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Archiv Energiewende aus 2013

Alle Meldungen und Artikel aus dem Jahr 2013

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Zu den aktuellen Artikel zu Energiewende

Faktenfrei argumentieren

Ein Zwischenruf von Gerd Rosenkranz.

Faktenfrei argumentieren

Die von Teilen der Medien beschworene Bedrohung des Standorts Deutschland durch die Energiewende kollidiert ständig mit den wirtschaftlichen Realitäten – Die Autoren stört das nicht.
Ein Zwischenruf von Gerd Rosenkranz.

(18. Dezember 2013)

Hätte … der vermeintliche Niedergang der deutschen Wirtschaft

Hätte – sagen wir mal – Der Spiegel, nur ein einziges Mal berichtet, dass die Elektrizitätsrechnung aller privaten und gewerblichen Stromverbraucher in Deutschland gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) heute nicht höher liegt als vor gut 20 Jahren; oder die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) ihren Leserinnen und Lesern mitgeteilt, dass der Strompreisindex des Verbands der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) seit den Energiewendebeschlüssen des Sommers 2011 nur eine Richtung kennt, nämlich nach unten und die Industriestrompreise mittlerweile auf demselben Niveau liegen wie 2005, als die EEG-Umlage 0,68 Cent pro Kilowattstunde betrug.

1466 Gerd Rosenkranz

Gerd Rosenkranz, promovierter Werkstoffwissenschaftler und Diplom-Ingenieur studierte dann Kommunikationswissenschaften und Journalistik an der Universität Stuttgart Hohenheim und arbeitete danach 20 Jahre als Journalist und Buchautor für die tageszeitung, taz, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau, Woche, Zeit, Spiegel. Leiter Politik und Presse der Deutschen Umwelthilfe e. V. in Berlin.

Hätte das Handelsblatt berichtet, dass die EEG-Umlage des Jahres 2013 einem 3-Personen-Musterhaushalt monatlich 15 Euro kostet bei monatlichen Energiekosten von etwa 300 Euro insgesamt. Oder hätte die Welt getitelt, dass sich die auf den Strom bezogene Wettbewerbssituation der energieintensiven Industrie am Standort Deutschland im Vergleich zu allen wesentlichen Konkurrenten in der EU (einzige Ausnahme: Frankreich) seit Jahren verbessert – dann, ja dann hätte man in der deutschen Öffentlichkeit die tatsächlichen Herausforderungen  der Energiewende, von denen es mehr als genug gibt, diskutieren können. Sogar im Wahlkampf. Hätte, hätte, Fahrradkette.

Eigene Recherche: Fehlanzeige

„Bedroht die Energiewende die Industrie in Deutschland?“, machte im vergangenen Winter das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln den Stichwortgeber und stellte hierzu eine „Studie“ vor. Die Frage war rhetorisch gemeint und die Ausarbeitung nichts weiter als eine suggestive Zusammenstellung selektiver Zahlen. Keine Wissenschaft weit und breit.

1466 Grafik

Nicht nur Strompreise steigen seit Jahren ständig an. Die Pro-Kopf-Einkommen dagegen stagnieren

1466 3065 Deutschland - Inlandprodukt & Bruttolohn

Quelle: Statistisches Bundesamt, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Bericht der Enquetekommission, BT 17/13300, S. 291

In Wirklichkeit sinken die Stromkosten gerade für die energieintensivste Industrie seit Jahren, weil die betroffenen Unternehmen von der nun abgewählten schwarz-gelben Regierung immer umfassender vor Strompreissteigerungen jeglicher Art geschützt wurden und gleichzeitig von rasant sinkenden Strombezugskosten an der Börse wegen des Booms der erneuerbaren Energien profitieren. Die Zeche für die Vorzugsbehandlung der Industrie in Höhe von inzwischen mehr als 16 Milliarden Euro jährlich übernehmen die nicht-privilegierten Stromverbraucher mit ihrer Stromrechnung, die Steuerzahler und die Kommunen. „Stromwucher am Standort D“ titelte die Welt nach der Vorstellung des IW-Pamphlets und „Industrie zahlt Milliarden für Strompreisanstieg“ die FAZ. Eigene Recherche: Fehlanzeige.

Gerät die Industrie ins Hintertreffen?

Die einschlägige Berichterstattung ist mittlerweile weitgehend immun gegen die Fährnisse der realen Welt. In der steht Deutschland bekanntermaßen im Vergleich zu allen konkurrierenden Industriestaaten glänzend da.  Auf der Liste der wettbewerbfähigsten Staaten dieser Erde – veröffentlicht vom schweizerischen Weltwirtschaftsforum – kletterte das Land zuletzt von Rang sechs auf den vierten Platz hinter den Dauerspitzenreitern Schweiz, Singapur und Finnland. Der Außenhandelsüberschuss erreichte 2012 mit 188 Milliarden Euro (7,1 Prozent des BIP) den zweithöchsten Wert seit Einführung der Statistik im Jahr 1950. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) geht davon aus, dass der Export im laufenden Jahr um weitere sechs Prozent steigt. „Hohe Stromkosten vertreiben Investoren“ titelt das Handelsblatt Ende Mai. Belegt wird die Behauptung nicht. Eigene Recherche des Handelsblatts? Siehe oben.

Explodieren die Strompreise?

Inzwischen beginnen Artikel in deutschen Tageszeitungen mit den Worten: „Angesichts explodierender Strompreise klagen deutsche Manager über …“ Die zugrundeliegende Behauptung wird als selbstverständlich und längst belegt vorausgesetzt. Sie ist es aber nicht.

Wirklichkeit und Glauben

Was ist da los? Es gibt ganz offensichtlich eine Festlegung, die zwar heftig mit der Wirklichkeit kollidiert, die aber von immer mehr Adressaten geglaubt werden will. Insbesondere im Lager derjenigen, die der Energiewende von jeher skeptisch gegenüberstanden, sie aber nach Fukushima endgültig einleiteten. Das ist gefährlich, denn auch irreale Behauptungen entfalten bekanntermaßen reale Wirkungen. Insbesondere auf die Politik.

Eine Billion Euro

Peter Altmaier (CDU), der alte und vielleicht auch neue Umweltminister kennt die Mediengesetze und landete einen erwartbaren Coup mit einem Bauerntrick: Man nehme einen möglichst langen Zeitraum, verwechsle Investitionen mit Kosten, tue so, als gäbe es diese nur in der neuen Welt der erneuerbaren nicht aber in der alten Welt der fossilen Energien und Voilà! – schon ist sie da, die ganz große Zahl: „Eine Billion Euro“ werde die Energiewende kosten, gruselte es den Bundesumweltminister.

Das Medienecho schallte wie gewünscht – laut und schwer erschrocken. Die Gegenrechnung, ebenfalls suggestiv, jedoch deutlich realitätsnäher, könnte so aussehen: Deutschland zahlt derzeit 90 Milliarden Euro für den Import von Energierohstoffen und das Jahr für Jahr. Ohne Energiewende summiert sich das – sagen wir – zwischen 2020 und 2050 auf 2,7 Billionen Euro. Die erwartbaren Preissteigerungen für Öl, Kohle und Erdgas über einen Zeitraum von 30 Jahre einmal außen vor gelassen. Die Energiewende kann diese Kosten Schritt für Schritt reduzieren. Ein Billion Kostenersparnis käme da locker zusammen, wenn Deutschland bis 2050 durch ist mit der großen Transformation.Aber diese Rechnung sucht man in den Leitmedien der Anti-Energiewende vergeblich.

Hätte, hätte, Fahrradkette. Was wäre, wenn sich beispielsweise in der bevorstehenden Legislaturperiode Medienvertreter zur Abwechslung die wahren Herausforderungen der Energiewende vornähmen und für ihre Leser aufbereiten würden.

Atomstrom teurer als Solarstrom

Aus ökonomischen Gründen ist Atomkraft keine Zukunftsoption

Atomstrom teurer als Solarstrom

(16. Dezember 2013) In England wurde unlängst das erste Atomkraftwerk (AKW) seit 1996 genehmigt; Hinkley Point. Das Kraftwerk bekommt über 35 Jahre eine Vergütung von 11 Cent je Kilowattstunde garantiert. Und der Staat bürgt für einen Großteil der Investitionen. Zusätzlich gibt es einen Inflationsausgleich.

In Deutschland erhalten große PV-Anlagen eine Vergütung von 9,88 Cent für 20 Jahre garantiert. Der Strom aus Windkraft wird hierzulande vergütet mit sechs bis neun Cent. Unter europäischen Sicherheitsstandards rechnet sich die Atomkraft nur mithilfe von Subventionen, die deutlich höher sein müssen als die Beihilfen für Erneuerbare.
Vor etwa drei Jahren hatte die konservative britische Regierung noch angekündigt, zehn neue AKW bauen zu wollen. Davon sind jetzt noch zwei übrig geblieben.

Vor 20 Jahren waren weltweit noch 440 AKW in Betrieb, jetzt noch 390. In der EU wurden seit dem Jahr 2000 43 AKW stillgelegt und nur drei neue gebaut. Weltweit müssen in den nächsten 20 Jahren mehr als die Hälfte aller AKW stillgelegt werden – aus Alters- und Sicherheitsgründen.

Atomstrom wird immer teurer, Solar- und Windstrom immer preiswerter. Schon aus ökonomischen Gründen ist heute, zwei-einhalb Jahre nach Fukushima, die Atomkraft in den meisten Ländern Europas keine Zukunftsoption mehr. 

Kelber: Merkels fünfte Energiewende

Interview der Deutschen Welle

Kelber: Merkels fünfte Energiewende

(5. Dezember 2013) In einem Interview der Deutschen Welle macht der SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber die Bundeskanzlerin persönlich für die neue Wende verantwortlich und sagt Kampf in der Koalition voraus.

Kelber sagte im Interview: Ich kann mit dem Energiekapitel nicht zufrieden sein. Die Bundeskanzlerin persönlich schritt hier ganz stark ein und machte deutlich, dass sie eine Veränderung ihrer eigenen Politik will. Das hatte ich so vorher nicht erwartet. Leider war die Verlangsamung des Ausbaus der Erneuerbaren gegenüber dem sehr schnellen Boom in den letzten vier, fünf Jahren ein politischer Skalp oder eine nicht verhandelbare Position - die Merkel auch haben wollte.

Von Angela Merkel ist das nun die fünfte Energiewende. Als Umweltministerin hat sie die erneuerbaren Energien lächerlich gemacht, dann war sie die Klimakanzlerin, dann war sie auf einmal Madame für die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken, dann war Sie die Kanzlerin des erneuten Atomausstiegs und jetzt versucht sie den Zubau der Erneuerbaren zu stoppen.

