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Energiemarkttagung des EWI 2006

Am 13. September 2006 veranstaltete das der Versorgungswirtschaft nahe stehende Kölner EWI-Institut eine hochrangig besuchte energiewirtschaftliche Tagung.

Energiemarkttagung des EWI 2006

Am 13. September 2006 veranstaltete das der Versorgungswirtschaft nahe stehende Kölner EWI-Institut eine hochrangig besuchte energiewirtschaftliche Tagung. Es gab eine Reihe sehr interessanter Vorträge. Nachfolgend einige interessante Äußerungen:

Prof. Axel Ockenfels, Direktor des EWI: Es ist ein Irrtum, dass die Einpreisung kostenlos zugeteilter Zertifikate ein Zeichen für Marktversagen ist. Denn im Wettbewerb entsprechen die Preise den Grenzkosten. Es ist weiterhin falsch, dass die Stromkosten etwas mit den Produktionskosten zu tun haben müssen. Denn für ein homogenes Gut gibt es nur einen Preis und der ist so hoch, wie die Produktionskosten des teuersten Kraftwerks. Nur höhere Elastizität der Nachfrage führt zu geringeren Strompreisen. Z.B. Lastabhängige Tarife. Richmann (VIK): Die vom EWI zitierten ökonomischen Gesetze gelten nur im Wettbewerb. Im Strommarkt gibt es aber keinen Wettbewerb, sondern ein Oligopol. Neue Player haben keine Chance, im Strommarkt Fuss zu fassen. Herr Ockenfels bestätigt auf diese Einrede hin, dass seine Kostenregel auch für das Oligopol gelte. Diese Meinung wird durch einen anderen Lehrstuhlinhaber für Energieökonomie nicht geteilt. Eine Bitte um Kommentierung wird von Herrn Ockenfels nicht abgeschlagen.

Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur: Das Bundeswirtschaftsministerium hat angekündigt, bis zum Jahresende einen Verordnungsentwurf für die Anreizregulierung vorzulegen. Bei den Netzentgelten will die Netzagentur nicht sofort alle Luft aus den Gewinnen rauslassen. Auch die kalkulatorische Gewerbesteuer, die nicht tatsächlich gezahlt wurde, sind als Kosten anerkannt worden. Weil das im Netz enthaltene Eigenkapital mit 8 % verzinst wird, gibt es einen Anreiz für möglichst hohe Buchwerte der Netze. Die Netzagentur prüft deshalb, ob die Netze nicht überbewertet werden. Solllte das der Fall sein, wird die Netzagentur auf höhere Abschreibungen drängen. "Bei manchen Netzen haben wir erstaunlich hohe Liquidität gefunden, über die wir uns gewundert haben. Bei anderen ist weniger Geld vorhanden, was zur Frage Anlass gibt, wo das Geld geblieben ist. …Es wäre wünschenswert, wenn die Versorger mehr Transparenz gegenüber ihren Kunden zeigen würden, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. …Ich halte eine eigentumsmäßige Entflechtung der Netze nicht für sinnvoll, weil wir gerade erst anfangen mit der Regulierung. Deshalb hat sich Deutschland im Kreis der europäischen Regulierer gegen ein eigentumsmäßiges Unbundling ausgesprochen". Die Öffnung der Gasnetze funktioniert. Denn NUON hat bereits 5.000 Privatkunden, die ab 1. Oktober versorgt werden. Beim Stromnetz sind derzeit 251 Genehmigungsverfahren bei der Netzagentur anhängig, davon 150 als Organleihe im Auftrag von Bundesländern. Bis Ende September ergehen bis Ende September 25 Bescheide für etwa 80 Prozent des Gesamtnetzes. Beim Gas führt die Netzagentur 220 Genehmigungsverfahren durch, davon 160 als Organleihe.

Volker Staufert, VDN, Rheinenergie Die derzeitigen Verordnung zur Entgeltregulierung entsprechen weitgehend der Verbändevereinbarung II (die die Verbände untereinander vereinbart haben). Die Verbändevereinbarung kann also nicht so schlecht gewesen sein. 70 Prozent der Unternehmensserträge kommen aus Netzbetrieb.

