektromobilität

Viele würden sich auf ein Elektroauto einlassen, wenn ihr Nachbar schon eines hätte, die Kosten überschaubar und die Reichweiten höher wären. Ein Erfahrungsbericht von Holger Fehsenfeld aus Berlin betrachtet Elektroautos aus der Perspektive der Alltagstauglichkeit.

(20. September 2016) Ich biege in die Zufahrt zur Tiefgarage ein, ziehe meinen Parkschein, gebe Gas und – höre nichts! Jedes Mal wieder genieße ich die Tatsache, dass das übliche widerhallende Motorgeräusch schlichtweg ausbleibt. Daran ändert auch ein Tritt auf das „Gaspedal“ nichts. Wie auf Samtpfoten gleite ich zu meinem Parkplatz. Es kann sich daher nur um ein Elektroauto handeln!

Seit einem halben Jahr fahre ich mit Begeisterung ein Fahrzeug mit reinem Elektroantrieb. Wie ist es dazu gekommen? E-Autos sind doch zu teuer! Und müssen ständig laden! Und überhaupt – sind die denn schon ausgereift?

Holger Fehsenfeld lebt in Berlin und ist seit 1987 Vereinsmitglied. Er steigt früher als die Mehrheit in neue Techniken ein, seien es Computer, Digitalkameras oder Elektrofahrräder.

Erlebnis der dritten Art

Ich gelte durchaus als technikaffin und neuen Entwicklungen gegenüber aufgeschlossen. Kein Wunder also, dass mich vor einem Jahr das Angebot von BMW, ihren 2013 vorgestellten i3 einmal Probe zu fahren, anspricht. Gesagt, getan: Wir machen einen Termin, fahren mit dem i3 eine knappe Stunde im Berliner Stadtverkehr und machen eine „Begegnung der dritten Art“. So geschmeidig, so lautlos und dennoch kraftvoll waren wir noch mit keinem Auto unterwegs! Raumgefühl am Steuer – vermittelt Zukunft und Fortschritt. Ampelstart – sagenhaft! Komfort – sehr ungewöhnlich durch die lautlose Fortbewegung. So könnte es was werden!

Das alles sagen wir auch der freundlichen Assistentin, die uns einer abschließenden Befragung unterzieht. Aber nach diesen weichen Faktoren erschlagen uns die harten Fakten: Unter 40.000 € macht das Auto keinen Spaß. Und dafür eine realistische Reichweite von 125 km? Die Begeisterung schlägt in Ernüchterung um, und wir sind uns einig: So ist das noch nix! Aber eine interessante Erfahrung war es allemal.

Das Thema im Hinterkopf

Das Thema rumort aber im Hinterkopf weiter. Zu spektakulär hat sich das Fahren angefühlt. Ich beginne, mich in die Materie einzulesen: Prospekte, Berichte, Blogs, Veröffentlichungen jeder Art.

Ich stelle überrascht fest, dass die so hoch gehandelte deutsche Automobilindustrie etwas hinterherzuhinken scheint. Vorne liegen Nissan mit dem „Leaf“, Tesla mit dem „Model S“ und Renault mit dem „Zoe“. Renault? Habe ich nicht so richtig auf dem Schirm. Das ist ein Fehler, denn in der Summe der kritischen Eigenschaften: Reichweite, Alltagstauglichkeit, Lademöglichkeit und Preis scheint der Renault für Normalsterbliche einen Sweetspot zu besetzen.

Seit längerer Zeit schon alimentiert Renault den Zoe auch in Deutschland mit einer Prämie von 5.000 €, der damit rabattiert in eine Neupreisregion von rund 20.000 € kommt. Das lässt sich hören und macht mich wieder neugierig.

Suche nach Kompetenz

Renault bewirbt die (!) Zoe (Zoe ist ein Mädchenname) mit der Möglichkeit einer mehrtägigen Probefahrt. Das erscheint mir sehr interessant, bleiben doch bei der üblichen kurzen Fahrt allzu viele praktische Fragen offen. Die Suche nach einem für E-Autos kompetenten Renault-Partner gestaltet sich hingegen schwieriger als gedacht: Händler verdienen wegen der Prämie kaum an diesen Autos, das Interesse der Verkäufer ist auch deswegen gering.

Ich finde aber einen auf E-Autos spezialisierten Händler im Berliner Umland, der seine Zoe als Vorführwagen anbietet, da sollte doch eine Probefahrt möglich sein. Und tatsächlich: Alles läuft wie am Schnürchen! Angenehmer Telefonkontakt, Terminvereinbarung für eine dreitägige Probefahrt, kurze Einweisung – und schon gleite ich mit der Zoe über die Autobahn.

Kann sich die Zoe bewähren?