Zwischen den Koalitionspartnern gibt es Unterschiede. Die bleiben auch trotz des Koalitionsvertrags bestehen. Die Koalitionsvereinbarung war keine Fusion! Der Kampf um eine Energiewende wird auch in den vier Jahren weitergehen. Dabei wird dann innerhalb der Koalition und auch in den Parteien hart umkonkrete Entscheidungen gerungen werden.

Vollständiger Text hier.

Deutscher Umweltpreis 2013 für Ursula Sladek: Signal für die Energiewende

Bund der Energieverbraucher gratuliert

Deutscher Umweltpreis 2013 für Ursula Sladek: Signal für die Energiewende

(28. Oktober 2013) Der Bund der Energieverbraucher e.V. begrüßt die Auszeichnung der Vorsitzenden der Elektrizitätswerke Schönau (EWS), Ursula Sladek, mit dem Deutschen Umweltpreis 2013 als richtiges politisches Signal zur dynamischen Fortsetzung der Energiewende in Deutschland. Wie kaum jemand sonst steht Ursula Sladek und Ihre Familie für den erfolgreichen Kampf für eine risikoarme und nachhaltige Energieversorgung, zu der es keine wirkliche Alternative gibt.

„Wir gratulieren Ursula Sladek und ihrer Familie mit großer Dankbarkeit zu diesem Preis. Er ist eine große Ermutigung für die vielen Menschen, die für die Energiewende in Deutschland kämpfen“, so der Vereinsvorsitzende Aribert Peters.

Wende soll gerechter werden

Umwelt- und Sozialverbände fordern

Wende soll gerechter werden

(28. Oktober 2013) Umwelt-, Wohlfahrts- und Sozialverbände fordern von der künftigen Bundesregierung eine gerechtere Verteilung der Kosten der Energiewende und geeignete sozialpolitische Lösungen für einkommensschwache Haushalte. Unterzeichner der "Charta zur sozial gerechten Energiewende" sind der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Paritätische Gesamtverband, die Nationale Armutskonferenz, die AWO, die Diakonie und die Volkssolidarität, der Deutsche Naturschutzring, die Naturfreunde und die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Auch der Bund der Energieverbraucher hat sich diesen Forderungen angeschlossen. Für steigende Strompreise würden ungerechtfertigter Weise vor allem die erneuerbaren Energien verantwortlich gemacht, hieß es. Damit würde das Gemeinschaftsprojekt Energiewende und das erfolgreiche Gesetz zur Förderung erneuerbarer Energien diffamiert.

Das Gesetz müsse so weiterentwickelt werden, dass die Investitionssicherheit für Projekte der Bürgergesellschaft gewährleistet bleibt. Priorität haben müsse die Abschaffung ungerechtfertigter Bevorzugungen von Teilen der Industrie. Ein künftiger Koalitionsvertrag müsse konkrete Maßnahmen für den Ausbau der Erneuerbaren garantieren und die Unterstützung für einkommensschwächere Haushalte regeln. Leistungen wie das Arbeitslosengeld zwei, Wohngeld, die Grundsicherung im Alter oder die Sozialhilfe müssten steigende Energiekosten berücksichtigen. Zudem gehöre Energieeffizienz ganz oben auf die Agenda. Die Charta fordert u. a. eine vierteljährliche Abrechnung der Energiekosten mit der Angabe aktueller Strompreise, des Durchschnittsverbrauchs sowie entsprechender Vergleichszahlen aus dem Vorjahr. Die Energieversorger müssten außerdem verpflichtet werden, Energieschuldnern Ratenzahlungen von maximal einem Zehntel des Hartz-4-Regelsatzes anzubieten. Um Stromsperren zu verhindern, müssten Jobcenter, Sozialämter und Energieversorger in Clearingverfahren mit den Betroffenen nach Lösungen suchen.

Von Nord nach Süd

"SUED.LINK" in Arbeit

"SUED.LINK" in Arbeit

(25. Oktober 2013) Die beiden Stromnetzbetreiber TenneT und TransnetBW beginnen mit der konkreten Planung für die 800 km lange Gleichstromverbindung namens "SUED.LINK". Damit fällt der Startschuss für Deutschlands größtes Energieinfrastrukturprojekt der Energiewende.

1335 1466 SUED.LINK

Die Leitung soll ab 2022 Windstrom von Schleswig-Holstein in die verbrauchsstarken Regionen nach Bayern und Baden-Württemberg transportieren. Sie werde die Versorgung der Region mit Energie sichern, wann immer Erzeugung aus Kohle oder Kernkraft vom Netz geht, hieß es.

Das Gemeinschaftsprojekt besteht derzeit aus zwei Einzelvorhaben: eine Verbindungen von Wilster bei Hamburg nach Grafenrheinfeld bei Schweinfurt und eine weitere von Brunsbüttel nach Großgartach in Baden-Württemberg. Beide Vorhaben sind Teil des Bundesnetzplans. Noch vor der Antragsstellung bei der Bundesnetzagentur wollen TenneT und TransnetBW mögliche Korridore mit der breiten Öffentlichkeit diskutieren.

Umfrage: 84% wollen schnellstmöglich Erneuerbare

Nach einer repräsentativen Emnid-Umfrage

Umfrage: 84% wollen schnellstmöglich Erneuerbare

(8. Oktober 2013) Nach einer repräsentativen Emnid-Umfrage erwarten 84% der Deutschen von einer neuen Bundesregierung, dass sie sich dafür einsetzt, die Energieversorgung schnellstmöglich zu 100% aus erneuerbaren Energien zu gewährleisten. 83% wollen, dass Gewinne und Kosten der Energiewende gerecht auf Bürger und Industrie verteilt werden. Außerdem sprechen sich 74% für eine Energiewende aus, bei der dezentrale, erneuerbare Energien in Bürgerhand Vorrang haben. Nur 22% meinen, dass die Energiewende allein dem Markt überlassen werden soll.

55% sind der Ansicht, dass die Politik die Interessen der Energiekonzerne zu stark berücksichtigt. Zu wenig berücksichtigt sehen 58% die Interessen von Bürger-Energiegenossenschaften und Bürger-Windparks. Jeder Dritte der Befragten würde sich auf jeden Fall oder wahrscheinlich an EE-Anlagen in seiner Nähe finanziell beteiligen. In Auftrag gegeben hat die Umfrage die Kampagne "Die Wende – Energie in Bürgerhand", deren Initiatoren sind der BUND, die "100 prozent erneuerbar stiftung", das "Netzwerk Energiewende jetzt", die GLS-Bank-Stiftung, die Initiative "BürgerEnergie Berlin" und die Haleakala-Stiftung.

Wende oder Ende?

Die Bürgerbewegung Avaaz und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) veröffentlichten die Analyse "Energiewende oder Energiewendeende?

Wende oder Ende?

(24. September 2013) Die Bürgerbewegung Avaaz und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) veröffentlichten die Analyse "Energiewende oder Energiewendeende?". Danach haben sich die Strompreise der Privathaushalte seit der Jahrtausendwende verdoppelt. Die der energieintensivsten Betriebe blieben lange stabil bzw. sinken seit mehr als zwei Jahren. Der im nächsten Jahr zu erwartende Anstieg der EEG-Umlage gehe nur noch zu 13% auf die direkte Förderung neuer EE-Anlagen zurück, heißt es. Die Milliardengeschenke an immer mehr Industrieunternehmen erreichten Rekordwerte. Rund 90% der deutschen Unternehmen litten nicht spürbar unter hohen Strompreisen, die stromintensivsten Betriebe profitierten sogar von den infolge der Energiewende sinkenden Börsenpreisen.

Die Umstellung auf erneuerbare Energien in Deutschland dürfe wegen ihres Vorbildcharakters nicht scheitern, so DUH und Avaaz. Sie fordern ein Korrektur der Strompreisermäßigungen für die Großindustrie und der Überfrachtung der EEG-Umlage mit Kostenbestandteilen, die nicht mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien zu tun haben. Das EEG sei so zu reformieren, dass die Übernahme von Verantwortung für die Systemsicherheit wirtschaftlich interessant wird und der Um- und Ausbau der Stromnetze auf das notwendige Maß begrenzt bleibt. Zudem müssten die Dauerblockade bei der Energieeffizienz beendet, die Bürgerenergie-Idee gestärkt und systemrelevante Kraftwerke am Netz gehalten werden.

Testen Sie Ihr Wissen!

Strompreise im Quiz

Testen Sie Ihr Wissen! Strompreise im Quiz

Wissen Sie Bescheid über Strompreise? Nehmen Sie sich doch mal fünf Minuten Zeit um ein paar interessante Fragen über den Strommarkt zu beantworten. Wir haben das Quiz mit freundlicher Genehmigung vom Verein „energie neu denken“ übernommen.

(19. September 2013)

Frage 1

Die Umlage nach dem EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) beträgt derzeit 5,27 Cent/kWh und hat sich seit 2009 verfünffacht. Geben wir tatsächlich das Fünffache für erneuerbare Energien aus?

A        Die Ausgaben haben sich verfünffacht.

B        Die Ausgaben haben sich verdreifacht.

C        Die Ausgaben haben sich verdoppelt.

Antwort C ist richtig

Im Jahr 2009 haben wir für die erneuerbaren Energien 10,78 Milliarden Euro bezahlt. Für 2013 sind 20,36 Milliarden Euro prognostiziert. Das ist nicht einmal eine Verdoppelung. Die Steigerung der Umlage auf 5,27 Cent/kWh hat also andere Ursachen.

Allein 1,22 Cent gehen auf eine großzügige Entlastung der Industrie zurück. Der niedrige Börsenpreis schlägt mit 0,85 Cent zu Buche. Und eine Nachzahlung aus dem Jahr 2012 fällt mit 0,67 Cent ins Gewicht.

Das eigentliche Problem sind nicht die Kosten für die erneuerbaren Energien, sondern eine politisch gewollte ungerechte Umverteilung der Kosten, bei der Haushaltskunden und mittelständische Firmen benachteiligt werden.

Frage 2

Wie viel Subventionen (in Euro) haben die verschiedenen Energieträger seit 1970 erhalten?

A  Erneuerbare Energien 67 Milliarden, Kohle 398 Milliarden, Atomenergie 213 Milliarden.

B  Erneuerbare Energien 213 Milliarden, Kohle 67 Milliarden, Atomenergie 398 Milliarden.

C  Erneuerbare Energien 67 Milliarden, Kohle 213 Milliarden, Atomenergie 398 Milliarden.

Antwort A ist richtig

Steinkohle wurde seit 1970 mit 311, Braunkohle mit 87, Atomenergie mit 213 und die erneuerbaren Energien mit 67 Milliarden Euro gefördert.