Peter Müller, Ministerpräsident des Saarlands: Spätestens in 10 bis 15 Jahren rechne ich mit einer Verknappung des Ölangebots. Deutsche Steinkohle darf nicht subventioniert werden. Derzeit gibt es jährlich zwei Milliarden Euro Steinkohlesubventionen. Prämisse für einen funkionierenden Wettbewerb ist ein Markt. Gerade den gibt es beim Strom nicht. Wenn der Wettbewerb nicht funktioniert, dann muss der Staat regulierend eingreifen. Die Verschärfung des Kartellrechts ist der richtige Schritt beim Vorliegen eines Oligopols. Was spricht gegen mehr Transparenz. Wenn alles in Ordnung ist, dann brauchen die Konzerne dies nicht zu fürchten.

Peter Becker, Rechtsanwalt: Die Stromerzeugungspreise lagen 2000 bei 2 Ct, heute beim Dreifachen. Das Bundeskartellamt hat auch für heute Erzeugungskosten von 2 Ct festgestellt. Die Politiker sind zwar erbost, machen aber nichts dagegen. Deshalb müssen Verbraucher sich selbst wehren und die Stromrechnung kürzen.

Rainer Brüderle, FDP: Kernenergie ist notwendig. Das EEG ist zu überprüfen, weil es Überforderung bedeutet. Die Steinkohleförderung sollte eingestellt werden.

Dr. Matthias Ruete: Generaldirektor der Generaldirektion Energie der EU. Derzeit läuft die Diskussion über das Grünbuch zur Energiepolitik. Weitermachen wie bisher ist nicht möglich. Wir erhoffen konkrete Aufträge von den Staatschefs für die Weiterentwicklung der Energiepolitik. Die Netzverbindungen zwischen den Staaten muss verstärkt werden. Verbesserung der Richtlinie. Gegen 18 von 25 Mitgliedsstaaten wurden Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wegen fehlender Umsetzung der Energiebinnenmarkt-Richtlinien. Einiges liegt im Argen. Ab 1. Juli 2007 sollen auch Endverbraucher mit nichtregulierten Preisen umgehen. Preise müssen frei sein. Preisregulierungen müssen abgeschafft werden. Reise geht in vielen Ländern in Richtung einer nationalen Energiepolitik. Das steht dem Binnenmarkt entgegen. Entflechtung von Netz und Erzeugung ist ein Hauptanliegen der Kommission. Ohne diese Trennung kann diskriminierungsfreier Zugang zum Netz, der im Sinne der Richtlinie den Auslöser für den Wettbewerb darstellt, nicht funktionieren. Vor diesem Hintergrund ist klar, dass Erzeugungs- und Versorgungsinteressen einer Mutter- oder Tochtergesellschaft für Netzbetreiber keine Rolle mehr spielen dürfen. Die Marktmacht der Großen wirkt abschreckend auf neue Marktteilnehmer. Das gilt auch in Deutschland. Der Stand der Integration entspricht nicht dem Interesse der Verbraucher. Kohle muss sauber genutzt werden. Auch Kernkraft kann beitragen zu Versorgungssicherheit. Für EE gibt es einheitliche Vorgaben durch alle Staaten. Wenn es weiter wie bisher geht, steigt die Abhängigkeit von Importen. Es schrillen die Alarmglocken für die Umsetzung des Binnenmarktes. Die Energiewirtschaft setzt auf Binnenmarkt, die nationale Politik hält aber dagegen. Guter Mix stärkt Versorgungssicherheit.

Dr. Klaus Rauscher, Vorstand Vattenfall Deutschland: Es gibt keine Kostenpreise mehr. Denn das ist Wettbewerb. Markt ist das beste System. Er funktioniert, denn Kunden können wechseln. 50 Prozent des Personals wurden von der Stromwirtschaft in den vergangenen Jahren abgebaut. Bei Störung des Marktes ist staatliche Intervention gerechtfertigt. Das ist aber nicht der Fall beim Strom. Denn der Strommarkt funktioniert gut. Steigende Preise sind Zeichen für Knappheit und führen zu neuen Kapazitäten. Alle wollen Markt, aber sind für Subventionen. Unterliegt Strom Marktregeln oder muss es wegen seiner Bedeutung eine Sonderregelung geben? Planwirtschaftliche Politiktendenzen sind unverkennbar. Steuer stieg von 2 auf 12 Mrd Euro zzgl 4 Mrd MWSt. Wer zockt hier wen ab? Hundefutter, Weihnachtsbäume, künstliche Tierbesamung haben halbe MWst. Auch in England gilt für Strom MWST von 5 Prozent. Dialog wird durch Drohung mit dirigistischen Folterinstrumenten gefährdet.