Die Temperaturen liegen Ende Januar zwischen vier und acht Grad Celsius, ungünstige Bedingungen für den Test eines E-Autos. Aber ich bin ja vorgewarnt: Praktische Reichweite im Winter ca. 100 km, im Sommer bis zu 170 km, es ist halt kein Tesla. Umso wichtiger die genialen Lademöglichkeiten bei diesem Fahrzeug. Mit bis zu 43 kW und 64 Ampere kann die Kleine geladen werden, damit ist der Akku in einer halben Stunde zu 80 Prozent voll. Das lässt sich hören und hat außer Tesla sonst keiner zu bieten.

Die Kälte lässt mich auch sofort einen Vorteil dieses E-Autos erfahren: Es kann vor dem Fahren vorgeheizt werden. Die Energie dafür kommt über eine Wärmepumpe und bei Bedarf zusätzlich elektrisch aus der Batterie.

Die Zoe ist technisch dem Schwestermodell Clio verwandt und fährt sich vergleichbar unproblematisch. Beschleunigung und Kraftentfaltung sind nicht so sportlich wie beim BMW i3. Die Geschwindigkeit wird bei 135 km/h abgeriegelt, das entspricht etwa der Richtgeschwindigkeit deutscher Autobahnen. Beim Fahren erlebe ich die spezifischen Eigenarten von Elektroantrieben:

  • Höchstleistung ist nicht gleich Dauerleistung. Für das Fahren mit Bleifuß sind E-Autos nicht geeignet.
  • Das Drehmoment und damit die Kraftentfaltung beim Beschleunigen stehen aber unmittelbar und über den ganzen Drehzahlbereich zur Verfügung. Daher kann sich die Zoe beim Ampelstart durchaus mit einem Porsche messen.
  • Und das Ganze auch noch unterbrechungsfrei, der Elektromotor kommt mit einem Gang und damit ganz ohne Schalten beim Fahren aus.

Die daraus resultierende Art des Fahrens macht süchtig. Geschmeidig, kein Motorengeräusch, keine Vibrationen – kennt man sonst nur beim Anfahren eines ICE (der fährt ja auch elektrisch). Ideal für Menschen, für die das Wort Entschleunigung positiv besetzt ist. Ich kann das mit der Zoe wunderbar genießen. Ist aber nichts für jene, die immer noch auf deutschen Autobahnen um Sekunden kämpfen und im Rest der Welt mit Geschwindigkeitsbegrenzungen hadern.

Aber wie steht es um die berüchtigte „Reichweiten-Angst“? An ganz andere Reichweiten gewöhnt, fällt es zunächst schwer, sich gedanklich auf eine Reichweite von 100 bis 130 km einzustellen. Das wäre beim Verbrenner eine Rest-Reichweite, bei der man schon mal nach der nächsten Tankstelle schaut. Allerdings ist die Reichweitenanzeige von E-Autos außerordentlich präzise und verlässlich. Stehen da nur noch 18 km, kann man sich auch darauf verlassen. Da wird die Reichweitenangst schnell durch die Sicherheit der Kalkulierbarkeit ersetzt.

Während der Probefahrt habe ich die Zoe zu Hause an einer normalen Schukosteckdose in der Garage aufgeladen. Das geht als Notlösung immer, dauert dann aber 14 Stunden – über Nacht kein Problem. An der Raststätte mit 43 kW und 64 Ampere klappte das in der erwähnten halben Stunde. Es wird klar: Will man komfortabel E-Auto fahren gehört eine Wallbox am Haus oder am Arbeitsplatz dazu.

Und der Preis? Dieser beinhaltet bei Renault nicht die Batterie, diese wird gemietet (je nach jährlicher Fahrleistung und Vertragsdauer zwischen 49 und 162 € monatlich). Damit muss ich mir um Haltbarkeit und Ersatzkosten dieses teuren Bauteils keine Gedanken machen; bei nachlassender Kapazität wird der Akku kostenfrei ausgetauscht. Ist das nun teuer? Meine Rechnung sieht so aus: Bei einer Jahresleistung von 10.000 bis 15.000 km kostet mich die Miete plus Ladestrom etwa so viel wie der Treibstoff meines bisherigen Verbrenners. Damit kann ich prima leben.

Fazit

Hat also die Zoe die Probefahrt bestanden? Ein begeistertes „Ja“ bei meinem Fahrprofil als Zweitfahrzeug. Die Reichweite ermöglicht alle Stadtfahrten und viele Ausflüge ins Umland, Platz für eine eigene Wallbox habe ich und für lange Fahrten gibt es noch das Erstauto, das vielleicht irgendwann zum Zweitauto wird …

Kurzum: Ich habe das ein Jahr alte Vorführfahrzeug mit 7.500 km gleich gekauft, genieße jeden Kilometer damit und hätte große Probleme, auf einen Verbrenner „zurück“ zu wechseln. Inzwischen bescheren mir auch sommerliche Temperaturen und meine angepasste Fahrweise Reichweiten bis zu 180 km. Und so freue ich mich immer wieder auf das flüsternde Einfahren in die nächste Tiefgarage.