Dabei haben sich die Ausgaben für die erneuerbaren Energien bisher volkswirtschaftlich gelohnt, weil sie auch Einnahmen für die Allgemeinheit bedeuten. So verzeichneten die Kommunen 2011 dank der erneuerbaren Energien eine Wertschöpfung in Höhe von 9,2 Milliarden Euro. An der Börse erwirtschafteten die erneuerbaren Energien im Jahr 2011 Einnahmen in Höhe von 4,4 Milliarden Euro. Laut Bundesumweltministerium konnten im Strombereich bereits 2010 Rohstoffimporte in Höhe von 2,5 Milliarden Euro eingespart werden und an der Strombörse sparten uns die erneuerbaren Energien über den Merit Order Effekt – je nach Studienauftraggeber – zwischen drei und sechs Milliarden Euro. Ohne Berücksichtigung der entgangenen Umweltschäden und bei Annahme der niedrigsten Beträge, kommen wir für 2011 auf Einnahmen in Höhe von 19,1 Milliarden Euro. Zudem wurde ein Großteil der Investitionen von privaten Personen, Landwirten oder mittelständischen Betrieben getätigt. Diese Umverteilung weg von großen Konzernen hin zu mehr Mittelstand und Wettbewerb haben wir der klugen Konzeption des bisherigen Erneuerbaren-Energien-Gesetzes zu verdanken.

110 1466 Windräder / Foto Pixelio.de/uschi dreiucker

Frage 3

Von 2012 auf 2013 wurde die Umlage von 3,59 Cent/kWh auf 5,27 Cent/kWh erhöht. Welchen Anteil haben daran die erneuerbaren Energien?

A        100 Prozent

B        50 Prozent

C        11 Prozent

Antwort C ist richtig

Die erneuerbaren Energien haben an der starken Steigerung der Umlage im Jahr 2013 nur einen Anteil von elf Prozent. Der Rest sind politische Fehlleistungen, wie eine ausschweifende Entlastung der Industrie, eine Nachholung für 2012, eine missglückte Koppelung der erneuerbaren Energien an die Strombörse, Prämien für sinnlose Marktmechanismen und eine sehr hohe Liquiditätsreserve.

Frage 4

Der Verkaufserlös der erneuerbaren Energien an der Strombörse war für 2012 mit 4,9 Milliarden Euro prognostiziert. Wie viel wurde tatsächlich eingenommen?

A        2,9 Milliarden Euro

B        10 Milliarden Euro

C        20 Milliarden Euro

Antwort A ist richtig

Der Strom aus erneuerbaren Energien erlöste im Jahr 2012 nur 2,9 Milliarden Euro. Der Rest muss von den Haushaltskunden und mittelständischen Firmen bezahlt werden. Vielverbraucher werden weiträumig entlastet.

Seit langem ist bekannt, dass die erneuerbaren Energien an der Strombörse die Kosten mindern. Immer wenn viel Wind weht oder viel Sonne scheint, purzeln die Preise. Das ist schön für alle, die direkt an der Börse kaufen, wie zum Beispiel die energieintensive Industrie. Für Haushalte und mittelständische Firmen ist dieser Effekt negativ, weil über die Umlage der niedrige Börsenpreis ausgeglichen wird. Die Stromrechnung steigt also, weil der Börsenpreis sinkt. Die Politik verschläft seit Jahren den dringenden Handlungsbedarf. Entweder müssen die erneuerbaren Energien wieder von der Börse entkoppelt werden oder neue Marktmechanismen müssen diesen Effekt auflösen.

Frage 5

Der Netzausbau für die derzeit geplanten Überlandleitungen kostet voraussichtlich insgesamt

A        6 Milliarden Euro

B        21 Milliarden Euro

C        100 Milliarden Euro

Antwort B ist richtig

Die Kosten für den Ausbau des Übertragungsnetzes sind mit 21 Milliarden Euro prognostiziert und belaufen sich damit pro Jahr auf etwa 200 Millionen Euro. Das ist vergleichsweise sehr wenig Geld dafür, dass der erneuerbare Strom besser genutzt werden kann. Wir sparen uns dadurch Ausgleichskosten und müssen weniger Anlagen abregeln. Allein dagegen rechnen sich die Investitionen und sollten mit der notwendigen bürgerlichen Beteiligung so bald wie möglich umgesetzt werden, damit möglichst wenig doppelte Kosten anfallen.

1466 1900  PV-Module / Foto Pixelio.de/Rainer Sturm

Frage 6

Für welche Energieverbraucher geben die Deutschen im Schnitt am meisten aus?

A      Auto im Schnitt circa 100 Euro/Monat

B      Heizung und Warmwasser im Schnitt circa 90 Euro/Monat

C      Strom im Schnitt circa 200 Euro/Monat

Antwort A ist richtig

Die Deutschen geben pro Kopf im Schnitt monatlich 100 Euro für die Tankfüllung Ihres Autos, 90 Euro für Heizung/Warmwasser und nur 30 Euro für den Strom aus. Vor diesem Hintergrund scheint die Panik um die Strompreise künstlich hochstilisiert. Gleichwohl muss eine soziale Kostenverteilung und eine Markttransformation – ohne Wahlkampftaktik – diskutiert werden, um die Preise zu drosseln.

Frage 7

Wie viel zahlen Sie denn eigentlich pro Monat für Ihren Strom?

A        20 Euro

B        50 Euro

C        100 Euro

Auf jeden Fall zuviel

Wie hoch oder niedrig Ihre Stromrechnung ist, können nur Sie beantworten. Wenn Sie es nicht wissen, gehören Sie zu der Mehrzahl der Bundesbürger.

Helfen Sie mit, dass es nicht so bleibt. Klären Sie Ihr Umfeld über Scheindebatten auf. Kurzfristige Strompreisbremsen sind sinnlos. Es hilft auch nichts, den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu stoppen, denn unser Kraftwerkspark ist veraltet und es müssen in jedem Fall Investitionen getätigt werden. Der Großteil der Bevölkerung wünscht sich, dass diese nächste Kraftwerksgeneration erneuerbar sein soll.

Wichtig ist dabei eine soziale Beteiligung Aller an den Umbaukosten und ein neues Strommarktdesign, das die ungute Koppelung der erneuerbaren Energien an die niedrigen Strompreise der Börse aufhebt.

Mehr Infos dazu: www.energie-neu-denken.de/strompreis-quiz.html

Stromkonzerne in sieben Jahren versenken!

Matthias Willenbacher wagt den Frontalangriff: Bis 2020 können 100 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen.

Stromkonzerne in sieben Jahren versenken!

Matthias Willenbacher wagt den Frontalangriff: Bis 2020 können 100 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen. Er sagt auch, wie das geht. Und er weiß, wovon er redet. Denn er baut selbst Solar- und Windparks. Wir stellen sein Buch vor: „Mein unmoralisches Angebot an die Kanzlerin“.

(18. September 2013) Brüderle und Rösler wollen den Ausbau der Erneuerbaren sofort stoppen und bekamen dafür auch schon die „Trübe Funzel“ vom Bund der Energieverbraucher e. V. verliehen. Die beiden wissen warum: Denn die Stromkonzerne könnten schon in sieben Jahren völlig überflüssig sein. Sie gebieten heute noch über 70 Prozent aller konventionellen Kraftwerke und über 45 Prozent der Stromlieferungen.

Das unmoralische Angebot

Der Energie-Unternehmer Matthias Willenbacher macht der Kanzlerin in seinem Buch ein „unmoralisches Angebot“: Er verschenkt seinen Anteil an der von ihm mitgegründeten juwi-Gruppe an die Energiegenossenschaften, wenn Angela Merkel die vollständige Energiewende umsetzt, ohne wenn und aber - hier und jetzt. Heißt: Bis 2020 kommt unser Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen. Das sei kein unmoralisches Scheinangebot, weil genau das wirklich geschehen könnte: „Und Sie gehen in die Geschichte ein – als die Bundeskanzlerin, die der Weltgesellschaft eine Zukunft gegeben hat.“ Über die Reaktion der Kanzlerin ist bislang nichts bekannt.

Willenbachers Plan

Der Plan von Matthias Willenbacher ist aber, abgesehen vom einseitigen Liebeswerben, auch deshalb visionär und bemerkenswert, weil er viele liebgewordene Überzeugungen einfach über Bord wirft und zeigt, wie die Energiewende angepackt werden muss:

Nicht mehr, sondern bessere Windräder als heute, keine zusätzlichen Flächen für Bioenergie, keine neuen Hochspannungstrassen und keine Offshore-Anlagen. Energie aus Wind und Sonne wird da produziert, wo sie gebraucht wird. Wind liefert 60 Prozent, Sonne 25 Prozent, Wasser fünf Prozent, zehn Prozent kommen aus Blockheizkraftwerken, die mit Bioenergie betrieben werden. Doch wie sehen die Details aus?

60 Prozent Windkraft: Wie geht das?

Die Windkraft kann in sieben Jahren fünf- bis sechsmal so viel Strom liefern wie heute (320 statt 62 Terawattstunden (TWh)), ohne dass die Zahl der Anlagen zunimmt. Dafür sollen die vorhandenen 23.000 Anlagen modernisiert werden, so dass sich ihre Leistung von 31 auf 80 Gigawatt (GW) erhöht (derzeit 1,3 MW je Anlage, künftig 3,2 MW je Anlage x 4.000 x 25.000) und sie somit 320 TWh jährlich erzeugen. Das entspricht 4.000 Volllaststunden (320 TWh / 80 GW). Es bricht mit allen heutigen Vorstellungen darüber, was Windkraft leisten kann. Die heutigen Windräder erreichen meist nur 2.000 Volllaststunden im Jahr. Faktisch verbirgt sich hinter diesen Vergleichszahlen ein Mix von unterschiedlichen Leistungswerten bei den entsprechenden Windgeschwindigkeiten. Bei den neuen Anlagen reicht schon eine mittlere Brise, um den Generator auf volle Leistung zu bringen.

Typische Windenergieanlagen

2000 2010 2014
65 m Nabenhöhe 100 m Nabenhöhe 150 m Nabenhöhe
75 m Rotor 100 m Rotor 120 m Rotor
1,5 MW Leistung 3 MW Leistung 2,0 - 2,5 MW Leistung
1.500 Volllaststunden 2.500 Volllaststunden 4.000 Volllaststunden
4.000 statt 2.000 Volllaststunden

Würde man ein riesiges Windrad mit einem sehr großen Rotor bauen, das sich schon beim kleinsten Windhauch dreht und das dann nur maximal ein Kilowatt Leistung liefert, dann liefe dieses Windrad außer bei völliger Windstille praktisch fast das ganze Jahr auf Nennleistung – entsprechend  läge die Volllaststundenzahl in etwa bei 8.000. Das Gedankenexperiment zeigt: Die Volllaststunden sind nicht gottgegeben durch eine bestimmte mittlere Windgeschwindigkeit an einem Standort. Sondern sie ergeben sich zusätzlich aus der Relation zwischen Windradgröße und Generatorleistung. Verkleinert man den Generator im Verhältnis zum Windradrotor, dann wird der Generator für deutlich mehr Stunden im Jahr seine volle Leistung erbringen. Doch verschenkt man durch den kleineren Generator nicht mutwillig Strom? Das ist ein wirtschaftliches Kalkül. Denn der kleinere Generator kostet weniger, macht die Gondel leichter und vermindert auch die Anschlussleistung und damit die Anschlusskosten des Windrads. Die geringere Maximalleistung sowie die längere Laufzeit reduzieren den notwendigen Bau von Stromleitungen und Stromspeichern (siehe J.P. Molly: Leistungsinstallation bei Windturbinen: Was ist richtig?, DEWI Magazin No. 38, Februar 2011, Seite 49).