Dr. Jürgen Grossmann, Georgsmarienhütte Utility bashing ist in Mode. Daran sind auch die Versorger schuld. Differenz der Stromkunden zum Ausland ist kritischer Standortfaktor. 40 % Stromkostenanstieg zwischen 2004 und 2005. Oligopol und Börse erlaubt einen Macht wie noch nie. Versprechen der Regierung war falsch. Stromversorger können unsere Leidensfähigkeit testen. Ein Drittel des Kostenanstiegs sind steuerbedingt, zwei Drittel ist durch Stromversorger verursacht. EEX-Preise bestimmen sich nach dem zuletzt teuerst angebotenen Strom. Frankreich: Kostenbestimmte Preise oder Eigenversorgung. Staatliche Lasten vom Strompreis zu entkoppeln. Quersubventionierung durch Netze war angesagt. 6,5 % Rendite sind Monopolrenditen und damit relativ hoch. Optionsmodell im Gasmarkt hebelt Entry Exit aus. Das ist mehr als tricky. Erneuerbares Wärmegesetz wird zweistellige Milliardenbeträge kosten. Partikularinteressen dürfen Standort Deutschland nicht schwächen. Wir brauchen langfristige Lieferverträge. Nachbarländer sind innovativer. Kernenergie muss fortgeführt werden. Runter mit staatlichen Lasten.

Peter Becker: Das Emissions-Handelssystem ist entsprechend einer unlängst veröffentlichten Studie zwanzigmal teuerer als das EEG

Politik treibt Millionen Haushalte in die Armutsfalle

(15.09.06) Wärme und Strom werden für viele unbezahlbar.

Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.

Politik treibt Millionen Haushalte in die Armutsfalle

Wärme und Strom werden für viele unbezahlbar

(15. September 2006) Die jüngsten Preissprünge bei Heizöl, Erdgas und Strom werden in Deutschland Millionen Haushalte in Existenzprobleme bringen. "Wir befürchten, dass Heizkosten und Stromrechnungen in zwei bis drei Jahren für die ärmeren Teile der Bevölkerung unbezahlbar werden", sagt Dr. Aribert Peters, Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher. Betroffen seien vor allem jene 5,2 Millionen Haushalte, die laut Armutsbericht der Bundesregierung mit einem Nettoeinkommen zwischen 500 und 900 Euro monatlich unterhalb der Armutsgrenze liegen.

"Diese Haushalte geben heute mit 65 Euro schon etwa zehn Prozent ihres Monatseinkommens für Strom und Wärme aus", sagt Peters. "Bis etwa 2009 könnten sich die monatlichen Energiekosten sogar auf etwa 130 Euro verdoppeln." Damit würden die Energiekosten nach der Miete zum zweitgrößten Ausgabeposten der armen Haushalte. Dabei steigen Energiekosten wesentlich rascher, als alle übrigen Kosten. "Sie werden deshalb viele Haushalte in die Insolvenz treiben. Das ist absehbar", sagt Peters. Schon heute sei dieser Trend zu beobachten - etwa in einem Forum auf der Internetseite des Bundes der Energieverbraucher, in dem sich täglich verzweifelte Verbraucher zu Wort melden.

"Es ist unglaublich, dass die Politik den Preisanstieg nicht stoppen kann - nicht einmal bei Strom und Gas, wo Marktmachtmissbräuche die Ursache für die Preisexplosion sind", sagt Peters.

"Doch auch die Nachfrageseite sollte bei der Energiepreisdiskussion nicht vergessen werden. Besser gedämmte Gebäude und mehr erneuerbare Energien sind eine wirksame Bremse gegen steigende Energiekosten." Doch auch hier bewege sich zu wenig, mahnt der Verbandschef. "Nötig ist erstens, dass die Grenzwerte der Energieeinsparverordnung verschärft werden. Sie waren bereits 2002 zu lau. Zweiten gilt es, die Förderung der Gebäudesanierung zu verbessern. Und drittens muss endlich das im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Gesetz für den Einsatz von Wärme aus Erneuerbaren Energien kommen." Denn besonders eine verlässliche Strategie zur flächendeckenden Einführung von Solar-, Biomasse- und Erdwärmeheizungen könnte die Energieausgaben wirksam begrenzen, sagte Peters. "Dafür liegen Vorschläge auf dem Tisch, die ohne zusätzliche Belastung der Verbraucher auskommen."

Informationen zur Brennstoffarmut

Bundesregierung erwägt neue Energie-Allianz mit Russland

Langfristige Energielieferungen im Tausch gegen energiesparende Techniken.