Anmerkung zum Thema Batteriemiete

Um die Einstiegsschwelle für seine Elektroautos zu senken, hat Renault ein neues Businessmodell generiert: Gekauft wird das Fahrzeug ohne Batterie, diese wird gemietet, wobei sich die Rate an der Kilometerleistung orientiert. Diese Mischform ist gewöhnungsbedürftig: Das Fahrzeug gehört dem Käufer nur teilweise, er hat es mit zwei Vertragspartnern zu tun (Händler und Renault-Bank), beim Verkauf muss der nächste Besitzer selbst einen Mietvertrag abschließen und entsprechende Bonität besitzen. Das Ganze ist kompliziert und für Käufer und Händler gewöhnungsbedürftig. Es wird daher zu Recht kritisiert, dass Renault nicht –wie in anderen Ländern – auch eine reine, dann allerdings teurere Kaufoption für Fahrzeug mit Batterie anbietet. Zu den Vor- und Nachteilen gibt es jede Menge Fundstellen Im Internet, zum Beispiel: Renault Bank Batteriemietvertrag und Batteriemietvertrag neigt sich dem Ende

Das Ganze ist aber insofern eine moderne Lösung, als sie dem Trend folgt, für Mobilität zu bezahlen und nicht für Eigentum (siehe auch Carsharing-Modelle). Auch das Risiko einer ungewissen Lebensdauer der Batterie und erheblicher Kosten beim Austausch liegt nicht beim Erst- oder Folgekäufer: Der Vertrag garantiert eine Kapazität von 75 Prozent. Sinkt sie darunter, wird die Batterie ausgetauscht. Der Mietvertrag wird für eine Zeit von ein bis vier Jahren abgeschlossen und kann darüber hinaus verlängert werden – zu einem Preis, der bei Vertragsabschluss nicht genau bekannt ist. Dass er obendrein eine kostenlose Abschlepphilfe auch bei selbstverschuldetem Liegenbleiben durch zu geringer Akkuladung enthält, mag den Reichweiten-Angsthasen in uns beruhigen. Und den Wiederverkauf nach mehreren Jahren mit 80.000 km auf dem Buckel schätze ich persönlich mit diesem Konzept auch als leichter ein.

Bosch bei Akkus optimistisch

Akkus für Elektroautos würden bis 2020 erheblich besser.

Bosch bei Akkus optimistisch

(2. April 2015) Der Stuttgarter Bosch-Konzern kündigte vor kurzem an, die Akkus für Elektroautos würden bis 2020 erheblich besser. Dann könne man als Zulieferer Batteriesysteme bieten, die bei 50 kWh Speicherkapazität nur 225 kg schwer sind und ein Volumen von 120 l aufweisen. Damit würden sich alle relevanten Parameter mindestens um den Faktor 2 verbessern, hieß es. Zudem soll der Akku nur halb so teuer sein wie die heutigen.

Zum Vergleich: Der Akku des "e Golf" von VW speichert 24,2 kWh, wiegt 318 kg und umfasst mehr als 200 l. Bosch beschäftigt derzeit 600 Spezialisten in der Batterieforschung und -fertigung und arbeitet bei der Zellchemie mit dem japanischen Unternehmen GS Yuasa in einem Joint Venture zusammen, an dem auch Mitsubishi beteiligt ist.

Elektrofahrzeuge: GM oder Tesla?

Auf der Detroit Auto Show hat General Motors das nach eigenen Angaben erste "bezahlbare" Elektroauto vorgestellt.

Elektrofahrzeuge: GM oder Tesla?

(22. Januar 2015) Auf der Detroit Auto Show hat General Motors das nach eigenen Angaben erste "bezahlbare" Elektroauto vorgestellt. Der reine E-Stromer mit dem Namen "Bolt" soll 322 km mit einer Akkuladung fahren und rund 30.000 US-Dollar kosten. Die Markteinführung ist für 2017 vorgesehen.

Damit gilt der "Bolt" als Kampfansage an den Branchenpionier Tesla, dessen Mittelklassemodell "Tesla 3" ebenfalls in zwei Jahren erhältlich sein soll, und gegen den BMW i3 mit nur halb so großer Reichweite. "Die Kunden verlangen mehr Reichweite – und wir liefern", so GM-Chefin Mary Barra bei der Präsentation.

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letzte Änderung: 17.04.2023