Auch bei Solaranlagen lassen sich die Volllaststunden erhöhen. Der Wechselrichter und die Anschlussleistung können im Verhältnis zur Modulleistung verkleinert werden. Das spart Kosten und erhöht die Volllaststunden von 1.000 auf 2.000. Man braucht weniger Leitungen und Speicher.

Zuviel Wind?

Wenn mehr Windstrom erzeugt wird, als aktuell nachgefragt wird, können in den Haushalten Tauchsieder Wasser erwärmen und teures Gas oder Öl für die Heizung einsparen.

Wenn mal kein Wind weht?

Es ist selten, dass in Deutschland überall das gleiche Wetter herrscht. In den 800 Stunden im Jahr, in denen um die Nordsee herum Flaute ist, gibt es im Süddeutschland mit hoher Wahrscheinlichkeit Wind (Windpotenzial im räumlichen Vergleich – eine Untersuchung der 100 Prozent Erneuerbar Stiftung).

Blockheizkraftwerke mit Biogas oder Windgas sollen die Flauten überbrücken. Willenbacher: „Mit dem Geld, das in die großen Überlandnetze investiert werden soll – 20 bis 30 Milliarden Euro – und wahrscheinlich mehr wie bei allen Großprojekten – können wir sämtliche zukünftig benötigten Blockheizkraftwerke mit einer Leistung von 40.000 bis 50.000 Megawatt finanzieren. Würde die Bundesregierung dieses Geld nicht in den Netzausbau stecken, sondern damit Blockheizkraftwerke für Unternehmen subventionieren, wäre durch die Einsparung beim Strompreis auch deren internationale Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet.

Unsinn

Falsch ist die oft geäußerte Behauptung, dass Wind- und Sonnenstrom keine stabilen Frequenzen und Spannungen halten kann. Diesbezüglich stehen sie den konventionellen Kraftwerken nicht nach.

Falsch ist, dass man die Offshore-Windkraftwerke braucht, um genügend Volllaststunden zu erreichen. Die Offshore-Kraftwerke sind viel zu weit weg von den Verbrauchern. Und hohe Volllaststunden lassen sich auch an Land erreichen, ohne die Netze dramatisch ausbauen zu müssen. Offshore ist dreimal so teuer wie Onshore-Windstrom.

Falsch ist auch, dass die Höchstspannungsnetze ausgebaut werden müssen. Denn es muss nicht jede erzeugte Windkraft-Kilowattstunde quer durch das Land reisen.

Falsch ist, das Verbot von Elektrospeicherheizungen aufzuheben. Denn diese Heizungen erhöhen die notwendige Höchstlast ausgerechnet im Winter ganz beträchtlich.

Energiebürger statt Stromkonzerne

Die Energiewende beendet die Abhängigkeit von den Großkonzernen. Genossenschaften, Kommunen, Stadtwerke und engagierte Bürger ersetzen die Konzerne. Das bedeutet mehr Demokratie und macht uns unabhängiger und freier.

Fazit

Willenbacher bringt den Konflikt, in dem die Energiewende heute steckt, auf den Punkt. Er zeigt, welcher Weg in die Zukunft führt. Ein mutiger Ansatz, der unser Denken verändert und auf den Kopf stellt. Das ist unbequem, Herr Willenbacher. Dankeschön.

Volllaststunden

Für jedes Kraftwerk gibt es drei entscheidend wichtige Größen:

  • wieviel Energie, also Kilowattstunden, es im Jahr erzeugt: Jahresenergieabgabe.
  • Spitzenlast, also die höchste Leistung des Kraftwerks. Bei PV-Anlagen ist das bekannt als Peak-Leistung in Kilowatt, bei Windrädern als Nennleistung.
  • Volllaststunden: Das ist die Energieabgabe, dividiert durch die Spitzenlast. Diese theoretisch ermittelte Zahl gibt an, wie viele Stunden im Jahr das Kraftwerk mit voller Last laufen müsste, um die tatsächlich erzeugte Energie im gleichen Umfang zu erzeugen, wenn es die restliche Zeit des Jahres stillstehen würde. Atomkraftwerke laufen – von Revisionszeiten abgesehen – fast das ganze Jahr, etwa 8.000 Stunden. Kohlekraftwerke laufen rund 5.000 Stunden, Windkraftwerke bisher rund 2.000 Stunden und Solaranlagen derzeit 1.000 Stunden. Atom- und Kohlelobbyisten sehen in den höheren Volllaststunden ihrer Anlagen deren wichtigsten Vorteil und begründen damit ihre Unersetzbarkeit.
Mein unmoralisches Angebot an die Kanzlerin

Auszüge aus dem Buch von Matthias Willenbacher

Mein unmoralisches Angebot an die Kanzlerin

Auszüge aus dem Buch von Matthias Willenbacher

(18. September 2013)

Ich habe vor achtzehn Jahren auf dem Bauernhof meiner Eltern ein Windrad gebaut. Daraus ist nicht nur ein großes Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien geworden, sondern für mich auch der Sinn meines Lebens – ich möchte, so viel ich kann, dazu beitragen, dass wir von einer dreckigen, abhängigen, umweltzerstörerischen und teuren Energieerzeugung zu einer sauberen und nachhaltigen wechseln...

1466 Matthias Willenbacher Autor

Autor und Querdenker Matthias Willenbacher

Bis 2020 vollständig umsteigen, auch gegen Widerstände

Ich habe so viele Sachen erlebt, bei denen es hieß, das sei unmöglich und könne nicht funktionieren. Mein erstes Windrad: Ich war Student, brauchte dafür eine Million Mark, und alle warfen mir Knüppel zwischen die Beine. Mein Unternehmen: Ich war meine eigene Putzfrau und meine eigene Telefonzentrale – und heute haben wir 1.800 Mitarbeiter. Meine Erfahrungen mit der Politik: Jahrzehntelang hat man mir erzählt, das Wind- und Sonnenstrom ein Hirngespinst seien und überhaupt nicht gehen könnten. Ich habe es trotzdem gemacht, gegen viele Widerstände – und es geht eben doch. So etwas prägt. Ich bin überzeugt, dass wir bis 2020 vollständig auf erneuerbare Energien umsteigen können und dies nachhaltig, dezentral und preiswert. Das ist nicht unmöglich, das können wir schaffen. Wenn alle mitmachen. Aber es braucht eine, die vorangeht. Das ist unsere Kanzlerin. Deshalb mache ich ihr ein unmoralisches Angebot. Keine Angst, ich möchte ihr kein Geld anbieten. Aber ich bin bereit, alles herzugeben, was ich aufgebaut habe. Konkret: Ich werde alle meine Anteile an meinem Unternehmen juwi verschenken, wenn Bundeskanzlerin Merkel die vollständige Energiewende ohne Wenn und Aber umsetzt. Jetzt und hier.

Es kann geschehen

Nun kann man sagen, dass sei „unmoralisch“ – ein Scheinangebot, weil es ja nicht wirklich geschehen könne. Aber genau darum geht es mir: Es kann geschehen.

Für alle kostengünstiger

Die sofortige und vollständige Energiewende ist für alle dauerhaft besser und kostengünstiger, wenn sie von uns Bürgern gemacht wird und damit die Abhängigkeit von den Großkonzernen beendet. Wenn die Energieversorgung in Bürgerhand liegt, machen auch die Gewinne nicht mehr wenige Unternehmen, sondern wir alle. Wir alle werden zu Energiebürgern. Darum geht es. Deshalb werde ich, wenn die Kanzlerin mein Angebot annimmt, meine Unternehmensanteile an die über 500 in Deutschland existierenden Energiegenossenschaften verschenken. Denn sie sind die Basis unserer künftigen Energieversorgung. Es gibt schon so viele Energiebürger und Energiegenossenschaften, die an Wind- und Solarprojekten beteiligt sind. Wenn alle diese Energiebürger mit mir für die sofortige und vollständige Energiewende kämpfen und jeder das auch in einem Brief an Kanzlerin Merkel kundtut, dann kann mein Traum Wirklichkeit werden.

Die Kritik an der EEG-Umlage

„Strompreisbremse“ nannte Umweltminister Peter Altmaier (CDU) seinen Versuch, den Ausbau der Erneuerbaren zu bremsen zugunsten von angeblich „billigem“ Kohlestrom. Es wird ein Etikett auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz geklebt, auf dem steht: Das ist der Preis für die Energiewende! Und seither wird diskutiert, ob Bürger und Unternehmen es sich leisten können, diese EEG-Umlage zu bezahlen. Dass die Strompreise längst nicht nur wegen des EEG steigen, versucht die Politik zu verschleiern. Altmaiers erklärte Absicht, die EEG-Umlage zu deckeln oder festzuschreiben, kann gar nicht gelingen. Die Preise für die Abnahme von Ökostrom sind zwar gesetzlich geregelt, der Börsenpreis aber nicht. Sinkt der Börsenpreis, steigt automatisch die EEG-Umlage. Da aber der Ökostrom zum gleichen Preis wie vorher geliefert wird, müsste der Endverbraucherpreis eigentlich auch fallen. Das tut er aber nicht.

1466 Windräder & Solarmodule

Einsparung wird nicht weitergegeben

Und genau da liegt der Fehler. Die Konzerne geben die Einsparung nicht weiter – sie verdienen daran. Und der normale Haushaltskunde subventioniert die vier großen Stromkonzerne und die mehr oder minder energieintensive Industrie. Die EEG-Umlage ergibt sich dabei aus einem festen Einspeisetarif und dem aktuellen Börsenpreis. Der Einspeisetarif ist der Preis, bei dem man annimmt, dass es sich für einen Betreiber wirtschaftlich noch rechnet.

EEG-Umlage ist falsches Preisschild

Ich stelle in diesem Buch die Frage: Ist das überhaupt das richtige Preisschild? Und selbst wenn dem so wäre: Darf man davon den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien abhängig machen? Wenn man sich diese Mehrkosten genau betrachtet, stellt sich zudem eine weitere Frage: Wie relevant sind sie überhaupt für die Bürger und ihren Lebensstandard? Konkret: Wenn eine Familie 4.000 Kilowattstunden Strom im Jahr verbraucht, kostet das etwa 1.000 Euro. Für Heizen und Autofahren gibt so ein Durchschnittshaushalt je das Doppelte aus. Die Familie wendet also insgesamt 5.000 Euro für Strom, Wärme und Mobilität auf. Die EEG-Umlage macht davon etwa 200 Euro aus – das sind gerade einmal vier Prozent und entspricht zweimal Volltanken.