Bundesregierung erwägt neue Energie-Allianz mit Russland

(19. Juli 2006) - Die Bundesregierung erwägt ein neues Energie-Bündnis mit Russland. "Wir denken an eine deutsch-russische Energie-Allianz", sagte Umweltstaatssekretär Michael Müller (SPD) der "Berliner Zeitung" (Montagausgabe).

Nach den Vorstellungen der Regierung solle Russland energiesparende Techniken aus Deutschland erhalten. "Im Gegenzug erhalten wir langfristig russische Energie", betonte Müller. "Wir müssen das in den nächsten Monaten angehen", sagte der SPD-Politiker weiter. Ziel der Allianz ist es laut Müller unter anderem, Energiesparen zu forcieren und die Abhängigkeit von Energielieferungen zu reduzieren. Daran habe auch Russland ein Interesse.

Warm anziehen

(17. Mai 2006) Unverhohlen haben die Chefs von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt, Matthias Kurth und Ulf Böge, denVersorgern auf der Berliner Euroforum-Jahrestagung "Stadtwerke2006" eine härtere Gangart angekündigt.

Warm anziehen

(17. Mai 2006) Unverhohlen haben die Chefs von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt, Matthias Kurth und Ulf Böge, den Versorgern auf der Berliner Euroforum-Jahrestagung "Stadtwerke 2006" eine härtere Gangart angekündigt, sollten diese der Anreizregulierung nicht zustimmen.

Wenn die Anreizregelung bis Anfang 2007 stehe, könne eine zweite Entgeltgenehmigungsrunde entfallen, lockte Kurth und ergänzte, diese falle natürlich detaillierter aus als die erste, weil man ja dazu gelernt habe. Böge drohte gar: "Wenn eine zweite Runde kommt, dann ziehen Sie sich warm an!" Kurth gestand zu, dass die bisherigen Netzklassen für eine gerechte Berechnung der Entgelte zu grob seien und z.B. um topographische oder geologische Bedingungen vor Ort ergänzt würden.

Ob das allerdings dazu führe, dass Unterschiede um den Faktor 10 oder 15 gerechtfertigt seien, wie bei den aktuellen Netzentgelten, bezweifelte er.

Bei den Netzbetreibern konstatierte er einen Investitionsstau von 20 Mrd Euro. Diese hätten in den vergangenen Jahren ihre Investitionen von jährlich 4 Mrd auf 2 Mrd Euro halbiert, aber weiterhin unverändert hohe Abschreibungen auf ihre Preise überwälzt und vereinnahmt.

Die Versorger spielten auf Zeit, stieß Böge ins gleiche Horn, an ihrer Lage seien sie selbst schuld. Sie würden nur behaupten, für Wettbewerb zu sein, wollten in Wirklichkeit aber keinen.

Ihr Imageschaden sei den Energieunternehmen egal, ihren politischen Einfluss hielten sie offenbar für so groß, dass sie nichts zu befürchten hätten.

Auf der Siegerstraße sieht sich Böge in der Auseinandersetzung um langfristige Gasbezugsverträge: Das Oberlandesgericht werde am 10. Juni zugunsten des Kartellamts entscheiden.

Kurt Mühlhäuser, Chef der Stadtwerke München, offenbarte den Tagungsteilnehmern die Strategie des größten deutschen Kommunalunternehmens: Kooperationen und Prozessexzellenz. Die beeinflussbaren Kosten konnten die Münchner in den letzten drei Jahren um 20% senken, Kooperationen suchen sie z.B. über ihre Beteiligung Bayerngas, die gemeinsam mit der niederländischen Essent in die Erdgasgewinnung einsteigen möchte. Der Traum der großen Vier sei, dass die Stadtwerke wie Tankstellenpächter würden, so Mühlhäuser. Dem müsse man entgegenwirken.

Hermann Scheer: Sie wollen die "Erneuerbaren" stutzen

(10. April 2006) Der "Energiegipfel" hat über viele WochenAufmerksamkeit auf sich gezogen. Dabei sollte wieder einmal diesprachliche Überhöhung - "Gipfel"! - den Eindruckerwecken, hier werde Entscheidendes bewegt.

Hermann Scheer: Sie wollen die "Erneuerbaren" stutzen

(10. April 2006) Der "Energiegipfel" hat über viele Wochen Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Dabei sollte wieder einmal die sprachliche Überhöhung - "Gipfel"! - den Eindruck erwecken, hier werde Entscheidendes bewegt. Dieses Mal waren nicht nur einzelne Regierungsmitglieder und Stromkonzerne dabei, sondern u.a. auch drei Unternehmer der Erneuerbaren Energien und die Vorsitzenden der Verbraucherverbände. Deswegen war und ist nicht zu erwarten, dass es zu einem Konsens aller Beteiligten kommt. Damit war der "Energiegipfel" auch nicht mehr als eine Gesprächsrunde - und das ist gut so.

Das Treffen kam zustande, weil sich Union und SPD bei den Koalitionsverhandlungen in wesentlichen Energiepunkten uneins blieben. Denjenigen in der CDU/CSU, die jahrelang gegen das Gesetz zum Ausstieg aus der Atomenergie und das Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) anrannten, sollte ein Hoffnungsschimmer gegeben werden. Sie benutzten dabei stets das Standardargument, es fehle an einem "energiepolitischen Gesamtkonzept". Dahinter steckt die Sehnsucht nach einer Energieplanwirtschaft, die alle einzelnen Energieentscheidungen aufeinander abstimmt. Dies ist eine strukturkonservierende Vorstellung, der der Gedanke an einen den Bestandsinteressenten zuwiderlaufenden Strukturwandel ebenso fremd ist wie der an einer Liberalisierung, die das traditionelle Anbieteroligopol der Energiewirtschaft durchkreuzt.

Sie entspricht den Interessen der überkommenen Energiewirtschaft. Es geht ihr um die Wiederherstellung der Kontrolle über alle Energieinvestitionen, die ihr durch das EEG verloren gegangen ist. Dieses hat freie Investitionen durch unabhängige Betreiber möglich gemacht, die die Stromkonzerne nicht mehr fragen müssen, ob sie in die Kraftwerksplanung der Energiewirtschaft passen.

Neuinvestitionen in der Höhe von 70 Milliarden bis 2010 wurden in der Merkel-Runde angesprochen, als sei es egal, wer und für was sie getätigt werden sollen. Tatsächlich handelt es sich um zwei sehr unterschiedliche Beträge: 40 Milliarden für Erneuerbare Energien, 30 Milliarden haben die Stromkonzerne versprochen, wenn sie dafür "Planungssicherheit" bekommen. Doch Letzteres wäre nur der Fall, wenn das EEG politisch gestutzt würde. Hinter beiden Zahlen stecken miteinander unvereinbare Strategien - und damit ein Konflikt, der dort gipfeln muss, wo er hingehört: in die politische Öffentlichkeit. Ein "Energiegipfel" ist kein Ersatz dafür.

Quelle: TAZ vom 5. April 06

Die Gipfelspiele - unfairer geht es kaum!

Frau Merkel hat 22 Gäste zum Energiegipfel geladen

Die Gipfelspiele - unfairer geht es kaum!

(28. März 2006) Frau Merkel hat 22 Gäste zum Energiegipfel geladen - fast nur Vertreter der Atom- und Energiekonzerne sowie der energieverbrauchenden Industrie. Ausgerechnet sie sollen ein zukunftsfähiges Energiekonzept entwickeln. Fair play ist out.

Download Energiegipfel Teilnehmerliste

Statusbericht Energiegipfel3. April 2006

Merkel will deutsche Energie-Effizienz bis 2020 verdoppeln

Vorgaben der EU-Kommission zum Energiesparen sollen weit übertroffen werden

Merkel will deutsche Energie-Effizienz bis 2020 verdoppeln

Vorgaben der EU-Kommission zum Energiesparen sollen weit übertroffen werden.

(17. März 2006) Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will die deutsche "Energie-Effizienz" bis zum Jahr 2020 verdoppeln. Eine entsprechende "Nationale Initiative" soll das Ergebnis des für den 3. April geplanten Energiegipfels sein, zum dem Merkel die Vorstandschefs der führenden deutschen Strom- und Industriekonzerne einlädt.

Das geht aus internen Planungen des Bundesumwelt- und des Bundeswirtschaftsministeriums zur Vorbereitung des Gipfels hervor, die der WELT vorliegen.

In dem Strategiepapier "Energie für Deutschland - Elemente für ein energiepolitisches Gesamtkonzept" formulieren die Ministerien das Ziel, Japan als bisherigen "Effizienz-Weltmeister" abzulösen.

Deutschland benötige für die Herstellung von einem Dollar Bruttoinlandsprodukt die Energie von 0,18 Tonnen Erdöl-Äquivalenten. Japan komme mit lediglich 0,11 Tonnen aus. Um diesen Wert zu schlagen, müsse die Initiative der Bundesregierung "alle Handlungsfelder von der Gebäudesanierung über kraftstoffsparende Fahrzeuge und Geräte bis hin zum Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung umfassen", heißt es in dem Papier.