Warum gelten Kohlekraftwerke als wirtschaftlich?

Warum sind die Kohlekraftwerke der Energiekonzerne derzeit „wirtschaftlich“? Weil ihre Lobbyisten in Brüssel verhindert haben, dass der Handel mit CO2-Zertifikaten tatsächlich funktioniert, und deshalb die enormen Schäden der Kohlestromproduktion immer noch nicht eingepreist sind. Das wiederum verhindert, dass für die Energiewende unabdingbare flexible Gaskraftwerke auf den Markt kommen können, weil sie dann zu teuer sind. Auch die sogenannte „Strompreisbremse“ ist nichts anderes als der Versuch, Bürgerenergie zugunsten der Konzerne auszubremsen. Altmaier hofft, damit im Wahlkampf zu punkten. Aber letztlich befürwortet er so die Bedürfnisse der Großkonzerne und nicht die Energiewende. Das sind gegenteilige Interessen.

Die Energiewende oder Chicorée

Anfang 2013 begleitete ich als Vertreter des Wirtschaftsbereichs erneuerbare Energien die Chile-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auf dem Rückflug von Chile nach Deutschland wollte Frau Merkel noch ein Glas Wein mit uns sechs Wirtschaftsvertretern trinken. Sie sprach dabei über Argentiniens Präsidentin Kirchner, Kubas Raul Castro und plauderte auch über Boliviens Präsident Evo Morales.

„Schreiben Sie mir einen Brief.“

Wir waren zu dem Zeitpunkt erst zwei Stunden unterwegs und hatten bestimmt noch 13 Stunden zu fliegen. Zeit war also genug, und so wollte ich die Chance nutzen, um mit ihr auch über die Energiewende zu sprechen.

Sie hatte vor der Chile-Reise ein Plädoyer für Windkraft im Norden gehalten und das wollte ich mit ihr diskutieren. Ich sagte also zu Frau Merkel: „Könnten wir vielleicht noch ein paar Minuten über die Energiewende sprechen, ich habe da einige Fragen und auch ein paar Ideen?“ Sie sah mich an und sagte nur: „Schreiben Sie mir einen Brief.“

Andere Prioritäten

Ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass ich doch etwas irritiert und enttäuscht war, als wir dann wieder auf unsere Plätze zurückgingen. Neben mir saß ein Vertreter des Unternehmens Südzucker. Wie alle anderen hatte Merkel auch ihn gefragt, was er in Chile mache. Er sagte, sein Unternehmen pflanze Chicorée an, um daraus Fruchtzucker zu machen. Plötzlich sah ich, wie Merkel den Gang herunter auf mich zukam. Sie stoppte tatsächlich an meinem Platz. Ich dachte: Das ist ja schön, sie hat es sich überlegt und will mit mir doch über die Energiewende sprechen. Aber sie beugte sich über mich hinüber und sagte zu dem Mann von Südzucker, dass sie demnächst mal Chicorée zubereiten wolle und ob er nicht ein paar Tipps hätte. Da dachte ich: Okay. Sie hat andere Prioritäten.

Entweder oder

Es gibt selbst Grünen-Politiker, die sagen, dass wir beides brauchen – die Konzerne und die Bürger. Das ist harmonisch gedacht, aber praktisch nicht möglich. Es gibt keine Zukunft für beide Systeme, für das alte System der Kohlekonzerne und das Neue der Bürger. Es gibt nur ein Entweder-Oder. Wir brauchen ein neues Zeitalter der Partizipation und der Demokratie. Wir brauchen eine Energiewende der Bürger. Und zwar jetzt.

Teure Abhängigkeit vom Diesel in Entwicklungsländern

Die Kosten für Modultechnologie waren im Jahr 1998 noch etwa zehnmal so teuer wie heute. Der Dieselpreis dagegen ist in der gleichen Zeit um etwa das Dreifache gestiegen. Das zeigt: Die erneuerbaren Energie werden billiger, fossiler Brennstoff wird teurer. Damit hat sich eine Photovoltaik-Anlage in manchen Fällen bereits in ein bis zwei Jahren gegenüber Dieseltreibstoff amortisiert. Das ist die Entwicklung und daran kann man exemplarisch erkennen, was Zukunft hat und Zukunft bringt.

Unabhängigkeit durch günstige PV-Preise

Das Betreiben eines Dieselaggregats in den armen Ländern ist so teuer, dass es sich kaum einer leisten kann. Der Diesel muss zudem von weit her über sehr schlechte Straßen an entlegene Orte transportiert werden. Wenn der Ölpreis steigt, wird bereits der Transport unbezahlbar, weil die LKW ja auch Diesel verbrauchen. Die Anschaffung und Installation einer Photovoltaik-Anlage mit Batteriespeicher kostet genauso viel wie eine Dieselfüllung im ganzen Jahr. Doch während der Diesel nach einem Jahr verbrannt ist, läuft die Solaranlage dann noch zwanzig bis dreißig Jahre. Praktisch kostenlos und unabhängig von Dieseltransporten und dem Weltmarktpreis für diesen endlichen Rohstoff.

EEG hat Solartechnik weltweit bezahlbar gemacht

Die Menschen brauchen Hilfe zur Selbsthilfe. Und das geht eben nur, wenn die Anfangsinvestitionen sehr gering sind. Das geht nur mit einfachen modularen Möglichkeiten. Hier zeigt sich deutlich die globale soziale Dimension des Erneuerbare-Energien-Gesetzes: Sie hat Solartechnologie weltweit bezahlbar gemacht.

Konzerne bekämpfen Energiewende

Ich wundere mich daher überhaupt nicht, dass die Vorstände der Energiekonzerne trotz des Klimawandels, des nahenden Endes des fossilen Zeitalters und der beschlossenen Energiewende nicht auf Erneuerbare umgestiegen sind, sondern sie bekämpfen. Von Ihnen darf man nichts anderes erwarten. Das Perfide ist, dass sie es nicht offen tun, sondern andere für sich kämpfen lassen – von Politikern bis Bürgerinitiativen gegen Windenergie.

1466 Biogas-Anlage

Stromkosten steigen nicht vorwiegend durchs EEG

Die Gründe für die steigenden Stromkosten liegen nicht nur bei der EEG-Umlage. Die Großkonzerne benutzen die Umlage als Alibi für die eigene Preistreiberei. Einer Studie der Universität für Technik und Forschung des Saarlandes zufolge haben die Großkonzerne von 2002 bis 2009 ihre Gewinne vervierfacht. Dennoch wird die Sachlage von Ihnen und ihren Protegés seit Jahren auf die Formel reduziert: Ökostrom macht den Strom teuer, Kohlestrom macht den Strom bezahlbar. Was nützt uns die Umwelt, wenn wir den Strom nicht mehr bezahlen können?

Das neue System der Bürger-Energie

Fassen wir zusammen: Wir haben es mit einem klassischen Zielkonflikt zu tun. Das alte System wehrt sich gegen das neue System. Die klassischen Energieversorger bekämpfen die neuen Energiebürger. Denn: Sie leben sehr gut in dem alten System. Je schneller und besser die Energiewende vorankommt, desto schneller fließt das Geld nicht mehr auf die Konten der Energiekonzerne mit ihren alten fossilen Kraftwerken. Denn dezentrale Energieversorgung findet zum großen Teil jenseits der großen Energiekonzerne statt.

1466 PV-Module im Aufbau

Energielobby für Bürger fehlt

Laut einer Studie des Instituts trend research besitzen Bürger fast die Hälfte der in Deutschland installierten Erneuerbare-Energien-Anlagen. Exakt sind es 46 Prozent. Das heißt: Sie sind der größte Player auf dem wichtigsten Zukunftsmarkt unserer Gesellschaft. Nun haben selbstverständlich auch die Erneuerbare-Energien-Unternehmen Lobby-Organisationen, die versuchen, die Politik in ihrem Sinne zu beeinflussen. Allerdings ist das nicht vergleichbar mit dem riesigen, dichten Netz des alten Systems. Was aus meiner Sicht eklatant fehlt, ist eine Lobby für den Energiebürger.

Günstige Energie für Alle

Das ist mein Antrieb: Eine Zukunft, in der jeder Mensch einfachen, unabhängigen und günstigen Zugang zu Energie hat.

Deshalb unterbreite ich der Kanzlerin mein unmoralisches Angebot, und deshalb würde ich mich freuen, wenn sie mein Angebot annimmt. Das ist die großartige demokratische und zukunftsbejahende Idee der Erneuerbaren. Nur so ist Weiterentwicklung möglich und am Ende auch ein friedliches globales Zusammenleben. Wenn wir diese Zukunft wollen, dann müssen wir jetzt die entsprechenden Weichen stellen.

Der Masterplan für Strom, Wärme und Mobilität

So kommen wir in kurzer Zeit zu einer Energieversorgung ausschließlich mit erneuerbaren Energien:

  1. Die Formel des Masterplans lautet: 60 Prozent Wind, 25 Prozent Sonne, 5 Prozent Wasser. Der Rest kommt durch Blockheizkraftwerke, die mit Bioenergie betrieben werden.
  2. Wir versorgen uns überwiegend mit Wind- und Sonnenenergie, weil Wind und Sonne unbegrenzt und kostenlos verfügbar sind. Sie machen uns somit unabhängig von teuren Importen und steigenden Preisen für die begrenzten Rohstoffe Öl, Kohle und Gas.
  3. Wind- und Sonnenenergie kann rund um die Uhr eine zuverlässige Stromversorgung sichern. Stromlücken im Winter lassen sich mit Bioenergie und gespeichertem Strom abdecken.
  4. Die Anlagen werden so konstruiert, dass sie möglichst gleichmäßig möglichst viel Strom liefern. Wir verteilen die Energieanlagen möglichst gleichmäßig über ganz Deutschland. In den Regionen wählen wir die passende Technik für die ertragsstärksten Standorte.
  5. Wir brauchen nicht mehr Windräder als heute und keine zusätzlichen Flächen für Bioenergie. Wir verzichten auf neue Hochspannungstrassen, auf die teure Stromproduktion auf dem Meer und reduzieren den Aufwand für die Stromspeicherung.
  6. Unsere Energieversorgung wird nicht nur komplett sauber und nachhaltig, sondern bleibt dadurch verlässlich und dauerhaft bezahlbar.
  7. Durch die effizientere Nutzung von Strom, Wärme und Mobilität im Zusammenspiel produzieren wir die gesamte Energiemenge nicht erst in Zukunft, sondern schon heute günstiger, als wir allein für den Import von Rohstoffen ausgeben. Mit dem gesparten Geld können wir auf E-Mobilität umsteigen und unsere Häuser dämmen.
Nachwort: Geben Sie der Weltgesellschaft eine Chance, Frau Bundeskanzlerin!