Dabei komme es "entscheidend darauf an, wirtschaftliche Anreize, rechtliche Rahmenbedingungen und freiwillige Maßnahmen zu einem effizienten Gesamtprogramm zu verbinden."

Konkret schlagen die Ministerien vor, den Herstellern von Unterhaltungs- und Haushaltselektronik strenge Vorgaben beim Einbau von Stand-by-Schaltungen zu machen. Zudem soll die Selbstverpflichtung der Autoindustrie zum Bau umweltfreundlicher Fahrzeuge fortgeschrieben werden. Auch wolle man prüfen, die Gebäuderichtlinie der EU "auf Gebäude mit einer Fläche von weniger als 1000 Quadratmeter auszuweiten." Kraftwerks-Betreiber, die Abwärme zu Heizzwecken nutzen, sollen durch das "KWK-Programm" besonders gefördert werden.

Bei einem Sondertreffen in Brüssel verabschiedete der EU-Ministerrat unterdessen eine Richtlinie, die eine Einsparung von mindestens neun Prozent des europäischen Energieverbrauchs bis 2017 zum Ziel hat. Das neue EU-Gesetz sieht vor, daß jeder Mitgliedstaat eigene Programme auflegt. Sparsame Techniken und Geräte werden künftig mit Zertifikaten ausgezeichnet. Mengenrabatte und andere Anreize zum höheren Verbrauch von Energie sollen abgeschafft werden.

Gipfelerwartungen privater Energieverbraucher

Bei der Anhörung des Bundesumweltministers zum Energiegipfel am 15. März 2006 erklärte der Vorsitzende Bund des Energieverbraucher, Dr. Aribert Peters, zum Energiegipfel der Kanzlerin:

Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.

Gipfelerwartungen privater Energieverbraucher

(16. März 2006) Bei der Anhörung des Bundesumweltministers zum Energiegipfel am 15. März 2006 erklärte der Vorsitzende Bund des Energieverbraucher, Dr. Aribert Peters, zum Energiegipfel der Kanzlerin:

Verbraucher sind derzeit nicht besonders gut auf die Politik zu sprechen, insbesondere wenn es um das Thema Energiepreise geht.

Dabei geht es um drei Punkte.

Erstens: Das größte Ärgernis sind die überhöhten Energiepreise und die Gewinnzuwächse der Energieversorger. Dafür ist die Politik mit verantwortlich. Zum zweiten geht der Umbau zur Effizienz- und Solarwirtschaft den Verbrauchern zu langsam voran. Zum dritten werden die Rechte der Verbraucher und kleinen Energieerzeuger vernachlässigt.

Die Energiepolitik wird derzeit von der Sichtweise der Energieversorger bestimmt und das ist nicht gut für unser Land. Ich sehe hier einen klaren Zusammenhang mit dem Wechsel der beiden vorigen Wirtschaftsminister und des vorigen Bundeskanzlers in die Energiewirtschaft.

Zum ersten Punkt überhöhter Energiepreise: Sowohl Verbraucher, als auch die Wirtschaft beklagen derzeit überhöhte Strom- und Gaspreise. Der Bund der Energieverbraucher schätzt, dass derzeit monatlich etwa eine Milliarde zuviel für Strom und Gas bezahlt wird. Diese Kaufkraft geht der Volkswirtschaft verloren und ist wesentlich mit verantwortlich für die mangelnde Inlandsnachfrage. Gerechte Energiepreise wären ein ohne Schulden finanziertes Konjunkturprogramm epochaler Dimension.

Hunderttausende kämpfen derzeit gegen überhöhte Gas- und Strompreise - gemeinsam über alle Altersgruppen und Schichten hinweg. Die satten und stetig steigenden Gewinne zeigen auch für Laien überdeutlich, dass es nicht die Kosten sind, die die Preise nach oben treiben, sondern die Unersättlichkeit von Energiekonzernen.

Keiner kann derzeit abschätzen, wie gut das neue Energierecht hier greifen wird. Unsere Erwartungen sind bescheiden. Die Verbraucherproteste sind und bleiben dabei sehr wichtig.

Punkt zwei betrifft die globale Energieverknappung.

Die Bundesrepublik ist zu über 70 Prozent von Energieimporten abhängig. Der weltweite Energiehunger wächst gewaltig, man denke an Indien oder China. Die fossilen Energieträger Öl und Gas stehen künftig in immer geringerer Menge und zu höheren Preisen zur Verfügung. Das folgt schon daraus, dass die Neufunde seit Jahrzehnten stetig zurückgehen und deutlich unter dem Verbrauch liegen.

2518 Vergleich zwischen Entdeckung und Verbrauch

Gewaltige preisliche Verwerfungen auf den Weltmärkten sind unvermeidlich, und zwar nicht in Jahrzehnten sondern bereits in wenigen Jahren. Wer vor zwei Jahren eine Verdoppelung des Ölpreises prognostiziert hätte, der wäre ausgelacht worden.

1605 2518 Synopse von Ölpreisprognosen

Genau das aber ist eingetreten. Nun stellen Sie sich einen Benzin- und Heizölpreis von zehn Euro je Liter vor. Die Folgen werden dramatisch sein, für die Wirtschaft, für die Verbraucher, für den Sozialstaat und für jeden Aspekt unseres Lebens.

Was tut nun Deutschland, um sich auf diesen konkret absehbaren und unvermeidbaren Wandel einzustellen? Wie kann unsere Gesellschaft künftig auch mit einem Bruchteil der heutigen Energie auskommen?

Der Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft zu einer zukunftsfähigen Solar- und Effizienzwirtschaft ist möglich. Dieser Umbau ist jedoch nicht einfach und nicht billig. Wenn wir mit diesem Umbau solange warten, bis sprunghaft höhere Energiepreise die Wirtschaft in eine tiefe Krise stürzen, dann ist es bereits zu spät. Denn dann muss die Wirtschaft zwei Dinge zugleich leisten: Mit der akuten energiepreisbedingten Krise fertig werden. Und der Umbau zur solaren Effizienzwirtschaft muss zusätzlich geleistet werden.

Deshalb muss die Politik die Signale schon heute so setzen, dass künftige Preissprünge uns nicht unvorbereitet treffen.

Nur eine wesentliche Energieverteuerung durch höhere Steuern gibt dem Markt bereits heute die richtigen Signale. Weil ein Steuerschock nicht sinnvoll ist, hat Ernst von Weizsäcker vorgeschlagen, über zehn Jahren die Energiesteuer jährlich um sechs Prozent zu erhöhen. Andere Steuern könnten dafür deutlich erniedrigt werden, zum Beispiel die Einkommenssteuer.

Es ist nur scheinbar ein Widerspruch, dass man künftigen Energiepreissteigerungen nur mit höheren Energiesteuern wirksam begegnen kann. Dass man also das, was man verhindern will, absichtlich herbeiführt.

Denn höhere Energiesteuern belohnen höhere Effizienz. Der Energieverbrauch wird abnehmen. Künftige Energiepreissteigerung können dann wesentlich besser verkraftet werden. Die Politik sollte die Kraft zu höheren Energiesteuern haben, auch wenn dies unpopulär ist. Ein zusätzliches  "Energiegeld" sichert die soziale Gerechtigkeit.

Die Solarwende wird von der Energiewirtschaft bekämpft und diskreditiert, weil man die Konkurrenz fürchtet. Unter dem Vorwand der Effizienzerhöhung will man das so erfolgreiche EEG kaputtmachen. Die Steuerfreiheit von Biokraftstoffen wird abgeschafft, obwohl gerade dies einen wirksamen Umbau weg vom importieren Benzin eingeleitet hatte. Den Versorgern wird erlaubt, sich an der EEG-Umlage zu bereichern. Die Politik steuert hier deutlich in die falsche Richtung. Man diskutiert über eine Verminderung der Energiesteuer statt über die dringend notwendige Erhöhung der Energiesteuer.

Mein dritter Punkt betrifft die Rechte der Energieverbraucher. Es kann nicht angehen, dass die elementaren Bürgerrechte ausgerechnet bei der Energieversorgung nicht mehr gelten sollen. Ich spreche damit die derzeit aktuelle Novelle der Allgemeinen Versorgungsbedingungen an.

Es darf nicht sein, dass Versorger für die von ihnen verursachten Schäden nicht haften müssen. Es kann nicht angehen, dass Versorger ihre Aussenstände bei den Kunden durch Strom- und Gassperren eintreiben dürfen. Natürlich verlangen wir keine kostenlosen Lieferungen. Die Einräumung von quasi hoheitlichen Sonderrechten gegenüber Verbrauchern ist jedoch nicht mehr zeitgemäß und muss ein Ende haben.

Angesichts der hohen Strom- und Gaspreise erzeugen immer mehr Verbraucher ihren Strom selbst. Diese Eigenerzeugung hat eine große Zukunft. Aus Energieverbrauchern werden Energieerzeuger. Verbraucher müssen das Recht erhalten, sich zu örtlichen Verbünden zusammenzuschliessen und zu versorgen.