Die Bundesregierung glaubt immer noch, man könne die Wende mit den Konzernen durchsetzen. Das ist ein fundamentaler Irrtum. Eine echte Energiewende mit dezentraler Energie kann nur über den Energiebürger funktionieren. Über Genossenschaften. Über Kommunen und Stadtwerke. Wir haben es mit einem Systemumbau zu tun, von wenigen Konzernen zu Millionen Energie-Bürgern.

Für uns Bürger ist eine Zukunft mit erneuerbaren Energien preiswerter. Die Energiewende ist aber nicht nur ein Wechsel der Energieformen, der uns aus der Abhängigkeit von atomaren und fossilen, hoch subventionierten Brennstoffen führt. Der Wechsel zu den erneuerbaren Energien beendet die Abhängigkeit von wenigen Großkonzernen. Er beinhaltet einen Demokratiezuwachs und macht uns unabhängiger und freier. Er gibt unseren Kindern eine Zukunft, indem wir unsere Umwelt und damit die Grundlage für den Fortbestand der globalen Gesellschaften schützen und bewahren. Zudem leisten wir mit der Energiewende einen Beitrag für viele Menschen in der Welt, die heute keinen Zugang zu Energie haben, mit einem Zugang aber eine Zukunft gewinnen.

Dazu beizutragen, da ist mein persönlicher Antrieb.

Die Blockierer seufzen, die Energiewende sei zwar ehrenwert, aber nicht so schnell realisierbar. Das ist falsch. Die Energiewende ist technisch sehr schnell möglich. Wir können es in sieben Jahren auf 100 Prozent schaffen. Technisch kann man in sieben Jahren auch die Speichermöglichkeiten schaffen. Das meinte auch Umweltminister Altmaier, als er im August 2012 unserem Unternehmen in Wörrstadt einen Besuch abstattete. Während des Gesprächs sagte ich irgendwann zu ihm: „Das Ziel der Bundesregierung von 35 Prozent bis 2020 ist doch gar nichts, Herr Minister.“ Worauf Altmaier antwortet: „Rein technisch gesehen, kann man 100 Prozent bis 2020 schaffen.“

Hier und Jetzt

Eben. Warum sollen wir das größte Problem der Menschheit in die Zukunft verschieben oder mit dem Bau neuer Kohlekraftwerke noch vergrößern, wenn man es doch jetzt und heute lösen kann. Das leuchtet mir einfach nicht ein.

Setzen wir vorrangig auf regional verteile Solar- und Windenergie-Anlagen und bringen wir die Stromerzeugung in die Nähe bereits bestehender Netze und der Verbraucher, dann sparen wir enorm: kein Netzausbau auf Höchstspannungsebene, erheblich weniger Speicherbedarf, keine zusätzlichen Flächen. Und obendrein gibt es Sonnenschein und Windströmungen auch noch kostenlos – überall und unbegrenzt verfügbar.

Und wenn der Wind tatsächlich irgendwo mal nicht weht, an einem trüben Wintertag, dann haben wir Bioenergie, Wasser und lokale Speicher.

1466 Buch Unmoralisches Angebot

Mein unmoralisches Angebot an die Kanzlerin | Matthias Willenbacher |  Taschenbuch 154 Seiten 9,99 Euro | ISBN-13: 978-3451309267

Energiewende von unten

In Berlin wurde die Kampagne „Energie in Bürgerhand“ gegründet

Energiewende von unten

(20. Juni 2013) Privatleute und Landwirte besitzen fast die Hälfte der in Deutschland installierten Anlagen für erneuerbare Energien. Zusammen haben sie knapp 33.000 MW Leistung installiert und damit 46 Prozent der insgesamt in Deutschland verfügbaren EE-Anlagen. Die großen vier Energiekonzerne RWE, E.on, Vattenfall und EnBW kommen zusammen auf einen Marktanteil von nur fünf Prozent.

1466 Energie Bürgerhand

Die Energiebürger sind somit systemrelevante Akteure geworden. Bis Anfang 2013 haben sich über 650 Energiegenossenschaften gegründet, in denen über 100.000 Menschen organisiert sind.

In Berlin wurde die Kampagne „Energie in Bürgerhand“ gegründet, getragen u.a. vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der GLS Bank Stiftung, und dem Netzwerk „Energiewende Jetzt“.

In der Kampagne sollen sich Bürger für eine Weiterführung der Energiewende von unten einsetzen, eine Energiewende-Charta unterschreiben, Aktionen vor Ort durchführen, sich in die politischen Debatten und den Wahlkampf einmischen und die Bundestagskandidaten ihres Wahlkreises dazu bringen, sich für die Fortführung der Bürgerenergiewende auszusprechen.

Mehr Infos sind unter www.die-buergerenergiewende.de zu finden.

Promis pro Energiewende

Online mitunterzeichnen

Promis pro Energiewende

(11. Juni 2013) Eine Gruppe von Prominenten hat ein "Generationen-Manifest" präsentiert. Die Autoren formulieren zehn Warnungen und zehn konkrete Forderungen an die Politik. Neben den Initiatoren Prof. Peter Hennicke und Utopia-Gründerin Claudia Langer sind Prof. Gesine Schwan, Prof. Dirk Messner und Franz Alt dabei sowie Sarah Wiener, Marius Müller-Westernhagen, Hannes Jaenicke, Benno Fürmann und Walter Sittler. Die Warnungen reichen vom fahrlässigen Umgang mit der Klimakrise übers Auseinanderdriften von Arm und Reich bis zur Staatsverschuldung.

Gefordert wird u. a., die Bekämpfung des Klimawandels als Staatsziel in die Verfassung aufzunehmen und die Energiewende aktiv voranzutreiben, sowohl als grüne Energieerzeugungs- als auch als Energiesparwende. Unter www.generationenmanifest.de kann das Manifest online unterschrieben werden, bis zur Bundestagswahl im September sollen das mindestens 100.000 Bürgerinnen und Bürger tun.

Sanierungsziel kann erreicht werden

Untersuchung des IWU zum Klimaschutz im Wohngebäudesektor 2020 und 2050

Sanierungsziel kann erreicht werden

(10. April 2013) Das Institut für Wohnen und Umwelt Darmstadt hat in Szenarienanalysen die Frage untersucht, wie die Ziele des Energiekonzepts der Bundesregierung im Wohngebäudesektor  für die Jahre 2020 und 2050 durch Wärmeschutz und neue Wärmeversorgungssysteme erreicht werden können. Auch die Frage der notwendigen Energiespar- und Klimaschutzinstrumente wird in der Studie behandelt. Die im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung durchgeführte Untersuchung steht jetzt als Online-Publikation zur Verfügung.

Die Szenarienanalysen für den gesamten Wohngebäudesektor (Bestand und Neubau) ergeben, dass eine Reduktion der CO2-Emissionen für die Wärmeversorgung um 40 % bis 2020 (gegenüber 1990) möglich erscheint. Allerdings sind dafür noch einige Anstrengungen erforderlich, denn im Trend würde das CO2-Ziel deutlich verfehlt. Erforderlich ist eine erhebliche Steigerung der energetischen Modernisierungsrate beim Wärmeschutz. Das im Energiekonzept angestrebte Ziel einer Verdopplung der Rate ist dabei ausreichend und kann auch – im Sinne eines realistischen und marktkonformen Ansatzes – schrittweise bis 2020 umgesetzt werden, wenn gleichzeitig weitere Fortschritte bei der Qualität der Wärmeschutzmaßnahmen erreicht werden und bei der Modernisierung von Heizungen ein Übergang zu einer neuen Wärmeversorgungsstruktur stattfindet. Das bedeutet, dass die bisher noch dominierenden Gas- und Ölheizkessel bei einer Heizungserneuerung immer stärker durch alternative Systeme ersetzt werden müssen. Zu diesen zählen insbesondere Wärmepumpen und (dezentral oder mit Fern-/Nahwärmenetzen betriebene) Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sowie ergänzende Solaranlagen.

Die energieeffiziente Sanierung lohnt sich

Studie von Prognos

Die energieeffiziente Sanierung lohnt sich

(8. April 2013) Prognos zeigt: die Energiekostenersparnis finanziert die energieeffizienzbedingten Mehrausgaben für eine Sanierung. Für die Wirtschaftlichkeitsanalyse energetischer Sanierungen zählen die energieeffizienzbedingten Mehrausgaben im Vergleich zur Energiekostenersparnis.

Um die Energiewende zu schaffen, unterstützt die KfW in der Studie bis zum Jahr 2050 Gebäudesanierungen in Höhe von 507 Mrd. EUR (Gesamtinvestition). Die Energiekostenersparnis dieser Sanierungen (361 Mrd. EUR) finanziert die geschätzten, energieeffizienzbedingten Mehrausgaben (237 Mrd. EUR). Sie deckt darüber hinaus zu einem wesentlichen Teil die allgemeinen Renovierungskosten (Ohnehin-Kosten), die unabhängig von der Energieeffizienz einer Sanierung anfallen.

Mit Fördermitteln der KfW amortisiert sich eine Sanierung in der Regel deutlich früher als ohne, meist in weniger als 20 Jahren. Steigende Energiepreise werden die Attraktivität in Zukunft noch erhöhen.

Ziel der Studie war die Berechnung der volkswirtschaftlichen Wirkungen der KfW-Programme zum Energieeffizienten Bauen und Sanieren:

  • Klimaneutraler Gebäudebestand in 2050 mit 20% des heutigen Energieverbrauchs
  • 200.000-300.000 Beschäftigte pro Jahr, vor allem im regionalen Handwerk
  • Kumulierte CO2-Reduktion in Höhe von 67 Mio. t pro Jahr
  • Höhere Steuereinnahmen aus Wachstum und Beschäftigung (95 Mrd. EUR) als Fördermitteleinsatz (66 Mrd. EUR)
  • 0,4 % Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt pro Jahr

Die KfW zieht daher eine positive Bilanz für die Programme zum Energieeffizienten Bauen und Sanieren. Sie sind zentraler Bestandteil des energiepolitischen Konzepts der Bundesregierung zur Erhöhung der Energieeffizienz und zum Klimaschutz im Gebäudebestand. Die energetische Sanierung ist wirtschaftlich.