Der Energiegipfel darf sich nicht auf ein gemeinsames Abendessen der Kanzlerin mit den Energiebossen reduzieren - der Gipfel soll um 18 Uhr beginnen und nur ein Vertreter der Verbraucher ist eingeladen. Millionen Verbraucher erwarten mehr Unterstützung aus den Ministerien, aus dem Kanzleramt und aus dem Bundestag. Beim Kampf gegen überhöhte Energiepreise und für mehr Verbraucherrechte.

Deutschland verschläft die Energiewende

(22. Februar 2006) Deutschland bezieht derzeit 84 Prozent seinesPrimärenergiebedarfs aus fossilen Energieträgern.

Deutschland verschläft die Energiewende

(22. Februar 2006) Deutschland bezieht derzeit 84 Prozent seines Primärenergiebedarfs aus fossilen Energieträgern. Obgleich diese nur noch wenige Jahrzehnte verfügbar sind und die Nachfrage weltweit steigt, will die Bundesregierung den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2020 auf 10 Prozent des Primärenergiebedarfs steigern - heute sind es 3,6 Prozent.

Ein hundertprozentiger Ersatz der fossilen Energieträger ist weder geplant noch in Sicht. Um die absehbare Versorgungslücke zu schließen, müssten wesentlich intensivere Anstrengungen unternommen werden. Zwar wird über neue Energien und auch über das Ende der fossilen Energien berichtet, nicht jedoch darüber, dass es keinen adäquaten Ersatz gibt.

Diese Meldung gehört zu den Top Ten der von den Medien vernachlässigten Themen.  

Energie europäisch

Nur 12% wollen eine Weiterentwicklung der Kernenergie.

Energie europäisch

(26. Januar 2006) 47% der EU-Bürger wollen, dass wichtige Fragen der Energiepolitik wie Versorgungssicherheit, zunehmender Verbrauch und Klimawandel auf europäischer Ebene entschieden werden, 37% wollen das wie bisher den Nationalstaaten überlassen. Das ist ein Ergebnis der repräsentativen Befragung von fast 25 000 Bürgern zum neuesten "EU-Barometer", die zwischen Mitte Oktober und Mitte November 2005 in 25 Mitgliedstaaten und den Kandidatenländern stattfand. Energie gehe alle Europäer an, so EU-Energiekommissar Andris Piebalgs dazu, und die Menschen wollten konkrete Aktionen auf jeder politischen Ebene. Europa brauche eine Energiepolitik, die sich auf Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit konzentriere.

Zur Verringerung der Energieabhängigkeit wollen 48%, dass sich die nationalen Regierungen auf die Entwicklung der Solarenergie konzentrieren, mehr Forschung und Entwicklung fordern 41%, mehr Entwicklung der Windenergie 31%.

Nur 12% wollen eine Weiterentwicklung der Kernenergie. Gleichzeitig sagten 54%, sie wollten für regenerative Energie nicht mehr bezahlen als für konventionelle, 27% können sich bis zu 5% Preisaufschlag vorstellen. 43% der EU-Bürger wünschen sich mehr Infos zum Energiesparen im Haushalt. Und bei acht von zehn Käufern spielt der Energieverbrauch bereits eine entscheidende Rolle beim Kauf technischer Geräte.

Minister Glos taub für Verbraucherbelange?

Der Bund der Energieverbraucher zeigte sich enttäuscht über die die enge und einseitige Betrachtungsweise des Wirtschaftsministers. Das widerspreche der im Energiewirtschaftsgesetz vorgeschriebenen Verbraucherorientierung.

Minister Glos taub für Verbraucherbelange?

(17. Januar 2006) In seiner heutigen Rede auf der Handelsblatt- Jahrestagung in Berlin ging der neue Bundeswirtschaftsminister Glos weder auf Verbraucherbelange, noch auf überhöhte Energiepreise und auch nicht funktionsfähige Energiemärkte ein. Auch auf Nachfrage in der Pressekonferenz ging Glos nicht auf die überhöhten Preise ein. Auch den erneuerbaren Energien traut Glos bis zum Jahr 2020 kaum den vereinbarten Anteil von 20 Prozent zu.

Der Bund der Energieverbraucher zeigte sich enttäuscht über die die enge und einseitige Betrachtungsweise des Wirtschaftsministers. Das widerspreche der im Energiewirtschaftsgesetz vorgeschriebenen Verbraucherorientierung.

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letzte Änderung: 30.07.2018