Die Zahlen im Überblick:

1. Sanierung

  • Gesamtinvestitionen in Sanierungen mit energieeffizientem Schwerpunkt: 507 Mrd. EUR
  • davon allgemeine Sanierungskosten (sogenannte „Ohnehin-Kosten“): 270 Mrd. EUR
  • davon energieeffizienzbedingte Mehrausgaben: 237 Mrd. EUR
  • erzielte Heizkostenersparnisse: 361 Mrd. EUR
  • daraus ergibt sich ein Plus von 124 Mrd. EUR

2. Neubau: Gesamtinvestitionen in ohnehin anstehenden energieeffizienten Neubau: 331 Mrd. EUR

3. Gesamt: Barwert aller geförderten Investitionen in den Wohngebäudebestand bis 2050: 838 Mrd. EUR (Sanierung und Neubau).

Kampf um die Energiewende

Die Wissenschaftlerin Claudia Kemfert räumt in ihrem neuen und spannenden Buch auf mit Energie-Irrtümern

Kampf um die Energiewende

Die Wissenschaftlerin Claudia Kemfert räumt in ihrem neuen und spannenden Buch auf mit Energie-Irrtümern. Sie spricht erfreulich klar und verständlich. Denn sie hat verstanden, um was es geht. Die Energiewende ist in Gefahr. Dieses sehr lesenswerte Buch stellen wir Ihnen hier in Auszügen vor – mit freundlicher Genehmigung des Verlages.

(01. April 2013) Im Prinzip ist die Sache unglaublich einfach: Drei Fakten reichen aus, um den Kern der Zusammenhänge zu verstehen.

Erstens: Fossile Ressourcen wie Öl, Gas und Kohle sind endlich. Sie werden knapper, und irgendwann wird der weltweit steigende Energiebedarf durch sie nicht mehr zu decken sein. Große Länder wie Indien und China, in denen erst allmählich eine vollständige Industrialisierung stattfindet, werden ihren Energieverbrauch in den nächsten Jahrzehnten noch gewaltig steigern.

Zweitens: Das Verbrennen fossiler Ressourcen verursacht Treibhausgase, die das Klima gefährden. Doch auch die weltweit produzierten Treibhausgase steigen immer noch an.

Drittens: Erneuerbare Energien versprechen akzeptable Lösungen für beide Probleme. Sie sind unendlich (Sonne und Wind gibt es immer), und sie verursachen weitestgehend (mit Ausnahme von Biomasse) keine Treibhausgase.

Die Lösung scheint nach diesem Dreischritt klar: Wir sollten auf erneuerbare Energien setzen. Doch es gibt Einwände. Ist die Energiegewinnung aus neuen Quellen nicht viel zu teuer? Können wir uns das leisten? Und ist die Versorgung mit grünem Strom wirklich sicher? Stecken die Technologien alternativer Energiegewinnung nicht erst in den Kinderschuhen?

1466 3513 Prof. Dr. Claudia Kemfert / Foto: Claudia Kemfert

Prof. Dr. Claudia Kemfert ist gefragte Gesprächspartnerin bei Politik und Medien. Sie leitet die Abteilung Energie und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Und sie ist Professorin für Energieökonomie und Nachhaltigkeit an der Hertie School of Governance in Berlin.

Fehlinformationen durch die Energielobby

Die Lobby der großen Energieversorger und ihre politischen Vertreter überschütten uns mit irreführenden Behauptungen und Fehlinformationen. Diese Vorgehensweise wird einerseits flankiert von Polemiken, die längst überwunden geglaubte Ressentiments wiederbeleben. Andererseits ist sie unterfüttert von wissenschaftlichen Studien, in denen die Daten im eigenen Interesse gerechnet und gedeutet werden. So werden wir manipuliert und fangen an, den abschreckenden Horrorszenarien von der Ökostromkatastrophe Glauben zu schenken. Es ist beängstigend, wie erfolgreich diese Strategie in den letzten Monaten aufging. Es ist ebenso beängstigend, dass eine vernünftige Politik, die nicht nur den großen Umweltproblemen unserer Zeit begegnet, sondern zudem die Wirtschaft stärkt, neue Arbeitsplätze schafft und Deutschland weltweit zum Technologiemarktführer machen kann – dass diese Politik von geldmächtigen, aber zahlenmäßig geringen Lobbyisten torpediert wird.

Das Märchen vom teuren Ökostrom

Und es droht Gefahr, weil die Gegner der Energiewende dabei zunehmend Erfolg haben: Immer mehr Menschen glauben das Märchen vom teuren Ökostrom. Plötzlich ist überall die Rede davon, dass der Prozess zu schnell gehe, dass die Ziele nicht erreichbar seien und Deutschland Versorgungsengpässe zu erwarten habe. Das Scheitern wird als Bedrohungsszenario an die Wand gemalt. In leuchtendem Rot steht dort: Der Umbau wird teuer, und wir riskieren Blackouts und Chaos. Die Buchstaben dieses Menetekels sind so groß, dass immer mehr Menschen dies alles für eine reale Bedrohung halten.

Auf dem Dreikönigstreffen der FDP im Januar 2012 verglich Philipp Rösler den Club of Rome mit den Zeugen Jehovas: Beide predigten ständig Weltuntergangsszenarien, die immer wieder verschoben werden müssten, da sie nie eintreten. Wer von Wachstumsgrenzen und Verzicht spricht, dem bescheinigte Rösler Zukunftsverzagtheit und Mimosentum. Es ist ein bisschen so, als würde der Erste Offizier auf der Titanic den Kapitän und die gesamte Mannschaft, die gerade den vor ihnen auftauchenden Eisberg entdeckt haben, einer pessimistischen Sicht auf die Zukunft bezichtigen. »Nicht bremsen!«, ruft Rösler. Mit der Parole »Mehr Wachstum« will er der FDP neues Profil verleihen.

Die Gegner der Energiewende bilden eine geldmächtige Lobby. Sie sind dadurch lauter und einflussreicher als die Lobby ihrer Befürworter. In ihrem zunehmenden Erfolg sehe ich eine Gefahr – und einen wesentlichen Grund, dieses Buch zu schreiben.

Warum aber streuen die Gegner dieses Umbauprozesses so hartnäckig das Gerücht, Deutschland rase auf eine Wand zu mit einer Politik, die unser Land ins Chaos stürzen wird? Weil die großen Energieversorger weitere Kohlekraftwerke bauen wollen. Sie setzen damit auf eine bewährte Technologie. Solange der grüne Strom nicht sicher ist, solange die deutsche Politik zögert, die neuen Energieformen wirklich voranzubringen, so lange versprechen Kohlekraftwerke den Energieversorgern hohe Gewinne. Die Sache hat nur einen Haken: Schon heute ist Deutschland der mit Abstand größte Treibhausgasemittent Europas. Wenn wir in Zukunft weiter auf Kohlekraftwerke setzen, kommen wir zunehmend mit internationalen Abkommen in Konflikt – von den Schäden für die Umwelt einmal ganz abgesehen.

1466 Buch Kampf um Strom – Mythen, Macht und Monopole

Claudia Kemfert: Kampf um Strom – Mythen, Macht und Monopole | Murmann Verlag Hamburg | ca. 140 Seiten |
Klappen-broschur | 14,90 Euro | ISBN 978-3-86774-257-3

Brauchen die erneuerbaren Energien ein Tempolimit?

Je langsamer die Energiewende voranschreitet, desto besser für die Betreiber der Kohlekraftwerke. Denn es stimmt: Wo der grüne Strom scheitert, sind sie im Moment der günstigste und zugleich sicherste Ersatz. Muss man noch mehr sagen, um zu erklären, welche Motive sich hinter der Forderung für ein Tempolimit verbergen?

»Wir brauchen ein Tempolimit!«, ruft die FDP. »Wir werden ein Tempolimit einführen«, verspricht bald darauf die Kanzlerin, und ihr Vertrauensmann in Umweltfragen, Peter Altmaier, spricht es nach. Günther Oettinger, Merkels Umweltvertreter in Brüssel, lässt sich zur Begründung eine originelle Formulierung einfallen: Ob aus Wind und Sonne Strom erzeugt wird, „das entscheidet für Christenmenschen der liebe Gott und sonst der Wetterfrosch“. Das klingt ein bisschen nach Predigt, was durchaus Sinn macht, denn die Kirche steht ja für das Bewahren des Alten. Die Kühnheit der Ökostrompioniere in allen Ehren der liebe Gott lässt sich nicht ins Handwerk pfuschen, und deshalb ist es besser, wir üben uns in Bescheidenheit, und das bedeutet: Wir müssen langsamer treten.

Aber welchem Wahnsinn eigentlich? Nachdem die Konzerne inzwischen selbst große Offshore-Windanlagen gebaut haben, sehen auch sie sich mit der Tatsache konfrontiert, dass sie den Strom nicht liefern können, weil die Leitungen dazu noch fehlen.

Hier stellt sich die Frage der Haftung: Wer ist dafür verantwortlich? Wer trägt die entstandenen finanziellen Verluste? Die Antwort liegt auf der Hand, und inzwischen haben auch Sie als Leser das Spiel verstanden. Wirtschaftsminister Philipp Rösler schlägt vor, die Kosten auf den Strompreis umzulegen und damit dem Verbraucher aufzubürden. Diesem wird mit der bitteren Pille zugleich das Märchen aufgetischt, es seien die erneuerbaren Energien, die den Strom so teuer machten. Man muss sich das einmal vor Augen halten: Über Jahre hinweg haben die Konzerne, die im Besitz der Netze waren, nur notdürftig in deren Erhalt investiert und stattdessen höhere Gewinne eingefahren. Und nun schieben sie die finanzielle Last der Sanierung der Politik und damit den Verbrauchern zu. Da möchte man fast sagen: Was für ein Glück für die Monopolisten, dass die EU noch rechtzeitig für die eigentumsrechtliche Trennung gesorgt hat. Und noch besser trifft es sich, dass man für die Kosten den Ökostrom anschwärzen kann.

FDP entdeckt ihr soziales Gewissen

Wer hätte gedacht, dass die soziale Frage plötzlich von der FDP in die Energiedebatte eingebracht wird? Es steckt schon eine gewisse Perfidie darin, im Sinne von Großkonzernen zu agieren, denen ihre Machtstellung jahrzehntelang überverhältnismäßige Gewinne einbrachte, außerdem großzügig Industriebetriebe von ihrem Beitrag zur Energiewende zu befreien (was die Stromrechnung der Hartz-IV-Empfänger zusätzlich in die Höhe treibt) und sich gleichzeitig als Retter der sozial Schwachen aufzuspielen. Langjährige Kämpfer für die Energiewende wie beispielsweise Dennis Meadows oder Klaus Töpfer berichteten mir, es sei für sie besonders bitter, dass ihnen neben anderen Dingen auch noch Ökoelitarismus vorgeworfen wird: „Grün“ könnten sich doch nur die leisten, die ein Ferienhaus in der Toskana besitzen.

Wenn FDP-Chef Rösler in seiner Funktion als Wirtschaftsminister der Industrie hilft, indem er großzügig immer mehr Betriebe von der Zahlung der EEG-Umlage ausnimmt, wieso ergreift er dann nicht ähnliche Maßnahmen, um existenzbedrohte Menschen an der unteren Einkommensgrenze zu stützen? Doch ganz so ernst meint Rösler es wohl doch nicht mit seiner neuen Rolle als Robin Hood. Und so kommt der Verdacht auf, dass die Bedrohung der Armen nur ein weiteres Argument liefert, mit dem die FDP nicht gegen soziale Ungerechtigkeit, sondern gegen die Energiewende zu Felde zieht (siehe auch Die einäugige Regierung).

Dramatische Einschnitte für die Solarenergie

Man muss es schon geradezu dramatisch nennen, was in Deutschland derzeit in Bezug auf die Solartechnologie passiert. Anfang des Jahres 2012 kündigte die Bundesregierung an, die Einspeisevergütung für Solarstrom wesentlich stärker zu kürzen als ursprünglich geplant und zudem große Freiflächenanlagen gar nicht mehr zu fördern. Dies führte dazu, dass viele Solarprojekte storniert wurden und Banken ihre Kreditlinien für die Solarhersteller nicht verlängerten. Bei der Preisverleihung des höchstdotierten europäischen Umweltpreises zeigte sich Bundesumweltminister Altmaier jedoch wenig einsichtig: Er sieht zwar die Herausforderungen der Branche, will sich aber nicht für sie einsetzen, da man, wie er in Anspielung auf einen Artikel des Spiegel sagte, ihm bereits den Vorwurf mache, er lasse sich von den Solarherstellern über den Tisch ziehen. Dabei geht es hier keinesfalls um unverhältnismäßige Subventionen, sondern schlicht und einfach darum, einer Zukunftsbranche eine Chance zu geben und sie nicht abzuwürgen. Die nach wie vor lauten Rufe gegen eine scheinbar sinnlose und überflüssige Förderung der Solartechnik erweisen sich also bei genauerem Hinsehen als Gefahr für die Entwicklung eines Wirtschaftszweiges, in dem ein großes Zukunftspotenzial liegt. Auch hier verkehrt sich eine scheinbar markt- und wirtschaftsfreundliche Politik in ihr Gegenteil. Von anfänglichen Schwierigkeiten und Rückschlägen verschreckt, zieht die deutsche Politik den Kopf ein und verzichtet auf die Gewinne, die eine wachsende Branche verspricht.

Der Wandel hat eingesetzt

In der chinesischen Metropole Schanghai fahren Busse, die an jeder Haltestelle kurz an eine Steckdose andocken. Dreißig Sekunden dauert es, die Kondensatoren des Elektromobils aufzuladen. Während die Passagiere ein- und aussteigen, tankt der Bus genug Strom, um seine Fahrt bis zur nächsten Haltestelle fortzusetzen. Auf dem Land hat dieser Wandel bereits eingesetzt: Welcher Strom kommt aus den Leitungen? Was kostet er? Welche Mengen werden verbraucht? Lange Zeit dachte niemand über all das nach. Energie und Strom waren ausschließlich Sache von Fachleuten. Doch das ändert sich. Die Zahl derer schrumpft, die bewusstlos am Tropf der Steckdose hängen, im Vertrauen auf Energieversorger, die dafür zuständig sind, dass der Quell nicht versiegt. Gerade auf dem Land haben die Menschen begonnen, sich unabhängig zu machen, mit Solarzellen auf dem eigenen Dach oder auch durch den Zusammenschluss in kleinen Betreibergemeinschaften, die an vielen Orten Deutschlands eine lokale, grüne Energieversorgung aufbauen. Auf einmal werden Energie und Strom zum Thema für Gemeinschaftsprojekte. So auch, wenn Eltern einer Berliner Waldorfschule gemeinsam in eine Solaranlage auf dem Dach investieren und die Schule sich auf diese Weise selbst versorgt. Und der Stromverbrauch wird auf einer Anzeigetafel vor dem Schulgebäude öffentlich gemacht – auch dies ein Zeichen für den Bewusstseinswandel. Wer hätte sich vor 30 Jahren vorstellen können, dass sich einmal jemand für den Stromverbrauch seiner Schule interessieren würde?

Großartiges Potenzial

Die Frage, ob wir eine grüne Energieversorgung haben werden, ist längst entschieden. Jetzt geht es darum, wie diese konkret aussehen wird und wie schnell wir uns von fossilen Energieträgern, insbesondere den so umweltschädlichen Kohlekraftwerken verabschieden wollen. Und schließlich: wer daran gewinnt, und wer verliert. Deutschland hat sich eine einmalige Chance erarbeitet, der Welt für die globale Umstellung auf ein nachhaltiges, erneuerbares Energiesystem die erforderlichen Technologien anzubieten. Beim derzeitigen Stand der Dinge haben wir das großartige Potenzial, zu beweisen, dass die Energiewende in einem Industrieland nicht nur möglich ist, sondern dabei noch wirtschaftliche Vorteile bringt – allerdings nur, wenn uns in Zukunft ein besonnenes, gut koordiniertes Management des Energieumbaus gelingt.

Studie rasiert die Billion

Nach einer Gegenrechnung des FÖS wird die Energiewende deutlich günstiger als von Umweltminister Peter Altmaier behauptet.

Studie rasiert die Billion

(31. März 2013) Nach einer Gegenrechnung unter dem Titel "Die Kosten der Energiewende" des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) und der Energiegenossenschaft Greenpeace Energy, die unter www.bee-ev.de zur Verfügung steht, wird die Energiewende deutlich günstiger als von Umweltminister Peter Altmaier behauptet.

Dessen Schätzung von 1 Billion summiere falsche Kosten und blende die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Chancen der Energiewende aus. In der Altmaier-Rechnung seien die Mehrkosten für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien dreimal zu hoch beziffert: Während Altmaier 677 Mrd Euro ansetze, seien es netto nur 203 Mrd Euro und damit weniger als ein Drittel.

Andererseits würden vermiedene Umweltschäden ausgeklammert. Auf der Plusseite wären dafür laut Analyse 362 Mrd Euro zu verbuchen, so das FÖS. Ziehe man davon die Mehrkosten für regenerativ erzeugten Strom ab, bleibe unterm Strich bei den reinen Stromerzeugungskosten eine Ersparnis von 159 Mrd Euro.

Weitere Kosten der Energiewende, etwa für Netzausbau und Reservekapazitäten, die der Umweltminister auf 300 Mrd Euro schätzt, seien nicht überprüft worden, da unklar sei, wie Altmaier gerechnet habe, hieß es.

Ebenso erstaunlich sei, dass der Umweltminister in seiner Kostenschätzung sämtliche makroökonomischen Effekte ignoriert, die der Ausbau der Erneuerbaren mit sich bringt wie vermiedene Importe fossiler Brennstoffe in Milliardenhöhe oder die starken Konjunkturimpulse für die heimische Wirtschaft, die Jahr für Jahr sinkenden Vergütungssätze für Neuanlagen und die preissenkenden Effekte der Erneuerbaren an der Strombörse. Unbeachtet blieben auch die Milliardensummen, die in konventionelle Kraftwerke investiert werden müssten, wenn es die Energiewende nicht gäbe, so das FÖS.

Energiewende von unten

In Berlin wurde die Kampagne "Energie in Bürgerhand" vorgestellt.

Energiewende von unten

(30. März 2013) In Berlin wurde die Kampagne "Energie in Bürgerhand" vorgestellt, getragen vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der GLS Bank Stiftung, dem Netzwerk "Energiewende Jetzt", der Bürgerenergie Berlin, der 100 Prozent Erneuerbar- und der Haleakala Stiftung.

Die Initiative will herausstellen, dass der Erfolg der Energiewende auf bürgerschaftlichem Engagement beruht, oft unterstützt von kommunalen Akteuren und dem regionalen Mittelstand. Mehr Infos sind unter www.die-bürgerenergiewende.de zu finden.

In der Kampagne sollen sich Bürger für eine Weiterführung der Energiewende von unten einsetzen, eine Energiewende-Charta unterschreiben, Aktionen vor Ort durchführen, sich in die politischen Debatten und den Wahlkampf einmischen und die Bundestagskandidaten ihres Wahlkreises dazu bringen, sich für die Fortführung der Bürgerenergiewende auszusprechen.

Die vom Bürgerengagement getragene Energiewende sei Grundlage für die hohe Zustimmung der Bevölkerung für den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien, hieß es. Die aktuelle Politik der Bundesregierung mit Strompreisbremse und EEG-Reform drohe die Energiewende abzuwürgen. Das EEG setze einen Rahmen für ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell, das Selbstbestimmung und Teilhabe ermöglicht.

Anfrage der SPD: Kosten der Energiewende

Genau 196 Tage hat die Antwort der Bundesregierung auf sich warten lassen.

Anfrage der SPD: Kosten der Energiewende

(29. März 2013) Am 19. Juli 2012 wollte die SPD von der Regierung über die Kosten der Energiewende informiert werden (Drucksache 17/10366). Genau 196 Tage hat die Antwort (Drucksache 17/12246) auf sich warten lassen.

130 3078 Windpark / Foto: Pixelio.de/Erich Westendarp

Die Antworten überraschen nicht, eher schon die daraus erkennbare Ahnungslosigkeit. Hier beispielhaft Frage Nummer 134 und die Antwort darauf:

Frage: Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, damit Haushalte, die Leistungen nach dem SGB II, SGB XII oder AsylbLG beziehen, eine kostenfreie Energieberatung bekommen?

Antwort: (…) Das BMU fördert derzeit das Projekt „Stromspar-Checks in Haushalten mit geringen Einkommen“ des Bundesverbandes der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD) und des Deutschen Caritasverbandes (DCV). Ein neuer Antrag auf Zuwendung für das Projekt „Stromsparcheck PLUS“ wurde im Rahmen der Nationalen Klima-schutzinitiative bewilligt. Das Projekt ist am 1. Januar 2013 gestartet. Seit dem 21. November 2012 können sich zusätzlich auf der Internetplattform der Stromsparinitiative unter www.die.stromsparinitiative.de alle Bürgerinnen und Bürger kostenlos zum Thema Stromsparen informieren. Das Angebot wird fortlaufend erweitert. Im Mittelpunkt steht dabei ein kostenloser Online-Strom-Check für Verbraucher. Mit diesem Rechner und weiterführenden Online-Ratgebern finden Verbraucher schnell und kostenlos heraus, welche individuellen Einsparpotenziale in ihrem Haushalt vorhanden sind. Für die konkrete Umsetzung sind anschließend die Kontaktdaten von verschiedenen Experten vor Ort abrufbar.

Frage: Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass das gegenwärtig von privaten Haushalten geforderte Entgelt für Strom um durchschnittlich drei Cent/kWh zu hoch liegt?

Antwort: Nein, da die Bundesregierung keine Einschätzung zu Strompreisen vornimmt.

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letzte Änderung: 18.04.2023